Depressiver Ehemann

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Sii
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Depressiver Ehemann

Beitrag von Sii »

Guten Morgen, ich bin neu hier und habe auch schon ein bisschen gelesen.
Ich habe einen depressiven Ehemann.
Die Depression kam langsam und schleichend und hatte ihren „Höhepunkt“ zur Geburt unseres Sohnes vor 6 Monaten.
Mein Mann war und ist nicht mehr er selbst hat das auch schnell selbst erkannt und hat sich Hilfe geholt.
Er war 8 Wochen stationär in einer Klinik und wurde auf Medikamente eingestellt und im Anschluss war er nochmal 6 Wochen in der Tagesklinik.
Das heißt ich war mit unserem Neugeborenen von Anfang an alleine zuhause. Wir haben diese Zeit gut gemeistert auch wenn es wirklich alles andere als leicht war.
Jetzt war mein Mann knapp 4 Wochen zuhause und man hat gemerkt wie es stetig wieder immer schlechter wurde. Also ist er jetzt nochmal in der Tagesklinik und die Medikamente werden nochmal umgestellt. Bisher tritt keine Besserung ein. Jeden Morgen weint er und erzählt mir wie schlecht es ihm geht. Wenn er aus der Klinik nach Hause kommt legt er sich hin weil er keine Kraft mehr hat. Die Ärzte in der Klinik sagen sie können ihm im Moment nicht helfen , wir müssen erstmal abwarten bis die neuen Medikamente anschlagen was 2-3 Wochen dauern kann. Er soll aushalten. 😔
Für mich ist die Situation wieder eine absolute Zerreißprobe weil mir langsam die Kraft ausgeht. Ich liebe unseren Sohn und bin zu 100% Mutter aber ich hätte nie damit gerechnet das ich komplett allein da stehe mit allem. Er ist ein absolutes Wunschkind und wir haben viele Jahre auf ihn „gewartet“ und jetzt ist er da und ein absoluter Sonnenschein aber diese Doppelbelastung macht mich wirklich fertig. Oft weis ich nicht mehr weiter weil ich meinem Mann auch so gerne helfen möchte und für ihn da sein möchte aber es zerrt so an den Kräften.
GuntherBandel
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von GuntherBandel »

Hallo Sii,

ist er auch bereits auf der Suche nach einer ambulanten Psychotherapie?

Viele Grüße
G.
Sii
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von Sii »

Claudia vielen lieben Dank für die lieben Worte❤️
Ich versuche all meine Liebe und meine positive Energie in unseren Sohn zu stecken damit er von dem Drama um ihn herum nichts mitbekommt. Natürlich kann ich nicht alles von ihm fern halten, sie bekommen ja viel mehr mit als wir denken. Er himmelt seinen Papa an aber Papa kann ihn nicht zurück anhimmeln. Oft schaut er ihn völlig ausdruckslos an selbst wenn der kleine Mann ihn anstrahlt. Auch wenn ich weis das er da nichts für kann und die Krankheit dafür verantwortlich ist so tut es mir doch sehr weh und macht mich oft wütend und verzweifelt. 😔
Sii
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von Sii »

Von einer Psychotherapie nach der Klinik wurde ihm abgeraten, es hieß er solle die Stunde in der Woche lieber mit etwas schönem verbringen. Ich kann das nicht verstehen und war bzw bin der Meinung das er auf jeden Fall weiter Hilfe braucht. Ich habe dann einen Termin bei einem systematischen Berater für ihn gemacht und dort fährt er jetzt einmal die Woche hin was ihm auch gut tut.
Aber in der Klinik wird nur auf die Medikamente gesetzt.
GuntherBandel
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von GuntherBandel »

Hallo Sii,

die Erfahrung, dass es in der Klinik hauptsächlich um die Einstellung/ Änderung von Medikamenten geht, habe ich auch gemacht.
Hat mir meine Psychotherapeutin auch bestätigt.
Zumindest in den "Standard-Bezirkskliniken".

