Stimmungswechsel und Impulsivität

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Flow2023
Beiträge: 3
Registriert: 19. Okt 2023, 20:29

Stimmungswechsel und Impulsivität

Beitrag von Flow2023 »

Hallo an alle, die mitlesen!
Mein Mann hat seit diesem Sommer die Diagnose Depression und Burnout erhalten.
Eine Depression habe ich mir so vorgestellt, dass Erkrankte sehr ruhig sind, sehr passiv, wenig reden, unglücklich und eben traurig sind.
Mein Mann hat starke Stimmungswechsel, dann wirkt er tw. künstlich fröhlich, redet dann viel über alles Mögliche, dann wieder sitzt er stumpf vor seinem Handy, wirkt unzufrieden, beschwert sich über alles Mögliche. Dann hat er Phasen, in denen er nach längerer Abstinenz Alkohol trinkt, diesen übrigens absolut nicht verträgt und dann einfach ungerecht und fies ist. Dann hat er Rachegedanken und vergleicht mich mit seiner Exfrau (was ich absolut nicht verstehen kann) und empfindet unseren jüngsten Sohn (nur er lebt noch bei uns, die Großen sind schon ausgezogen) und mich als "die Bösen". Dann will er ausziehen, dann werde die Welt noch sehen, was er alles kann. Ich würde ihn krank halten, höre ich dann oder der Ehering wurde mir entgegengeschleudert. Dann will er sich trennen und in solchen Situationen bringe ich ihm eine Reisetasche. Dann "erwacht" er wieder aus seinem Anfall. Einmal ist er aber so eskaliert, dass er tatsächlich "auszog". Er packte seine Sachen, verzog sich in eine Arbeitshalle. Er ging dort nur mit einem Beutel hin, den Rest mussten wir ihm bringen, Allerdings kehrte er noch in der selben Nacht heim, aber "nur wegen der Kälte". Danach peilte er anscheinend, was er sich da geleistet hatte und war dann wieder geerdeter.Heute z.B. ist er völlig unauffällig. Dann hat er aber Phasen, in denen er aus heiterem Himmel zynisch und hämisch ist. Wenn ich ihn untertags anrufe, geht er abscihtlich nicht ans Telefon oder später kommt eine gereizte Whatsapp-Nachricht, ob es mir langweilig sei, weil ich ihn anrufen würde. In den früheren alten Zeiten haben wir tagsüber uns immer wieder zwanglos die eine oder andere Botschaft zugesendet oder kurz telefoniert. Sonst hat er auch immer wieder die Symptome, die andere schon beschrieben: Erschöpfung, Desinteresse, emotionale Kälte, Appetitlosigkeit, mangelnde Empathie. Aber er ist auch oft sehr unruhig. Diese impulsiven Anfälle, in denen er plötzlich ein anderer Mensch ist, haben mich geschockt und ich habe den Eindruck, dass er sie irgendwie wegwischt. Ich finde, dass er sich dafür entschuldigen sollte und etwas ändern sollte. Ist halt die Frage, ob er das kann. Wo bei ihm alles herkommen könnte, kann ich mir vorstellen. In seiner Kindheit hat er einiges durchstehen müssen. Was heißt entschuldigen, ich wünsche mir, dass er die Folgen seines Handelns für andere Menschen begreift und sich dazu äußert. Er will gar nicht ausziehen oder sich trennen, aber in den Phasen, in denen er das "will", ist er wie ferngesteuert. Trotz allem existiert die Liebe zwischen uns, manchmal (selten, aber immerhin) ploppt so eine Art Fenster auf und da ist wieder der liebevolle, charmante und witzige Mann, der Vater unserer Kinder, den ich liebe. Er verhält sich allgemein zur Zeit oft sehr widersprüchlich. Oft ist er schnell beleidigt oder wenn ich ihn mit etwas konfrontiere, was ich gerne geklärt haben möchte oder was mir zu schaffen macht, sagt er süffisant: "Wenn Du das so siehst..." Mir kommt sein Verhalten komisch vor, ich als Laie meine, dass es eine verbesserte Diagnose braucht. Mein Mann empfindet das als Kritik. Vielleicht irre ich mich ja, vielleicht ist das eben so bei Depressionen. Doch ich möchte nichts unversucht lassen.Kennt ihr auch solche Verhaltensweisen bei euren Angehörigen?
Julie-2020
Beiträge: 4
Registriert: 21. Okt 2023, 21:44

Re: Stimmungswechsel und Impulsivität

Beitrag von Julie-2020 »

Hey erst Mal tut es mir sehr leid was du durchmachen musst, so ähnlich geht es meinem Mann mit mir . es gibt Tage da ist man wirklich total gut drauf und von jetzt auf gleich wird man richtig gemein zum Partner ... mein Mann macht mich aufmerksam und sagt mir wenn ich jetzt ungerecht oder gemein zu ihm werde, ich hab seit 6 Jahre einen Therapeuten. war schon in Kliniken ... hab dieses Jahr angefangen Tabletten zu nehmen sie waren sehr gut wo auch dann der Therapeut gemeint hat ich komme erst Mal gut klar ohne ihn. vor kurzem hab ich die Tabletten weg gelassen und mein Mann und ich merken dass ich weiterhin die Tabletten nehmen muss ... nimm dein Mann vll auch Tabletten? kennst du seine Vergangenheit richtig? hat er dir alles erzählt? meinem Mann hab ich erst darüber gesprochen nach paar Sitzungen und ich muss sagen er versteht mich in vielen Dingen besser. und geht besser auf mich ein . LG rede nochmals mit deinem Mann
hopstobs
Beiträge: 89
Registriert: 17. Jul 2023, 14:28

