Verhaltensmuster - Depression?

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Nordlicht1968
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Verhaltensmuster - Depression?

Beitrag von Nordlicht1968 »

Moin und Hallo.

Seit einiger Zeit stelle ich bei meiner Frau Verhaltensweisen fest, die unsere Ehe doch sehr belasten. Immer wieder kommt es zum Streit. Ich habe ein paar Stichpunkte notiert.
Bin mir nicht sicher, ob dieses Verhalten von Grund auf eine Depression oder ein zwanghaftes Verhalten ist.
Wer kann mir bei diesem Thema helfen? Soll ich zunächst zu unserem gemeinsamen Hausarzt gehen, oder soll ich gleich anderweitig Hilfe suchen? Wenn ja, wo?

Das sind folgende Verhaltensmuster:

Sie ist der Meinung, dass alles nach einem Plan ablaufen muss. Nach ihrem Plan. Jegliche Abweichungen vom Plan werden nicht toleriert.
Abweichungen, die sie nicht kontrollieren kann verursachen komplette Verunsicherung und Ärger.
Auch andere Menschen haben so zu funktionieren und sich zu verhalten, wie sie es für richtig hält.
Aufgaben und Pflichten werden nur von ihr korrekt und ordentlich ausgeführt. Alle anderen können es nicht richtig machen.
Es gibt nur einen Weg: Ihren!
Alle Menschen, die nicht nach ihrem Plan funktionieren, werden irgendwann früher oder später fallengelassen oder taugen nichts.
Auf Beteuerungen des Partners, Dinge kontrolliert oder ausgeführt zu haben wird selbst noch einmal nachkontrolliert.
Aufgaben und Pflichten, die andere betreffen (Partner) und mit denen sie nichts zu tun hat, werden forciert und zum Abschluss gedrängt, damit „sie es auf ihrem Kopf streichen kann.“
Alles wird überwacht, überprüft und kontrolliert: Die Telefonrechnung wird ausgedruckt und der Einzelverbindungsnachweis auf Anrufe kontrolliert. Hinter jeder Nummer wird der Name des Angerufenen/Anrufers notiert. Kassenbons werden nachgerechnet. Minimale Centbeträge bei CashBack (Sparkasse) werden auf Korrektheit kontrolliert. Kontoauszüge des Partners werden kontrolliert und Anschaffungen nachgefragt.
Unsinnige, zeitraubende Arbeiten: Unterhosen und Handtücher bügeln.
Haushalt wird nach Plan gereinigt. Flächen und Gegenstände werden nicht geputzt, weil sie schmutzig sind, sondern weil es „dran“ ist.
Aufgaben und Projekte werden völlig unrealistisch geplant. Fehlendes Zeitmanagement durch fehlende Flexibilität.
Freizeitaktivitäten werden zurückgestellt weil Pflichten abgearbeitet werden müssen.
Freundeskreise werden durch Pflichten vernachlässigt.
Im Beruf durch Perfektionismus mangelnde Arbeitsleistung. Ermahnung durch Vorgesetzten führt nur zu noch mehr Perfektionismus, bis zur kompletten Blockade, da der Gedanke vorherrscht, nichts mehr zu schaffen.
Ausgleichsversuche werden mittels Überstunden versucht. Dadurch später Feierabend verbunden mit fehlender Ruhe am Abend. Work-Life-Balance ist katastrophal.
Versuch, mangelnde Leistungsfähigkeit im Beruf zu Hause zu kompensieren. „Man schafft was!“
Vermehrt Beobachtung von Erschöpfungszuständen bis hin zu nervlichen Zusammenbrüchen bei Kleinstproblemen.
Der Partner nimmt sich immer mehr zurück, da jede Bewegung, jedes Tun nicht exakt dem entspricht, wie es erwartet wird. Das ergibt Konfliktsituationen bis hin zum Streit.
Hobbies und Freizeitaktivitäten des Partners werden negativ bewertet. Zunehmend Eifersucht auf funktionierendes Hobby des Partners.
Das ausgeführte Ehrenamt wird ebenfalls mit den selben Vorgaben ausgeführt wie bei Beruf und Haushalt. Das ergibt Konfliktsituationen.
Depression wegen fehlender Freizeit. Man hätte Lust auf Freizeitaktivitäten, kann diese aber nicht genießen, weil man ja stattdessen eine Pflicht vernachlässigt.
Komplett negatives Denken, es wird sich fast nur noch auf Probleme fokussiert. Diese werden bis zum größtmöglich schlechten Szenario weitergesponnen.
Ständiges Nachfragen für Bestätigung dessen, was man tut.
Wegen kleinster Unzulänglichkeiten Ansprache/Zurechtweisung des Partners.
Ansprache auf diese Probleme werden mit Unverständnis/Ablehnung/Verleugnung und aggressiven Verhalten beantwortet.
DieNeue
Beiträge: 5349
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Verhaltensmuster - Depression?