Viele Grüße
G.
Freiwasser
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von Freiwasser »

Hallo Sii,
Das ist eine sehr herausfordernde Zeit für Dich! Du hast eigentlich einen Vollzeitjob mit Deinem kleinen Baby, und Dein Mann benötigt auch eher Kraft von Dir, als dass er Dir etwas abnimmt. Bitte versuche weiterhin (wie Du bereits machst), Dich nicht noch zusätzlich mit Erwartungen zu belasten, zum Beispiel, was die Beziehung vom Mann zum Baby betrifft. Ja, die ersten Monate sind prägend, aber vor allem für Dein Kind, und das bekommt seine sichere Bindung von Dir. Dein Mann kann gerade nicht besser, und er hat noch viel Zeit, seine Beziehung zu Euren Kind zu entwickeln. Da wird sich nicht ganz schnell irgendein Zeitfenster schließen.
Wenn Du jetzt quasi zwei Angehörige pflegst, gibt es vielleicht Möglichkeiten zur Entlastung. Eine Haushaltshilfe oder eine Kur … vielleicht kennt sich jemand hier damit besser aus.
Dass der Beginn Eures Familienlebens so ganz anders aussieht, als erhofft und erwartet, ist wohl etwas, das betrauert werden muss. Vielleicht hilft es Dir, Dir diese Trauer zuzugestehen. Sorge so gut Du kannst auch für Dich selbst (schwer mit Baby). Irgendwann wird es leichter.
Liebe Grüße,
Freiwasser
Sii
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von Sii »

WilmaWortlos54 hat geschrieben: 12. Jul 2024, 09:24 kennt man denn die Gründe für die Depression?
Ja also es ist so das er keine so leichte Kindheit hatte und seinen Mama auch früh verstorben ist , da war er Anfang 20.
Wir haben vor 5 Jahren den Hof von seinen Großeltern übernommen ein alter 4 Seitenhof mit Fachwerkhaus das war alles ziemlich in die Jahre gekommen und er hat fast alles mit Hilfe in Eigenleistung renoviert. Dazu kommt noch das wir eine lange Kinderwunschbehandlung hinter uns haben um uns den Traum vom Baby zu erfüllen. Das war natürlich auch eine anstrengende Zeit mit viel Höhen und Tiefen und die Ärzte vermuten das jetzt die Geburt und die damit verbundene Verantwortung das Fass zum überlaufen gebracht haben. Er war eh schon sehr ausgebrannt und jetzt kommt noch der Druck und der Gedanke „ich möchte bei meinem Kind alles besser machen“ und das war dann einfach zu viel.
Sii
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von Sii »

GuntherBandel hat geschrieben: 12. Jul 2024, 09:17 Hallo Sii,

die Erfahrung, dass es in der Klinik hauptsächlich um die Einstellung/ Änderung von Medikamenten geht, habe ich auch gemacht.
Hat mir meine Psychotherapeutin auch bestätigt.
Zumindest in den "Standard-Bezirkskliniken".

Viele Grüße
G.
Ja das ist leider wirklich so. Ich bin froh das es Medikamente gibt aber ich frage mich immer ob das reicht um wieder gesund zu werden. Es ist sicher so das die Medikamente wenn sie gut eingestellt sind den Menschen erstmal wieder auf ein gewisses Level bringen um überhaupt an sich arbeiten zu können aber meiner Meinung nach müsste auch dieser Weg begleitet werden.
GuntherBandel
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von GuntherBandel »

Sii hat geschrieben: 12. Jul 2024, 11:13
GuntherBandel hat geschrieben: 12. Jul 2024, 09:17 Hallo Sii,

die Erfahrung, dass es in der Klinik hauptsächlich um die Einstellung/ Änderung von Medikamenten geht, habe ich auch gemacht.
Hat mir meine Psychotherapeutin auch bestätigt.
Zumindest in den "Standard-Bezirkskliniken".