Re: Stimmungswechsel und Impulsivität

Beitrag von hopstobs »

Was mir zu dem impulsiven Verhalten einfällt, wäre eine narzisstische Krise, die durch viele Faktoren ausgelöst werden kann, eine davon wäre Erschöpfung und Burn-Out. Plötzlich wird klar, dass man verletzlich und vermeintlich "schwach" ist und nicht mehr das Selbstbild aufrecht erhalten kann, das man eigentlich möchte. Ist aber nur eine Vermutung, für eine Diagnose braucht es eine/n Therapeut/in.
Flow2023
Beiträge: 3
Registriert: 19. Okt 2023, 20:29

Re: Stimmungswechsel und Impulsivität

Beitrag von Flow2023 »

Vielen Dank für eure Antworten,
also verstehe ich es wohl so, dass im Rahmen einer Depression solche extremen Schwankungen und gemeines Verhalten durchaus nichts Ungewöhnliches sind. Mein Mann nahm ein paar Wochen Medikamente, aber die Nebenwirkungen waren für ihn zu krass. Also nimmt er gerade nichts.
Narzisstische Krise, also so eine Art Ego-Trip, wenn ich das so interpretieren darf. Ich muss mir alles notieren, denn bis zum Psychiater-Termin, dem er zugestimmt hat, sind es noch ein paar Monate, evtl. ist er sogar noch früher in einer Fachklinik. Liebe Grüße!
Grateful1
Beiträge: 9
Registriert: 17. Okt 2023, 08:07

Re: Stimmungswechsel und Impulsivität

Beitrag von Grateful1 »

Hallo Flow,
Es tut mir wirklich leid, dass es bei euch so ist und lass dir gesagt sagen: du bist nicht allein!
Auch ich bemerke bei meiner Partnerin unfaire Verhaltensweisen, teilweise schon gemein. Nicht nur "Trotzig" und infantil, sondern darüber hinaus noch herablassende Kommentare.
Ich weiß nicht, ob es an der Depression liegt. Ich weiß auch nicht ob es an etwas anderem "krankhaftem" liegt. Ich erkläre es mir so, dass sie durch ihren "Ego-Trip" oft nicht mitbekommt, wie unsensibel solche Kommentare sind. Das herablassende zeigt mir, dass sie gerade eine selbstaufwertung braucht indem sie mich/meine Freunde herablassend kommentiert und sich damit darüber stellt. Das kenne ich bei meiner Freundin eigentlich nur bei Menschen die sie nicht mag, und dass ich jetzt selbst davon betroffen bin knabbert schon sehr stark an mir. So oder so ist es unfassbar traurig für alle Angehörigen, dass Betroffene auf solche Verhaltensweisen zurück greifen um sich selbst zu helfen. Das kenne ich wie gesagt nur von früher aus der Teenagerzeit.. kann mir auch gut vorstellen, dass meine Partnerin Probleme mit mir hat/ etwas nicht gut findet aber selbst grade nicht erkennt was sie stört und es deswegen an anderen Stellen so rauslässt ohne es zu merken.

Diese "Mixed-Signals" sind für mich sehr schwer auszuhalten und rauben mir unheimlich viel Energie. Es ist nichts mehr beständig und kann von einer auf die andere Sekunde ganz anders aussehen. Das löst natürlich in mir auch sehr viel aus.

Natürlich ist es unser Wunsch, dass der Gegenüber Verantwortung übernimmt. Aber ob er nicht kann oder will ändert ja erstmal nichts an der Situation, dass er es nicht tut.
Ich glaube in der Hinsicht sollten wir uns eigene Grenzen bewusst machen. Wir dürfen sagen wenn es grad "drüber" war und der Gegenüber einen verletzt hat. Auch wenn dem Gegenüber das nicht passt. Es ist wichtig für uns selbst. Ich stelle mich aber darauf ein, dass ich mich Gegenwind rechnen muss, mich dann nicht gesehen und ernst genommen fühlen werde. Was mich natürlich traurig macht, aber ich denke es ist trotzdem wichtig nicht einfach zu schlucken. Den anderen können wir nicht ändern, nur uns oder unseren Umgang damit.

Auch wenn ich leider nicht viel helfen konnte, vllt ist es ja hilfreich die Gedanken eines anderen dazu zu kennen und zu sehen, dass man nicht alleine ist.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft!
Und wenn du magst kannst du uns ja auf dem laufenden halten, was bei dem Termin rausgekommen ist und ob es wirklich "nur" den Depressionen geschuldet ist..
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