Ich kann nicht mehr

[Josefine9]

Hallo,

ich schreib einfach mal meine Geschichte auf.
Seit meinem 19. Lebensjahr leide ich unter Depressionen. Damals wurde es nicht gleich erkannt und behandelt und in meiner pflichtbewußten Familie wurde weitergemacht. Ich habe studiert, gearbeitet, promoviert, alles mit Umwegen und länger und kraftaufwendiger als bei anderen. Es gab unzählige Therapien, wann genau Medikamente angefangen haben, weiß ich nicht mehr. 2007 Klinik, nur kurz, nichts gebracht, danach schlimmer. Damals hat die Psychiaterin dann die Medieinstellung übernommen, es wurde besser. Es gab immer wieder Phasen, kurz, aus denen ich mich dann wieder rausgezogen habe. 2017 dann länger Psychiatrie, andere Medis, Wiedereingliederung , Teilzeitarbeit. Jetzt aktuell völliger Einbruch nach Corona vor 2 Wochen. So schlimm wie nie zuvor. Bis morgen bin ich bei Freunden, die aber auch eher hilflos sind. Wenn man sieht, was die so wuppen, fühlt man sich noch unfähiger. Ich bin alleinstehend, ab morgen wieder allein, davor habe ich große Angst, weiß nicht, wie ich den Tag füllen soll. Gerate schnell in zwanghaft Grübelspiralen. Weiß nicht, woher die Kraft nehmen zu kämpfen. Bin krankgeschrieben, weiß nicht, wie es da weitergehen soll und ob. Ich bin nicht glücklich auf der Stelle, gibt Vieles, was nicht passt. Ich habe so große Angst, nicht mehr arbeiten zu können, und dann? Ich fühle mich so allein. Wie soll es nur weiter gehen? Wie soll ich das aushalten? Ich bin so verzweifelt.

[Müllem063]

Hey Du,

Das klingt nach einem großen Berg.
Und mehr als aufmunternde Worte kann ich dir auch nicht hier lassen. Es lohnt sich immer weiterzumachen. Es wird besser! Lass dich nicht von dem großen Monster, was dich da umarmt, vom Gegenteil überzeugen: es lügt! Du kannst es zwar nicht wegzaubern und bekämpfen, aber du kannst es an die Hand nehmen, es kontrollieren und mit ihm gehen. Es wird auf dem Weg immer kleiner werden und dann hat es irgendwann keine Lust mehr auf dich, weil du es nicht beachtest/ deinen eigenen Weg gehst. Es verliert das Interesse, dich auszusaugen- Wirklich!

Da du schreibst, dass du Angst hast alleine zu sein hier mein Angebot, dass wir PNs schreiben oder sogar telefonieren?
Bin da offen.

Bin selbst gerade krankgeschrieben und kämpfe mit ähnlichen Ängsten und habe aktuell leider auch ein extremes Rückzugsbedürfnis. Von daher können wir uns evtl abholen zueinander und uns gesehen/ verstanden fühlen.

Viel Kraft und Mut und -as I Said- schreib mir gerne, wenn dir danach ist.

Liebste Grüße

[Schweiger]

Wie Müllem schon schrieb, das klingt nach einem großen Berg.
Wenn eine akute Depri-Phase da ist und das Grübeln anfängt u. die Zukunft sehr düster da ist, dann ist es eh klar, dass das wie ein Berg erscheint.

Bei mir war es in meiner letzten akuten Phase so, dass ich erschreckt war, wie sehr sich alles wiederholt, es hat bei mir ja auch schon mit dem frühen Erwachsenenleben angefangen u. dann kamen mir alle Episoden auf einmal in den Sinn.

- Schau auf Dich, was Dir gut tut: Spazieren, Bad nehmen, einen Pinsel in die Hand nehmen, lesen.......
- verurteile Dich nicht: die Depression ist was, was Du Dir nicht ausgesucht hast
- überlege was Dir früher geholfen hast
- such Dir Leute, die Dir die Einsamkeit nehmen können, bei denen Du Dich wohlfühlst, z.B. Selbsthilfegruppe ?

Es kommen auch wieder andere Zeiten, das habe ich immer wieder erlebt !

Liebe Grüße
Schweiger

[MaWe]

Vielleicht wird es wieder besser, wenn Corona komplett ausgeheilt ist. Ich hatte Corona auch nochmal im September und war psychisch über längere Zeiträume wie lahmgelegt, Antrieb gleich Null, fast unfähig zu allem. Jetzt, wo die Krankheit wohl vorüber ist, geht es mir wieder deutlich besser. Corona macht ja auch viele psychische Symptome. Ich hoffe, das kann dir ein wenig Hoffnung machen, das sich das neue Tief evtl. wieder verzieht.

