Angst vor Bestrafung

Luna1959
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Angst vor Bestrafung

Beitrag von Luna1959 »

Heute ist in mir wieder etwas „Altes“ aufgetaucht.
Mir geht’s ja jetzt dank der Medikamente recht gut. Ich schaue gut auf mich, erfreue mich an meinen Aktivitäten, das negative Gedankenkarussell ist jetzt erst mal Geschichte. Dadurch kann ich wohl besser von einem Standpunkt außerhalb auf das „Alte“ schauen, ohne dass es mich runter zieht.
Meine Tochter hat sich ein paar Tage Auszeit genommen und fuhr in das kleine Häuschen, was sie mit Freunden zusammen gepachtet hat. Sie stellte das Smartphone offline und auf Flugbetrieb. Ich wusste, dass sie das manchmal macht und dass sie das vorhatte.
Gut, in dem Häuschen haben sie einen Holzofen und ich weiß nicht, wie gut der Rauchfang gewartet ist.
Ich schrieb ihr gestern eine Nachricht, dann noch ein SMS und heute früh rief ich an. Keine Reaktion, und ich fühlte mich beunruhigt.
Plötzlich wurde mir klar, dass ich wohl eine „Bestrafung“ erwarte. Das letzte Mal, als es mir richtig gut ging, war Anfang 2012. Auch während dieser Zeit war ich sehr bei mir, war aktiv und mein ständiges Sorgen war weg. Sechs Wochen später begann das gesundheitliche Problem meiner Mutter, was mich nach und nach runter zog. Es stellte sich heraus, dass sie Darmkrebs hatte. Die Operation war zu spät, und sie starb Anfang Mai 2012. Meine Mutter und ich hatten ein schwierigstes Verhältnis. Sie hatte großen Anteil an meinen Depressionen seit Jugend an. Ich kümmerte mich während ihrer Krankheit zusammen mit meinem Bruder viel um sie. In mir war die Hoffnung, dass sie mir sagt, wie sehr ihr es leid täte, was sie mit mir angestellt hat. Das hätte ich so gebraucht. Ich alleine schaffte es nicht, mich „frei zu sprechen“. Es kam nicht so, sie starb und ich fiel wieder komplett zurück in meine graue, schuldbeladene Depression.
Das wurde mir heute so klar. Mit meiner Tochter hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst. Ich habe sie mittags dann nochmals angerufen und sie ging dran und war sehr gut drauf.

Kennt ihr das auch, diese Erwartung einer „Bestrafung“, wenn man es sich gut gehen lässt?

Liebe Grüße Luna
Die Vernunft empfiehlt immer das, was andere gerne möchten.
anna_lyle
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von anna_lyle »

Liebe Luna,
Ich kenne das was du beschreibst. Wenn ich als Kind sehr ausgelassen war, fröhlich und unbeschwert, hörte ich oft den Satz: "Dir geht's wohl zu gut!" Auch wenn ich jemanden aus der Familie verärgert hatte, meist durch autonome Entscheidungen, durch unabhängiges Verhalten, kam der Satz dann als Vorwurf: "Dir geht's wohl zu gut!".
Ich lernte daraus, dass es mir nicht "besser" gehen darf als meinen Eltern. Meine Mutter war teilweise auch eifersüchtig auf meine Freunde. Angesichts der Zuneigung, die ich für meine Freund:innen hatte, muss sie manchmal schmerzhaft ihre Einsamkeit wahrgenommen haben. Oder ihre eigene Freudlosigkeit. Sie hat die Arbeit und die Verpflichtung in der Familie oft voran gestellt und hatte dadurch selbst nicht so viel Freude im Leben, wie sie vielleicht gebraucht hätte.
Aber Mütter sind ja eingebunden ins System und deshalb nicht "schuld". Sie sind halt oft die am meisten prägende Person im Leben. Ich werfe ihr nichts vor.
Aber das alte Unbehagen kommt schnell wieder, wenn ich zuviel Kontakt zu ihr habe.
Liebe Grüße
Anna
Bibutz
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Bibutz »

