An alle Mamis und Papis mit Depressionen

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Mia123
Beiträge: 33
Registriert: 11. Jun 2024, 18:47

An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von Mia123 »

Liebes Forum,
Ich wende mich bewusst an alle Mamis/Papis mit kleinen Kindern, die mit dieser nervtötenden Krankheit umfehen müssen. Vielleicht habt ihr ein paar Alltagstipps. Ich habe ein Kleinkind. 🙂
Ich plage mich in meiner Akutphase staendig mit Schuldgefuehlen, gerade wenn ich andere happy families sehe. Wie geht ihr damit um, dass man sich als allerschlechteste Mutter / Vater sieht, weil...
- die Zündschnur zu kurz ist,
- man mit dem Partner zu oft streitet einfach weil die Nerven blank liegen (obwohl man sich immer wieder versöhnt und dem Kleinkind das auch kommuniziert)
- ihr euch kaum konzentrieren könnt und ihr nach 10 Minuten liebevollen Spielens doch wieder ins Leere guckt und innere Monologe führt,
- ihr manchmal so richtig genervt von eurem Kind seid und obwohl ihr alles über die Trotzphase gelesen habt und versucht umzusetzen, ihr doch wieder wie die eigenen Eltern staendig am Zwerg rumnörgelt,
- ihr Angst habt, dass der Mini zuviel Psyche von euch mit aufgeladen bekommt,
- ihr Angst habt, dass euch euer Kind mal hassen könnte, weil es merkt, dass es doch glücklichere und entspanntere Eltern gibt, die Haus, Kinder, Beruf einfach besser unter einen Hut bekommen (und ja, die gibt es),
- man ja eigentlich nur eine glueckliche Familie sein möchte, die Depri aber dazwischengrätscht?

Fragen über Fragen. 😃 Vielleicht kann die/der eine helfen.
Vielen Dank.
Deadly1987
Beiträge: 189
Registriert: 16. Mär 2020, 23:00

Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von Deadly1987 »

Hallo Mia,

hat dein Partner auch die Krankheit?
Wer ist der Hauptverdiener?

Falls dein Mann gesund ist, wäre die beste Möglichkeit während einer akuten Phase soviel wie möglich auf deinen Partner abzuladen. Wird zwar anstrengend für ihn und ist soweit auch unfair. Aber dann kannst du dich darauf konzentrieren wieder aus der Episode raus zu kommen und die Kinder würden nicht alles mitbekommen.
Mia123
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Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von Mia123 »

Danke dir für deine superschnelle Antwort.
Nein, mein Mann ist zum Glück bumperlgesund und nimmt mir auch einiges ab, insofern möglich. Ich bin schon krank geschrieben, wir hatten aber das letzte halbe Jahr diverse unschöne Geschichten im aussen, die uns als Paar, insbesondere mich, immer wieder raus geworfen haben. Deswegen kam ich nur bedingt voran mit der Therapie. Die oben genannten Themen sind trotzdem immer präsent bei mir und lassen mich oftmals nicht zur Ruhe kommen.
Alles Gute.

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Hallo Mia,

hat dein Partner auch die Krankheit?
Wer ist der Hauptverdiener?

Falls dein Mann gesund ist, wäre die beste Möglichkeit während einer akuten Phase soviel wie möglich auf deinen Partner abzuladen. Wird zwar anstrengend für ihn und ist soweit auch unfair. Aber dann kannst du dich darauf konzentrieren wieder aus der Episode raus zu kommen und die Kinder würden nicht alles mitbekommen.
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Deadly1987
Beiträge: 189
Registriert: 16. Mär 2020, 23:00

Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von Deadly1987 »

Man kann sowas ja nie pauschal beantworten aber das war damals unsere Strategie und die hat funktioniert. Ich war monatelang jeden Tag über Stunden alleine mit dem Hund draußen. Ich habe vielleicht noch zu 5% zum Familienleben beigetragen. Unterschied ist halt ich war der Hauptverdiener und krank geschrieben. Heißt es musste keiner arbeiten gehen zusätzlich zum Alltag in der Familie.
ich2101
Beiträge: 27
Registriert: 11. Feb 2024, 13:30

Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von ich2101 »

Hallo Mia,

mir geht es auch oft so. Da kann ich nachfühlen, wie unwohl du dich damit fühlst.
Manchmal beruhigt es mich dann, wenn ich sehe, mit welchem Selbstbewusstsein unsere Kinder in soziale Situationen gehen. Unsere Kinder sind momentan 5 und 7 Jahre alt. Wie ist das bei dir? Kannst du schon manchmal solche Begebenheiten beobachten?