Viele Grüße
G.
Ja das ist leider wirklich so. Ich bin froh das es Medikamente gibt aber ich frage mich immer ob das reicht um wieder gesund zu werden. Es ist sicher so das die Medikamente wenn sie gut eingestellt sind den Menschen erstmal wieder auf ein gewisses Level bringen um überhaupt an sich arbeiten zu können aber meiner Meinung nach müsste auch dieser Weg begleitet werden.
Hallo Sii,

Medikamente sind meiner Erfahrung nach und man liest es auch oft nur ein eher kleinerer Teil der Therapie und bei manchen Menschen schlagen sie besser an, bei manchen so gut wie garnicht.

Viele Grüße.
G.
GuntherBandel
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von GuntherBandel »

Hallo,

habe gerade mal etwas nach Informationen dazu gesucht:

Die verschiedenen Antidepressiva wurden bereits in vielen Studien miteinander verglichen. Insgesamt schnitten die häufig eingesetzten trizyklischen Antidepressiva, SSRI und SSNRI ähnlich ab. Für Erwachsene mit einer mittelschweren oder schweren Depression zeigen Studien:

ohne Antidepressiva: Bei etwa 30 von 100 Menschen, die Tabletten ohne Wirkstoff (Placebos) einnahmen, besserten sich die Beschwerden innerhalb von 6 bis 8 Wochen.
mit Antidepressiva: Bei etwa 50 von 100 Menschen, die ein Antidepressivum einnahmen, besserten sich die Beschwerden innerhalb von 6 bis 8 Wochen.

Aus: https://www.gesundheitsinformation.de/w ... ssiva.html
Sii
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von Sii »

Guten Morgen tut mir leid das ich jetzt erst antworte. Die Wochenenden sind immer ziemlich herausfordernd. Vielen Dank für die Info, von den 6-8 Wochen haben wir jetzt knapp 2 geschafft. Ich hoffe sehr das die neuen Medikamente (bald🙏🏻) was bringen.

Ich wünsche allen einen schönen Sonntag.
stierchen
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von stierchen »

Guten Tag,
Ich befinde mich zur Zeit in einer sehr schlechten seelischen Verfassung.
Mein Ehemann ist am 16.05.2024 (vor 2 Monaten) ganz plötzlich an einer schweren Depression erkrank bzw. ist die ausgebrochen. Bis Dato sogar noch alle Tage vorher hat er mir immer gesagt wie sehr er mich liebt und froh ist, dass er mich hat. Er war selber bei einer Psychologin die ihm eine Stationäre Behandlung mit Einweisung attestiert hat zusätzlich auch eine Neuropsychiaterin die ihm das gleiche bzw. auf jedenfalls Psychotherapie. Er nimmt es nicht an.
Nun hat er sich innerhalb von 2 Woche heimlich ohne es anzukündigen eine eigene Wohnung gesucht und ist gestern ausgezogen und den Kontakt komplett zu allen unseren Freunden und Familie und jetzt auch zu mir abgebrochen.
Wir waren 17 zusammen und davon 15 Jahre verheiratet. Wir hatten ein sehr gutes Eheleben und waren auch richtige Freunde, haben alles zusammen gemacht und erlebt, kaum gestritten.
Wir haben eine 13 Jährige Tochter zusammen und ich habe noch eine 21 jährige Tochter, die er seit sie 5 Jahre alt ist mit aufgezogen.
Er war immer ein liebevoller, emphatischer und toller Mensch mit dem "man Pferde stehlen konnte".
Er hat innerhalb von ganz kurzer Zeit so eine extreme Wesensveränderung das es uns alle so dermaßen erschreckt. Er ist so kalt und hat absolut keine Emotionen seiner Familie und seinen sozialen Umfeld gegenüber. Nur bei der Arbeit ist er anders.
Er hat gesagt er kann für niemanden mehr da sein und möchte kein Mittelpunkt oder Anker für jemanden sein. Das ist sehr schlimm da unsere Tochter die noch bei uns wohnt ein sehr enges und liebevolles Verhältnis zu ihrem Vater hatte. Er hat sich aber seid der Ausbruch kam kaum noch mit ihr befasst.
Ich leide jetzt schon zwei Monate, kann nicht mehr richtig essen und schlafen, kann mich nicht konzentrieren und habe mehrmals am Tag Panik und weine sehr viel. Ich habe von meiner Hausärztin leichte Antidepressiva verordnet bekommen, was ich schon seid 1 1/2 Monaten nehme.
Ich muss zu Hause stark sein für meine Tochter/Töchter und sie aufbauen. Ich habe jeden Tag das Gefühl das ich zusammenbreche.
Ich weiß überhaupt nicht wie ein Mensch sich so stark ändern kann, ich habe mich viel über Depression informiert und auch versucht es alles zu verstehen, aber da es wirklich so eine erschreckende Wesensverwandlung bei ihm ist habe ich extrem Angst um Ihn.
Nixe02
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von Nixe02 »