Liebe Luna,
Auch ich kenne das sehr gut. Ich habe auch seit frühester Kindheit damit zu kämpfen. Ich durfte nichts unternehmen, war die meiste Zeit in meinem Zimmer eingesperrt. Wenn ich es dann doch geschafft habe „auszubrechen“ habe ich es bitter bereut.
Im laufe der Jahre habe ich immer wieder geschafft (auch mit Therapien) wieder am leben teil zu nehmen. Aber jedes mal, wenn ich das Gefühl hatte: jetzt haste den Bogen raus, kam der nächste Tiefschlag.
Die „Freunde“ konnten nichts mit jemandem mehr anfangen, der nicht nur permanent ihnen dient, sondern auch seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse äußert. Also haben sie mich fallen lassen. Klar wußte ich, dass keine echten Freunde waren, aber es hat mich zurück geworfen und fing wieder von vorne an.
Beim nächsten mal, als ich dachte jetzt haste die Kurve gekriegt, hat der Krebs die meisten aus dem Leben gerissen. Innerhalb eines Jahres sind 7 verstorben. Lungenkrebs, Hautkrebs, Leukämie… Ich kam mir vor wie im falschen Film. Ich kann es immer noch nicht ganz fassen. Es fühlt sich an als wäre das Universum gegen einen.
Jetzt habe ich mich wieder aufgerafft, habe einen neuen Job gefunden, bin von Süddeutschland nach Norddeutschland gezogen. Habe eine WG mit einem guten Freund in einem schönen Haus mit Garten, tolle Kollegen. Aber ich stecke fest. Vor lauter Angst wieder alles zu verlieren, bin ich wie gelähmt. Ich gehe Arbeiten, Lebensmittel einkaufen und koche. Das war’s. Wenn ich auch nur einen Spaziergang machen will, kostet das unglaublich viel Kraft und Überwindung. Dabei wollte ich doch hier endlich wieder am leben teilnehmen. Raus gehen, Sport anfangen und neue Menschen kennen lernen. Statt dessen muss ich wieder Unterstützung suchen um diese Gelähmtheit zu überwinden. Nächste Woche habe ich einen Termin beim Arzt, mal schauen.
Also, ja, dieses Gefühl, dass du da hast kenne ich nur zu gut und ich weiß, es ist harte Arbeit diese Angst vor einer Bestrafung zu überwinden und sich klar zu machen, dass man nicht aufhören darf am Leben teil zu nehmen, nur weil man nicht weiß was als nächstes passieren könnte.
„Immer locker bleiben“ ist leichter gesagt als getan.
Senif
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Senif »

Hallo,

das gehört wohl auch ins Katastrophendenken, immer vom Schlimmsten ausgehen. Ich bin als Kind auch viel bestraft worden, auch bei Kleinigkeiten. Später habe ich mich dann selbst bestraft. Das war total krank.
Jetzt weiß ich, dass Auf und Abs normal sind, und bei niemandem läuft alles glatt. Früher hab ich dann gedacht, war ja klar, dass mir das wieder passiert etc.... gute Phasen versuche ich zu genießen und schlechte Phasen versuche ich anzunehmen als zum Leben dazugehörig. Diesen Bestrafungsgedanken los zu werden war sehr schwer und geschah erst, als ich mich wohlwollender sehen konnte. Und akzeptiert hatte, dass ich Ecken und Kanten habe. Die mich aber nicht zu einem schlechten Menschen machen, der eine Bestrafung verdient.

LG Senif :hello:
Love-is-all-around
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Love-is-all-around »

Hallo ihr Lieben,

ich kenne das Gefühl. Das Verhältnis der Frauen in unserer Familie zueinander ist auch schwierig. Ich hätte mir früher manchmal eine Entschuldigung gewünscht. Die Einsicht, dass das eigene Verhalten falsch ist und dies nach außen hin zu kommunizieren, ist für viele Menschen sehr schwer. Das erfordert innere Arbeit und Stärke. Früher galt bei vielen Eltern der Grundsatz, dass es gegenüber den eigenen Kindern keine falschen Entscheidungen gibt ... und selbst wenn doch ... dann würde man das niemals zugeben, um nicht schwach zu wirken.

