Freund mit Depression möchte sich trennen

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GirlA
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Freund mit Depression möchte sich trennen

Beitrag von GirlA »

Hallo zusammen,

das ist mein erster Beitrag und ich würde mich freuen, wenn ihr mir helfen könntet oder mir von eueren Erfahrungen erzählen könntet.

Mein Freund und ich sind jetzt seit fast einem Jahr zusammen. Als wir knapp einen Monat zusammen waren, hat er eine schwere Depression diagnostiziert bekommen und war daraufhin für ca. 5 Wochen in einer Klinik. Es hat ihm aber nicht viel geholfen, er hat die Medikamente alleine wieder abgesetzt, weil er meint, dass er sich sonst gefühlstaub fühlt und dann lieber die extremen Hochs und Tiefs in Kauf nimmt. Eine weitere Therapie möchte er nicht machen. Ich bin die ganze Zeit an seiner Seite geblieben und er hat mir auch gesagt, dass ihm das viel bedeutet hat.
In seiner Kindheit hat er traumatische Erfahrungen gemacht (physisch sowie psychischer Missbrauch) und er hatte auch schon Suizidgedanken, aber meint, dass er sich nichts antun würde, weil er seinen Schmerz nicht weitergeben möchte. Soweit so gut.

In den letzten Wochen und Monaten dachte ich eigentlich, dass es bergauf geht. Wir haben viel Zeit zusammen verbracht, viel geredet und er sagt mir immer wieder, dass er mich liebt und dass ich die Richtige bin. Ich habe zwar öfters gemerkt, dass ihn etwas bedrückt, aber ich habe nicht nachgefragt, weil ich ihm Raum und Zeit geben wollte.

Letzten Donnerstag wollte er sich mit mir treffen, weil er mit mir über etwas wichtiges sprechen wollte...
Er hat mir gesagt, dass er nicht weiß, was er tun soll (er denkt wohl schon seit 2-3 Monaten darüber nach). Auf der einen Seite kann er mit unserer Beziehung so nicht weitermachen, Schluss machen möchte er aber auch nicht. Er ist der Meinung, dass er nicht gut genug für mich ist und, dass ich jemand besseren verdient habe. Er hat aber auch gesagt, dass er mich immer noch liebt. Es bedrückt ihn aber, dass er mit mir nicht über alles reden kann/möchte, weil er mich nicht belasten möchte mit seinen Problemen und er denkt, dass ich es nicht nachvollziehen kann, weil ich nicht so eine schwierige Kindheit wie er hatte. Er möchte mich nicht kaputt machen...Ich habe ihm gesagt, dass ich nur ihn möchte und dass er mehr als genug für mich ist. Ich habe ihm gesagt, dass es okay ist wenn er (noch) nicht mit mir darüber sprechen kann (mit einem sehr guten Kumpel kann er besser über das Thema sprechen).

Ich habe Angst, dass nicht er die Entscheidung trifft, sondern seine Depression, die anscheinend im Moment stärker ist, als ich gedacht hätte.
Ich denke, dass er denkt, dass er die Beziehung oder mich nicht verdient hat, dass er nicht liebenswert ist.

Wir sind jetzt erstmal auf Abstand gegangen und jeder denkt für sich nach, was er/sie möchte. Ich möchte für die Beziehung kämpfen, weil wir uns beide wirklich lieben und ich mein Leben mit ihm verbringen möchte. Ich habe aber Angst, dass er mit der Beziehung schon abgeschlossen hat und ich ihm aufgrund der Depression nicht zeigen kann, dass er wertvoll, liebenswert und einfach die Person ist, mit der ich mein Leben verbringen möchte.

Wie kann ich ihm zeigen, dass er es verdient hat glücklich zu sein und dass er keine Belastung für mich ist?

LG und vielen Dank
Freiwasser
Beiträge: 43
Registriert: 16. Jan 2024, 12:26

Re: Freund mit Depression möchte sich trennen

Beitrag von Freiwasser »

Liebe GirlA,

Ich glaube, die Umgangsweise mit Deiner Situation ist gar nicht so anders als für Paare, bei denen eine Seite Zweifel hat, und keine Erkrankung mit im Spiel ist. Du hast ihm mitgeteilt, dass Du zu ihm stehst und die Beziehung willst. Nun kannst Du nicht viel mehr machen, als ihm Raum für seine Entscheidung zu geben. Die Chancen, dass dies eine tragfähige Entscheidung wird, die klar und einigermaßen zeitnah ausfällt, werden, glaube ich, umso höher, je mehr Du bei Dir selbst bleibst und je weniger Du versuchst, ihm seine Verantwortung abzunehmen.
Alles Gute!
Freiwasser
Pineapple_Pizza
Beiträge: 28
Registriert: 25. Mär 2024, 12:25