Beitrag von DieNeue »

Hallo,

für mich klingt das nach zwanghafter Persönlichkeitsstörung, die zu einer Depression geführt hat/führt. Beim Wort "Persönlichkeitsstörung" wäre ich allerdings sehr vorsichtig das ihr gegenüber in den Mund zu nehmen. Das könnte sehr falsch rüberkommen, weil es sich schon sehr negativ anhört.

Ansprechpartner könnte für dich der Sozialpsychiatrische Dienst (SpDi) sein. Weiß nicht, inwiefern der Hausarzt da helfen könnte, denn du bist ja nicht die Person, um die es eigentlich geht. Er kann ja schlecht über den Kopf deiner Frau hinweg irgendwelche Diagnosen treffen. Vielleicht könnt ihr zu zweit zum SpDi gehen, falls deine Frau dafür offen ist.

Liebe Grüße,
DieNeue
Nordlicht1968
Beiträge: 3
Registriert: 2. Apr 2024, 07:38

Re: Verhaltensmuster - Depression?

Beitrag von Nordlicht1968 »

Vielen Dank für die Antwort.
Mit dem sozialpsychologischen Dienst dürfte es schwierig werden, da sie sich ihres Verhaltens selbst nicht bewusst ist.
Ich habe dieses Thema schon einmal angesprochen. Völlige Empörung, „dass ich so etwas von ihr denke“.
Ist fast so, wie mit einem Alkoholiker, der seine Krankheit verleugnet.
DieNeue
Beiträge: 5349
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Verhaltensmuster - Depression?

Beitrag von DieNeue »

Ja, das habe ich befürchtet, dass sie so reagiert. Das würde auch zu einer Persönlichkeitsstörung passen. Anders als bei einer Zwangsstörung leiden die Menschen nicht so darunter
bzw. empfinden sich als normal, weil es zu ihnen gehört. Deshalb ist es dann unverständlich, wenn andere behaupten, ihr Verhalten wäre nicht normal. Das kann dann leicht als persönlicher Angriff empfunden werden.
Vielleicht hilft dir die Seite erstmal weiter: https://www.therapie.de/psyche/info/ind ... zwanghaft/

Ich denke, wichtig ist dabei im Hinterkopf zu behalten, dass so eine Störung nicht einfach so entsteht, sondern quasi früher eine "Überlebensstrategie" war, die jetzt aber nicht mehr nötig ist bzw. nicht mehr funktioniert. Das Ganze hatte seinen Sinn und ich denke auch jetzt gibt ihr die Kontrolle zu behalten auch noch Sicherheit.
Mir hat Ergotherapie geholfen, mehr von dem zwanghaften und perfektionistischen Verhalten wegzukommen.

Wie man sie dazu bekommt, ein Bewusstsein für das Problem zu entwickeln, weiß ich nicht. Vielleicht könntest du ihr erstmal raten, zum Hausarzt zu gehen wegen den Erschöpfungszuständen und Nervenzusammenbrüchen.
Oder eine Paarberatung vorschlagen, da ihr euch immer mehr streitet und du das mal mit einer neutralen Person besprechen möchtest (und nicht, weil sie das Problem ist! ;)).
Aber vielleicht haben andere hier noch bessere Vorschläge. Generell ist es leider echt schwer jemanden zu einer Therapie oder Beratung zu bewegen, wenn kein Problembewusstsein da ist oder derjenige nicht will.
Nordlicht1968
Beiträge: 3
Registriert: 2. Apr 2024, 07:38

Re: Verhaltensmuster - Depression?

Beitrag von Nordlicht1968 »

Ich werde für mich einmal den sozialpsychologischen Dienst in Anspruch nehmen. Ich denke auch, das bei meiner Frau auch zwanghaftes Handeln vorliegt. So müssen in der Getränkekiste die Flaschen von leer links oben bis voll rechts unten durchsortiert sein. Nachdem ich staubgesaugt habe, werden die von mir zurückgestellten Stühle nochmals neu ausgerichtet. Gehe ich danach nochmals dabei wird ärgerlich reagiert und die Stühle nochmals ausgerichtet. Bin ich nur kurz draußen vor der Tür und komme rein, werde ich ermahnt, mir die Hände zu waschen. Selbst wenn ich schon auf dem Weg zum Waschbecken bin. Es wird auch am Sonntag der Briefkasten auf Post kontrolliert. Ich könnte noch Dutzende von ungewöhnlichen Verhalten aufzählen.
Ich selbst bekomme von dieser Situation schon psychosomatische Rückenschmerzen und Magenprobleme.
SonneundDunkenheit
Beiträge: 702
Registriert: 25. Jul 2021, 09:24

Re: Verhaltensmuster - Depression?