Sii hat geschrieben: 12. Jul 2024, 08:00
Die Depression kam langsam und schleichend und hatte ihren „Höhepunkt“ zur Geburt unseres Sohnes vor 6 Monaten.
Hallo Sii,

einige Männer scheinen mit ihrer "neuen Rolle" nicht zurechtzukommen und ziehen sich langsam zurück. Ihre Meinung, ihre Befürfnisse treten zunehmend in den Hintergrund. Ganz langsam beginnt es in der Schwangerschaft, je weiter sie fortschreitet, um so mehr wird dem Baby/Mutter alles untergeordnet und ist das Baby dann endlich da, ist's gänzlich aus, mit jeglicher Aufmerksamkeit, alles wird dem Wohle des Kindes untergeordnet.

Mann, der Mann, wird zum Erfüllungsgehilfen. Aufmerksamkeit - Fehlanzeige ... so scheinen es einige Männer zu empfinden (?). Manche machen sich rar, entfliehen dem "ganzen Graus", manche entdecken alkoholische Getränke für sich, andere verfallen in Schwermut oder Trübsinnigkeit.

Viele Männer hätten bestimmt auf Nachwuchs verzichtet, hätten sie gewusst, was das für Arbeit, Verzicht, für "Demütigungen" bedeutet. Plötzlich ist das unbeschwerte Leben vorbei und das für längere Zeit.

Sicherlich etwas überspitzt formuliert, doch auch sehr realistisch (möglich).

Wie kann ich meinen Mann das Baby, diesen kleinen, nach Aufmerksamkeit schreienden Terroristen schmackhaft machen? Ihm begreiflich machen, das auch der Vater ein äußerst wichtiger Bestandteil für Baby's Leben ist?
bvs
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von bvs »

Wie kann ich meinen Mann das Baby, diesen kleinen, nach Aufmerksamkeit schreienden Terroristen schmackhaft machen? Ihm begreiflich machen, das auch der Vater ein äußerst wichtiger Bestandteil für Baby's Leben ist?
Und kurz davor scheibst du:
einige Männer scheinen mit ihrer "neuen Rolle" nicht zurechtzukommen und ziehen sich langsam zurück. Ihre Meinung, ihre Befürfnisse treten zunehmend in den Hintergrund. Ganz langsam beginnt es in der Schwangerschaft, je weiter sie fortschreitet, um so mehr wird dem Baby/Mutter alles untergeordnet und ist das Baby dann endlich da, ist's gänzlich aus, mit jeglicher Aufmerksamkeit, alles wird dem Wohle des Kindes untergeordnet.
Das kann so nicht funktionieren. "Das Baby schmackhaft machen" ist wahrscheinlich nicht, was er braucht, wenn du damit recht hast, was du schreibst.
Er braucht dich, ungeteilt, nicht als Mama, sondern als Frau, Freundin und geliebte; und zwar ohne das Gefühl, du "spielst diese Rolle, damit er mehr fürs Baby macht". Das ist es nämlich, was sich verändert, wenn ein neuer Mensch die Welt betritt. Dieser Mutterinstinkt ist sicherlich hilfreich fürs Überleben des Babys, aber für die Partnerschaft ist sie tödlich.

