Trauma durch eine schwere Episode?

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niri76
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Registriert: 26. Aug 2022, 10:06

Trauma durch eine schwere Episode?

Beitrag von niri76 »

Hallo Ihr Lieben! :hello:

Mich treibt dieses Frage gerade in wenig rum

Ich hatte vor ca. 17 Jahren die schlimmste Episode die ich je hatte. Mein Sohn wurde gerade geboren und die postnartale Depression hat voll zugeschlagen. Seit dem hatte ich, Gott sei Dank, nie wieder eine so starke Episode. Allerdings habe ich eine Angst entwickelt, dass sowas nie wieder passieren darf. Und ich sezte alles dran, dass es nicht wieder passiert.

Das hat sich zu einem Zwang entwickelt. Du musst Mittags schlafen, sonst wird es wieder so schlimm. Du darfst Dir nicht zuviel zumuten, sonst wird es wieder so schlimm....etc.


Habt ihr auch solche Erfahrungen gemacht?

Grüße
niri76
Senif
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Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Trauma durch eine schwere Episode?

Beitrag von Senif »

Hallo Niri,

ich hatte auch Angst. Bei mir hat sich das aber mit der Zeit gelegt. Am Anfang dachte ich auch, dass die Depression an sich ein Trauma sein kann/ist. Ich bin sehr froh, dass ich auch die Angst etwas hinter mir gelassen habe.
Tatsächlich ist es für mich ein ganz schöner Balance-Akt mich weder zu unterfordern noch zu überfordern. Viele Menschen gehen aus Angst in die Unterforderung, kann aber kontraproduktiv sein und man schöpft sein Potenzial nicht richtig aus. Ich habe auch erlebt, wie mich Aktion auch vorwärts gebracht hat, allein weil ich Selbstwirksamkeit gespürt habe. Wo bei jedem dieser Grat ist, muss man eben herausfinden. Und dieser Grad ist auch nicht jeden Tag an der gleichen Stelle. Aber immer nur ausruhen, hat mich irgendwann nicht mehr weiter gebracht. Stattdessen fand ich heraus, dass ich auch bei Aktionen entspannen kann, die mir Freude bereiten. Überhaupt ist das Empfinden von Freude für mich ein sehr großes Geschenk, und als das wieder ging, war ich richtig geflasht und hatte dann am Ende einer Depression sogar eine hypomanische Phase. Diese hat wohl auch einen Namen, hab ich aber vergessen.
Vielleicht kannst du ja erstmal ein bisschen austesten, in dem du den Mittagsschlaf verkürzt und dann darauf achtest, wie es dir geht. Ich muss sagen, wenn ich Mittags richtig müde bin, schlafe ich auch, weil alles andere bringt nichts. Ausgeschlafen bin ich auf jeden Fall produktiver. Ich höre da mittlerweile sehr auf meinen Körper. Bei anderen Sachen teste ich auch einfach. Z.B. in der Dauer der Aktivität.

LG Senif :hello:
Aurelia Belinda
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Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
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Re: Trauma durch eine schwere Episode?

Beitrag von Aurelia Belinda »

Hallo niri,

Ich denke die Angst spielt da immer eine Rolle, die Frage ist nur wieviel Raum man ihr gibt.
Mein Zusammenbruch ist ca. 15 Jahre her, und da will ich nie mehr hin, so hab ich mir selbst das auferlegt, und versprochen.
Viele Jahre war diese Angst um Rückfall und erneutem Zusammenbruch, ständig präsent und hat Druck in mir ausgelöst. Den Gedanken etwas entgegen setzen, dass die Angst nicht überhand nimmt, war nie einfach.

Die Vorsorge vor neuer Überforderung ist allgegenwärtig. Zumindest bei mir. Belastungen haben sich vermehrt, während ich aber um stabil zu bleiben, stets auf mich zu achten habe. Einerseits versucht man (ich) den Alltag zu meistern, Grenzen und neue Grenzen der Belastbarkeit, wieder auszutesten. Aber dabei bemerke ich schon auch, dass schnell das Ende der Fahnenstange erreicht ist, und ein weiteres Ausweiten der Grenzen, mich schnell zurück wirft. Weshalb ich heute froh bin, den Alltag so meistern zu können, dass Unwägbarkeiten, mich nicht mehr so arg außer Konzept bringen.
Die Achtsamkeit ist sehr gut in den Alltag integriert, was mich sicher all die Jahre vor einem stationären Aufenthalt bewahrt hatte, dies kostete genug Kraft und mein Ziel ist heute nicht mehr, groß neue Grenzen auszutesten... sondern eher die Akzeptanz dessen, dass eben nicht alles machbar ist, sondern ich das Augenmerk darauf legen muss, mit wenig Belastbarkeit, ein trotzdem zufriedenes Leben in Achtung meiner selbst, leben kann.
Diese ängstlichen Gedanken, wenn ich dies & jenes ausweite, altbewährte gute Strategien mal weg lasse, führt nicht immer zum Erfolg.
Zum Thema Zwangsgedanken....da ist wohl die Angst sehr im Vordergrund, diese hat sich bei mir gelegt durch die Akzeptanz der eigenen Belastbarkeit.

