Wie sieht der Weg zur Diagnose aus

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Viva1986
Beiträge: 1
Registriert: 26. Mär 2024, 14:46

Wie sieht der Weg zur Diagnose aus

Beitrag von Viva1986 »

Guten Morgen an das Forum,

ich habe mich neu angemeldet und eine kurze Vorstellung schadet ja nicht.

Ich bin 37 Jahre alt, habe 4 Kinder, bin in einer Beziehung und der Grund mich hier an das Forum zu wenden ist in Erfahrung zu bringen, wie man zu einer Diagnose kommen kann und danach damit umgeht.

Dabei geht es nicht um den "organisatorischen Prozess" sondern um das "Eingestehen" und den Sprung sich Hilfe zu suchen. Ich arbeite zwar im sozialen Bereich, als Ergotherapeutin und Pflegefachkraft sogar teilweise in der Psychiatrie aber selbst Hilfe in Anspruch zu nehmen ist dann doch schwer.

Eine Diagnose besteht also nicht. Und bis jetzt läuft das Leben ja auch irgendwie und kompensieren kann man auch einiges. Aber ich habe immer mehr das Gefühl es geht alles an mir vorbei. Funktionieren. Auch lachen, aber keine Freude dabei haben. Es ist nur der äußere Schein, den man für alle wahrt. Und unter der dünnen Hülle, die alle sehen können, ist nichts. Und das schon mehr als 1 Jahrzehnt.

Ich weiß, dass hier natürlich niemand eine Diagnose stellt und das möchte ich auch nicht. Um das nichmal dazwischen zu werfen.

Ich wohne im ländlichen Raum und die Welt ist ein Dorf. Es wird schnell geredet und sobald jemand zum Arzt geht, vielleicht noch zu einem Psychologen ist er gleich abgestempelt. Außerdem würde mein Umfeld z.B. meine Schwiegeteltern so etwas nie "akzeptieren". Ich hatte mal 2 Probesitzungen bei einem Psychologen und reden ist so garnicht mein Ding. Das habe ich dann auch wieder sein gelassen. Mal davon abgesehen, dass meine Hausärztin auch ziemlich schräg geschaut hat, als ich mich ihr anvertraut habe. Das vermittelt kein gutes Gefühl.

Ich denke immer ich könnte noch eine ganze Weile so weiterfunktionieren, aber was sollte das für ein Leben sein.

Wie findet man also den richtigen Arzt für eine Diagnose und wie geht man danach mit dem Umfeld um?

VG
Love-is-all-around
Beiträge: 77
Registriert: 19. Mär 2023, 11:03

Re: Wie sieht der Weg zur Diagnose aus

Beitrag von Love-is-all-around »

Liebe Viva,

die erste Anlaufstelle ist ein Hausarzt "des Vertrauens". Der macht die ersten Gesundheitschecks (Vitamin D-Mangel spielt oft eine Rolle) und wird ggfs. Antidepressiva verschreiben.

Ob du wirklich Medikamente nehmen möchtest, entscheidest du selbst. Bevor die Antidepressiva wirken, vergehen gut 3-4 Wochen und ob sie das gewünschte Ergebnis bringen ... nun ja, das ist eine Geschichte, die du hier im Forum gern bei den anderen Betroffenen nachlesen kannst.

Ob du die Arbeit als Ablenkung und Struktur brauchst oder dich so erschöpft fühlst, dass nichts mehr geht, musst du auch selbst entscheiden.

Danach folgen Überweisungen, z.B. Psychotherapie, Psychiater, Ergotherapie ggfs. weitere Fachärzte zur Abklärung.

Wenn ich mir dein Päckchen aus Job, Kindern und Familie (Schwiegereltern) so ansehe, hast du genug zu tragen, um mit Vollgas in einen völligen Erschöpfungszustand zu rutschen. Zu glauben, dass es noch eine Weile so geht, ist nach meiner Einschätzung ein riesiger Fehler.

Wenn es dir möglich ist, jetzt noch etwas zu ändern, dann bitte deine Mitmenschen (Partner, Schwiegereltern, Freunde, Kollegen) aktiv um Hilfe in kleinen Dingen. Das ist für die einzelnen Personen kein großer Aufwand und entlastet dich in der Menge trotzdem. Außerdem solltest du für Zeiten zum Erholen sorgen, in denen es nur um dich selbst geht. Das ist wichtig, um wieder Energie zu schöpfen.

Was du deinem Umfeld erzählst, bleibt dir überlassen. Du kannst sagen, dass du dich krank fühlst und deswegen Arzttermine hast. Du kannst aber auch einfach bei der Wahrheit bleiben, denn Menschen, die dich gern haben, werden versuchen dich zu verstehen und dir zu helfen.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft und alles Gute.

Liebe Grüße von Love
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
MaWe
Beiträge: 173
Registriert: 8. Feb 2020, 10:03

Re: Wie sieht der Weg zur Diagnose aus

Beitrag von MaWe »

Hallo Viva,

die beste Chance auf eine fundierte Diagnose hast du sicher bei einer/m Psychotherapeut/in, da die oder der sich wirklich Zeit nehmen kann zu erforschen, was deine Probleme sind. Hausärzt*innen und leider auch Psychiater*innen stellen i.d.R. nur "Pi-mal-Daumen-Diagnosen".

Wie du am besten im Umfeld damit umgehst, weiß ich natürlich nicht so genau. Aber es sollte heute ja keine Schande mehr sein, eine Psycho-Diagnose zu haben; und wer was anderes meint, ist doch nur ein ewiggestriger Hinterwäldler, oder?!

VG, MaWe
Maxegon
Beiträge: 2421
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Wie sieht der Weg zur Diagnose aus

Beitrag von Maxegon »

Viva1986 hat geschrieben: 29. Mär 2024, 07:48 Dabei geht es nicht um den "organisatorischen Prozess" sondern um das "Eingestehen" und den Sprung sich Hilfe zu suchen.

Und bis jetzt läuft das Leben ja auch irgendwie und kompensieren kann man auch einiges. ...

Ich denke immer ich könnte noch eine ganze Weile so weiterfunktionieren, aber was sollte das für ein Leben sein.
Hallo Viva1986,

erstmal herzlichen Glückwunsch und herzliches Beileid ... 4 Kinder + ein anspruchsvoller Beruf, wer da kein Organisationsgenie ist, hat es nicht leicht.

Als Ergotherapeutin und professionelle Pflegerin weisst du doch, was Leid lindert, entweder entlastest du oder organisierst die Belastung anders.

Kannst du nicht Arbeit, Verantwortung abgeben, bevor du völlig zusammenbrichst?
Ja, ich weiß, leicht gesagt!😬

Ich war schon mit zwei Kindern stellenweise völlig überfordert, ... dieses ständige funktionieren müssen, treibt einen langsam in den Wahnsinn, wenn man die Arbeit nicht abgeben kann und dann, vielleicht noch permanent lächeln muss ... vor der Dorfgemeinschaft oder den Schwiegereltern (?).

Das zermürbt auf Dauer gewaltig!

Wie kannst du dich entlasten?
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