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erstmaliger Kliniksaufenthalt

Verfasst: 8. Jan 2005, 20:42
von Rolfe
Seid gegrüßt,
nachdem ich kurz davor war, Schluß zu machen
(einige werden sicher aus vorherigen Threads
wissen, warum), habe ich mich am 26.11.04
lieber in eine Klinik einweisen lassen und habe es nicht bereut. Die sind alle ganz lieb zu mir und verstehen mich, und das ist gut so. Zwar können sie meine Probleme für mich nicht lösen, aber es ist jetzt irgendwie leichter, damit umzugehen.
Meine Frau und vor allem mein Kind brauchen mich. Zwar wußte ich das auch vorher, aber meine Verzweiflung war unendlich groß;
ich denke, Ihr wißt, was ich meine.
Mein Problem (Disziplinar- und mittlerweile auch Strafverfahren wegen Überschuldung)
wird noch ewig bis zur Lösung andauern; ich muss damit irgendwie leben. Auch wenn ich weiß, dass ich mir eigentlich nichts vorzuwerfen habe, ist das extrem schwer und treibt mich fast in den Wahnsinn.
Meine Frau ist lieb und froh, endlich alles zu wissen, was ich ihr jahrelang um ihret-
willen verschwiegen habe. Sie ist seit
zweieinhalb Jahren krank und steht kurz vor der Erwerbsunfähigkeit, weswegen ich sie damit nicht belasten wollte. Aber jetzt fühle ich mich besser, auch wenn jetzt die Last teilweise auf meine Frau verteilt ist und ich nicht weiß, ob sie das richtig verkraftet, auch wenn sie tapfer ist.
Was mich beunruhigt, ist die Frage,
wie es nun psychisch weitergeht.
Ich habe bemerkt, dass der Kliniksaufenthalt
für mich eine Art Befreiung und Entlastung
war und ist, die ich einfach brauchte.
Aber andererseits geht das wirkliche Leben draußen weiter, und irgendwann muß ich da wieder raus und will das auch.
Ich habe Angst davor, dass ich vielleicht
bei Anhalten meiner Probleme und wenn ich damit wieder nicht klarkomme, wieder
schwach werde und da rein muß. Meine Familie braucht mich aber; ich will nicht so schwach sein, aber ich bin eben auch nur ein Mensch.
Wie geht Ihr damit um, wenn Ihr einerseits mit Eurem Leben klarkommen wollt, andererseits so fertig seid, dass es eben nicht anders mehr geht, als die Klinik, um Schlimmeres zu verhindern - und dann die Familie im Stich lasst.
Ich empfinde es jedenfalls so.
Muss ich mich dafür schämen?
Gruss, Rolle

Re: erstmaliger Kliniksaufenthalt

Verfasst: 8. Jan 2005, 23:39
von Lakota
Hallo Rolle,
ich habe Dir damals geraten, nicht zu zögern und eine Klinik aufzusuchen. Wie ich sehe, hast Du Dich nun auch dazu entschlossen. Ich freue mich, dass Du Dich dort wohlfühlst. Ich denke, dass es ein wichtiger Schritt war, Deiner Frau die ganze Wahrheit über Deine Situation zu sagen. Sie wird sicherlich zu Dir halten und geteiltes Leid ist ja bekanntlich halbes Leid. Natürlich kann ich verstehen, dass Dir Angst vor der Zukunft wird. Gibt es vielleicht eine Möglichkeit, dass Du, wenn Du wieder stabiler bist, schon von der Klinik aus Vorkehrungen und Regelungen für Dein weiteres Leben triffst? Möglicherweise können Dir auch verschiedene Therapeuten dabei helfen. In "meiner" Klinik gab es diese Möglichkeiten, z.B. Hilfe bei Jobsuche, Wohnungssuche, Betreuung nach Klinikaufenthalt.....So hättest Du die Möglichkeit aus einem sicheren Umfeld zu handeln und es wäre auch immer jemand da, der Dich bei Rückschlägen auffängt.
Ich finde, Du solltest Dir zum jetzigen Zeitpunkt keine Gedanken darüber machen, was wohl sein wird, wenn Du es nach dem Heimkommen wieder nicht schaffst. Jetzt solltest Du versuchen, positiv nach vorne zu blicken. Natürlich geht das Leben "draussen" weiter und es ändert sich nicht. Aber Du kannst Dich ändern. Du wirst sicherlich gestärkt und mit neuen An- und Einsichten die Klinik verlassen. Und danach solltest Du auf jeden Fall eine ambulante Therapie anstreben.
Ich wünsche Dir alles Gute und ganz viel Mut. Ausserdem würde ich mich sehr freuen, zu hören, wie es Dir weiterhin so ergeht.

