Eine neue Herangehensweise?

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Keandra
Beiträge: 10
Registriert: 31. Jul 2023, 19:22

Eine neue Herangehensweise?

Beitrag von Keandra »

Hallo,
ich bin momentan in einer ziemlich krisenhaften Situation, wo sich nichts bessert, sondern eher verschlimmert.

Da kamen mir die Gedanken: Vielleicht muß man manchmal das, was ist (sein Verhalten) auch akzeptieren?!

Ich (40+) kämpfe jetzt seit mindestens über 30 Jahren gegen meine soziale Kompetenzbehinderung – wie ich sie nenne – an. Leider bin ich „zu nett“ geworden. Dahinter steckt aufgrund mehrerer Traumata auch eine Menge Angst und sehr viel Aggression.

Dieses „zu nett“-Sein hat mich in meinen Beziehungen bis heute nicht weiter gebracht.
Allerdings schaffe ich es auch nicht adäquat Grenzen zu setzen. Zum Teil weiß ich nicht mal, welche Grenzen berechtigt sind und welche aggressiv etc.
Dadurch grenze ich mich entweder zu radikal ab oder gar nicht, was die Leute verschreckt, außer die, die sich bei mir ausheulen wollen.
Das alles habe ich auch nur durch viel Selbstreflexion herausbekommen.
Bis vor einigen Jahren wußte ich nichtmal und konnte es nicht glauben, dass ich auch Rechte im Leben habe und dass Niemand das Recht hat, mir Vorschriften zu machen, so sehr wirkte die Erziehung in der Kindheit bis heute nach.

Inzwischen glaube ich, dass ich auf Dauer niemals gesunde soziale Kontakte haben werde, die auch bestehen bleiben.

Erschwerend kommt hinzu, das ich auf Tabletten angewiesen bin, die „Reizbarkeit“ als Nebenwirkung an oberster Stelle mit angeführt haben. Die kann ich auch nicht einfach so wechseln. Beides potenziert sich also.

Mein Gefühl ist, dass die Impulsivität mit den Jahren nicht besser geworden ist. Das Verständnis, wie es dazu kommt schon, aber Vieles kann ich immer noch nicht erkennen.

Die Frage ist, ob es nicht langsam an der Zeit wäre, statt immer gegen dies und das anzukämpfen, es einfach zu akzeptieren?! Sein Verhalten zu akzeptieren indem man sich sagt:“Es ist so, wie es ist.“ und sein Leben mit dem Machbaren drumherum zu gestalten. Sprich, sich Hobbies, Arbeit, Betätigungen zu suchen, wo man nicht viel reden muß. So sind wenigstens minimale Kontakte möglich.

So war ich z.B. trotz meiner Problematik früher im Sportverein erfolgreich. Ich habe mich immer gefragt, warum es dort keine Probleme gab. Heute ist mir klar, daß ich da nicht groß reden mußte und es deshalb keine Probleme gab.

Wie sind eure Erfahrungen mit Impulsivität und hat Jemand von euch sich auch schonmal darüber sich Gedanken gemacht, wie es wäre, das was ist zu akzeptieren und sein Leben drumherum zu gestalten?

LG
Bittermandel
Beiträge: 2271
Registriert: 10. Apr 2021, 09:32

Re: Eine neue Herangehensweise?

Beitrag von Bittermandel »

Hallo Keandra

Ich habe meine Impulsivität gut unter Kontrolle. Ja man muss sich akzeptieren wie man ist. Da führt kein Weg dran vorbei. Meine Agression habe ich auch im Griff nur manchmal flippe ich aus. Gerne beim Einkaufen oder auf dem Parkplatz. Wenn dir Gespräche zuviel sind, dann ist ein ruhiges Hobby sicher vorteilhaft. Es ist ein langer Weg sich selbst zu akzeptieren und trotzdem Freude am Leben zu haben. Ich bin im Moment auch nicht in der Lage soziale Kontakte zu knüpfen. Bei mir wurde zusätzlich zur Depression ein ADHS diagnostiziert und ich bekomme auch da ein Medikament. Tatsächlich ist die Depression besser geworden aber ich kann Lärm und Trubel nicht oder noch nicht gut vertragen. Ich hoffe das es besser wird wenn ich die richtige Dosis gefunden habe. Das ganze hat mich Jahre meines Lebens gekostet. Und ich gestalte mein Leben halt drumherum. Anders komme ich nicht klar und die Jahre in denen ich mich angepasst habe und immer schön mitgemacht habe sind vorbei. Immer gegen die eigene Natur leben tut auf Dauer nicht gut.

Welche psychische Erkrankung liegt bei dir vor?

Liebe Grüße Bittermandel
Senif
Beiträge: 1156
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Eine neue Herangehensweise?

Beitrag von Senif »

Hallo,

sich selbst wohlwollend zu sehen, und sich selbst verzeihen halte ich für das wichtigste. Allerdings dürfen andere Menschen auch Grenzen setzen, wenn ihnen Aggression entgegenschlägt. Würde ich so heute auch machen. Wenn ich mich aggressiv verhalte, muss ich dann halt auch die Konsequenzen tragen.

