Frische Liebe

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elisa99
Beiträge: 2
Registriert: 28. Okt 2023, 06:51

Frische Liebe

Beitrag von elisa99 »

Hallo zusammen :)
Das wird wohl ein längerer Text, aber ich möchte ein umfassendes Bild von der Situation geben und erhoffe mir, dass mir vielleicht irgendjemand mit ähnlichen Erfahrungen helfen kann.
Also ich bin Februar dieses Jahr mit meinem Freund zusammen gekommen, das heisst wir sind jetzt erst 8 Monate zusammen. Anfangs war es unglaublich toll, er sprach schon extrem schnell von zusammenziehen, er hätt die Frau fürs Leben gefunden und er hat wirklich sehr viel Liebe gezeigt. Ich ihm auch, denn ich bin sowieso ein Mensch der sein Herz auf der Zunge trägt.
Nun im Sommer nahm es aber immer mehr ab. Es fing an, damit, dass er mir nicht mehr so oft sagte, dass er mich liebt, keine Komplimente mehr machte. Ich dachte erst, oke vielleicht ist die „Verliebtheitsphase“ vorbei. Dann fragte er nicht einmal mehr nach Treffen, es kam von mir aus. Und wenn ich von den Ferien, die er unbedingt mit mir machen wollte, sprach, blockte er immer ab. Auch wenn ich vom Zusammenziehen sprach, wurde er plötzlich abweisender, obwohl ja alles von ihm aus kam.
Ein paar Monate dachte ich wirklich einfach, er hätte sein Interesse an mir verloren. Schliesslich waren wir ja auch noch nicht soo lange zusammen und so gesehen kennen wir uns noch lange nicht in und auswendig.
Erst mit der Zeit merkte ich, dass er nicht nur mir gegenüber so ist. Er wurde auch seiner Familie gegenüber abweisender. Und sein Leistungssport, mit dem er Geld verdient, und was bisher eigentlich seine grosse Leidenschaft war, selbst das machte ihm keinen Spass mehr und es wurde immer mehr zur Qual für ihn ins Training oder an Spiele zu gehen.
Ich habe so oft versucht aus ihm herauszubekommen, was los ist, seil ich es ja sehr bemerkte. Aber das endete immer in einem Streit.
Bis er nun vor zwei Wochen endlich aussprechen konnte, dass er immer tiefer in eine Depression fällt. Er merkt, dass er antriebslos ist, keine Freude empfindet, ihm auch oft einfach alls egal ist. Er kann nicht schlafen, weil so viele Gedanken bei ihm herumschwirren, er ist gereizt, wird schneller wütend. Und er sieht in Nichts einen Sinn mehr.
Auf meinen Druck hat er nun auch endlich einen Termin bei einer Psychologin gemacht. Er hat aber grosse Angst, sich mit seinen Gefühlen auseinanderzusetzen.
Und ich bin zB genau das Gegenteil. Ich setze mich sehr oft mit meinen Gefühlen auseinander und kann sie auch sehr gut kommunizieren. Er meint, das findet er schön, weil es ihm einerseits hilft, andererseits setzt es ihn nur mehr unter Druck, zu sehen, dass ich das kann.

Nun weiss ich immerhin, dass es nicht an mir liegt, aber ich tu mich noch schwer, die Situation so zu akzeptieren, wie sie ist. Dass ich zB keine Nähe erwarten kann. Dass er nie von sich aus nach einem Treffen fragt. Dass er mir nicht sagt, dass er mich liebt. Und dass er immer wieder seinen Frust an mir auslässt.

Kurze Zwischensituation noch, die ich erzählen möchte. Da er mit seiner Schwester zusammen wohnt in einer WG, und er mir auch gesagt hat, er hätte es ihr nun auch erzählt, was bei ihm so abgeht, dachte ich, ich könne mich auch mal mit ihr zusammen setzen. Meine Familie sagt mir nämlich immer wieder, dass er mir so nicht gut tut. Und ich wollte mal mit jemandem reden, der von seiner Seite kommt. Ich verstand mich auch immer gut mit ihr und dachte es betrifft sie ja auch, wie er momentan gerade ist.
Ich habe ihr geschrieben, ob sie einen Kaffee trinken möchte und über ihren Bruder sprechen. Das Ganze ging aber sooo nach hinten los. Ich wollte ihm erst nichts davon sagen, da ich nicht wollte, dass er sich fühlt als wäre er „ein Problem, dass ich lösen möchte“ mit seiner Schwester. Und was macht die Schwester. Statt mir zu antworten, ist sie ein paar Tage nach meiner Nachricht zu ihm und sagte ihm, sie ist schockiert, weil ich ihr so hinter seinem Rücken geschrieben habe.
Beide waren sehr „wütend“ als hätte ich etwas Schreckliches getan. Dabei wollte ich das machen, weil er mir ja wichtig ist und ich ihn unterstützen möchte…
Und so ladet er und nun auch seine Schwester einfach alles wieder auf mir ab. Als wäre ich das alleinige Problem. Ich habe mit ihm schon darüber geredet und es „geklärt“ aber das war nun wieder so eine Situation, nach der ich soo enttäuscht bin und mich frage, was ich eigentlich noch mit ihm mache. Ich bekomme ja nichts. Keine Dankbarkeit, dass ich alles versuche, dass ich ihm zuhöre, was auch immer. Sondern nur Frust.

