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Schwerbehindertenausweis

Verfasst: 6. Jan 2005, 21:24
von barney
Hallo,

ich habe gestern auf Grund meiner Depressionen einen Schwerbehindertenausweis bekommen. Ich weiss gar nicht, warum ich diesen Antrag überhaupt gestellt habe.

Ich kann es irgendwie gar nicht glauben. Nun fühle ich mich wie ein Aussätziger. Amtlich beglaubigtes Wrack. Ich möchte nur noch heulen; wenn ich es denn könnte. Selbst das kann ich nicht mehr.

Re: Schwerbehindertenausweis

Verfasst: 6. Jan 2005, 23:12
von Lora
Hallo Bernd,
darf ich fragen wieviel Prozent Du erhalten hast und wann Du ihn beantragt hast.
Da ich auch Anfang Nov. den Antrag gestellt habe.

Vielen lieben Dank

Re: Schwerbehindertenausweis

Verfasst: 6. Jan 2005, 23:43
von philipp
@ Bernd

Ich kann Dich gut verstehen. Fühl Dich durch diesen Ausweis aber bitte nicht "bewertet", gar abgewertet.

Mal rein sachlich, durch das Ding ändert an dir als Mensch und der Ausgangsituation erstmal nichts, also keine Panik ! Lediglich vor dem Gesetz und auf diesem Zettel gelten für Dich einige wenige neue Regeln und auch Vorzüge !

Denke auch immer dran, es ist Dir ja nicht auf der Stirn tätowiert und Du mußt das Teil ja nicht gleich allen unter die Nase heben !


@ Lora

Also für Bernd kann ich nicht sprechen. Allerdings habe ich auch einen mit 60 %.
Begründung: seelische Störung (steht nicht auf dem Ausweis sebst sondern nur im Schreiben)

Re: Schwerbehindertenausweis

Verfasst: 7. Jan 2005, 00:04
von barney
Hallo Lora,

den Ausweis habe ich irgendwann im Mai 2004 beantragt. Ich habe wegen Depression 50% GbB bekommen.

Gruß
Bernd

Re: Schwerbehindertenausweis

Verfasst: 7. Jan 2005, 09:06
von Simpl
Hallo Bernd,

sei doch froh, dass du ein amtlich beglaubigtes Wrack bist, das ist allemal besser als ein nicht amtlich beglaubigtes Wrack.

Ok, scherz beiseite!

Hättest Du den Ausweis nicht, würde es Dir aber auch nicht besser gehen. So bringt Dir der Ausweis tlw. erhebliche Vorteile und auch Schutz.

Solltest Du noch berufstätig sein, so bist Du nur kündbar, wenn das Versorgungsamt zustimmt, und das tun die nur ganz ganz selten.

Bist Du beruflich überfordert, kannst Du Dich hilfesuchend an das Versorgungsamt wenden.

Steuervorteil und eine Woche mehr Urlaub sind auch kein Nachteil!

Also, bitte sehe den Ausweis nicht als Nachteil - krank wärst Du ja so und so, mit Ausweis bist Du das nur etwas geschützter.

Alles Gute

Simpl

Re: Schwerbehindertenausweis

Verfasst: 7. Jan 2005, 12:39
von Xavro
Hallo Leute,

mir war gar nicht bewusst, dass man für Depressionen einen Schwerbehindertenausweis bekommen kann.

Was muss man denn da für Kriterien erfüllen? 50 bzw. 60% find ich schon heftig.

Vermutlich liegt das aber daran, dass man bei Schwerbehinderten immer nur an die körperlich Behinderten denkt. Natürlich bin ich im Alltag auch manchmal "behindert", aber ich bin irgendwie noch nicht auf die Idee gekommen, dass man sich das auch allein aufgrund von Depressionen bescheinigen lassen kann. (vermutlich hätte ich das Forum hier besser lesen sollen)

Ich würde so einen Schein auch sehr pragmatisch sehen. Es geht mir ja nicht besser oder schlechter damit. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass es Vorteile hat, weil man mit dieser amtlichen Bestätigung etwas glaubwürdiger vertreten kann, dass man tatsächlich krank ist (eigentlich ist das traurig).

Vorteile hat so ein Teil bestimmt. Man denke allein an die ganzen ermäßigten Preise. Wenigstens ein kleiner Ausgleich für die erhöhten Kosten, die man durch die Krankheit hat. Gilt man damit auch gleichzeitig als chronisch krank mit den entsprechenden Vergünstigungen bei der Krankenkasse?

Gibt es auch sachliche Nachteile?