Jeder Mensch hat gleichermaßen Gutes verdient. Ich habe aufgehört, andere Menschen für Besseres zu beneiden und für Schlechteres zu verurteilen. Ich versuche andere Personen zu verstehen und für ihre Schwächen Mitgefühl aufzubringen. Ich übe mich im Akzeptieren, Loslassen und Verzeihen (NICHT Entschuldigen). Bei dieser inneren Arbeit brauchst du die andere Person nicht mehr. Es geht vielmehr darum, dir selbst klarzumachen, was genau dich verletzt hat, welche unangenehmen Gefühle es in dir auslöst und zu begreifen, dass du nun erwachsen bist und dich gegenüber deinen Mitmenschen anders verhalten kannst.

Die Zweifel, dass es mir zu gut gehen könnte, führen bei mir zu völlig unbegründeten Ängsten und Selbstsabbotage in engen Beziehungen. Es fällt schwer zu erkennen, dass ich die Probleme selbst schaffe. Jeder Mensch, dem klar ist, dass er nicht nur ein den äußeren Umständen ausgeliefertes Opfer ist, hat in der Verhaltenstherapie schon große Fortschritte gemacht. Sicherheit gibt es leider nicht. Ich versuche daher mich in mir selbst zu verankern, z.B. durch Meditation, Yoga, Achtsamkeitsübungen. Die einzige Möglichkeit diese Zweifel zu besiegen besteht darin, am Selbstwert und der Selbstliebe zu arbeiten. Das ist für Menschen, die sich nicht gut genug fühlen und das Beste verdient haben, eine große Herausforderung.

Herzliche Grüße
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
Senif
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Senif »

Hallo Love-is-all-around,

was das Gefühl "Opfer der Umstände" angeht gebe ich dir Recht. Ich hab in meiner Depression immer das Gefühl gehabt, nichts ändern zu können und dachte, ich werde nie wieder gesund. Ein sehr gefährlicher Gedanke. Seit ich mit mir selbst wohlwollender umgehe, kann ich auch mit anderen nachsichtig umgehen. Allerdings gibt es Grenzen und es ist genauso wichtig seine Grenzen wahrzunehmen und notfalls auch zu verteidigen.
Ich hatte drogenabhängige "Freunde", die mich über den Tisch gezogen haben, gelogen, betrogen und am Ende bei der eigenen Mutter, die die so oft finanziell gerettet hat, noch Geld geklaut in einer Höhe, dass ich echt mit den Ohren geschlackert habe. Hier war bei mir absolut eine rote Linie überschritten. Das meine ich mit Grenzen. Und es war für mich ein Lernprozess, die Grenzen zu wahren. Ich habe mich auch über den Tisch ziehen lassen, weil ich immer Mitleid hatte und auch dachte, ich wäre schlecht, wenn ich nicht helfen würde. Es lag quasi an meinem eigenen Selbstwertgefühl. Ich habe denen unmissverständlich klar gemacht, dass an dieser Stelle die Freundschaft beendet ist. Und dann war ich halt noch die Böse und sie das Opfer meines schlechten Charakters. So was muss ich nicht mehr haben. Selbstschutz ist auch ganz wichtig und geht einher mit der Wahrung der eigenen Grenzen.

LG Senif
Love-is-all-around
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Love-is-all-around »

Hallo Senif,

in dem Punkt hast du vollkommen Recht. Die eigenen Grenzen zu ziehen und auch zu verteidigen ist wichtig.

Für mich bedeutet Verzeihen eher etwas, was mich selbst betrifft. Man kann es wahrscheinlich besser als "inneren Frieden" bezeichnen. Gerade wenn so etwas passiert wie es dir geschehen ist, dann ist es wichtig, dass du dir keine Selbstvorwürfe machst, nicht mehr überlegst was du anders/besser hättest machen können, nicht mehr erwartest, dass die anderen ihre Fehler einsehen und sich bei dir entschuldigen. Es ist völlig in Ordnung, wenn du zu diesen "Freunden" den Kontakt abgebrochen hast, weil sie dir nicht gut tun.

