Ich weiß nicht mehr weiter

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Keks1987
Beiträge: 79
Registriert: 2. Feb 2019, 15:58

Ich weiß nicht mehr weiter

Beitrag von Keks1987 »

Hallo ihr Lieben,

ich weiß einfach nicht mehr weiter. Ich bin Mitte 30, habe seit vielen Jahren Depressionen und finde einfach keinen Weg um mein Leben erträglicher zu machen.

Ich habe eine Psychiaterin die mir Tabletten verschreibt die ich täglich nehme nach Abstimmung mit ihr. Aber ich schaffe dadurch nur gerade so meinen Alltag und an Tagen wie heute nichtmal das. Ich war in den letzten 10-15 Jahren bei verschiedenen Therapeuten und habe bis heute niemanden gefunden, der mir weiterhelfen kann.

Ich habe niemanden, mit dem ich reden kann, theoretisch meine Mutter, aber sie ist schwer krank und dadurch ebenfalls psychisch sehr belastet.

Meine Psychiaterin wollte mich für eine neue Therapieform an eine Klinik vermitteln, aber irgendwie ist das alles im Sande verlaufen. Sie konnte mir auch nicht genauer sagen worum es da geht, sie kenne sich da nicht aus. Die Klinik hat mich dann wohl versucht zu erreichen, ich habe die Nummer mehrfach zurückgerufen aber niemanden erreicht.

Ich habe irgendwo auch die Hoffnung aufgegeben und fühle mich nur noch leer. Ich selbst will schon lange nicht mehr weitermachen. Aber die Alternative ist meiner Familie noch mehr zur Last zu fallen, daher versuche ich weiterzumachen. Aber mir fehlt die Energie weil mein ganzes Wesen sagt es ist sinnlos. Ich gehe zur Arbeit damit sie sich keine Sorgen machen. Mir bringt das alles schon lange nichts mehr.

Vor ein paar Wochen habe ich zu dieser neuen Therapieform gegoogelt und bei Therapeuten nachgefragt, habe gesagt privat ginge auch (bin eigentlich Kassenpatient), aber die setzen mich nichtmal auf ne Warteliste. Bei denen hatte ich es schon vor 1-2 Jahren versucht, damals war es dasselbe. Genau wie mit vielen anderen Therapeuten. Hatte 2-3 Seiten voll mit Adressen und Nummern von Therapeuten, überall dasselbe, kein Platz, nichtmal ein Eintrag in eine Warteliste, einige haben nichtmal zurückgerufen.

Im Alltag versuche ich mich an allem festzuhalten was mir irgendwie helfen könnte aber es scheint nicht mehr so gut zu funktionieren wie früher. Ich hab das Gefühl ich geh unter und kann mich nirgends festhalten. Bei der Seelsorge rufe ich immer mal an, aber meist ist dort besetzt. Auch wenn ich dort jemanden erreiche ist das natürlich nicht die Lösung. Ich bin ratlos :-(

Danke fürs Lesen!
MySun
Beiträge: 541
Registriert: 4. Jul 2022, 09:45

Re: Ich weiß nicht mehr weiter

Beitrag von MySun »

Hallo Keks,

hast du schon einmal versucht zum Sozialpsychiatrischen Dienst Kontakt aufzunehmen?

Die Organisationsform der Sozialpsychiatrischen Dienste ist regional verschieden.
Träger sind in der Regel Gemeinden, Wohlfahrtsverbände oder Vereine.
In einem SpDi arbeitet meist ein multiprofessionelles Team (z.B. Sozialpädagogen, Psychologen, Psychiater, Krankenpflegekräfte),
das sich mit örtlichen Hausärzten, Kliniken, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen vernetzt.

https://www.betanet.de/sozialpsychiatri ... aufgaben-1

Ich wünsche Dir alle Kräfte, die du für deinen weiteren Weg brauchen wirst.
Herzliche Grüße
MySun
"Viele Menschen sind zwar am Leben, berühren aber nicht das Wunder, am Leben zu sein.“-ThichNhatHanh-

Von Herzen
MySun
Keks1987
Beiträge: 79
Registriert: 2. Feb 2019, 15:58

Re: Ich weiß nicht mehr weiter

Beitrag von Keks1987 »

Danke, ich wusste nicht dass es kostenlos ist, heute wird einem ja alles Mögliche in Rechnung gestellt. Vielleicht hilft es mir weiter, danke für den Tipp, ich schaue mal wo ich einen in der Nähe finde.