Die Frage "wie mache ich ihm das Baby schmackhaft"? zeigt das Mindset meiner Ansicht nach sehr deutlich. Es geht nur ums Kind, direkt und sogar auch indirekt.
Das ist nicht das, was eine stabile und gute Familie gedeihen lässt.
Dass ein Vater für ein Baby enorm wichtig ist, weiß er ganz bestimmt schon längst. Aber unter den Bedingungen ist sein Seelenheil gefährdet, und darum zieht er sich zurück.
Nixe02
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von Nixe02 »

Wie kann ich meinen Mann das Baby, diesen kleinen, nach Aufmerksamkeit schreienden Terroristen schmackhaft machen?
Hallo bvs,

sicherlich ist o.g. Bemerkung zu salopp/überspitzt formuliert, die allerlei Interpretationen erlaubt.

Doch machen wir uns Mal nichts vor, ist ein Kind "plötzlich" da, muss man/frau sich kümmern - um's Kind!
Mindset hin oder her.
Der Mann verliert "schlagartig" an Bedeutung, Prioritäten sind auf einmal völlig andere.

"Der Mann braucht dich als Freundin, Frau, Geliebte ... "
... die Frau braucht ... - wer schon Mal Kinder großzog, weiß, was das für ein "Job" ist, mal abesehen von dem nun völlig veränderten Hormonspiegel und der unsäglichen Freude, ist das sauviel Arbeit, ein ständiges Auf und Ab von Gefühlen, von Müssen und Wollen oder Nichtwollen und dann soll man sich noch um den Mann kümmern?

Wenn man als Frau ständig zwischen Überforderung, Unsicherheit und mangelnder Ruhe hin- und herpendelt, kommt man irgendwann ein einen Punkt der Hilflosigkeit.

ABER, ich will Dir nicht die Welt erklären, dass weißt Du als Familien-, Kindererfahrener sicher selbst.

@Sii kann doch nur ihren Liebsten "nötigen" mit ihr an einem gemeinsamen Strang zu ziehen, mit ihm reden ("überreden" = es ihm begreiflich machen). Ist er krank, helfen vielleicht Medikamente, Therapien etc..

Was soll man sonst tun?
bvs
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von bvs »

Nixe, natürlich verschieben sich Prioritäten.
Aber wenn die Beziehung nicht gepflegt wird, verkümmert sie; das ist einfach ein Faktum.
Und natürlich hat man da als Vater auch einen Fokus drauf, und einen intrinsischen Antrieb dass es Kind UND Mutter gut geht.
Und klar versteht man, dass die ersten Wochen und Monate erstmal aller Fokus aufs Kind gelegt wird, und Schlafentzug hat man als Vater auch genug (wenn man sich das fair aufteilt, wovon ich gerade ausgehe).
Aber; wenn das eben nicht eine zeitlich begrenzte Phase ist, und man als Vater ständig zu kurz kommt, trotz Ansprechen der Bedürfnisse, dann macht das was mit einem. Dass die Gesellschaft die Mutterschaft glotifiziert (und das auch spiegelt, dass das schon völig OK ist, NUR an das Kind zu denken) lasse ich dabei außen vor. Als Vater ist man durch die Gesellschaft Randfigur. Das schmerzt. Wenn die Partnerin das ebenfalls spiegelt, fühlt man sich ganz plötzlich NUR NOCH als Versorger gebraucht. Und das geht halt nicht unendlich lange, bevor man als empathischer Mann verkümmert und sich fragt "bleibt das jetzt so?". Es ist auch Aufgabe der Mutter, sich auch um die Beziehung zu kümmern. Sonst verkümmert diese.
Freiwasser
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von Freiwasser »