Liebe Grüße
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
Maxegon
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Maxegon »

Luna1959 hat geschrieben: 30. Okt 2023, 18:37
Ich schrieb ihr gestern eine Nachricht, dann noch ein SMS und heute früh rief ich an. Keine Reaktion, und ich fühlte mich beunruhigt.
Plötzlich wurde mir klar, dass ich wohl eine „Bestrafung“ erwarte.
Hallo Luna.

Ja, das ist schon "krank", wenn man andere für seine Gedanken verantwortlich macht.

... man nimmt an und wirft es dann dem anderen vor und glaubt, der Andere würde einen missachten oder gar bestrafen wollen.

Im Zeitalter der "jeder-Zeit-vefügbar" sein zu müssen/können, ein weitverbreitetes Phänomen.

Früher, im Postkarten-Zeitalter, war man noch viel gelassener.
Da freute man sich, wenn überhaupt eine Reaktion kam, auch nach Tagen oder Wochen.
Oder wenn man die Person überhaupt (!) wiedersah/ sprechen konnte.

Wird unsere Erwartung nicht erfüllt, glauben wir, wir würden bestraft, missachtet, nicht wichtig oder gar:
nichts wert.

Man fühlt sich beunruhigt! = man wirft vor, vielleicht unbewusst, unabsichtlich, ... eine "böse" Abschicht wird zum Vorsatz, wird angenommen.
Zuletzt geändert von Maxegon am 31. Okt 2023, 12:11, insgesamt 1-mal geändert.
Maxegon
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Maxegon »

anna_lyle hat geschrieben: 31. Okt 2023, 06:58 hörte ich oft den Satz: "Dir geht's wohl zu gut!"
Auch ich hörte diesen Satz sehr oft. :mrgreen:
Immer wenn der Übermut mit mir durchging und ich begann zu nerven.
Aus Sicht der, die das sagten, völlig verständlich.
Aber wollte ich das hören?
Sah ich ein, dass ich gerade nervte, ggf. auch störte??

Nein, ich wollte Aufmerksamkeit und empfand es als Zurückweisung.
Ich kam gar nicht auf die Idee, dass die anderen Recht haben könnten.

Mit der Zeit lernte ich, auch die Befindlichkeiten anderer Menschen zu respektieren. Manchmal tat das sehr weh, doch ich begriff, das sich eben nicht immer alles sich um mich dreht.
Ich nicht der Mittelpunkt der Welt bin.
Ich akzeptierte auch andere "Mittelpunkte" in denen ich nicht vorkam.
Ein Lernprozess, ein nötiger.
Luna1959
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Luna1959 »

Hallo Maxegon,

Hallo Luna.
Ja, das ist schon "krank", wenn man andere für seine Gedanken verantwortlich macht.


Da hast du meinen Beitrag gründlich missverstanden. Nachdem es die anderen verstanden habe, dürfte ich schon richtig formuliert haben.
Ich habe meiner Tochter nicht vorgeworfen, nicht erreichbar zu sein. Im Gegenteil, ich finde es super, dass sie immer mal komplett offline geht.
Die Vernunft empfiehlt immer das, was andere gerne möchten.
Maxegon
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Maxegon »

Luna1959 hat geschrieben: 31. Okt 2023, 12:31
Da hast du meinen Beitrag gründlich missverstanden.
Das mag wohl sein, dass ich dieses Wort "Bestrafung" völlig anders gewichte, setzt es doch ein Handeln oder ein Ereignis voraus oder, vielleicht auch (?), eine (Fehl-)Interpetation des sebigen.

Wenn ich es ein schlechtes Gewissen nennen würde oder eine Ahnung/Vermutung, würde ich mich sofort fragen: woher rührt diese?

Wenn ich mich nicht immer, um meine kranke Mutter kümmern konnte und sie dann starb, kommt mir schon oft der Gedanke, ich hätte viel mehr tun können ... da rührt sich schon manchmal ein Vorwurf in mir - aber Bestrafung?
Durch mich selbst? Meine Gedanken?