Re: Freund mit Depression möchte sich trennen

Beitrag von Pineapple_Pizza »

wenn sich partner finden, während gerade so ein tal durchlaufen wird, frage ich mich immer, ob man sich vielleicht auch gerade deshalb verliebt hat. du schreibst, dass er die diagnose nach einem monat bekam. das heisst ja, dass er schon vorher krank und auchbin therapie war. genauso, wie du fürchtest, dass die depression mit dir schluss macht, solltest du vielleicht an der stelle hinterfragen, ob du dich in die depression verliebt hast. dafür kann es jetzt zig gründe geben, sei es. die frage wäre also auch, ob du ihn ohne seine erkrankung noch lieben würdest. depression verändert einen und nicht NUR zum schlechten. an manchen stellen macht sie einen scheinbar geduldiger, wenn die kraft zum aufregen fehlt oder einem dinge einfach egal sind, auf die man vorher wert gelegt hat. sie macht einen häuslicher, vielleicht war man vorher dauernd unterwegs und unter menschen, manche macht es anschmiegsamer, denn wenn das soziale umfeld erst mal weg ist, bleibt nur der partner. du hast dich quasi in das verliebt, was die depression aus ihm gemacht hat. also frage dich auch, ob du mit der geheilten version überhaupt eine beziehung haben wollen würdest. und was, wenn deine rettungsfantasien nicht wahr werden und er so bleibt oder es sich verschlimmert. ist das dann überhaupt eine basis für eine gesunde beziehung, von der beide profitieren emotional. denn man kann niemanden gesund lieben. das ist für viele von uns, die wir jahrelang alles geben, die schwerste einsicht. und dazu kommt die emotionale belastung für ihn, dass sein glück dich deines kostet. da hat er dich lieber als freundin und nicht das schlechte gewissen, dir. dein leben zu stehlen. alles irgendwie nachvollziehbar.

was da vielleicht gut helfen kann, ist eine kleine paartherapie. nur 5 sitzungen erstmal, in denen die bedürfnisse ausgelotet werden und man versucht eine alltagsstruktur zu schaffen, bei der beide bekommen was sie brauchen.

das ist ja vielleicht nicht deine erste beziehung. erinnere dich auch daran, wie lange die rosarote phase anhält, wo man nichts so sieht, wie es ist, sondern, wie man es haben will. im moment kann st du dir wahrscheinlich vorstellen auf ewig einfach nur für ihn da zu sein, hauptsache, ihm geht es ein bisschen besser. aber das kann nicht der sinn einer beziehung sein, das ist selbstaufgabe. das möchte er sich nicht aufbürden und das ist nur anständig. aber es gibt da ja vielleicht noch andere wege als trennung.
GirlA
Beiträge: 3
Registriert: 3. Mai 2024, 17:06

Re: Freund mit Depression möchte sich trennen

Beitrag von GirlA »

Vielen Dank für eure Antworten.

ja ich denke, ich werde ihm auf jeden Fall weiterhin Raum für seine Entscheidung geben. Ich denke viel mehr kann ich im Moment wahrscheinlich nicht tun.

@Pineapple_Pizza wichtig zu wissen ist vielleicht noch, dass er mein erster Freund ist, ich aber nicht seine erste Freundin. Ich habe mich tatsächlich auch schon ein paar Mal bei dem Gedanken erwischt, ob er ohne Depression vielleicht anders wäre und ob ich mich trotzdem in ihn verliebt hätte, aber ich denke die Antwort werde ich nie wissen.
Bevor wir zusammengekommen sind, kannten wir uns schon fast ein Jahr, und ich habe mich noch nie zuvor zu jemandem so hingezogen gefühlt wie zu ihm. Und er hat mir letztens noch erzählt, dass es sich für ihn auch anders (besser) anfühlt, als in seinen bisherigen Beziehungen.

Aber sind gewisse Zweifel nicht auch normal in einer Beziehung? Vielleicht kann uns diese Phase, wenn wir sie als Paar überstehen, noch weiter zusammenbringen…

Ich glaube (vielleicht ist der Gedanke auch zu naiv), dass uns etwas besonderes verbindet.
Pineapple_Pizza
Beiträge: 28
Registriert: 25. Mär 2024, 12:25

Re: Freund mit Depression möchte sich trennen

Beitrag von Pineapple_Pizza »