Viele Grüße
Mia123
Beiträge: 33
Registriert: 11. Jun 2024, 18:47

Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von Mia123 »

Hallo,
Danke dir für deine Antwort. Das freut mich, dass du zwei selbstbewusste Zwerge hast. Dass du immer wieder Situationen siehst, in denen du merkst, dass alles okay ist. 🙂Wobei Grundschule sicher auch nicht ganz ohne ist. Ja, vielleicht macht es Sinn sich ein wenig zurueckzulehnen.
Darf ich fragen, wie du mit diesen negativen Gedanken umgehst? Inwiefern beeinträchtigt dich die Depri im Alltag mit Kindern? Ich war eigentlich vor der Depri recht cool (okay, Babyalter 🙂), aber nun finde ich es doch sehr herausfordernd. Kind ist 2,5. Beziehungsweise mache ich mir zuviel Druck a la "bin ich zu streng, zu lasch?". Ich weiss eigentlich, was ich möchte, lasse mich aktuell aber schnell vom aussen verunsichern. Gerade wenn wir mit anderen Familien (nicht Freunden) zusammen sind. Weil hier teilweise schon schnell ge-, bzw. verurteilt wird.
Vielleicht kennst du ähnliche Momente?

ich2101 hat geschrieben: 23. Aug 2024, 21:22 Hallo Mia,

mir geht es auch oft so. Da kann ich nachfühlen, wie unwohl du dich damit fühlst.
Manchmal beruhigt es mich dann, wenn ich sehe, mit welchem Selbstbewusstsein unsere Kinder in soziale Situationen gehen. Unsere Kinder sind momentan 5 und 7 Jahre alt. Wie ist das bei dir? Kannst du schon manchmal solche Begebenheiten beobachten?

Viele Grüße
Mia123
Beiträge: 33
Registriert: 11. Jun 2024, 18:47

Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von Mia123 »

Deadly1987 hat geschrieben: 23. Aug 2024, 21:12 Man kann sowas ja nie pauschal beantworten aber das war damals unsere Strategie und die hat funktioniert. Ich war monatelang jeden Tag über Stunden alleine mit dem Hund draußen. Ich habe vielleicht noch zu 5% zum Familienleben beigetragen. Unterschied ist halt ich war der Hauptverdiener und krank geschrieben. Heißt es musste keiner arbeiten gehen zusätzlich zum Alltag in der Familie.
Danke dir nochmals für deine Antwort.
Hört sich nach einer guten Strategie an. Und schön, dass es bei euch scheinbar gut funktioniert hat. 🙂👍
Sich mit Hund im Wald etwas abzuschotten ist sicher nicht das verkehrteste.
Ich bin aktuell nicht daheim, aber wir werden es jetzt systematischer im Wechselmodell angehen.
War dir Rückzug wichtig oder war das eine Art Notlösung? Oftmals grübelt man alleine ja besonders viel.
Nur merke ich inzwischen, wie mich diese ständigen playdates mit Eltern im Ort und der dazugehörige Tratsch über Kind, Haus und co. überfordern. Ich möchte da nichts über meine Krankheit verlauten lassen, da wäre auch die Resonanz überhaupt nicht da. Das mache ich bei engen Freunden. Ich fühle mich dann eher noch kleiner, da ich gerade nicht "mithalten" kann, wir keinen ausschweifenden Gartenprojekte umsetzen oder irgendwas einreissen, neu errichten etc.
Wie hast du dich denn da abgegrenzt oderlebt ihr anonymer?🙂
ich2101
Beiträge: 27
Registriert: 11. Feb 2024, 13:30

Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von ich2101 »

