Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Eule1010
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Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Eule1010 »

Hallo,
Ich bin noch ganz neu hier und habe auch schon versucht so ein Thema zu finden, war aber nicht erfolgreich.
Ich durfte vor kurzem das erste Mal die direkte Erfahrung machen, dass mir im Bezug auf meine Depression von einer Freundin gesagt wurde, dass es ja manchmal auch helfe den Blickwinkel zu ändern und dass es ja bei weitem schlimmere Krankheiten gibt.
Ich habe mich in dem Moment so vor den Kopf gestoßen gefühlt und habe einfach gar nichts dazu gesagt.
Ich habe nicht mal mein Herz ausgeschüttet, sondern es war ein ganz allgemeines Gespräch über die Krankheit. Es gab also eigentlich keinen Grund, dass die Person vielleicht überfordert war oder genervt.
Sagt ihr was dazu? Wie tretet ihr zukünftig solchen Personen gegenüber? Oder einfach lächeln und weiter machen, weil es sowieso keinen Sinn hat, da das Verständnis von grundauf fehlt?
Mario81
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Mario81 »

Hallo Eule.

Dann ist es eine Person mit der du darüber nicht reden brauchst.
Ich hab dann aussortiert. Nur kurze Andeutungen und wer näher drauf eingeht und keine "dummen" antworten gibt... das sind dann wahrscheinlich die richtigen Personen.
Man kann nicht vielen drüber reden, aber wenn du 1-2 Personen findest... das reicht zu.
Ich dachte auch das ich mit meinem besten Freund drüber reden könnte... das wR wohl nix...Null Verständnis...
Ich weiß jetzt das es eher normale Freunde sind mit denen ich nur oberflächlich reden kann.
Zum Glück konnte ich in der Tagesklinik Kontakte knüpfen mit denen ich über alles reden kann, die einen verstehen und denen man nichts erklären muss.

Viele Verstehen die Krankheit nicht, wahrscheinlich da man sie nicht sieht. Ist aber auch schwierig, selbst als Betroffener versteht man es ja nur schwer...
Sei ihr nicht böse, aber mit ihr drüber reden würde ich nicht mehr...

Liebe Grüße
Mario
"Du darfst nicht alles Glauben,was Du denkst." Alexander Bojcan
Bittermandel
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Bittermandel »

Hallo Eule

Ich bin sonst immer sehr offen mit meiner Krankheit umgegangen. Aber nach einem Erlebnis beim Friseur mit einer Bekannten gehe ich mit dem Thema Depression vorsichtig um. Die meisten reagieren so blöd oder kommen mit dem Argument es gibt schlimmeres als Depression. Damit müssen wir uns abfinden. Ich habe mich dank der guten Ratschläge auch mies gefühlt. Ich kann dir nur raten sparsam mit Auskünften zu sein. Wer mich kennt merkt mir auch an wenn es mir nicht gut geht. Depressionen sind schlimm und unter Umständen lebensbedrohlich. Das haben diese Menschen nicht auf dem Schirm. Ich lebe seit 25 Jahren mit der Krankheit und bin selten ohne Symptome. Aber ich liebe mein Leben wenn auch nicht alles perfekt ist oder ich viel leisten kann. Lass den Kopf nicht hängen, ich weiß das tut weh und man fühlt sich abgewertet.

Liebe Grüße Bittermandel
Senif
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Senif »

Hallo Eule,

die schlimmste Krankheit , die ich je hatte, war die Depression. Ich wollte auch ganz lange immer Verständnis haben, aber da waren meine Erwartungen einfach zu hoch. Jemand, der das nie hatte, kann nicht nachempfinden, wie schlimm das ist. Wie soll er auch ohne diese Erfahrung ?
Ich kann verstehen, dass du dich vor den Kopf gestoßen fühlst, aber was wirklich wichtig ist, ist, dass du für dich Verständnis hast. Dann kann dir nämlich egal sein, was andere Leute denken. Und tatsächlich triggert es einen dann nicht mehr so sehr.