Gruß
Xavro

Re: Schwerbehindertenausweis

Verfasst: 7. Jan 2005, 14:02
von Dendrit
Hallo Bernd,

ich habe für Skoliose 70 %, für Epilepsie 80 %. Viele empfinden wie Du, doch man sieht beide Erkrankungen und so auch Deine Depri nicht an. Du hast einen zusätzlichen Vorteil: da Du ihn im Nov. Bekommen hast, bekommst Du rückwirkend für das ganze Jahr den Freibetrag. Du kannst den Behindertenausweis bzw. % bei der Lohnsteuererklärung aufführen oder direkt auf der Lohnsteuerkarte.

Was für Buchstaben hast Du (z. B. B für Begleitung)? Hat er einen Teil orangenfarbig? Ich habe mir auch schon überlegt, die Depri auch aufnehmen zu lassen. Allerdings müsste ich eine „Hürde“ überwinden und soweit bin ich (noch?) nicht.

Versuch einfach, dass Du amtlich beglaubigte Vorteile hast, die Dir niemand nehmen kann und Du voll beanspruchen kannst.

LG, Manuela

Re: Schwerbehindertenausweis

Verfasst: 7. Jan 2005, 15:30
von Simpl
Hallo Xavro,

meine 50% habe ich alleine wegen des Hypophysenadenoms. Als ich jedoch beim psycho in Behandlung ging, hat der mir als erstes geraden, eine Erhöhung einzureichen.

Hätte ich noch keinen GdB gehabt, hätte ich ihn seiner Meinung nach aufgrund der Depression erhalten.

Meinen Bescheid erwarte ich täglich! Habe den Erhöhungsantrag im Juli gestellt und mir wurde zugesagt, dass ich im Januar Nachricht erhalte.

Also, stell einfach einen Antrag, kannst runterladen im I-Net, fügst die Anschriften der Ärzte ein und dann wird das einfach geprüft.

Schade nur, dass Du das nicht im Dez. noch gemacht hast, so kannst Du steuerliche Vorteile erst ab Antragstellung bekommen.

Viel Glück dazu wünscht Dir

Simpl

Re: Schwerbehindertenausweis

Verfasst: 7. Jan 2005, 17:31
von winnie
Hallo Xavro,

es gibt sicherlich auch sachliche Nachteile.
Zum Beispiel bei der Arbeitssuche.
Es wird zwar kaum ein Arbeitgeber offen zugeben (und deshalb natürlich andere Gründe angeben), aber wer stellt schon jemanden ein, der praktisch unkündbar ist, mehr bezahlten Urlaubsanspruch und unter Umständen sonst noch ne Reihe Sonderrechte hat...
Die "Schwerbehindertenabgabe", die größere Betriebe zahlen müssen, wenn sie keinen Schwerbehinderten einstellen, ist da nicht wirklich eine Abschreckung.
Wenn jemand deshalb vorhat, sich irgendwo zu bewerben, sei von einem Schwerbehindertenstatus eher abzuraten.

Übrigens will ich ja niemanden entmutigen, aber die Vorteile, die man mit 50% Behinderungsgrad im Alltag hat, sind nicht so überwältigend. Ermäßigte Eintrittspreise etc. kriegt man oft erst ab 80%, und steuerlich macht sich ein Schwerbehindertengrad auch erst so ab 70/80% wirklich bemerkbar. Auch die Freifahrberechtigung in öffentlichen Verkehrsmitteln ist nicht automatisch dabei, geschweige denn die freie Fahrt für eine Begleitperson. Da sind die Versorgungsämter inzwischen gewaltig am Geld sparen. (Und Behindertenparkplätze sind ausschließlich für Inhaber des Buchstabens "G" (gehbehindert) erlaubt.)

Mein Sohn hat auch einen Behindertenausweis - und er bräuchte ihn dringend, er hat eine unheilbare fortschreitende Behinderung. Trotzdem hat ihn das Versorgungsamt letztes Jahr von 70 auf 60% runtergestuft und ihm sämtliche Buchstaben gestrichen. Offizielle Begründung: sein Zustand habe sich verbessert (was leider völliger Unsinn ist!). Inoffizielle Information: Die Versorgungsämter haben Weisung von oben, so viele Behinderte wie möglich gesundzuschreiben, um Geld zu sparen.
Und seitdem ist die beste Verwendungsmöglichkeit für den Behindertenausweis meines Sohnes, ihn in einen hübschen Rahmen zu stecken und an die Wand zu hängen. Wenn man grüne Vorhänge im Zimmer hat, paßt das gut dazu.

So sieht's aus.

Gruß,
Winnie

Re: Schwerbehindertenausweis

Verfasst: 10. Jan 2005, 22:37
von 270792
Hallo Winni!

>Und Behindertenparkplätze sind ausschließlich für Inhaber des Buchstabens "G" (gehbehindert) erlaubt.