Hallo Mia,

die negativen Gedanken sind auf jeden Fall anstrengend. Mir ist eigentlich erst bewusst geworden, dass ich negativer als z.B. der Durchschnittsmensch denke, als ich beim Arzt einen Fragebogen zu meinem Wohlbefinden ausgefüllt habe. Davor hat mich vor allem die Erschöpfung beeinträchtigt. Mir ist also erst rückwirkend bewusst, welche Last auch mit einer positiven Weltsicht von mir genommen wurde. Ich habe z.B. bei Tagesausflügen mich mal von meiner Familie zurückgezogen und allein einen Kaffee getrunken oder ein Eis gegessen. Also so ein kleiner Tapetenwechsel, indem ich dann auch die Verantwortung für einen überschaubaren Zeitraum komplett an meinen Mann übergeben habe.
Das Problem, den anstrengenden Umgang mit anderen Eltern zu bewältigen würde ich an deiner Stelle auch erstmal etwas verringern, indem du das z.B. vorübergehend seltener machst. Wie geht es dir an den Nachmittagen, an denen du mit deinem Kind allein die Zeit verbringst?

Viele Grüße
Freiwasser
Beiträge: 90
Registriert: 16. Jan 2024, 12:26

Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von Freiwasser »

Hi Mia,
Vielleicht hilft es Dir zu lesen, dass Eltern ohne depressive Erkrankungen jeden einzelnen Deiner Punkte auch erleben. Und dass kein Kind seine Eltern tauschen möchte. Und dass die Familien, die angeblich alles besser machen, mit einiger Wahrscheinlichkeit auch so ihr Päckchen zu tragen haben, wenn nicht jetzt, dann in einer anderen Phase. Es gibt so viele unterschiedliche Familien. Und es gibt keine Perfekten.
Ich finde trotzdem gut, wenn Eltern sich hinterfragen, Mühe geben, und Hilfe holen, um ihre Schwächen auszugleichen. Insofern: Du machst das doch gut!
Liebe Grüße,
Freiwasser
ich2101
Beiträge: 27
Registriert: 11. Feb 2024, 13:30

Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von ich2101 »

Hallo Freiwasser,

das stimmt wahrscheinlich alles. Die Frage ist eben, ob das Selbstwertgefühl so stabil ist, dass man sich das so bewusst machen kann.

Viele Grüße

Mandy
Deadly1987
Beiträge: 189
Registriert: 16. Mär 2020, 23:00

Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von Deadly1987 »

Mia123 hat geschrieben: 24. Aug 2024, 21:27
Deadly1987 hat geschrieben: 23. Aug 2024, 21:12 Man kann sowas ja nie pauschal beantworten aber das war damals unsere Strategie und die hat funktioniert. Ich war monatelang jeden Tag über Stunden alleine mit dem Hund draußen. Ich habe vielleicht noch zu 5% zum Familienleben beigetragen. Unterschied ist halt ich war der Hauptverdiener und krank geschrieben. Heißt es musste keiner arbeiten gehen zusätzlich zum Alltag in der Familie.
Danke dir nochmals für deine Antwort.
Hört sich nach einer guten Strategie an. Und schön, dass es bei euch scheinbar gut funktioniert hat. 🙂👍
Sich mit Hund im Wald etwas abzuschotten ist sicher nicht das verkehrteste.
Ich bin aktuell nicht daheim, aber wir werden es jetzt systematischer im Wechselmodell angehen.
War dir Rückzug wichtig oder war das eine Art Notlösung? Oftmals grübelt man alleine ja besonders viel.
Nur merke ich inzwischen, wie mich diese ständigen playdates mit Eltern im Ort und der dazugehörige Tratsch über Kind, Haus und co. überfordern. Ich möchte da nichts über meine Krankheit verlauten lassen, da wäre auch die Resonanz überhaupt nicht da. Das mache ich bei engen Freunden. Ich fühle mich dann eher noch kleiner, da ich gerade nicht "mithalten" kann, wir keinen ausschweifenden Gartenprojekte umsetzen oder irgendwas einreissen, neu errichten etc.
Wie hast du dich denn da abgegrenzt oderlebt ihr anonymer?🙂
Hallo Mia,

die Optionen waren damals halt zu Hause sitzen und gegen die Wände gucken und Stresssituationen ausgesetzt zu sein oder mit dem Hund raus und Bewegung „Sport“. Ich habe auch lernen müssen Drucksituationen und Stresssituationen zu erkennen und denen frühstmöglich aus dem Weg zu gehen. Das wird man nicht lebenslang machen können aber gerade in einer Episode und kurz danach sollte man so viel Zeit wie möglich für sich selber einfordern. Es ist zwar wie schon gesagt teilweise unfair aber ich glaube man braucht diesen Egoismus in dem Moment einfach.