Bestrafungen singnalisiert mir ein Fehlverhalten, ich bin schuldig, ich mache etwas verkehrt.
Das wiederum betrübt mich.
Erwarte ich zu viel oder schnitze ich mir die Welt so, das es für mich passt?
Bekomme ich keine Aufmerksamkeit ... werde ich bestraft?
Maxegon
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Maxegon »

Luna1959 hat geschrieben: 30. Okt 2023, 18:37 Keine Reaktion, und ich fühlte mich beunruhigt.

Plötzlich wurde mir klar, dass ich wohl eine „Bestrafung“ erwarte.
Mit dieser Annahme beginnt doch deine Aussage.

Da frage ich mich, als Normalbürger, natürlich: Bestrafung, für was, warum?
Bibutz
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Bibutz »

Ja, das ist schon "krank", wenn man andere für seine Gedanken verantwortlich macht.

... man nimmt an und wirft es dann dem anderen vor und glaubt, der Andere würde einen missachten oder gar bestrafen wollen.


Man kann es aber auch anders sehen. Die Empfindung ist nicht, ich werde von anderen Menschen bestraft sondern eher vom Leben, Schicksal, Gott oder wie auch immer es bezeichnen möchte. Mit anderen Worten: „Warum habe ich schon wieder das Pech, dass dieses oder jenes passiert“

Manchmal habe ich, so verrückt es auch ist, das Gefühl ich habe im letzten Leben wohl soviel misst gebaut, dass ich in diesem dafür gebeutelt werde. Oder ich habe einfach eine große Anziehungskraft für Pech….

Das kann sich wie Bestrafung anfühlen ohne einen anderen Menschen dafür verantwortlich zu machen.
Maxegon
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Maxegon »

Bibutz hat geschrieben: 31. Okt 2023, 14:24 Die Empfindung ist nicht, ich werde von anderen Menschen bestraft sondern eher vom Leben, Schicksal, Gott ...
Wenn überhaupt jemand "straft", sind doch nur wir es.

Ich weiß doch, dass das Leben nicht immer gerecht ist, ich weiß doch, das man immer am Ergebnis gemessen wird und nicht an dem was man wollte oder gern hätte.

Ich weiß doch, dass der Mensch eben nicht edel, hilfreich und gut ist und nicht alles in Liebe geschieht.

Spätestens in der Pubertät bekomme ich doch mit, wie der Hase läuft, viele auch viel später.
Ich muss mich doch anpassen, ob ich will oder nicht.

Und gelingt es nicht mit Vernunft und Verständnis, muss ich eben auch trixen oder versuchen Überzeugungsarbeit zu leisten, manchmal hilft auch täuschen, manche lügen und betrügen ... so gut, dass es niemand bemerkt.

Wie ich "den Frieden", die Toleranz, das Verständnis erreiche, spielt doch am Ende (!) keine Rolle.
Mit Vorwürfen, Beschuldigungen, Zurechtweisungen oder gar mit Bestrafungen, hat man bestimmt sehr schlechte Karten, auch Vorhaltungen eignen sich nicht besonders gut. Sich immer anbiedern, wird auch nicht gerade belohnt.

Da muss ich doch bei mir beginnen.
Mich notfalls auch durchwurschteln, auch wenn es weh tut.
Bibutz
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Bibutz »

Maxegon hat geschrieben: 31. Okt 2023, 14:53
Bibutz hat geschrieben: 31. Okt 2023, 14:24 Die Empfindung ist nicht, ich werde von anderen Menschen bestraft sondern eher vom Leben, Schicksal, Gott ...
Wenn überhaupt jemand "straft", sind doch nur wir es.

Ich weiß doch, dass das Leben nicht immer gerecht ist, ich weiß doch, das man immer am Ergebnis gemessen wird und nicht an dem was man wollte oder gern hätte.

Ich weiß doch, dass der Mensch eben nicht edel, hilfreich und gut ist und nicht alles in Liebe geschieht.

