soziale Isolation

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RatlosGuru
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soziale Isolation

Beitrag von RatlosGuru »

Liebe Community,

ich bin Mitte 20, männlich und für mein Studium in eine neuen Stadt gezogen. Nun wohne ich hier schon seit ca. zwei Jahren und habe nicht wirklich Anschluss gefunden. Ich habe deswegen auch sehr oft eine gedrückt Stimmung und fühle mich hoffnungslos. Mit meinen Kommilitonen verstehe ich mich einfach nicht und ich habe auch zahlreiche Hochschulgruppen und Hochschulsport ausprobiert. Mir fehlt einfach eine Gruppe mit Gleichgesinnten, im ungefähr selben Alter. Mir fehlt das Zugehörigkeitsgefühl. Ich kämpfe mich gefühlt nur alleine durch das Studium. Gleichzeitig habe ich auch den Eindruck, als würde ich das Leben verpassen. Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Zudem bin ich auch single und merke, wie sehr mir eine Partnerschaft fehlt.
AlexandreCharles
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Wohnort: Emmendingen

Re: soziale Isolation

Beitrag von AlexandreCharles »

Hallo RatlosGuru,

es ist schwer Dir virtuell Tips zu geben - ich kenne Dich nicht.

Daher erzähle ich dir kurz von mir: ich bin gerade erst umgezogen, habe einen neuen Job in einer neuen Stadt. Ich bin oft alleine, fühle mich jedoch nicht einsam. Ich habe mir einen Hund geholt, gehe regelmäßig ins Fitnessstudio, fahre Motorrad und freue mich jedes Mal wenn ich zur Arbeit gehen darf (ich arbeite alleine, als mobiler Pfleger).

Meine spontanen Gedanken: studierst Du gerne Deine Fächer oder erfüllst Du Erwartungen? Liegt Dir eventuell etwas völlig anderes, z.B. ein Handwerk Hast Du Spaß an den Hochschulgruppen und dem Hochschulsport oder machst Du es weil man das halt so macht? Wofür brennst du, bei welchen Themen kommt deine Seele in Wallung?

Es ist nicht Dein Weg, den ich aufzeige. Deinen Weg findest nur Du für Dich - aber Hilfe oder Anregung kann man sich schon mal holen.

LG Alex

Ich habe früher (bin jetzt 50) fast alles mit dem Kopf entschieden - und erst jetzt erkannt das mein Herz manchmal völlig andere Wege bevorzugt. Die Seele hat manchmal völlig andere Sehnsüchte als das was unsere Vernunft für richtig erklärt. Dann sollten wir inne halten und überlegen ob jede Entscheidung im Leben immer und ausnahmslos vernünftig sein muss.
Ich bin zu alt um jung zu sterben.
Aurelia Belinda
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Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: soziale Isolation

Beitrag von Aurelia Belinda »

Soziale Isolation ist immer sehr negativ behaftet.
Für mich war es meine lehrreichste Zeit im Leben und eine bereichernde langjährige Phase, die ich nicht missen möchte.
Sie lehrte mich enorm viel, über mich selbst, ließ mich wachsen an Schwierigkeiten, hat mich durch eine Identitätskrise getragen, mir mentale Stärke verliehen u.v.m.
Rückblickend würde ich sagen, ja...wir sind zwar soziale Wesen, brauchen Impulse, werden durch soziale Kontakte jedoch sehr beeinflusst....leider auch negativ.
Den Horizont kann man laut meiner, dieser Erfahrung, nicht nur durch das Außen, durch Reisen, durch vielfältige Kontakte, erweitern...
Nein, sehr wohl durchaus mit dem intensiven, geschärften Blick nach innen....

Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
RatlosGuru
Beiträge: 9
Registriert: 1. Jul 2024, 16:21

Re: soziale Isolation

Beitrag von RatlosGuru »

Aurelia Belinda hat geschrieben: 10. Jul 2024, 19:35 Soziale Isolation ist immer sehr negativ behaftet.
Für mich war es meine lehrreichste Zeit im Leben und eine bereichernde langjährige Phase, die ich nicht missen möchte.
Sie lehrte mich enorm viel, über mich selbst, ließ mich wachsen an Schwierigkeiten, hat mich durch eine Identitätskrise getragen, mir mentale Stärke verliehen u.v.m.
Rückblickend würde ich sagen, ja...wir sind zwar soziale Wesen, brauchen Impulse, werden durch soziale Kontakte jedoch sehr beeinflusst....leider auch negativ.
Den Horizont kann man laut meiner, dieser Erfahrung, nicht nur durch das Außen, durch Reisen, durch vielfältige Kontakte, erweitern...
Nein, sehr wohl durchaus mit dem intensiven, geschärften Blick nach innen....