So wie Mario hab aber auch ich meine Freunde aussortiert. Ich bin immer in ungesunden Beziehungen geblieben, weil ich dachte, dass ich sonst ein schlechter Mensch bin. Heute weiß ich, dass ich das nicht bin und dass es auch sehr gesund ist, auf sich zu achten. Hat was mit gesundem Egoismus zu tun. Den letzten Freunden, denen ich die Freundschaft gekündigt hab, haben betrogen und gelogen, und es hieß immer, sie sind ja krank. Es waren immer die Umstände, die Krankheit oder andere schuld. Und mir tat das sehr weh, weil ich natürlich viel emotional investiert habe. Am Ende war ich dann die Böse mit dem schlechten Charakter, weil ich sie fallen gelassen hab, nachdem sie mich über den Tisch gezogen haben und auch die eigene Mutter/Schwiegermutter beklaut hatten (Drogen). Rote Linie. Wie dem auch sei, was ich sagen wollte, ist, dass es mir besser damit geht, gesunde Beziehungen zu pflegen, z.B. zu meinen Sportkollegen. Stabilere Beziehungen auch. Wenn du dich sehr nach Verständnis sehnst, dann suche dir Bekannte/Freunde, die da feinfühliger sind.

LG Senif
747er
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von 747er »

Leider gibt es oft so verständnislose Menschen, die Depressionen abtun, als wäre es etwas, was wir absichtlich tun, um andere zu nerven, oder deren Mitleid zu bekommen. Ich durfte mir auch anhören, ich solle mich doch nicht so anstellen, ich müsste doch nur lächeln, dann würde alles gut werden, jeder hätte doch so sein Päckchen zu tragen, aber nicht jeder jammert rum, achja, und anderen geht es doch noch viel schlechter.
Klar ist so ein Reaktion erstmal verletzend, vor allem, wenn man irgendwie bei dieser Person mit Verständnis gerechnet hat. Am besten würde man sagen:" ich wünsche dir, dass du nie Depressionen bekommst." Und denjenigen stehen lassen. Leider bin ich auch selten so spontan.
Love-is-all-around
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Love-is-all-around »

Liebe Eule,

ich antworte auf deine Frage mit einem Zitat:

„Depression ist keine Charakterschwäche und auch keine Art, wie jemand ist. Es ist auch keine Erziehungssache, es ist keine Verstimmung, keine Launigkeit, keine Zickigkeit, es ist kein ‚Nicht-wollen‘, kein ’sich verschließen‘, keine Trotzigkeit, es ist kein ‚ist mir doch egal‘, sondern es ist eine Krankheit.“ (Klaas Heufer-Umlauf).

Es ist eine Krankheit, die ich niemandem wünsche und die behandlungsbedürftig ist. Dabei gibt es weder eine zuverlässig wirkende Medikamentation noch eine hervorragende Therapie.

Tröste dich damit, dass deine Freundin keine Ahnung von der Krankheit hat und bring wenigstens dir selbst das notwendige Mitgefühl entgegen.

Ich wünsche dir alles Gute.
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
Maxegon
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Maxegon »

Love-is-all-around hat geschrieben: 15. Okt 2023, 19:33 Depression ist keine Charakterschwäche und auch keine
...sondern es ist eine Krankheit.
Dann erklären sie doch bitte, was es ist.

Wie soll ich etwas verstehen, was mir keiner erklärt und zwar so, dass ich es verstehen kann!
Senif
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Senif »

Maxegon hat geschrieben: 15. Okt 2023, 20:06
Love-is-all-around hat geschrieben: 15. Okt 2023, 19:33 Depression ist keine Charakterschwäche und auch keine
...sondern es ist eine Krankheit.
Dann erklären sie doch bitte, was es ist.

