Mein Freund steht vor dem Burnout und will sich nicht helfen lassen

Antworten
fee99
Beiträge: 1
Registriert: 22. Nov 2023, 12:53

Mein Freund steht vor dem Burnout und will sich nicht helfen lassen

Beitrag von fee99 »

Mein Freund hat schon sein Leben lang mit latenter Depression. Er musste früh in seiner schwierigen Familie Verantwortung übernehmen, Streit schlichten und als jüngster von vier Geschwistern irgendwie die Familie zusammenhalten. Das geht bis heute so. Jetzt ist er 25 und kümmert sich seit Jahren um den mittleren Bruder, der komplett abgeschottet von der Welt alleine lebt und außer zu meinem Freund mit keinem anderen Familienmitglied Kontakt hat. Ich gucke mir seit über vier Jahren an, wie die beiden fast täglich stundenlang telefonieren, da der Bruder sehr unter der Einsamkeit leidet. Anscheinend versuchen sie schon länger, eine andere Lösung zu finden. Mein Freund hatte nun die Aufgabe, dafür Kontakt zu anderen, gleichen Personen aufzunehmen. Er hat es nicht geschafft. Große Aufgaben lähmen ihn oft. Nun kann er seit Tagen nicht schlafen, ist durchgehend am weinen und mental völlig am Ende, weil er seinem Bruder erklären muss, dass er, Zitat, versagt hat. Ich versuche seit langem ihn dazu zu bringen, einen Therapieplatz zu suchen, damit er einen anderen, gesünderen Umgang mit der ganzen Situation findet, aber ihr wisst, wie schwer diese Suche sein kann. Nun spitzt sich das alles extrem zu und ich weiß nicht, was ich tun soll. Ratschläge werden nicht angenommen, die Bitte sich Hilfe zu suchen ignoriert, weil „keine Zeit“. Ich merke, wie ich selbst langsam an meine Grenzen komme und teilweise wütend auf ihn bin, was absolut nicht fair ist. Ich weiß smut einfach nicht mehr weiter. Habt Ihr Ratschläge?
bvs
Beiträge: 112
Registriert: 3. Jul 2023, 15:44

Re: Mein Freund steht vor dem Burnout und will sich nicht helfen lassen

Beitrag von bvs »

ich glaube, wichtig für deinen Freund ist zu erkennen, dass er nicht Verantwortung trägt für das soziale Leben seines Bruders.
Klar ist das echt übel mitanzusehen, aber er muss lernen sich da abzugrenzen, und zu akzeptieren, dass es das Leben seines Bruders ist, nicht seines.
Und dass er selber sehr darunter leidet, dass er sich das so selber als Verantwortung auflädt.
Das muss er aber selber erkennen und erst dann kann er ins Handeln kommen.

Vielleicht erzählst du ihm mal die Geschichte von der Säge, die stumpf ist, und deren Besitzer nie die Zeit hat, sie zu schärfen, weil er ja sägen muss, aber das Sägen dauert so viel länger, weil die Säge stumpf ist.

Du kannst eigentlich für dich nur selber Verantwortung übernehmen, indem du das, was du wahrnimmst, liebevoll kommunizierst. Und dich dabei selber abgrenzt, denn sonst bist du die nächste mit Burnout.
Und du hast ihn ja so kennengelernt, richtig? D.h. du solltest für dich schauen, ob du "so weiterleben" möchtest, oder ob du für dich etwas verändern möchtest (zb klarere Zeiten definieren, in der ihr auch als Paar ungeteilte Zeit habt, und in der "Bruderzeit" schaust du für dich, dass du dein Leben da ohne ihn gut für dich gestaltest). Ich verstehe auch sehr gut, dass das unausgesprochen auch die Beziehung infrage stellt. Auch da solltest du in dich gehen und schauen, wie du dir das vorstellst, und was du bereit bist mitzutragen und was nicht mehr.
Suchende2
Beiträge: 1207
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Mein Freund steht vor dem Burnout und will sich nicht helfen lassen

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Fee99,

Dein Freund benötigt dringend Hilfe (und der Bruder ebenso), aber das weißt Du ja schon.
Frage ihn, wie Du ihn unterstützen kannst, damit er sich um die dringend benötigte Hilfe kümmern kann.

Hilft es ihm zum Beispiel, wenn Du Therapeuten bei Euch in der Nähe heraussuchst, mit Telefonnummer und den Zeiten, zu denen er anrufen kann?
Hilft es ihm weiter, daß Du z.B. jeden Tag das Essen zubereitest und er stattdessen sich jeden Tag 20 Minuten um Hilfe für sich bemüht?
Werdet zusammen kreativ. Was bei Euch am Besten funktioniert, könnt nur ihr herausfinden. Und zum Burnout gehört auch eine absolute Erschöpfung. Selbst wenn man möchte, kann man nicht. Um es mit bvs Beispiel zu sagen, in der Depression hat man keine Kraft zum schärfen der Säge, da hat man nur die Wahl mit der stumpfen Säge zu sägen oder gar nicht.

Und ganz wichtig! Schaue auch auf Dich! Was brauchst Du, um gut durch die Zeit zu kommen?
Kannst Du Dich vom sozialpsychiatrischen Dienst in Eurer Region beraten lassen?
Die können Dir für Dich, Deinen Freund und seinem Bruder Tipps geben. Aber entscheiden, was passt und umsetzen muß jede Person selber.

Alles Gute,
Suchende
Antworten