[Jürgen_A]

Hallo Josefine, du durchlebst gerade eine Herausforderung. Corona, Arbeitsplatz und co. sind viele Baustellen, jetzt musst du Kraft tanken. Kleine Aufgaben sind auch zu erledigen, ich selbst hatte vor ein paar Tagen eine ähnliche Phase, in der ich nicht mehr weiter wusste. Ich versuche dann, mir trotzdem eine Struktur zu geben. Zur Zeit arbeite ich an einer Selbsthilfegruppe, die hoffentlich nächste Woche startet. Vielleicht setzt du dir das jetzt mal als Aufgabe, darin Zeit zu investieren. Soziale Kontakte helfen auf unterschiedliche Weise. Man weiss nie, wen man trifft und was er/sie zu geben hat.
Ich wünsche dir viel Kraft heute, bleibe hier im Forum, wir sind da. Wenn du PN schicken willst, scheue dich nicht.
LG Jürgen

[Empathie58]

Hallo Josefine,

Du siehst schon an der Zahl der bisherigen Antworten, dass Du nicht allein bist.

Wie schon von anderer Seite geschrieben, halte auch ich es für wichtig, dass Du sprichst oder Dich zumindest schriftlich austauschst, damit Du nicht an Deiner Einsamkeit und tiefen Verzweiflung erstickst. Ich bin sicher, dass Du hier auf Menschen triffst, die Dir Verständnis und Wertschätzung entgegenbringen, sei es im "öffentlichen" Teil des Forums oder über die PN-Funktion. Nimm diese Unterstützung gerne an, sie kostet nichts und kann vielleicht etwas mehr Licht in Deine gegenwärtige Dunkelheit bringen.

Liebe Grüße
Empathie58

[Bine09]

Hey Josefine,

wow, ich lese deinen Post oben und denke - na hoppala, das könnte von mir sein Naja, ein paar Zahlen/Dinge würde ich umtauschen... Ist immer blöd, wenn es mal wieder abwärts geht (here we go again...). Immerwährender Hoffnungsschlimmer - man kommt jedes mal wieder raus aus der Depri-Phase und es geht auch jedes mal wieder vorbei. Aber wie ihr alle wisst - im Akutfall fühlt sich das nach einem schlechten bzw. sehr geringen Trost an. Erstmal blicken wir deprimiert auf die ganzen Problembereiche. Das Berufliche zum Beispiel. Ist bei mir gerade auch akut und die Frage "wie soll es da nur weitergehen" ist für den Moment noch gruselig. Aber irgendwie geht es weiter. Schließe mich den Kontaktangeboten an und wünsche dir alles Gute. Tu die mini-kleinen Dinge, die noch gehen, und die etwas Wohlgefühl oder Erleichterung bringen.

[jana_123456]

Ein Satz aus deinem Beitrag einfach mein Gefühl beschreibt: ich weiß nicht wie ich den Tag füllen soll.
Wie kann dieses Gefühl so viel Panik auslösen, ich verstehe es nicht. Bin heute krankgeschrieben wg. Magen-Darm und seit 3 Tagen klopft die Depression wieder bei mir an. Heute ist es besonders schlimm. Ich bin alleine zu Hause und ich weiß nicht wie ich den Tag füllen soll.

Sonntage sind für mich auch immer besonders schlimm.

Kennt das Gefühl noch jemand? Habt ihr Tipps?

Ich weiß nicht, wie ich aus diesem Loch jemals wieder rauskommen soll...

[Bibutz]

Liebe Josefine,
Du bist nicht alleine. Der Berg ist riesig. Nimm dir Zeit mache kleine Schritte. Ich habe auch im Moment sehr zu kämpfen durch den Tag zu kommen. Ich habe früher auch den Fehler gemacht zu vergleichen was andere so an einem einzigen Tag alles schaffen. Gefühlt hat jeder schon ein Leben geführt, in der Zeit, die ich brauchte um aufzustehen und ins Bad zu gehen. Das bringt dich nicht weiter. Du hast dein eigenes Tempo. Derzeit fülle ich meinen Tag mit einfachen Dingen, die mich nicht zu sehr auspowern. Ich habe mir im Internet bei „Die Ernährungs-Docs“ einen Stapel Rezepte ausgedruckt, die ich eins nach dem anderen versuche zu Kochen. Puzzeln oder Basteln oder Malen lassen meinen Kopf auch eine weile Ruhen und Konzentrier mich nur auf das was ich da gerade mache ohne das es mir zu anstrengend wird.
Das deine Freunde hilflos sind ist ja fast normal. Wie sollen sie wissen, was dir hilft, wenn du selbst es nicht weißt. Wenn du es doch weißt, kannst du ihnen deine Bedürfnisse mitteilen, damit sie wissen, womit sie dich unterstützen können. Sei es mit dir zu Quatschen, versuchen was mir dir zu Unternahmen, mit dir herum zu blödeln oder dir einfach zuhören, damit du deine Sorgen erzählen kannst? Ich glaube für Außenstehende ist es auch schwer zu wissen, wie sie mit dir umgehen sollen. Schließlich hat ja jeder andere Bedürfnisse.
Gebe nicht auf! Es wird auch wieder besser, auch wenn du es jetzt nicht sehen kannst!
Herzliche Grüße, fühl dich umarmt