Diesen gesellschaftlichen Druck habe ich mich generell nie ausgesetzt und seitdem ich krank bin noch weniger. Was ich nicht möchte mache ich nicht. Sowas ist oft leichter gesagt als getan aber für mich funktioniert es.

Und eins ist sicher. Die Fassade der perfekten Familie sieht immer schön aus aber jeder hat seine Probleme und jeder hat vieles was nicht perfekt ist. Es wird ja perfekt in Social Media präsentiert.

Versuche die guten Momente zu erkennen und dann kannst du in dieser Zeit auch mehr leisten. Ich hatte klassisch immer morgens die grauenhafte Zeit und abends dann die „beste“.
Franzi_2
Beiträge: 29
Registriert: 8. Jan 2024, 22:21

Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von Franzi_2 »

Liebe Mia,
vielen Dank für diesen Thread! Ich habe mir die letzten Wochen öfters mal überlegt, genau einen solchen zu eröffnen.

Meine Tochter wird im November 3. Also ähnliches Alter wie dein Kind.

Ich habe auch viele Fragen an dich 😅
Aber erst mal zu deinen:

Ich muss dazu sagen, dass meine „Akutphase“ ziemlich genau ein Jahr her ist und ich gerade versuche wieder ein „normales“ Leben zu führen. Gehe also unter dem Deckmantel der Wiedereingliederung ca 20 Stunden arbeiten, wuppe nach der Kita ab 15 Uhr den Tag „allein“ bis mein Mann gegen 19/20 Uhr nach Hause kommt und gucke, dass ich Haushalt, Einkauf und alles andere Liegengebliebene nebenher gewuppt kriege. Also eig alles wie vorher, bis ich in der Akutphase gelandet bin. Die Veränderungen zum Besseren sind hier sehr schleppend aktuell und die größte Veränderung ist mein mindset. Die Bude muss nicht geleckt aussehen, einigermaßen okay reicht, keine Ressourcen für Einkauf? Dann gibts halt wieder Nudeln mit Soße, keine Nerven fürs Kind? 1/2 Std bis 1 Std Bobo/ Trotro/ Peppa schauen sind okay, damit ich mich ausruhen kann etc

Wie geht ihr damit um, dass man sich als allerschlechteste Mutter / Vater sieht, weil...
- die Zündschnur zu kurz ist,
Immer noch mit schlechtem Gewissen und der Hoffnung, dass es irgendwann besser wird - und es ist zu 80 % schon besser geworden - und trotzdem fühlt es sich noch nicht richtig an

- man mit dem Partner zu oft streitet einfach weil die Nerven blank liegen (obwohl man sich immer wieder versöhnt und dem Kleinkind das auch kommuniziert)
- mit dem Partner reden reden reden - schaffen wir zur Zeit auch nicht mehr so gut, müssen wir dringend wieder etablieren. Bei mir ist es mit Therapie besser geworden. Ich sehe nicht mehr jeden Satz als Angriff. Wir streiten uns aktuell eher über Erziehungssachen oder wenn er nicht merkt, dass ich gerade wirklich Unterstützung brauche. Ich strebe eine Familienberatung an, um unsere Kommunikation zu verbessern und bei Erziehungsdingen mehr an einem Strang zu ziehen
- Wir versuchen uns auch VOR dem Kind zu versöhnen. Damit das nicht im Verborgenen passiert und sie es nur vom Hören/ Sagen kennt

- ihr euch kaum konzentrieren könnt und ihr nach 10 Minuten liebevollen Spielens doch wieder ins Leere guckt und innere Monologe führt,
- Das kenne ich so nicht. Ich bin eher genervt und brauche viel Ruhe, versuche sie zum alleine Spielen zu animieren oder ich lese was vor, oder versuche, dass ich mein Buch lese und sie ihr Buch anschaut, oder dann doch wieder Bobo etc