Spätestens in der Pubertät bekomme ich doch mit, wie der Hase läuft, viele auch viel später.
Ich muss mich doch anpassen, ob ich will oder nicht.

Und gelingt es nicht mit Vernunft und Verständnis, muss ich eben auch trixen oder versuchen Überzeugungsarbeit zu leisten, manchmal hilft auch täuschen, manche lügen und betrügen ... so gut, dass es niemand bemerkt.

Wie ich "den Frieden", die Toleranz, das Verständnis erreiche, spielt doch am Ende (!) keine Rolle.
Mit Vorwürfen, Beschuldigungen, Zurechtweisungen oder gar mit Bestrafungen, hat man bestimmt sehr schlechte Karten, auch Vorhaltungen eignen sich nicht besonders gut. Sich immer anbiedern, wird auch nicht gerade belohnt.

Da muss ich doch bei mir beginnen.
Mich notfalls auch durchwurschteln, auch wenn es weh tut.
Wenn du bis fast zur Volljährigkeit zu Hause eingesperrt lebst und nirgends dabei sein darfst. Bekommst du nicht in der Pubertät mit, wie der Hase läuft. Das musst du dann als Erwachsener mühsam herausfinden.
Wenn du dann endlich tolle Freunde hast, die dir zuhören, dich dazu bringen eine Therapie zu machen und ins leben einzusteigen und die dir dann unter der Hand auf einmal erkranken und in kürzester Zeit wegsterben, dann fühlt man sich durchaus vom Leben bestraft. Weil man machtlos dabei zusehen muss.
Dann hat man auch Angst sich wieder ins leben zu stürzen. Und leider ist es in der heutigen Gesellschaft sehr schwer solche Menschen zu finden. Die meisten in meinem Alter sind zudem Verheiratet und haben Kinder, da sind die Interessen ganz andere…
Klar wurschtelt man sich irgendwie durch, aber es wird jedes mal schwieriger.
Senif
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Senif »

Ich glaube niemand hat hier gesagt, dass andere Schuld wären. Dass man bei sich anfangen muss, war doch Luna klar, Maxegon.

Wenn du im Leben tricksen musst, um Aufmerksamkeit zu bekommen oder um deine Ziele zu erreichen, dann ist das dein Problem. Nicht das der anderen. Du bekommst dann aber auch keine "echte" Aufmerksamkeit. Aber am Ende entscheidest du selbst, wie du sein möchtest.
Und ich entscheide, mit wem ich Kontakt haben möchte. Und dazu gehören auf keinen Fall Menschen, die überall tricksen, betrügen und belügen und dann ihre "Freunde" finanziell und emotional über den Tisch ziehen.
Maxegon
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Maxegon »

Hallo Senif,
trixen, lügen und betrügen ... stimmt, sehr drastisch ausgedrückt.
Freundlicher: trixen, schummeln und die Wahrheit verheimlichen - jemanden nicht vor den Kopfschlagen ... mit List, jedoch ohne Tücke zum Erfolg führen.
Nicht immer auf Vernunft setzen, Verständnis "erzwingen" wollen = der Zweck heiligt die Mittel.

Wer schon mal mit Kindern zu tun hatte, weiß was ich meine.
Alle anderen können gern, am Übel festhalten, mal sehen, wie weit sie damit kommen. :?

Am Ende entscheide ich, ob mein Handeln, Begegnungen von Erfolg gekrönt ist, ohne jemand über der Tisch ziehen zu wollen.

Ich kann natürlich auch immer vom Schlimmsten ausgehen, anderen dieses auch unterstellen, klare Genzen ziehen, nichts durchgehen lassen und immer auf meiner Position beharren.
Immer für mich selbst sorgen, mir was gutes tun und sehr achtsam sein, ... das klingt schon fast wie ein Garant für das Alleinesein. Besser kann man sich nicht bestrafen.
Zuletzt geändert von Maxegon am 31. Okt 2023, 18:13, insgesamt 2-mal geändert.
Maxegon
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Maxegon »

Bibutz hat geschrieben: 31. Okt 2023, 15:23 Klar wurschtelt man sich irgendwie durch, aber es wird jedes mal schwieriger.
Hallo Bibutz,

wenn man nichts verändert, wird es bestimmt nicht einfacher.
Zumal man ja auch älter, meist intoleranter bzw. abgeklärter/desillusionierter oder verkrampfter wird.