LG Senif
Keandra
Beiträge: 10
Registriert: 31. Jul 2023, 19:22

Re: Eine neue Herangehensweise?

Beitrag von Keandra »

Hallo Bittermandel,

ich hatte mit 17 Jahren Depressionen. Später wurde mal eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, die dann widerlegt wurde.

Man muß nur genug Ärzte konsultiert haben, um 'zig verschiedene Diagnosen zu bekommen. :lol:

Meine Tabletten brauche ich wegen meiner Epilepsie. Da ich schon fast alle Medis durchhabe, kann ich nicht einfach wechseln
und freue mich zudem, wenn die Nebenwirkungen in psychischer Hinsicht nicht noch schlimmer werden.

LG
Keandra
Beiträge: 10
Registriert: 31. Jul 2023, 19:22

Re: Eine neue Herangehensweise?

Beitrag von Keandra »

PS: Was ich noch vergessen habe, letzten Endes ist es eine posttraumatische Belastungsstörung.
Bittermandel
Beiträge: 2271
Registriert: 10. Apr 2021, 09:32

Re: Eine neue Herangehensweise?

Beitrag von Bittermandel »

Keandra

Danke für deine Aufklärung.
Empathie58
Beiträge: 266
Registriert: 23. Okt 2017, 21:48

Re: Eine neue Herangehensweise?

Beitrag von Empathie58 »

Hallo Keandra,
Keandra hat geschrieben: 14. Dez 2023, 17:28Dieses „zu nett“-Sein hat mich in meinen Beziehungen bis heute nicht weiter gebracht.
Allerdings schaffe ich es auch nicht adäquat Grenzen zu setzen. Zum Teil weiß ich nicht mal, welche Grenzen berechtigt sind und welche aggressiv etc.
Dadurch grenze ich mich entweder zu radikal ab oder gar nicht, was die Leute verschreckt, außer die, die sich bei mir ausheulen wollen.
Das alles habe ich auch nur durch viel Selbstreflexion herausbekommen.
Bis vor einigen Jahren wußte ich nichtmal und konnte es nicht glauben, dass ich auch Rechte im Leben habe und dass Niemand das Recht hat, mir Vorschriften zu machen, so sehr wirkte die Erziehung in der Kindheit bis heute nach.
Willkommen im Klub! Das kenne ich sehr gut.
Keandra hat geschrieben: 14. Dez 2023, 17:28Wie sind eure Erfahrungen mit Impulsivität und hat Jemand von euch sich auch schonmal darüber sich Gedanken gemacht, wie es wäre, das was ist zu akzeptieren und sein Leben drumherum zu gestalten?
Das hört sich für mich nach dauerhafter Einschränkung an. Ich gehe einen anderen Weg und versuche, meine Kindheitstraumata mit therapeutischer Unterstützung so zu bearbeiten, dass sie mit der Zeit kleiner werden und irgendwann vollständig überwunden sind.

Liebe Grüße
Empathie58
Senif
Beiträge: 1156
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Eine neue Herangehensweise?

Beitrag von Senif »

Hallo,

ich habe meine Traumata auch therapeutisch bearbeitet - am Ende hat mir sehr die innere Kindarbeit mit meiner Therapeutin geholfen, bei der ich Selbstmitgefühl lernen konnte. Und als ich mit mir wohlwollender geworden bin, wurde ich auch anderen gegenüber wohlwollend. Wichtig war auch, dass ich meine Grenzen erkannte und diese dann auch setzen konnte, ohne anderen eine über zu braten. Natürlich liegt die Bewertung dessen auch beim anderen. Ich entscheide, wie ich sein möchte und trage für mich die Verantwortung.
Ich hatte mal eine damals sehr retraumatisierende Therapie - die mir jetzt im Nachgang (man mag es nicht glauben) geholfen hat, aus meiner Opferhaltung rauszukommen. Ich erkannte plötzlich, dass ich damals Opfer war, aber es heute nicht mehr bin. Das war auch aus den Traumata entstanden. Aber ich konnte das hinter mir lassen und es tat sich eine (scheinbar?) neue Weltanschauung auf, die mir unheimlich gut tut. Und in der ich die Selbstwirksamkeit spüre. Das hätte ich nie für möglich gehalten, aber ich möchte jeden ermutigen, dass es einen Weg aus der Hölle gibt.

LG Senif
Keandra
Beiträge: 10
Registriert: 31. Jul 2023, 19:22

Re: Eine neue Herangehensweise?

Beitrag von Keandra »

Hallo Zusammen,

das tut sehr gut, zu lesen, welche Erfahrungen ihr mit der Bearbeitung eurer Traumata gemacht habt.
Meine Therapeutin geht nächstes Jahr in Rente und ich habe gerade mal 12 Sitzungen bis jetzt gehabt.
Verlängerung wurde gerade genehmigt. Umso wichtiger ist es, die kurze Zeit intensiv zu nutzen.

Ich hatte mal eine Schematherapeutin (Verhaltenstherapie) im Rahmen einer Gruppentherapie. Bei mir war
damals allerdings die Seele noch nicht so weit, um über Vieles reden zu können.
Wer die Möglichkeit hat, eine Schematherapie kann ich nur empfehlen.

LG Keandra
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