- ihr manchmal so richtig genervt von eurem Kind seid und obwohl ihr alles über die Trotzphase gelesen habt und versucht umzusetzen, ihr doch wieder wie die eigenen Eltern staendig am Zwerg rumnörgelt,
- Das könnte ich geschrieben haben. Abstand vom Kind hilft am Wirksamsten. Ich habe eine richtig tolle Nachbarin. Auch mit Kleinkind. Sie weiß über meine Depression Bescheid. Ihr ist, obwohl gesund, ihr trubeliges Kleinkind auch oft zu viel. Wir wechseln uns ab. Wir wohnen Tür an Tür und wir erlauben uns praktisch jederzeit ohne schlechtes Gewissen zum anderen reinzuspazieren und zu fragen, ob man das Kind mal ne Weile da lassen kann. Ist oder wird es der anderen zu viel, wirds wieder zurückgebracht. So verschaffen wir uns gegenseitig Pausen. Ich bin so so dankbar für diese Frau. Wir kennen uns erst seit der Geburt meiner Tochter durch einen Umzug.
- Das Nörgeln wie die eigenen Eltern kommt bei mir, wenn ich selber keine Ressourcen mehr habe. Vor allem gegen Abend. Ich übe gerade, meine Grenzen zu wahren. Vor meinem Mann, auch vor meinem Kind. Ist mir was zu viel, kommuniziere ich es. Hilft natürlich in der Autonomiephase nur bedingt. Ich finde es aber fairer, als dass sie von selbst meine Stimmung raten muss.
- Ganz oft habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn es mir zu viel wird und spiele dann extra nochmals mit ihr. Das raubt mir aber so viel Energie, dass ich dann irgendwann blöd werde. Und das will ich durchbrechen. Jeden Tag ein neues Übungsfeld…
- Ich nenne es Autonomiephase. Mache mir bewusst, dass meine Tochter es nicht GEGEN mich, sondern FÜR sich macht. Versuche zu erkennen, dass sie besser für sich sorgen kann, als ich für mich und versuche von ihr zu lernen für mich einzustehen. In stressigen Phasen schaffe ich das natürlich 0. aber in guten Phasen hilft mir das sehr beim Ruhig bleiben. Auch, dass es echte Gefühle und kein „Theater“ sind.


- ihr Angst habt, dass der Mini zuviel Psyche von euch mit aufgeladen bekommt,
-Auch das kenne ich nur zu gut. Das nagt ständig an mir. Meine Therapeuten haben bisher immer versucht mich vom Gegenteil zu überzeugen. Bisher hat es noch keiner geschafft. Aber ich kann mir doch immer wieder sagen, dass ich mein Bestes gebe. Dass alle Kinder irgendwas mit ins Erwachsenenleben schleppen. Dass auch unsere Eltern ihr bestmögliches gegeben haben, wir was mitgeschleppt haben und jetzt für uns sorgen und das so auch unsere Kinder für sich machen müssen. Ich nehme mir vor, mit meinen Kinder offen zu kommunizieren, offen für deren noch so belanglos erscheinenden Sorgen zu bleiben. In der Hoffnung, dass sie sich mir anvertrauen, wenn sie mal psychische und andere Probleme haben und ich mich dann aufrichtig entschuldigen und gut damit umgehen kann.

- ihr Angst habt, dass euch euer Kind mal hassen könnte, weil es merkt, dass es doch glücklichere und entspanntere Eltern gibt, die Haus, Kinder, Beruf einfach besser unter einen Hut bekommen (und ja, die gibt es),
- Ich glaube nicht, dass mich mein Kind mal hasst. Also zumindest nicht so richtig mit Kontaktabbruch, sondern mehr so pupertär etc. Und ich denke, dieser „Hass“ ist gesund und gehört zur Ablösung der Eltern dazu. Wie ich mal damit umgehe? Hoffentlich siehe oben… wird sich zeigen…

- man ja eigentlich nur eine glueckliche Familie sein möchte, die Depri aber dazwischengrätscht?
- Tja, das Beste daraus machen. Die Wut auf die Depression zulassen. Ich bin in letzter Zeit oft traurig, dass ich die Babyzeit wegen der Depression nicht genießen konnte, sondern nur schrecklich fand. Das hält mich u.a. momentan auch noch davon ab ein 2. Kind zu bekommen. Meine Gedanken dazu würden den Beitrag aber noch mehr sprengen.
- Ich hasse es auch, bei anderen Familien zu sehen, dass sie zwar auch ihre Probleme haben und tlw mit den gleichen Dingen struggeln wie wir, die es aber trotzdem besser hinkriegen bzw es nicht so erschöpfend finden wie wir. (Ob sie es besser machen, ist ja nochmals eine andere Sache.)
- Ich hatte in den letzten Monaten Phasen, da hatte ich das Gefühl, dass das Mama sein zwar anstrengend ist, aber nicht mehr so erschöpfend. Dass ich langsam im Modus „normale“ Mama angekommen bin. Aktuell sind wir im Urlaub. 24/7 Mann und Kind um mich rum. Kann mir nur schwer Freiräume schaffen, ohne, dass es schnell wieder Streit gibt. Ich fühle mich grad weniger erholt und eher wieder erschöpft. Schlafe abends um 9 Uhr ein, bin zwischen 1 und 2 Uhr wach und wir stehen dann gegen 8 Uhr auf. Ich würde so gerne noch ein gemütliches gemeinsames Glas Wein mit meinem Mann trinken, wenn das Kind schläft und einfach mal wieder quatschen. Aber ich schlaf eben oft noch vor dem Kind ein. Kann es grad leider nur bedingt ändern. Hier gibts wohl nur annehmen wie es ist. Klappt bei mir auch nur bedingt.