Liebe Grüße,
Lakota

Re: erstmaliger Kliniksaufenthalt

Verfasst: 8. Jan 2005, 23:56
von Lakota
Hi,
ich bin`s schnell nochmal. Habe mir eben Deinen Beitrag nochmal durchgelesen. Was Deine letzte Frage betrifft: du hast keinen Grund Dich zu schämen, wenn Du Dich entschliesst, in eine Klinik zu gehen. Du übernimmst dann nämlich Verantwortung für Dich und Dein Leben. Und glaubst Du nicht auch, dass Du Deine Familie erst dann wirklich im Stich lassen würdest, wenn das Schlimmste passieren würde? Frag mal Deine Frau, wann sie sich eher im Stich gelassen fühlen würde!!!
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Zeit eines Klinikaufenthalts für alle Familienmitglieder sehr schwer ist, aber diese Zeit geht einmal vorüber. Während die andere Lösung endgültig wäre.
Denk doch einfach mal darüber nach!
Lakota

Re: erstmaliger Kliniksaufenthalt

Verfasst: 9. Jan 2005, 00:18
von Rolfe
Danke, Lakota,
Du hast ja recht, es wäre sicher schlimmer, wenn ich für meine Familie nicht mehr da wäre. Aber ich war so verzweifelt; ich konnte nicht mehr und bin heute froh,
den Weg in die Klinik gefunden zu haben, wobei mir meine Frau als Ärztin auch geholfen hat.
Trotzdem habe ich irgendwo vor allem gegenüber meiner 6-jährigen Tochter ein schlechtes Gewissen, weil ich seit fast 2 Monaten in der Klinik bin, wenn auch seit
einiger Zeit mit Ausgang (wie heute, KTE).
Einerseits bin ich froh, dass ich diesen Weg gegangen bin, andererseits - egal.
Ich bin froh, dass ich lebe und meine Familie habe. Hoffentlich bleibt das so.
Auch in schwachen Stunden; da wäre ich froh, wenn es auch dann wieder eine Lösung gibt.
Rolle

Re: erstmaliger Kliniksaufenthalt

Verfasst: 14. Jan 2005, 00:15
von Edeltraud
Hallo Rolle,

auch ich kenne die tiefe Verzweiflung und bin heute froh, dass ich lebe.

Dein schlechtes Gewissen gegenüber deiner Tochter kann ich nicht ganz nachvollziehen. Du bist schwer krank und deswegen in der Klinik.

Deine Angst vor der Zeit nach der Klinik kann ich nachvollziehen.
Vielleicht wäre eine Tagesklinik eine Möglichkeit in Anschluß an die Klinik.
Bietet die Klinik auch eine ambulante Behandlung an?
Sicherlich erhältst du hilfreiche Empfehlungen von der Klinik hinsichtlich der Zeit nach dem stationären Aufenthalt.

Wie gehts dir derzeit? Lass mal wieder von dir hören.