Vielleicht sollten wir uns öfter an der Unbeschwertheit der Kinder ortientieren?
Senif
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Senif »

Jeder hat Grenzen - bei mir ist es wie oben beschrieben bei sog. "Freunden", die keine sind. Ich würde auch keinen Kontakt zu Mördern, Räubern, Dieben haben wollen. Ja, da habe ich persönlich Grenzen. Wenn du sie nicht hast, ist das ja ok für dich.
Ich habe auch eine Grenze, wenn ich manipuliert werden soll, damit irgendetwas in ihrem Sinne läuft und mir schadet.
Dafür ist dann die Chance groß, Menschen um mich zu haben, die es ehrlich meinen und mir nicht schaden wollen. Das ist das Gegenteil von allein sein, das ist die Voraussetzung dafür dass ich auch innerlich gut in Kontakt mit netten Menschen sein kann, und damit verbunden und alles andere als einsam.
Bibutz
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Bibutz »

Maxegon hat geschrieben: 31. Okt 2023, 17:59
Bibutz hat geschrieben: 31. Okt 2023, 15:23 Klar wurschtelt man sich irgendwie durch, aber es wird jedes mal schwieriger.
Hallo Bibutz,

wenn man nichts verändert, wird es bestimmt nicht einfacher.
Zumal man ja auch älter, meist intoleranter bzw. abgeklärter/desillusionierter oder verkrampfter wird.

Vielleicht sollten wir uns öfter an der Unbeschwertheit der Kinder ortientieren?
Würde ich mich nicht permanent verändern und weiterentwickeln, gebe es mich schon lange nicht mehr. Sofern gebe ich dir recht.
Wie schon gesagt, ich kenne keine unbeschwerte Kindheit und habe daher keine Kinder, also erzähl mir doch bitte woran ich mich erinnern soll…
Film und Fernsehen sind für mich nicht nachvollziehbar
Luna1959
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Luna1959 »

Danke euch für eure vielen Beiträge zu diesem Thema.

Als ich außerehelich geboren wurde, kam es danach bald mal zur Scheidung zwischen meiner Mutter und ihrem Mann. Deren beiden Söhne, also meine Halbbrüder verloren ihren Stiefvater. Dann ging's weiter in die Richtung als schuldbeladenes Kind, nur aufgrund meiner Existenz. Ich wuchs ziemlich isoliert auf. Als ich 11 3/4 Jahre alt war, hatte mein behinderter Bruder einen 2. Unfall. Es war ein sonniger Tag, die Schule endete um kurz vor 11.00 Uhr und ich freute mich auf den Film im Vormittagsprogramm für Schichtarbeiter: Don Camillo und Pepone. Meine Mutter meinte, ich solle meinem Bruder mit dem Fahrrad entgegenfahren, aber ich wollte nicht und setzte mich durch (was selten möglich war). Er verunfallte und starb am nächsten Tag. Das war für uns alle ein Riesenschock. Da meine Mutter völlig abstürzte und mein älterer Bruder sich möglichst abseilte (er war schon 16 Jahre alt), war ich wie üblich völlig allein, sowohl mit meiner Trauer, als auch meinen Schuldgefühlen.

Letztendlich ging's immer um die Frage, wie sehr darf ich auf mich und meine Bedürfnisse schauen? Wie sehr darf es mir gutgehen, ich es mir gutgehen lassen? Oder werde ich dann eben bestraft. Dazu kommt, dass ich in einem sehr katholischen Haushalt aufwuchs, wo Gott alles sieht und Mutter selbst depressiv war. Damals war es auch noch so, dass Gott durchaus auch ein strafender war.