Liebe Mia, ich bin sehr an Austausch interessiert. Du kannst dich gerne auch privat melden.

An alle anderen Eltern: Ich bin auch dankbar für jeden Ratschlag, wie man sich Ressourcen behalten kann und mit dem allem umgehen kann.

Viele Grüße Franzi
Schattenspieler62
Beiträge: 8
Registriert: 9. Aug 2024, 14:54

Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von Schattenspieler62 »

Hallo, bin neu hier und habe bisher nur mitgelesen. Muss mich vielleicht irgendwo hier noch vorstellen?
Das Thema Kindheit interessiert mich. Ich bin Vater einer 20-jährigen Tochter und als Pädagoge ausgebildet.
Meine Kindheit war desolat.

Meine Tochter macht in ihrer derzeitigen Phase mir gegenüber viele und schwere Vorwürfe. Bis dahin, dass sie sagt, es sei „unverantwortlich“ mit einer psychischen Störung wie schweren Depressionen ein Kind zu bekommen.

Heute kann ich mit ihr darüber reden, sie hat jetzt das intellektuelle und emotionale Verständnis.
Aber sie sagt auch „Ich war doch noch so klein....“.

Kinder haben ungeheuer sensible Antennen für Stimmungen und sind denen schutzlos ausgeliefert.
Das gilt nicht nur für sie selbst, sondern sie verspüren auch die Stimmungen der Erwachsenen bzw. der Eltern ziemlich genau.

Für mich als Vater ist es nun „zu spät“, ich kann Vergangenheit nicht korrigieren. Ich wusste nicht, dass ich quasi chronisch depressiv bin. Jetzt käme „hätte hätte, …, aber das spare ich aus.
Heute bin ich ganz gut medikamentös eingestellt und habe mehr Balance, auch wenn ich oft traurig und antriebslos bin. Vor Allem mache ich mir schwere Vorwürfe, als Vater „versagt“ zu haben.

Wichtig erscheint mir daher, immer wieder neu den guten Umgang mit sich selbst zu finden. Mit therapeutischer und ggf. medikamentöser Hilfe. Wir sind alle nur Menschen und Stimmungsschwankungen sind bis zu einer bestimmten Grenze völlig normal.

Wer die Verantwortung für kleine Kinder hat, muss etwas für sich tun. Sich erkennen und sich auch helfen lassen. Nur dann kann man geben, was Kinder brauchen: Sicherheit, Geborgenheit und Schutz.

Die intensivste Zeit mit den heranwachsenden Kindern findet schneller als gedacht ihr Ende. Und rückblickend sagen wir: Es war die Schönste Zeit des Lebens.
Mia123
Beiträge: 33
Registriert: 11. Jun 2024, 18:47

Re: An alle Mamis und Papis mit Depressionen

Beitrag von Mia123 »

Liebe Franzi,
Tut mir leid, letzte Woche war einiges los..

Ich schreibe dir eine PN.
Franzi_2 hat geschrieben: 29. Aug 2024, 13:35 Liebe Mia,
vielen Dank für diesen Thread! Ich habe mir die letzten Wochen öfters mal überlegt, genau einen solchen zu eröffnen.

Meine Tochter wird im November 3. Also ähnliches Alter wie dein Kind.