Kann ich überhaupt lernen damit umzugehen? Kann das eine 8-Monatige Beziehung überhaupt aushalten? Und wie kann ich lernen damit umzugehen? Und wie stille ich meine Bedürfnisse wie zB Nähe trotzdem?
halo1621
Beiträge: 19
Registriert: 15. Sep 2023, 19:26

Re: Frische Liebe

Beitrag von halo1621 »

Hallo und willkommen,

ich verstehe, dass du ihm helfen und an der Beziehung festhalten möchtest. Leider kann dir keiner sagen, was du machen sollst, das kannst nur du alleine entscheiden.

Dir muss klar sein, dass wenn ihr zusammen bleibt, deine Bedürfnisse des Öfteren nicht befriedigt werden, er abweisend und gemein ist. Selbst mit Medikamenten und Therapie (wenn er sie denn auch durchzieht) dauert es und ist nicht sicher, ob das überhaupt jemals (wieder) normal wird. Es kann auch darin enden, dass es ein ständiges auf und ab wird.

Ich an deiner Stelle würde rennen so schnell mich meine Beine tragen. Ihr seid erst 8 Monate zusammen, willst du evtl dein ganzes Leben so verbringen? Denk an dich, was du möchtest. Verlieben kannst du dich auch in jemand anderen und das aufgeben einer Beziehung tut immer weh, aber denk an dich.

Ich kämpfe seit 10 Jahren mit meinem Mann, er hat sich jetzt zum zweiten mal getrennt, wir haben Kinder, ein Haus, ich musste oft alles alleine stemmen, ohne, dass mir jemand zu hört oder etwas nettes zu mir sagt. Klar gibt es auch die guten Phasen. Man muss für sich entscheiden, ob man so eine Beziehung führen möchte.

Alles Gute für dich
Urlaubsreif
Beiträge: 10
Registriert: 23. Okt 2023, 20:23

Re: Frische Liebe

Beitrag von Urlaubsreif »

Liebe Elisa
es gibt leider keine "Standard-Lösung" oder einen "Standard-Weg" den ich dir raten kann. Dazu bin ich auch noch zu "neu". Ich bin in einer ähnlichen Situation, was das Thema Depression bei meinem Partner angeht und ich lerne gerade sehr sehr geduldig zu sein und Abstand zu halten. Für mich ist die Situation sehr neu, wir sind schon seit ca. 15 Jahren zusammen, und sein ganzes Leben hat er schon die Depression aber bis vor 5 Wochen hat er niemandem davon erzählt. Seither leben wir in einem richtigen auf und ab, und die Tiefs der letzten Wochen waren ganz ganz tief... Die letzten Wochen waren leider der Horror und unendlich anstrengend. Ich habe in den letzten Tagen nun verstanden, umso mehr ich mache, um sozusagen zu "helfen" oder über die Krankheit bei ihm mehr zu erfahren, umso mehr geht der Schuss nach hinten los. Ich würde ihn manchmal gerne schütteln und fragen was los ist, wenn er sich mir ggü. mal wieder verschließt, mich ignoriert oder anraunzt aber ich versuche mich zusammenzureißen. Wir Angehörige müssen auch an uns denken, uns schützen, Me-Time einbauen und Zeit für uns nehmen, auch mal was schönes machen, bevor uns die Kraft ausgeht mit diesem ständigen Gefühls-Hin und Her. Ich will meinem Partner helfen und helfen bedeutet in dem Fall momentan, dass ich von nun an erst mal zurückstecken werde und mich zurückhalte, was mir schwer fällt. Ich bin wie du, ich bin offen, ich bin emotional, ich trage mein Herz auf der Zunge. Momentan bin ich nicht allein aber einsam. Mir fehlt die Normalität, die Nähe und die Geborgenheit und ich hoffe natürlich, dass es irgendwann wieder besser wird.

@halo1621, deine Worte lassen es mir kalt den Rücken runterfahren. Für mich ist jetzt schon schwer zu akzeptieren, dass diejenigen die eingeweiht sind oder er selbst, nicht mal fragen wie es mir eigentlich geht oder mir mal was nettes sagen, weil er ist ja schließlich der Kranke und nicht ich... Aber ich bin auch jemand, und ich habe auch Gefühle und möchte, dass sich jemand um mich kümmert.