Hallo Stierchen,
Es tut mir leid, von Deiner Situation zu hören. Dass die Depression so plötzlich kommt und innerhalb so kurzer Zeit so radikale Entscheidungen wie die zum Auszug und Kontaktabbruch getroffen werden, hört man sonst nicht. Es muss Dir den Boden unter den Füßen wegziehen. Er ist Dein Mann für viele Jahre, und der Papa von Deinem Kind. Da ist es fast unmöglich, sich abzugrenzen und auf sich selbst/auf die Kinder zu konzentrieren.
Vielleicht magst Du überlegen, was und wer Dir noch helfen könnte. Denn Du brauchst jetzt alle Hilfe, die Du kriegen kannst. Hast Du Freundinnen, Angehörige, was gibt es für Möglichkeiten über die Solidargemeinschaft (Beratungsstellen, medizinische/therapeutische Hilfe, Selbsthilfegruppe, Kur) … Wenn Dein Mann nicht plötzlich wie durch ein Wunder „aufwacht“ und nach Hause kommt, wird das ein Marathon und kein Sprint. Ob und wann es Deinem Mann besser geht, steht in den Sternen, und was das für Eure Beziehung heißt, auch. Du musst Dich in der Krise zurechtfinden, trauern, eine völlig neue Rolle und Identität finden und gleichzeitig für Deine Tochter Bzw. die beiden Töchter stabil bleiben und das alles für sie irgendwie erklären und navigieren. Du musst, so gut Du kannst, versuchen, dass Du nicht selber psychisch krank wirst, sonst hat Deine Tochter zwei kranke Elternteile.
Ich habe ein tolles „Team“ aus Freundinnen und Familie. Ohne sie hätte ich es nicht durchgestanden. Sie machen den Marathon mit. Ich hoffe für uns alle, dass es bald nicht nur irgendwie weitergeht, sondern wieder richtig gut wird in meinem Leben. Damit ich was zurückgeben kann.
Liebe Grüße,
Freiwasser
Freiwasser
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von Freiwasser »

bvs, ich stimme Nixe zu: es ist etwas viel verlangt, dass die Frau das Baby versorgen und die krassen Vorgänge in ihrem Körper und ihrer Psyche verkraften soll und gleichzeitig „ungeteilt“ für den Mann da sein als Geliebte. Mir kommt dieser Anspruch so vor, als wäre er auch in der Kinderrolle. Andersrum glaube ich, eine Frau, die beim Partner erlebt, dass er gemeinsam mit ihr die Freude und die Verantwortung des Elternseins ergreift, wird sich ihm nahe fühlen und liebevoll mit ihm umgehen. Kann natürlich Frauen geben, bei denen es anders ist, aber ich habe das in meinem Umfeld noch nicht so beobachtet.

Sii kann halt von diesen Überlegungen nicht profitieren, weil ihr Mann krank ist. Der übernimmt jetzt keine Verantwortung und freut sich auch nicht. Und ihr jetzt noch aufzuerlegen, dass sie sich besser um ihn kümmern soll, hilft ihr, glaube ich, auch nicht weiter.
Mein Vorschlag ist, Erwartungsdruck rausnehmen und pragmatisch „workarounds“ finden.
Alles Gute!
bvs
Beiträge: 161
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von bvs »

Tut mir leid, ich wollte das nicht auf die konkrete Situation münzen, sondern generelle Vorgänge ansprechen, um der Ewartungshaltung "Der Mann muss sich natürlich komplett dem Kind unterordnen" etwas entgegenzustellen.
In allem muss der Ausgleich gesucht werden, das wollte ich sagen. Wenn es zu einseitig wird, kommt es in Schieflage.