Ich habe auch viele Fragen an dich 😅
Aber erst mal zu deinen:

Ich muss dazu sagen, dass meine „Akutphase“ ziemlich genau ein Jahr her ist und ich gerade versuche wieder ein „normales“ Leben zu führen. Gehe also unter dem Deckmantel der Wiedereingliederung ca 20 Stunden arbeiten, wuppe nach der Kita ab 15 Uhr den Tag „allein“ bis mein Mann gegen 19/20 Uhr nach Hause kommt und gucke, dass ich Haushalt, Einkauf und alles andere Liegengebliebene nebenher gewuppt kriege. Also eig alles wie vorher, bis ich in der Akutphase gelandet bin. Die Veränderungen zum Besseren sind hier sehr schleppend aktuell und die größte Veränderung ist mein mindset. Die Bude muss nicht geleckt aussehen, einigermaßen okay reicht, keine Ressourcen für Einkauf? Dann gibts halt wieder Nudeln mit Soße, keine Nerven fürs Kind? 1/2 Std bis 1 Std Bobo/ Trotro/ Peppa schauen sind okay, damit ich mich ausruhen kann etc

Wie geht ihr damit um, dass man sich als allerschlechteste Mutter / Vater sieht, weil...
- die Zündschnur zu kurz ist,
Immer noch mit schlechtem Gewissen und der Hoffnung, dass es irgendwann besser wird - und es ist zu 80 % schon besser geworden - und trotzdem fühlt es sich noch nicht richtig an

- man mit dem Partner zu oft streitet einfach weil die Nerven blank liegen (obwohl man sich immer wieder versöhnt und dem Kleinkind das auch kommuniziert)
- mit dem Partner reden reden reden - schaffen wir zur Zeit auch nicht mehr so gut, müssen wir dringend wieder etablieren. Bei mir ist es mit Therapie besser geworden. Ich sehe nicht mehr jeden Satz als Angriff. Wir streiten uns aktuell eher über Erziehungssachen oder wenn er nicht merkt, dass ich gerade wirklich Unterstützung brauche. Ich strebe eine Familienberatung an, um unsere Kommunikation zu verbessern und bei Erziehungsdingen mehr an einem Strang zu ziehen
- Wir versuchen uns auch VOR dem Kind zu versöhnen. Damit das nicht im Verborgenen passiert und sie es nur vom Hören/ Sagen kennt

- ihr euch kaum konzentrieren könnt und ihr nach 10 Minuten liebevollen Spielens doch wieder ins Leere guckt und innere Monologe führt,
- Das kenne ich so nicht. Ich bin eher genervt und brauche viel Ruhe, versuche sie zum alleine Spielen zu animieren oder ich lese was vor, oder versuche, dass ich mein Buch lese und sie ihr Buch anschaut, oder dann doch wieder Bobo etc

- ihr manchmal so richtig genervt von eurem Kind seid und obwohl ihr alles über die Trotzphase gelesen habt und versucht umzusetzen, ihr doch wieder wie die eigenen Eltern staendig am Zwerg rumnörgelt,
- Das könnte ich geschrieben haben. Abstand vom Kind hilft am Wirksamsten. Ich habe eine richtig tolle Nachbarin. Auch mit Kleinkind. Sie weiß über meine Depression Bescheid. Ihr ist, obwohl gesund, ihr trubeliges Kleinkind auch oft zu viel. Wir wechseln uns ab. Wir wohnen Tür an Tür und wir erlauben uns praktisch jederzeit ohne schlechtes Gewissen zum anderen reinzuspazieren und zu fragen, ob man das Kind mal ne Weile da lassen kann. Ist oder wird es der anderen zu viel, wirds wieder zurückgebracht. So verschaffen wir uns gegenseitig Pausen. Ich bin so so dankbar für diese Frau. Wir kennen uns erst seit der Geburt meiner Tochter durch einen Umzug.
- Das Nörgeln wie die eigenen Eltern kommt bei mir, wenn ich selber keine Ressourcen mehr habe. Vor allem gegen Abend. Ich übe gerade, meine Grenzen zu wahren. Vor meinem Mann, auch vor meinem Kind. Ist mir was zu viel, kommuniziere ich es. Hilft natürlich in der Autonomiephase nur bedingt. Ich finde es aber fairer, als dass sie von selbst meine Stimmung raten muss.
- Ganz oft habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn es mir zu viel wird und spiele dann extra nochmals mit ihr. Das raubt mir aber so viel Energie, dass ich dann irgendwann blöd werde. Und das will ich durchbrechen. Jeden Tag ein neues Übungsfeld…
- Ich nenne es Autonomiephase. Mache mir bewusst, dass meine Tochter es nicht GEGEN mich, sondern FÜR sich macht. Versuche zu erkennen, dass sie besser für sich sorgen kann, als ich für mich und versuche von ihr zu lernen für mich einzustehen. In stressigen Phasen schaffe ich das natürlich 0. aber in guten Phasen hilft mir das sehr beim Ruhig bleiben. Auch, dass es echte Gefühle und kein „Theater“ sind.