Liebe Grüße
Kante
Beiträge: 25
Registriert: 23. Apr 2021, 19:41

Re: Ich weiß nicht mehr weiter

Beitrag von Kante »

Hi Keks,
Ich bin 2009 in die Depression gerutscht , schwer, massiv, extrem lang ,mit allem was dazugehört. Auch wenn jetzt sicher einige sagen Sport, sich richtig auspowern ist keine Lösung mag das sein, aber der Blickwinkel danach ist meist ein anderer und da lässt sich oft anknüpfen für was anderes. Bei mir was Gitarrenspielen obwohl ich bis dahin völlig unmusikalisch war. Jeder Mensch ist natürlich anders gestrickt und deshalb glaube ich, nein bin überzeugt das es immer einen Weg gibt.
Grus kante
Keks1987
Beiträge: 79
Registriert: 2. Feb 2019, 15:58

Re: Ich weiß nicht mehr weiter

Beitrag von Keks1987 »

Danke für eure Antworten.

Hi Kante,
ich spiele auch Gitarre, in den letzten Jahren aber nur noch selten weil es mir keine Freude mehr macht. Viele meiner alten Skills funktionieren nicht mehr. Das ist auch etwas was mir Sorgen macht. Sport habe ich versucht, habe Basketball im Verein gespielt, als mir das zuviel wurde bin ich wenigstens noch gelaufen, aber davon habe ich keinen wirklichen Effekt gespürt. Und im Moment ist alles runtergefahren auf "Wie schaffe ich diesen Tag". Der Alltag raubt mir meine ganze Kraft.

Hi Phantom,
ehrlich gesagt wäre genau das mir jetzt das dringendste Anliegen, ein ruhiges Gespräch mit einer vertrauten Bezugsperson. Das brauche ich ganz ganz dringend. Aber meine Mutter ist sehr krank und auch psychisch kaum belastbar und trotzdem telefonieren wir fast jeden Tag damit ich wenigstens zur Arbeit gehen kann, aber eben nie in Ruhe. Sie muss täglich auf meine Nichte aufpassen, "nebenbei" den Haushalt schmeißen und alles mögliche an Besorgungen erledigen und hat eigentlich gar keine Zeit zum Telefonieren. Aber sie tut es, weil sie weiß, dass es mir schlecht geht und ich habe ein sehr schlechtes Gewissen deswegen.

Heute zum Beispiel habe ich versucht sie in Ruhe zu lassen, habe ununterbrochen heulen müssen, mich immer wieder zusammengerissen und mir gesagt es muss jetzt gehen, aber es ging nicht, ich musste mich krankmelden und wieder nachhause fahren weil ich buchstäblich alle 2 Minuten geweint habe. Das ging dann bis heute Abend so, obwohl wir dann doch nochmal telefoniert haben. Jetzt geht es etwas, aber es hält nie lange an.

Mein Vater hat das alles nie so mitgekriegt, erst die letzten Jahre als meine Mutter krank wurde und ihn gebeten hat sie zu unterstützen wenn es um mich geht. Er ist inzwischen für mich da, wenn auch nicht immer erreichbar, aber er kann mich ab und zu auch ganz gut beruhigen. Aber auch ihn möchte ich nicht belasten und hier kommt noch dazu, dass seine ehemalige Partnerin schwer depressiv war..und seine Eltern schon nicht psychisch gesund waren.

Meine Familie wohnt recht weit weg aber auch als wir noch zusammengelebt haben hatte ich oft das Gefühl dass man eher ko-existiert. Mir fehlt jemand in meinem Alltag, den ich auch mal in den Arm nehmen kann. Sagen kann wie es mir geht. Ich hatte eine liebe Kollegin die wie eine gute Freundin zu mir war, bis sie von meiner Krankheit erfahren hat und anfing sich zu distanzieren bis zum Kontaktabbruch. Sie hat mir einmal gesagt sie kommt mit meinen Tiefs nicht zurecht und dass sie selbst in Behandlung sei. Über ihre Probleme wollte sie nie sprechen, mehr als Andeutungen habe ich nicht erfahren. Ich habe ihr ein paar Mal gesagt ich bin gerne für sie da und war es auch, wenn sie es zuließ. Aber mit der Zeit hat sie sich wiegesagt immer weiter zurückgezogen.

Ich dachte sie braucht einfach mehr Ruhe und Zeit und habe ihr auch nicht mehr gesagt oder gezeigt wie es mir wirklich geht aber sie hat sich trotzdem weiter distanziert. Irgendwann habe ich sie doch noch einmal gebraucht weil ich ganz verzweifelt war und habe mich zwar zusammengerissen und wollte nur etwas mit ihr reden, aber sie hat die Situation sofort verstanden, ich konnte ihr nichts vormachen wie allen anderen. Sie war ganz für mich da, hat mir alles gegeben, sich danach aber natürlich noch weiter distanziert. Ich hatte so ein schlechtes Gewissen und habe sie daher wieder in Ruhe gelassen und gehofft irgendwann geht es uns wieder besser. Sie fing aber an mich zu meiden (Straßenseite wechseln, Blick ausweichen etc.) und darauf angesprochen meinte sie immer es sei alles gut. Wir hatten kaum noch Kontakt. Als ich ihr ein halbes Jahr später wie zuvor eine Kleinigkeit zu Weihnachten schenken wollte hat sie das Geschenk fast panisch abgelehnt und am selben Abend war ich auf sämtlichen Kanälen geblockt. Das hat mir sehr wehgetan. Leider hat sie nie konkret gesagt oder gezeigt was sie will sodass ich immer raten musste. Bestimmt hätte man durch ein ruhiges Gespräch vieles klären können, aber sowas hat sie immer abgeblockt.