Ok, wenn das Deine erste Beziehung ist, ist es natürlich doppelt schwer. Dir fehlt ja zu allem der Vergleich und das Wissen, wie sich Dinge anfühlen(sollten). Es tut mir echt leid, dass Du in diesem Gefühlsstrudel bist und ich kann mir vorstellen, dass neben Liebeskummer auch ganz viel Schuld/schlechtes Gewissen mitschwingt, weil Du ihn nicht mit seinen Sorgen alleine lassen willst. Das zerreisst einen ja ganz schön. Man will helfen, kann und darf aber nicht. Aber als Mensch würdest Du ihn nicht verlieren. Ist natürlich schwer, gerade in dieser intensiven Anfangsphase, alles von außen zu betrachten und in etwas anderem als der Zweisamkeit das Positive zu sehen. Aber vielleicht fragst Du Dich mal, wie Du Dir grundsätzlich, unabhängig vom Jetzt, Dein Leben vorstellst. Was sind Deine Pläe für Deine Famlie, Deinen Job, wo willst Du leben, wie willst Du leben. Und wie passt er da rein.
Ob Zweifel normal sind in einer Beziehung, kann ich Dir nicht beantworten. Ich sehe sie eher als Hinweis darauf, dass da Handlungsbedarf ist, man mal genau hinschauen muss. Vor allem, so früh in einer Beziehung. Im Moment scheint es so zu sein, dass Du die gesamte Beziehungsarbeit leistest, denn er hat ja gar keine Kraft dafür. Das kennen viele von uns, aber da war es nicht von Anfang an so, es kam mit der Zeit und viele gehen eben auch irgendwann, weil, Krankheit hin oder her, eine Beziehung keine Einbahnstraße ist. Und Du hast ja die andere Seite noch gar nicht erleben dürfen. Dass jemand wild verliebt ist, Dir dauernd Überraschungen macht, Dich mit Komplimenten überhäuft, Dich anschaut, als wärst Du die Einzige auf der Welt. Wenn es ihm ansatzweise so geht, wie den meisten Betroffenen, wird er wenig Kapazität für Deine Belange haben. Das heißt, auf Dauer werden Deine Freund:innen für Dich der Partnerersatz in Sorgen und Fragen des Alltags sein, weil Du ihn nicht belasten willst. Du wirst Deine Bedürfnisse kleinhalten, wenn er sie nicht erfüllen kann/mag. Wenn Du völlig gestresst von der Uni/Arbeit/Ausbildung, keine Ahnung, nach Hause kommst, wirst Du den Haushalt schmeißen, weil er es nicht geschafft hat oder nur teilweise. Es wird Dich unheimlich viel Energie kosten, bis/falls Besserung eintritt. Und die Frage ist gerade bei einer so jungen Beziehung erlaubt, was Du dafür zurück bekommst. Und er scheint sich genau das zu fragen(ich kann ja nur aus den wenigen Zeilen interpretieren).
Und als Freunde kannst Du weiterhin für ihn da sein, wenn er es zulässt. Ihr könnt Euch sehen, kuscheln, eine schöne Zeit haben. Aber beide können sich danach wieder erholen.
Das klingt bestimmt teilweise herzlos und abgeklärt. Das soll es gar nicht. Ich denke mir nur, gerade so eine junge Frau sollte doch schöne, unbeschwerte erste Erfahrungen sammeln dürfen. Es sollte leicht sein. Hoffentlich findet Ihr einen guten Weg für Euch beide.
GirlA
Beiträge: 3
Registriert: 3. Mai 2024, 17:06

Re: Freund mit Depression möchte sich trennen

Beitrag von GirlA »

Ja, es ist nicht immer leicht, aber im Moment würde ich sagen, dass es mir das wert ist und ich es gerne noch versuchen würde (auch um später nicht bereuen zu müssen, es nicht versucht zu haben und um mich nicht fragen zu müssen ob es nicht vielleicht doch geklappt hätte).

Trotz seiner Krankheit haben wir, würde ich sagen, eine sehr gute Beziehung (harmonisch, respektvoll und liebevoll). Alles was du oben beschrieben hast (Komplimente, Überraschungen, Blicke) bekomme ich von ihm (und er auch von mir). Bei ihm fühle ich mich geliebt, richtig und Zuhause, deswegen würde ich gerne noch für die Beziehung kämpfen, ich möchte die Beziehung (noch) nicht aufgeben. Ich bin mir nur nicht sicher, ob er auch bereit ist zu kämpfen. Ich weiß dass er es gerne würde, ihm aber manchmal die Kraft fehlt. Ich möchte aber nicht, dass die Krankheit uns unsere Beziehung nimmt.

Wie es für Depressionen typisch ist, gibt es mal gute und mal schlechtere Zeiten. Wenn es ihm schlechter geht, schläft er viel, grübelt und meistens hat er noch körperliche Symptome. Er hat trotzdem irgendwie die Kraft mir seine Liebe zu zeigen und meine anzunehmen.

Im Moment ist er alles was ich möchte, aber ich kann natürlich nicht sagen, ob sich das in der Zukunft verändern wird, inwiefern er sich verändern wird und ob es dann noch passt. Aber das kann ja genauso in einer Beziehung ohne Krankheit passieren (dass man sich auseinanderlebt).
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