- ihr Angst habt, dass der Mini zuviel Psyche von euch mit aufgeladen bekommt,
-Auch das kenne ich nur zu gut. Das nagt ständig an mir. Meine Therapeuten haben bisher immer versucht mich vom Gegenteil zu überzeugen. Bisher hat es noch keiner geschafft. Aber ich kann mir doch immer wieder sagen, dass ich mein Bestes gebe. Dass alle Kinder irgendwas mit ins Erwachsenenleben schleppen. Dass auch unsere Eltern ihr bestmögliches gegeben haben, wir was mitgeschleppt haben und jetzt für uns sorgen und das so auch unsere Kinder für sich machen müssen. Ich nehme mir vor, mit meinen Kinder offen zu kommunizieren, offen für deren noch so belanglos erscheinenden Sorgen zu bleiben. In der Hoffnung, dass sie sich mir anvertrauen, wenn sie mal psychische und andere Probleme haben und ich mich dann aufrichtig entschuldigen und gut damit umgehen kann.

- ihr Angst habt, dass euch euer Kind mal hassen könnte, weil es merkt, dass es doch glücklichere und entspanntere Eltern gibt, die Haus, Kinder, Beruf einfach besser unter einen Hut bekommen (und ja, die gibt es),
- Ich glaube nicht, dass mich mein Kind mal hasst. Also zumindest nicht so richtig mit Kontaktabbruch, sondern mehr so pupertär etc. Und ich denke, dieser „Hass“ ist gesund und gehört zur Ablösung der Eltern dazu. Wie ich mal damit umgehe? Hoffentlich siehe oben… wird sich zeigen…

- man ja eigentlich nur eine glueckliche Familie sein möchte, die Depri aber dazwischengrätscht?
- Tja, das Beste daraus machen. Die Wut auf die Depression zulassen. Ich bin in letzter Zeit oft traurig, dass ich die Babyzeit wegen der Depression nicht genießen konnte, sondern nur schrecklich fand. Das hält mich u.a. momentan auch noch davon ab ein 2. Kind zu bekommen. Meine Gedanken dazu würden den Beitrag aber noch mehr sprengen.
- Ich hasse es auch, bei anderen Familien zu sehen, dass sie zwar auch ihre Probleme haben und tlw mit den gleichen Dingen struggeln wie wir, die es aber trotzdem besser hinkriegen bzw es nicht so erschöpfend finden wie wir. (Ob sie es besser machen, ist ja nochmals eine andere Sache.)
- Ich hatte in den letzten Monaten Phasen, da hatte ich das Gefühl, dass das Mama sein zwar anstrengend ist, aber nicht mehr so erschöpfend. Dass ich langsam im Modus „normale“ Mama angekommen bin. Aktuell sind wir im Urlaub. 24/7 Mann und Kind um mich rum. Kann mir nur schwer Freiräume schaffen, ohne, dass es schnell wieder Streit gibt. Ich fühle mich grad weniger erholt und eher wieder erschöpft. Schlafe abends um 9 Uhr ein, bin zwischen 1 und 2 Uhr wach und wir stehen dann gegen 8 Uhr auf. Ich würde so gerne noch ein gemütliches gemeinsames Glas Wein mit meinem Mann trinken, wenn das Kind schläft und einfach mal wieder quatschen. Aber ich schlaf eben oft noch vor dem Kind ein. Kann es grad leider nur bedingt ändern. Hier gibts wohl nur annehmen wie es ist. Klappt bei mir auch nur bedingt.

Liebe Mia, ich bin sehr an Austausch interessiert. Du kannst dich gerne auch privat melden.

An alle anderen Eltern: Ich bin auch dankbar für jeden Ratschlag, wie man sich Ressourcen behalten kann und mit dem allem umgehen kann.

Viele Grüße Franzi
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