Ich denke heute sie wollte den Kontakt oberflächlich halten nachdem sie gemerkt hat, dass wir beide nicht gesund sind, aber ich hab das nicht gecheckt solange sie noch lieb zu mir war. Also wurde sie immer kratzbürstiger. Ich habe es ihrer angeschlagenen Psyche zugeschrieben und hatte Verständnis, sie dachte wahrscheinlich warum checkt die es nicht? Andererseits war sie zwischendurch auch wieder lieb oder hat mir lieb zugelächelt wie früher, ich konnte das nicht einordnen.

Das mit der Kollegin hat eine alte Wunde geöffnet und seit diese Art Freundschaft in die Brüche ging geht es mir fast nur noch schlecht. Ich habe das Gefühl als hätte mich das maximal getriggert und ich komme damit überhaupt nicht zurecht obwohl es nur eine liebe Kollegin war, die sich aus Selbstschutz zurückgezogen hat. Das Ganze ist schon 2-3 Jahre her und ich weine immernoch deswegen. Das kann es doch irgendwie nicht sein? Ich habe auch mit meiner Therapeutin darüber gesprochen aber sie hat dazu nicht viel gesagt. Ich hatte den Eindruck sie konnte damit nichts anfangen.

Liebe Grüße und hoffentlich einen schönen Abend
Marlene57
Beiträge: 504
Registriert: 20. Mär 2018, 16:39

Re: Ich weiß nicht mehr weiter

Beitrag von Marlene57 »

Hallo Keks,
warst du schon mal in einer Klinik wegen deiner Depressionen. Ich war vor einigen Jahren in einer Akutklinik in etwa 40 km von mir entfernt. Wir haben heute noch eine WhatsApp Gruppe mit etwas 10 Personen, wo täglich irgend jemand schreibt. Und wir treffen uns noch alle paar Monate zum Essen oder Stadtrundgang etc.
Ist das Beste was mir passieren konnte, es sind richtig gute Freundschaften entstanden.
Beim den sozialen Diensten findest du evtl. auch Selbsthilfe Gruppen in deiner Nähe.
Liebe Grüße
Marlene
Keks1987
Beiträge: 79
Registriert: 2. Feb 2019, 15:58

Re: Ich weiß nicht mehr weiter

Beitrag von Keks1987 »

Das ist lieb dass du fragst, es geht mir leider sehr schlecht. Ich bin das Leben wirklich leid und komme aus diesem Dauertief nicht raus. Ich frage mich woher ich weiß dass mich jemand mag wenn ich immer wieder so daneben liege. Woher weiß ich dass meine Familie mich mag? Ich habe das Gefühl ich gehöre nirgends dazu
Keks1987
Beiträge: 79
Registriert: 2. Feb 2019, 15:58

Re: Ich weiß nicht mehr weiter

Beitrag von Keks1987 »

Danke!
Kante
Beiträge: 25
Registriert: 23. Apr 2021, 19:41

Re: Ich weiß nicht mehr weiter

Beitrag von Kante »

Hi Keks,
Die Frage werde ich gemocht oder gehöre ich nirgends dazu usw. haben sich in diesem Forum sicher schon mehr gestellt. Fragen die natürlich oft auch mit der Depression in Verbindung stehen, Selbstzweifel, Unsicherheit usw.. Eine der vielen Werkzeuge einer Depression, uns in gewisser Weise abzuspalten von Unserem Umfeld, uns zu separieren. Ich denke wenn du auf dein Herz vertraust in Bezug auf deine Familie und Freunde kennst du die Antwort.
Gruß kante
Keks1987
Beiträge: 79
Registriert: 2. Feb 2019, 15:58

Re: Ich weiß nicht mehr weiter

Beitrag von Keks1987 »

Hi Kante,

ich weiß nicht ob ich dich richtig verstehe, was meinst du mit, "wenn du auf dein Herz vertraust findest du die Antwort" in Bezug auf Familie und Freunde? Mein Herz hat leider keine Antworten für mich, im Moment vermisst es nur und fühlt sich sehr leer an.