Viele Grüße
Edeltraud

Re: erstmaliger Kliniksaufenthalt

Verfasst: 15. Jan 2005, 18:09
von Rolfe
Seid gegrüßt,
eine Tagesklinik gibt es hier auch; das wäre mir lieber, als sofort zu Hause allein zu sein. Meine Frau hat gerade erst mit der Kur begonnen und kommt erst am 1.2.05 wieder.
Da wäre ich ganz froh, noch einen Rettungsanker für miese Stunden zu haben,
zumal mir meine Psychologin in der Klinik
die "Hausaufgabe fürs jetzige Wochenende"
aufgegeben hat, mir Gedanken über
"die weiteren Ziele des Aufenthalts" zu machen. Seit einer Woche habe ich nicht mehr diese extremen Stimmungsschwankungen, vertrage die Medikamente gut. Wahrscheinlich
wissen sie jetzt nicht mehr, was sie noch tun sollen. Einerseits wäre ich natürlich froh, rauszukommen, andererseits soll es nicht gleich so endgültig sein.
Hinzu kommt, dass meine Tochter nicht mit zur Kur konnte (hat die Kasse meiner Frau nicht genehmigt; sie musste aber unbedingt fahren, weil sie sonst alle Ansprüche verliert und bei dieser Reha über ihre
Erwerbsfähigkeit entschieden werden soll und muß) - wir haben sie bei einer befreundeten
Familie in Pflege gegeben, weil wir nicht
wussten, wie weit ich schon bin, wenn meine Frau fährt. Ich besuche sie jeden Tag und habe zu diesem Zweck auch in der Woche jeden Tag bis 20.00 Uhr Ausgang. Ist ja schön, aber andere Väter können sich besser um ihre Kinder kümmern.
Aber vielleicht kann ich es auch bald wieder besser.
Ob man mir den Wechsel in die Tagesklinik
ermöglicht? Ich will auch nicht, dass
sie glauben, ich will mich vor der Verantwortung drücken.
Welche Erfahrungen habt Ihr mit Tageskliniken; was passiert da eigentlich?
Außer, dass man zu Hause schlafen kann, weiss
ich darüber bisher nichts.
Gruß, Rolle

Re: erstmaliger Kliniksaufenthalt

Verfasst: 23. Jan 2005, 15:18
von Edeltraud
Hallo Rolle,

ich habe nur positive Erfahrungen in der Tagesklinik gemacht. Ich möchte diese Zeit nicht mehr missen.

"Was passiert da eigentlich?"
Umfangreiches Therapieprogram mit ausreichenden Pausen, natürlich nur soweit es einem möglich ist.
Ich kann mir vorstellen, dass das Therapieprogram von Klinik zu Klinik unterschiedlich ist.

Viele Grüße
Edeltraud

Re: erstmaliger Kliniksaufenthalt

Verfasst: 29. Jan 2005, 15:59
von Rolfe
Seid gegrüßt,
ab Dienstag bin ich in der Tagesklinik und seit ein paar Tagen fühle ich mich richtig wohl. Vielleicht wird doch noch alles gut, zumal mir mein Anwalt - wenn auch vorsichtig - signalisiert hat, dass es so schlecht nicht aussieht, nachdem er noch vor Wochen schwarz gemalt hat.
Aber ich habe mir nichts vorzuwerfen und habe mich inzwischen dazu entschlossen, zu kämpfen.
Wenn Ihr nicht gewesen wärt, hätte ich mich nie in Behandlung begeben, und das ist schön so.
Vielleicht wird das Leben auch für mich wieder schön, wenn ich meinen Job für meine Familie behalten kann.
Ich hoffe, dass noch viele Menschen Halt in diesem Forum finden und vom letzten Schritt,
der endgültig wäre, abgehalten werden können.
Ich werde auch weiter hier lesen und vielleicht kann ich auch mal anderen helfen,
so wie Ihr mir geholfen habt.
Gruß Rolle

Re: erstmaliger Kliniksaufenthalt

Verfasst: 30. Jan 2005, 00:00
von Rolfe
Entschuldigt, dass ich Euch schon wieder belästige, aber ich habe eine Scheiß-Angst
vor der Zeit nach der Klinik. Und das, obwohl es gar keinen aktuellen Anlass gibt.
Vielleicht ist es auch Panikmache, aber
ich befürchte, danach nicht klar zu kommen
und wieder abzudriften. Das kann doch nicht alles umsonst gewesen sein - die letzten 2 Monate in der Klinik.
Das will ich nicht, dass das umsonst war.
Sie haben mir alle so geholfen; ich dachte auch, ich komme klar, aber in den letzten Stunden hat mich die Angst gepackt.
Aber ich will die Verlegung auf die Tagesklinik nicht verschieben; es muss doch mal weitergehen; ich habe mich doch so gefreut, dass es mir besser geht.
Habt Ihr so etwas auch schon erlebt, dass
Ihr kurz vor der Entlassung oder vor der
Tagesklinik so eine Angst hattet?
Sie hatten alle so viel Verständnis für mich; ein bißchen habe ich auch Angst davor,
das zu verlieren. Aber es muss doch irgendwie
weitergehen, und ich will das doch auch.
Jetzt sind in der Tagesklinik wieder völlig
andere Menschen, denen ich nicht auch wieder meine ganze Lebensgeschichte erzählen will.
Was soll ich tun? Wie seid Ihr damit umgegangen?
Gruss Rolle