Spannend war gestern eben für mich, dass ich den Zusammenhang aufgrund der Nichterreichbarkeit meiner Tochter mit dem früheren, "alten" Wahrnehmen und Erleben so klar spürte, ohne dass es mich runter zog. Meine Besorgtheit blieb somit gemäßigt.

Danke fürs Lesen Luna
Die Vernunft empfiehlt immer das, was andere gerne möchten.
Maxegon
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Maxegon »

Maxegon hat geschrieben: 31. Okt 2023, 17:48 ... trixen, schummeln und die Wahrheit verheimlichen - jemanden nicht vor den Kopfschlagen ... mit List, jedoch ohne Tücke zum Erfolg führen.
Nicht immer auf Vernunft setzen, Verständnis "erzwingen" wollen = der Zweck heiligt die Mittel.

Wer schon mal mit Kindern zu tun hatte, weiß was ich meine.
Alle anderen können gern, am Übel festhalten, mal sehen, wie weit sie damit kommen. :?
@Senif, du entgegnest: " ... Mörder, Diebe, Räuber ..."

Es scheint, mich verständlich auszudrücken, schlug hier fehl.
DieNeue
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von DieNeue »

Hallo Luna,

finde das spannend, was du schreibst. Irgendwie ist das Leben immer so ein Auf und Ab. Wenn länger nichts schlimmes passiert ist, wundere ich mich manchmal schon und hoffe, dass nicht doch bald wieder irgendwas ist.
Das mit Bestrafung in Zusammenhang zu bringen, darauf bin ich aber noch nicht gekommen. Aber so wie du deinen Hintergrund beschreibst, ist der Gedankengang schon nachvollziehbar.
Allerdings wäre es schon echt fies von Gott, wenn er, um DICH zu bestrafen deinen Bruder umbringt oder deiner Tochter was zustoßen lassen würde, oder? Das wäre schon ein ganz schön großer Kollateralschaden für eine Bestrafung, finde ich. Vielleicht hilft dir der Gedanke ein bisschen zu sehen, dass es eigentlich keine Bestrafung sein kann.
Eigentlich trifft dich auch nicht wirklich eine Schuld am Tod deines Bruders. Du warst da noch ein Kind! Wenn man deinem Bruder nicht zutraut, das alleine zu schaffen, muss man sich als Eltern kümmern, dass er gut heimkommt, und nicht die Verantwortung auf ein 11-jähriges Mädchen abwälzen.
Und dass du als uneheliches Kind geboren wurdest, da bist du wirklich die letzte, die etwas dafür kann.

Ich finds übrigens gut, dass du wegen dem Kamin angerufen hast. Kohlenmonoxid ist wirklich gefährlich. Hatte da auch mal einen Vorfall mit der Gasheizung in meiner Wohnung, der nur sehr knapp glimpflich ausging.

Liebe Grüße,
DieNeue
Senif
Beiträge: 1259
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Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Senif »

Maxegon hat geschrieben: 31. Okt 2023, 19:03
Maxegon hat geschrieben: 31. Okt 2023, 17:48 ... trixen, schummeln und die Wahrheit verheimlichen - jemanden nicht vor den Kopfschlagen ... mit List, jedoch ohne Tücke zum Erfolg führen.
Nicht immer auf Vernunft setzen, Verständnis "erzwingen" wollen = der Zweck heiligt die Mittel.

Wer schon mal mit Kindern zu tun hatte, weiß was ich meine.
Alle anderen können gern, am Übel festhalten, mal sehen, wie weit sie damit kommen. :?
@Senif, du entgegnest: " ... Mörder, Diebe, Räuber ..."

Es scheint, mich verständlich auszudrücken, schlug hier fehl.
Ich hab dich schon verstanden. Aber ich möchte nicht überlistet werden. Das ist für mich manipulativ und kein authentisches Gegenüber.
Senif
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Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Angst vor Bestrafung

Beitrag von Senif »

Hallo Luna,

tut mir sehr, was dir passiert ist. Ich sehe es wie dieNeue. Du warst 11 Jahre alt und nicht du verantwortlich, sondern die Eltern.

:hello: Senif
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