Liebe Grüße
MissMikse
Beiträge: 466
Registriert: 14. Mär 2023, 20:07

Re: Ich weiß nicht mehr weiter

Beitrag von MissMikse »

Hallo Keks,

zunächst einmal: fühl dich gedrückt! Du bist nicht allein mit diesem Gefühl!

Auch ich habe im wahren Leben niemanden, mit dem ich mich regelmäßig austauschen kann oder wo ich mal eine Umarmung bekommen würde, um zu spüren, dass ich nicht alleine bin. Und auch ich habe oft das Gefühl, dass mich keiner so wirklich mag.
Aber:
meine Erkenntnisse dazu sehen mittlerweile wie folgt aus: viele Menschen haben Probleme und haben viel um die Ohren und jeder bräuchte jemanden zum Reden. Wenn man aber mal mit jemandem spricht, dann dreht sich im Gespräch relativ schnell viel um das eigene Leid und der Gesprächspartner kommt zu kurz - und stellt dann fest, dass IHM das Gespräch nichts gebracht hat. Und dann distanziert er sich.
Auch bei Gesprächen unter Depressiven kann so eine Situation entstehen. Einer fängt an zu sprechen - und der andere hört irgendwann nur noch zu und fühlt sich vom anderen nicht wahr genommen. Oder man fängt an, über seine Probleme zu sprechen - der andere versucht Ratschläge zu geben. Dabei wäre tatsächlich vielleicht nur gewünscht gewesen, dass mal einer richtig zuhört. Das führt natürlich über kurz oder lang zu Kommunikationsproblemen. Und dann muss man das klären. Oder besser schon: vor dem Gespräch klären. Klar sagen, was man möchte: heute bitte einfach nur zuhören. Morgen brauche ich einen konkreten Rat. Ich glaube, deswegen tut auch Therapie so gut, weil der Therapeut von vornherein weiß, dass es um seinen Patienten geht und nicht um seine eigenen Probleme. Und der Patient weiß das auch. Deswegen fühlt man sich da oft am besten "wahrgenommen".

Ansonsten ist es immer schwierig, von anderen zu erwarten, dass man sich an ihnen festhalten kann. Wir müssen lernen - so leid es mir tut, das zu sagen - uns selbst zu halten. Jemand anderem diese schwere Verantwortung für uns zu übertragen, wird nicht funktionieren. Schon gar nicht auf Dauer. Mir hat jemand mal gesagt, dass er diese Verantwortung nicht tragen kann/will, weil er mich gern hat, aber halt nicht permanent für mich da sein kann. Und falls ich mir was antun sollte, würde er sich sein Leben lang schuldig fühlen daran - und damit könne er nicht umgehen. Deswegen muss er sich ein Stück weit distanzieren von mir. Und er möchte, dass ich mir noch andere Ansprechpartner suche, Hilfe suche etc. um diese Last besser zu verteilen.

Und zum Thema "keiner mag mich": magst du dich denn selbst? Denn auch da musste ich feststellen: wenn ich mich selbst nicht mag, wie sollen mich dann andere mögen können? Und selbst wenn sie es trotzdem tun: kann ich das dann überhaupt annehmen und glauben? Beispiel: wenn ich selbst mich häßlich fühle und jemand sagt mir, dass ich toll aussehe oder schöne Augen hab oder was auch immer - sorry, aber dann wird es immer drauf hinaus laufen, dass ich dem anderen nicht glauben kann und meine Depri mir einflüstert "Lüge". Und die anderen Menschen merken das dann auch. Und machen irgendwann keine Komplimente mehr. Weil für andere Menschen das dann auch anstrengend ist, mir regelrecht einreden zu müssen, dass ich gut bin so wie ich bin.

Jetzt hab ich auch viel von mir erzählt. ;) Und ich hoffe, es hilft dir weiter. Falls du lieber einfach nur deinen Kummer von der Seele schreiben willst ohne Ratschläge lesen zu müssen, dann kommunizier das bitte einfach genau so. OK? :)

Liebe Grüße
Kante
Beiträge: 25
Registriert: 23. Apr 2021, 19:41

Re: Ich weiß nicht mehr weiter

Beitrag von Kante »

Hi Keks,
Deine Familie und deine Freunde stehen sicher hinter dir ,auch wenn die Situation für sie garantiert auch nicht einfach ist. Er ist für einen selbst extrem schwer damit umzugehen sowie für sein direktes Umfeld. Schwer ,nein praktisch unmöglich sich in den anderen hineinzuversetzen. Eine gewisse Kluft entsteht, eine Abbruchkante, eine leere. Das geht vorbei, auch wenn man in so einer Situation es nicht glauben kann. Mit anderen Menschen darüber zu sprechen ist sicherlich hilfreich aber wie Missmikse geschrieben hat oft gar nicht so einfach. Menschen eben.
Gruß kante
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