Sich selbst dahingehend testen, ist sicher nicht verkehrt. Alles andere kann halt auch zu Vermeidungsverhalten führen....zu Unsicherheit.
Auch zu Stillstand.
Beim Versuch Grenzen auszuweiten, ist es umso wichtiger, sich gut zu kennen, in sich hinein zu horchen, Signale die in Richtung Überforderung gehen, zu achten.
Alles andere macht wenig Sinn und ist ein Eigentor.

LG Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Christopher
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Beitrag von Christopher »

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Zuletzt geändert von Christopher am 23. Apr 2024, 00:45, insgesamt 1-mal geändert.
Aurelia Belinda
Beiträge: 7745
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
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Re: Trauma durch eine schwere Episode?

Beitrag von Aurelia Belinda »

Sehr gut beschrieben @ Christopher,

Tja, die Seele u. Ihre Verletzbarkeit ist eben ein großes Kapitel für sich.
Die Sensibilität ist im Prinzip eine gute Eigenschaft, sagt meine Therapeutin...
nun ja, das kann ich auch so sehen.... wenngleich das einem zum Verhängnis wird.
Das nicht steuern können von Gedanken löst natürlich Hilflosigkeit, Ohnmacht aus.
Angst vor Rückfällen ist daher legitim.
Dennoch sollte diese Angst nicht zu einem Zwangsgedanken werden.
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Christopher
Beiträge: 34
Registriert: 17. Feb 2024, 20:13

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Beitrag von Christopher »

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Zuletzt geändert von Christopher am 23. Apr 2024, 00:46, insgesamt 1-mal geändert.
Senif
Beiträge: 1148
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Trauma durch eine schwere Episode?

Beitrag von Senif »

Hallo zusammen,

ich bin ein bisschen einen anderen Weg gegangen. Ich war früher quasi ein Seismograph für Stimmungen, auch heute noch fällt mir das manchmal ein bisschen auf die Füße. z.B. hab ich mit meinen "Freunden" anfangs immer sehr mitgelitten, was mir selbst überhaupt nicht gut getan hat. Seitdem präge ich den Spruch: Mitgefühl ja, Mitleid nein. Das ist ein Schutz, den ich mir aufgebaut habe.

Ich war dermaßen verletzlich, dass ich fast nicht mehr leben konnte. Das kann es ja am Ende auch nicht sein. Das lag aber vielfach auch an meinen extrem schlechten Selbstwertgefühl. Seit ich mit mir wohlwollender bin, ist es nicht mehr so überdimensioniert groß, was andere sagen und meinen.
Wo ich aber auch noch empfindlich bin, ist Lärm in meinen 4 Wänden durch Nachbarn. Ich setze mir dann meist Kopfhörer auf. Das ist deshalb problematisch, weil die Wohnung mein Rückzugsraum ist. Und ich finde z.B. laute Musik von Nachbarn auch irgendwie übergriffig und rücksichtslos. Aber das ist ein anderes Thema.

Ein Meilenstein war auf jeden Fall das Wohlwollen mir selbst gegenüber. Ich bin ok, so wie ich bin - wenn andere das anders sehen, ist das deren Problem. :D (gelingt mir auch nicht jeden Tag, aber ich arbeite daran, da ich überzeugt bin, auf dem richtigen Weg zu sein :D )

LG Senif :hello:
Aurelia Belinda
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Re: Trauma durch eine schwere Episode?

Beitrag von Aurelia Belinda »

Genau @ Senif,

Übung macht den Meister (in) :)
aber ist das nicht typisch für unser eins mit dem "mitleiden"....mit jedem u. allem u. am besten noch der ganzen Welt!! Das kann ja nur schief gehen...für das eigene Befinden.
Das Wohlwollen mir gegenüber, hat mich auch gut vorangebracht. Und manchmal haben kleine Schritte der Veränderung, eine große Wirkung.

@ Christopher,

du sprichst mir aus der Seele mit deinem letzten Posting....klar ist die Gesellschaft krank, aber solange das Funktionieren ohne Gewissen u. Gefühle, als vermeintlich gesund angesehen wird, bleiben wir Sensibelchen, wohl "die Kranken"...
ein menschliches füreinander u. miteinander ist in dieser Gesellschaft & Arbeitswelt, kaum mehr erwünscht.

Zur Angst:
Ich für mich unterscheide meine Ängste mittlerweile, ich differenziere genau, welche hat gerade mit meiner Herkunft zu tun, welche ist durch Gedanken "Hausgemacht" und welche u. U. eine reale Bedrohung...
Angst ist wie vieles in uns, als "Signal" , angelegt....ein Reflex der uns sagt, wir haben zu reagieren...
wir haben viele Urinstinkte... von denen wir profitieren könnten...diese werden aber verkannt, ignoriert... auch das gehört zur gesellschaftlichen NORM.... einfach alles ignorieren.
Dies führt aber nie zum Erfolg...Ignoranz holt einen immer wieder ein.

Menschenmassen u. Lärm, wer braucht das?
Ich nicht. Und wenn, dann bestimme ich den Zeitpunkt.

Gute Nacht Grüße, Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
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