Aurelia
Hallo Aurelia,

vielen Dank für deine tolle Antwort! Ich kann mir vorstellen, was die Zeit mit dir gemacht hat und ich muss sagen, in dieser jetzigen Zeit lerne ich auch einiges über mich. Blickst du erst jetzt mit dieser Einstellung auf diese Zeit oder hast du die Zeit auch damals als lehrreich und positiv bewertet?

Ich muss vorneweg sagen, dass ich vor dem Übergang in die weiterführende Schule (bis ca. 10 Jahre) überhaupt keine Probleme mit sozialer Isolation hatte. Nach dem Schulwechsel haben die Probleme rückblickend betrachtet jedoch angefagen und zieht sich seit einer längeren Zeit so. Irgendwann ging es dann besser und ich hab neue, gute Leute kennengelernt, mit denen ich mittlerweile gut befreundet bin. Dann bin ich aber für's Studium umgezogen und ich stecke seit ca. zwei Jahren wieder in dieser Situation fest und leide fast täglich darunter.

Gleichzeitig lerne ich auch einiges über mich und weiß immer besser, wie ich "funktioniere". Ich weiß aber auch immer mehr, wie sehr ich gute Freunde benötige und auch, was für mich gute Freunde ausmachen. Es muss auch kein großer Freundeskreis sein, aber zumindest 2-3 sehr gute Freunde. Außerdem fehlt mir auche eine Beziehung und ich habe subjektiv den Eindruck, dass es mit den Jahren immer schwieriger wird, das zu erreichen.
face
Beiträge: 22
Registriert: 8. Apr 2024, 21:14

Re: soziale Isolation

Beitrag von face »

Es mag ja stimmen das soziale Isolation auch seine Vorteile hat. Ja man lernt sich selbst kennen bzw. ein (manchmal etwas krude) Version seiner selbst.
Aber trotzdem möchte ich davor warnen diesen Weg allzu positiv zu bewerten. Ich habe gut 25 Jahre in ziemlicher sozialer Isolation verbracht. Man wird komisch, und der weg zurück in den Kontakt mit anderen Menschen ist steinig. Man verlernt soziale Interaktion leider sehr schnell. Die entsprechenden Hemmungen wachsen. Man wird Kontaktscheu und braucht zusehens noch mehr Ruhe. Ein Teufelskreis. Solange du die Einsamkeit spürst würde meine Therapeutin sagen ist noch alles in Ordnung. Sobald du sie nicht mehr spürst fangen ganz andere Probleme an.

Ich habe sie nicht mehr gespürt, erst jetzt wo ich mit vieeeel Mühe, vieeeel Überwindung, und sehr vielen inneren Ängsten und Selbstzweifeln angefangen habe mir einen kleinen Freundes und Bekanntenkreis zu erarbeiten merke ich auf was ich alles verzichtet habe. Jetzt ertrage ich Einsamkeit nicht mehr gut und spüre sie auch seeeehr schnell.
Ich dachte wirklich ich kenne mich selbst sehr gut, jetzt wo ich wieder an einem "normalen" Leben teilnehme muss ich feststellen das ich mich selbst nicht wirklich kannte. Ich kannte eine einsame,verschlossene, etwas verbitterte, depressive und resignierte Version meiner selbst. Als neulich ein Freund meinte ich wäre ja so ein offener Mensch mit dem man viel zu Lachen hat musste ich erst ein paarmal drüber nachdenken ob er wirklich mich meinen könnte oder einen Witz gemacht hat.

Als Hilfestellung fur RatlosGuru. Klar wäre es wünschenswert an der Hochschule Bekanntschaften zu finden, aber zwingend Notwendig ist es ja nicht. Auch außerhalb der Uni gibt es ja Aktivitäten. Einer der leichtesten Anschlußpunkte ist wohl eine Arbeit. Hast du die Möglichkeit(Zeit) einen Nebenjob zu machen? Über die Arbeit kommt man oft recht schnell in Kontakt mit anderen. Vielleicht ja im Unibereich? Ich kenn mich da nicht aus.
Ansonsten Verreine. Vielleicht gibt es an der Uni auch Datingveranstaltungen? Fittnesscenter wäre eine gute Möglichkeit, bei Uninähe würdest du dort bestimmt auf viele wenigstens vom sehen bekannte Gesichter stoßen. So kommt man schneller in Kontakt. Es gibt auch Apps ähnlich den Dating Apps nur für Freundschaften. Dort werden Aktivitäten aufgelistet und du kannst einfach Teilnehmen.

Ich wünsche Dir vieeel Erfolg.
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