Da muss ich Dir leider widersprechen. Parkerleichterungen gibt es nur, wenn man das Merkzeichen "aG" (außergewöhnlich gehbehindert) hat. Ich habe die Broschüre "Behinderung und Ausweis" (inklusive Gutachtertabelle) des niedersächsischen Landesamtes für zentrale soziale Aufgaben hier zu Hause.
Bekommen habe ich sie von einem Vater aus unserem Autismusverein, der bei der Stelle des Versorgungsamtes arbeitet, die für die Widersprüche betreffs der Bescheide über die Anerkennung der Schwerbehinderung zuständig ist.
Ich gehe mal davon aus, dass die Regelungen bundesweit gelten.

>Mein Sohn hat auch einen Behindertenausweis - und er bräuchte ihn dringend, er hat eine unheilbare fortschreitende Behinderung. Trotzdem hat ihn das Versorgungsamt letztes Jahr von 70 auf 60% runtergestuft und ihm sämtliche Buchstaben gestrichen.

Das ist sehr ärgerlich. Hast Du damals Widerspruch eingelegt?

>Offizielle Begründung: sein Zustand habe sich verbessert (was leider völliger Unsinn ist).

Genau so ist es. Die Leute von Versorgungsamt haben keine Ahnung. Bei uns haben sie damals gesagt, dass Autismus keine so schlimme Behinderung sei und wollten meinem Sohn nur 50 % zugestehen.
Jetzt hat er 80 und die Merkzeichen B,H und G.

Dieses Jahr im Mai steht die Überprüfung an und ich befürchte, dass sie auch erst mal streichen werden. Ich werde dann auf jeden Fall Widerspruch einlegen. Der Zustand meines Sohnes hat sich gegenüber der ersten Überprüfung nicht gebessert, im Gegenteil, er wird in Zukunft im Heim leben müssen. Zusätzlich zu seinem Autismus ist noch eine Depression hinzugekommen, weswegen er seit 7 Wochen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist. Andererseits reagiert er auch oft sehr aggressiv, in der Klinik vergeht kein Tag, an dem er nicht gegenüber den anderen Kindern handgreiflich wird, wenn er von ihnen geärgert wird.
Die Klinik hat ihn schon nach 2 Wochen als nicht therapierbar eingestuft.
Ich denke, dass wir vom zuständigen Arzt der Klinik einen aussagekräftigen Bericht bekommen werden, den wir dann dem Versorgungsamt vorlegen können.

>Und seitdem ist die beste Verwendungsmöglichkeit für den Behindertenausweis meines Sohnes, ihn in einen hübschen Rahmen zu stecken und an die Wand zu hängen. Wenn man grüne Vorhänge im Zimmer hat, paßt das gut dazu.

Das ist bitter. So weit ist es bei uns zum Glück noch nicht, der Ausweis gilt noch bis Oktober,aber viel nutzen tut er uns momentan auch nicht, mal abgesehen vom Steuerfreibetrag. Der nützt uns zur Zeit dadurch, weil er etwas mehr Netto-Gehalt bringt, das wir dafür verwenden, jeden Sonntag zu unserem Sohn in die Klinik zu fahren, hin und zurück 300 km, ab und an "dürfen" wir auch während der Woche hinfahren, wenn mal wieder ein Elterngespräch ansteht.

Liebe Grüße

Annette

Re: Schwerbehindertenausweis

Verfasst: 10. Jan 2005, 22:59
von 270792
Hallo Xavro!

>mir war gar nicht bewusst, dass man für Depressionen einen Schwerbehindertenausweis bekommen kann.
Was muss man denn da für Kriterien erfüllen? 50 bzw. 60% find ich schon heftig.


Ich zitiere Dir mal den entsprechenden Abschnitt aus der Gutachtertabelle:

Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen

Leichtere psychovegetative oder psychische Störungen: 0-20

Stärker behindernde Störungen
mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen: 30-40

Schwere Störungen (z.B. Zwangskrankheit)
-mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten: 50-70
-mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten: 80-100

Bei Psychosen gibt es je nach Ausprägung zwischen 10 und 100 %., hierzu zählt z.B. auch die bipolare Depression.

Als ich die Gutachtertabelle das erste mal gelesen habe, war ich erstaunt, was alles als Behinderung anerkannt wird. Zum Beispiel gibt es für Migräne in der Ausprägung, wie ich sie jahrelang hatte, einen GdB von 50 bis 60, hinzu kommen noch die Prozente für die daraus resultierende Depression. Allerdings wird beim Vorliegen mehrerer Erkrankungen nicht einfach addiert, sondern die am schwersten ausgeprägte voll, die anderen nur zum Teil berücksichtigt, so dass der GdB im Höchstfall 100 erreichen kann.

Liebe Grüße

Annette