Natürlich muss sich eine Familie mit Kind erstmal neu finden, und natürlich verschieben sich die Prioritäten. In einer Gesunden Partnerschaft bedeutet das für mich selbstredend, dass sich der Papa einbringt und mitzieht, und freut, und schaut, dass es allen gut geht. Selbiges bei der Mutter. Aber nach einer gewissen Eingewöhnungszeit sollte auch die Mutter verstehen, dass es zur Aufrechterhaltung einer Partnerschaft auch die Paarebene braucht - und mein Eindruck ist, dass Mütter sich oft erstmal jahrelang aus der Beziehung verabschieden (weil: Kind) und sich dann wundern, warum ihr Mann so distanziert ist. Sie sehen nicht, dass sie selbst diese Distanz in die Paarbeziehung eingebaut haben und dies jedesmal eine Verletzung für den Mann war.
Oft im Umfeld beobachtet; und nicht umsonst ist ein Kind ein größerer Scheidungsfaktor.

Und ja, natürlich stellen sich die Hormone um, und Stillen etc; ich habe das alles mehrfach live selber erlebt und nach Kräften unterstützt. Aber nach einem, sagen wir, halben Jahr sollte die Mama schon auch mal wieder an einem oder zwei Tagen die Woche stundenweise das Kind abgeben können, um Zeit mit dem Mann zu verbringen. Ich rede nicht von mehreren Stunden am Tag, sondern von einem ungestörten Mittagessen oder Spaziergang, oder einer Kuschelrunde; nichts großes; aber aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass mir das gut getan hat und viel Kraft gegeben hat für das Druchhalten.
Und diese Zeit sollte dann auch wieder mehr und intensiver werden, je größer die Kinder werden. Irgendwann können sie auch länger am Stück fremdbetreut werden, sodass man dann mal zwei, drei Stunden in die Sauna verschwinden kann. Solche Sachen meite ich, und den Weg, die Perspektive; das Signal "auch die Paarebene zu dir, meinem geliebten Mann, ist mir wichtig, geht nur grade nicht so viel wie ich gerne würde".
Und wenn Mama aber signalisiert, dass es nur und ausschließlich ums Kind zu gehen hat, und der Mann sowas vergessen kann - dann darf sich in meinen augen der Vater schon fragen, ob das auf Dauer sein Leben sein soll (weil "Dauer" ist das, wenn das jahrelang so geht).

So in der Richtung.
Aber ich wollte auch das Thema nicht kapern.

Verzeihung...
stierchen
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Re: Depressiver Ehemann

Beitrag von stierchen »

Hallo Freiwasser, ich danke Dir sehr für Deine lieben Worte, es ist wirklich alles unfassbar und sehr traurig. Ich habe zum Glück einen sehr liebevollen Familien und Freundeskreis dir mich täglich versuchen aufzubauen. In mein Kopf will einfach nicht begreifen oder fassen, dass ein so liebevoller, emphatischer fröhlicher Mensch und vor allem liebevoller und umsorgender Vater und Ehemann so eine drastische Lebensveränderung macht. Es ist so erschreckend und gruselig. Die ganze Familie hat Sorge und Angst weil er wirklich ein komplett anderer Mensch ist. Da er jetzt auch zu keinem mehr Kontakt hat, nicht mal mehr zu seinen Kindern die er über alle Maßen geliebt hat ist es jeden Tag eine schwere Hürde aus Trauer, Verzweiflung, Unverständnis, Vertrauensängste und die Ängste ob er sich was antun könnte.
Ich habe niemals gedacht, was so eine Erkrankung aus einem so wundervollen Menschen machen kann.
Ich versuche wirklich mich jeden Tag abzulenken, spreche viel mit den Kindern, treffe mich mit Freunden und meiner Familie. Es wird aber einfach nicht besser, da er wirklich mein bester Freund und Ehemann war und wir täglich zusammen waren und wenn wir nicht zusammen waren hat er mich immer angerufen und geschrieben und wir haben so viel gelacht und unternommen. Und jetzt ist alles weg..... nur noch Verzweiflung, Angst und Trauer.
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