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Hallo Nordlicht,
deiner Beschreibung nach war deine Frau nicht immer so. Wann hat es angefangen, dass sie die Kontrolle über bestimmte Dinge braucht?
Es gehören immer zwei Seiten zu einer Auseinandersetzung. Du hast andere Vorstellungen als sie. Ob sie Dinge zwanghaft tut, ob sie die Kontrolle braucht um sich selbst sicher zu fühlen, ob .... lässt sich aus der Ferne nicht beurteilen. Sie scheint sich nicht im Klaren zu sein was ihr Verhalten für eure Partnerschaft bedeutet. Du wirst sie weder zum Hausarzt noch in eine Therapie drängen können solange sie keinen eigenen Leidensdruck hat (vielleicht hat sie aber auch Leidensdruck, aber auch Angst vor dem was dahinter liegt). Du hast offensichtlich Leidensdruck und kannst zunächst an dieser Stelle für dich sorgen, dir helfen lassen.
Ich wäre übrigens entsetzt, wenn sich mein Mann an meinen Hausarzt wenden würde, wenn ich es im Vorfeld abgelehnt habe.
Es gibt viele Gründe warum Menschen die Kontrolle nicht abgeben können und so agieren wie deine Frau. Spekulieren möchte ich nicht. Bleib mit ihr im Gespräch, sprich aus der ICH Form, sag ihr was das Ganze mit dir macht, aber ohne Vorwürfe und Schuldzuweisungen. Schaff dir eigene Freiräume, wo du dem Ordnungszwang entgehen kannst.
Ordnung an sich ist ja zunächst nichts Verwerfliches und vermittelt Sicherheit, erspart suchen,....
Alles Gute für euch
bvs
Beiträge: 112
Registriert: 3. Jul 2023, 15:44

Re: Verhaltensmuster - Depression?

Beitrag von bvs »

So müssen in der Getränkekiste die Flaschen von leer links oben bis voll rechts unten durchsortiert sein
Vielleicht hilft da an der Stelle auch ein abgewandeltes System, das funktioniert, ohne dauernd Flaschen hin- und herzuschieben.

Wir drehen die Flaschen mit dem Label entsprechend dem Zustand:
* Label hinten = leer
* Label vorne = voll
* Label-woanders = ein Kind hats einfach reingestellt (aktion: drehen, im Regelfall auf "leer")

Das ist jetzt nicht zwanghaft, aber es hilft einfach, das Chaos zu optimieren, weil man dann nicht dauernd aufs neue jede Flasche einzeln kontrollieren muss. Und tut man das nicht, nervt es einfach, wenn man ne vole Flasche greifen will und dann zwei, drei, achtmal ins leere greift...
Bleib mit ihr im Gespräch, sprich aus der ICH Form, sag ihr was das Ganze mit dir macht, aber ohne Vorwürfe und Schuldzuweisungen. Schaff dir eigene Freiräume, wo du dem Ordnungszwang entgehen kannst.
Das ist ein guter Tipp.

Ich denke auch, dass jeder Mensch seine eigene Vorstellung von Ordnung hat.
Kritisch wird es, wenn in fremdem Gebiet gewildert wird, so wie du das beschreibst. Ich würde das höflich aber klar ansprechen, dass sie sich aus deinen Angelegenheiten heraushalten darf und sie nicht deine Sachen auf ihrem Zettel haben braucht.
Gemeinsame Getränkekisten brauchen halt nen Kompromiss. aber ich würde die Grenze da ziehen und konsequent (aber freundlich) verteidigen, wo es ausschließlich um deine Spähre geht (z.b. würde ich mir nicht auferlegen lassen, meine eigenen Unterhosen zu bügeln. Wenn sie es für dich tut, und du ihr klar gesagt hast, dass sie das nicht tun braucht, und sie bleibt dabei, ist das ihr Ding, und das würde ich ab da auch konsequent (aber freundlich) sagen, dass das ihr Problem und ihre Entschedung ist - du brauchst das nicht, sie muss es nicht für dich tun. Nur so erkennt sie (vielleicht), dass das ihre Entscheidung und ihre eigene Verantwortung ist).

Ich weiß das ist schwer. Und auch hier bei mir gibt es ein paar Punkte, die ich einfach nicht verstehe. Chaos im Haushalt, weil sie schneller Zeug/neue Projekte in die Wohnung bringt, als sie verstaut werden können (unhd der Stauraum auch ausgereizt ist) - d.h. Zeug liegt dann Wochenlag einfach herum, weil es nicht weggeräumt werden kann. Die Kinder machen das zudem nicht einfacher.
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