Re: erstmaliger Kliniksaufenthalt

Verfasst: 30. Jan 2005, 08:30
von herbstsonne
hallo rolf,
ich kenne deine angst so ziemlich genau. aber ich glaube, dass du diese angst gut in der tagesklinik bereden und bearbeiten kannst. die entscheidung in eine tagesklinik war auf jeden fall eine gute entscheidung. ich habe vor etwa anderthalb jahren eine eine stationäre behandlung gemacht, bin danach nicht in die tagesklinik und leider gleich wieder in die vollen eingestiegen. leider ging es damals nicht anders bzw. ich habe keine andere lösung gesehen, denke ich heute. für mich war das allerdings keine gute lösung. ich bin dann nämlich nicht so gut alleine klar gekommen. das geht auch vielen so. ich sehe zurzeit gerade meine mitbewohnerin arg kämpfen.
jetzt hatte ich mich entschieden in eine tagesklinik zu gehen, aber ich habe es nicht geschafft, muss jetzt wieder auf die stationäre und danach gehe ich dann wieder in die tagesklinik.
ich habe dort in dieser einen woche sehr nette menschen kennengelernt. du wirst dort auch auf nette leute treffen, die das gleiche problem haben wie du. erst stationär dann tagesklinik ist dort ein normaler weg für viele. allerdings ist die therapie nicht mehr so intensiv. dort werden eher die probleme aus deinem alltag aufgegriffen und besprochen. aber das ist auch gut so. mit deiner angst bist du dort genau richtig. außerdem haben die dort in der regel auch sprechstunden für die sozialen dinge des lebens.
auch ich kenne ein leben mit schulden und kann damit so ziemlich ermessen, welche last du getragen hast. bei mir sind die schulden teil meiner krankheit, aber ich pendele häufig zwischen schuldgefühlen und akteptanz, dass es die krankheit ist. kein leichtes lebensgefühl.
ich wünsche dir in der tagesklinik alles gute und viel kraft, damit du die wichtigen schwierigen dinge des lebens gut angehen kannst.
antje (III)

Re: erstmaliger Kliniksaufenthalt

Verfasst: 30. Jan 2005, 12:31
von Edeltraud
Hallo Rolle,

eine gewisse Angst vor Neuem und vor einem Rückfall ist ganz natürlich.

Sicherlich stößt du auch in der Tagesklink auch auf Verständnis wie in der Klinik und wie auch hier. Bei mir war dem schon so. Wie könnte es auch anders sein, auch diese Menschen sind/waren teilweise schwer krank.

Viele Grüße
Edeltraud

Re: erstmaliger Kliniksaufenthalt

Verfasst: 3. Feb 2005, 15:37
von Rolfe
Seid gegrüßt,
ab Montag bin ich in der Tagesklinik und ich bin froh darüber, wenn auch meine private
Krankenversicherung erst einmal nur 2 Wochen genehmigt hat.
Aber ich spüre, dass ich das brauche - nicht nur, weil meine Frau erst nächste Woche aus der Kur wiederkommt.
Letzte Woche hatte ich einen "Schnuppertag"
auf der Tagesklinik; das war gut so; ich denke, als Übergang zum "normalen" Leben war das auch wichtig.
Ich danke Euch für Eure Hilfe.
Es ist ein Glück für alle Betroffenen, dass es dieses Forum gibt, mit allen seinen Möglichkeiten.
Aus der Rückschau heraus war es für meine Familie und für mich ein Glück, dieses
Forum zu haben - als Hilfe und für mich als letzten Rettungsanker aus einer für mich ausweglosen Lage.
Ich wünsche Euch und allen anderen, dass dieses Forum noch vielen helfen kann und vom "letzten Schritt" abhält.
Seid gegrüßt, Rolle