Ich wünsche euch beiden alles Gute! Wir sind nicht allein, das hilft mir momentan zu wissen (und gleichzeitig wünsche ich niemandem in dieser Situation zu sein).
DieNeue
Beiträge: 5339
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Frische Liebe

Beitrag von DieNeue »

Hallo urlaubsreif,

das hört sich ja sehr turbulent an bei dir. Lass dich aber bitte nicht verunsichern. Hier im Forum werden so viele Geschichten erzählt, die schlecht ausgingen. Aber es gibt auch andere Geschichten. Mein Vater hat auch Depressionen und meine Eltern kommen miteinander zurecht.
Es ist für keine Seite einfach und jeder muss lernen damit umzugehen.
Dass man als Betroffener die Angehörigen in der Akutphase kaum noch wahrnimmt und auch nicht so merkt, wie man nach außen hin manchmal rüberkommt, ist leider so. Von daher ist nicht zu erwarten, dass ein Betroffener einfach mal von selber danach fragt, wie es einem geht. Das würde man von jemandem, der gerade am Ertrinken ist, auch nicht erwarten können. Aber das kann sich wieder bessern, durch Medikamente, durch Therapie, wenn es dem Betroffenen wieder besser geht. Bei mir selber (ich habe auch Depressionen) hat ein Medikament da sehr geholfen.
Depressionen sind nicht leicht zu verstehen, auch für den Betroffenen nicht. Deshalb ist es oft auch schwer zu erklären, was in einem vor sich geht. Man hat manchmal so viele Gedanken auf einmal im Kopf und gleichzeitig ist es so anstrengend, diese Gedanken zu sortieren. Und wenn dann noch jemand kommt und wissen will, was los ist, ist man überfordert. Dadurch reagiert man dann gereizt, genervt oder macht dicht.
Wenn es einem besser geht, kann man sich auch, wenn man bereit ist, an sich zu arbeiten, auch mal die "Gegenseite" anhören und sein Verhalten versuchen zu ändern. Das ist hart und schwierig, aber manchmal ist es ja schon ein Schritt überhaupt zu merken, dass man gerade unfreundlich war und sich dafür zu entschuldigen.

Ich denke, Außenstehende überreissen nicht ganz, was es bedeutet Angehörige von jemandem mit dieser Krankheit zu sein. Ich weiß nicht, was man da machen kann, aber vielleicht ist es auch gut, einfach mal zu erzählen, wie das für einen ist.
Also gar nicht so darauf warten, dass Außenstehende da von selber draufkommen. Wenn natürlich gleich kommt, dass du nicht jammern sollst, weil du nicht die Kranke bist, sondern er, dann spricht das für ziemlich ignorante Menschen. Da würde ich nach anderen Gesprächspartnern schauen. Manchmal sind das auch Leute, von denen man es nicht erwartet hätte. Vielleicht würde dir ja eine Selbsthilfegruppe für Angehörige helfen? Oder eine Kur, um mal Abstand zu kriegen?

Wie kam es denn dazu, dass dein Mann schon so lange Depressionen hat, aber erst jetzt darüber spricht? Ist das gar nicht aufgefallen?

Liebe Grüße,
DieNeue
Empathie58
Beiträge: 266
Registriert: 23. Okt 2017, 21:48

Re: Frische Liebe

Beitrag von Empathie58 »

@elisa
@halo
@Urlaubsreif

Hallo zusammen,

die Schwierigkeiten beim Umgang mit Euren von Depressionen betroffenen Partnern kann ich gut nachvollziehen, weil ich mit meiner ersten Ehefrau ähnliche Erfahrungen gemacht habe.

Neben der erschreckenden Persönlichkeitsveränderung des geliebten Menschen hat mich damals besonders belastet, mit keinem Außenstehenden darüber vertrauensvoll sprechen zu können.

Von daher finde ich es wichtig, dass Ihr Menschen habt oder sucht, die Euch in dieser Situation Unterstützung geben können, seien es Verwandte, Freunde oder, wie schon von DieNeue angeregt, eine Selbsthilfegruppe für Angehörige. So etwas hätte mir seinerzeit sehr geholfen, weil ich mich dann nicht so allein gefühlt hätte.

Liebe Grüße
Empathie58
Bittermandel
Beiträge: 2270
Registriert: 10. Apr 2021, 09:32

Re: Frische Liebe

Beitrag von Bittermandel »

Hallo Urlaubsreif

Ich würde das mit einer längerfristigen Beziehung sehr überdenken. Schließlich wollen zwei Menschen ihr Leben gemeinsam gestalten. Und so wie es sich liest wird das eventuell sehr schwierig. Und du wirst oft und vielleicht noch öfter ganz alleine da stehen. Ich würde auch die Familie da raus halten weil sie dir wie schon geschehen in den Rücken fallen. Ich würde mir das ganze wirklich gut überlegen.

Liebe Grüße Bittermandel
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