Wie soll ich etwas verstehen, was mir keiner erklärt und zwar so, dass ich es verstehen kann!
Maxegon, dir wurde es hier schon so oft erklärt, auf unterschiedlichste Weise, emotional, sachlich ohne Emotionen, mit und ohne Humor - du verstehst es einfach nicht. Und das liegt nicht an den Erklärenden.
Eule1010
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Eule1010 »

Ich danke euch allen für eure lieben Antworten!
Ich wünschte ich wäre schon früher hier gewesen, denn dieses Verständnis tut richtig gut und die Bestätigung, dass das so nicht stimmt, was sie sagte. Und es ist so schade, dass ihr diese Erfahrung selbst schon machen musstet.
Ich habe die Diagnose nun seit ca. anderthalb Jahren und bisher ist es mir noch nicht passiert, dass mir das eine eher nahestehende Person so direkt gesagt hat. Die Problematik war mir aber natürlich bekannt, dass es diese Menschen gibt, die das Verständnis dafür nicht haben.
Es ist schwer so eine Aussage nicht allzu nah an sich ranzulassen, wenn man selbst es manchmal nicht ganz akzeptieren oder verstehen kann, dass man Betroffene ist..
Ich habe noch einen langen Weg vor mir, aber ich gehe ihn.

Lieben Dank an euch und alles Gute auch von mir.
Senif
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Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Senif »

Hallo Eule,
wenn man selbst es manchmal nicht ganz akzeptieren oder verstehen kann, dass man Betroffene ist..
genau darum geht es. Um die (Selbst)Akzeptanz und das Selbstmitgefühl. Dann wird man auch nicht mehr so extrem gebeutelt, wenn andere "doofe" Bemerkungen machen.

Ich versteh auch nicht alles, was andere Menschen betrifft. Aber das ist ok. Wichtig ist, dass ich mich verstehe und mit mir fühle.

:hello: LG Senif
DieNeue
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Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von DieNeue »

Hallo Eule,
Eule1010 hat geschrieben: 15. Okt 2023, 18:16 Sagt ihr was dazu? Wie tretet ihr zukünftig solchen Personen gegenüber? Oder einfach lächeln und weiter machen, weil es sowieso keinen Sinn hat, da das Verständnis von grundauf fehlt?
Ich bin kein so großer Freund von "So tun, als wär nix", auch wenn ich selber auch nicht alles anspreche.
Wenn mir die Person wichtig ist, würde ich der Person rückmelden, dass ich die Bemerkung verletzend finde und dass sie als Außenstehende, die diese Krankheit nicht hat, überhaupt nicht einschätzen kann, wie schlimm oder nicht schlimm eine Krankheit ist.
Wenn die Krankheit für mich schlimm ist, dann wäre es schön, wenn sie das akzeptieren würde, auch wenn sie es nicht versteht, und in Zukunft solche Kommentare unterlassen.
Es sind nämlich zwei Sachen, die hier wichtig sind: Ja, der andere kann es nicht nachvollziehen, damit muss ich klarkommen. Aber genau so sollte der Andere auch akzeptieren, dass der Betroffene es anders empfindet und dann versuchen, eben keine blöden Kommentare mehr abzugeben. Dass man Gefühle anderer nicht verletzen sollte, kann man auch nachvollziehen, wenn man die Krankheit nicht versteht und wenn jemand einem sagt, ihn verletzt ein bestimmtes Verhalten, dann kann man sich auch bemühen, das auch zu unterlassen. Dafür muss ich Depressionen nicht verstehen, sondern nur verstehen, dass jeder Mensch anders ist und man anderen auch einfach mal einen Gefallen tun kann.

Und was das Thema angeht, andere Krankheiten wären ja schlimmer:
Man könnte den anderen auch fragen, wie er es finden würde, wenn man ihm jetzt eine Ohrfeige geben würde.
Wenn er das blöd finden würde, könnte man ihm genauso sagen, dass das doch nicht schlimm wäre, es gäbe ja noch schlimmere Sachen... Manche Leute kommen erst zum Nachdenken, wenn man den Spieß mal umdrehen.

Ich gehe eigentlich auch sehr offen mit meiner Krankheit um, aber ich habe mittlerweile auch die Erfahrung gemacht, dass manche dann ungefragt gute Ratschläge geben oder einmal gab es sogar erstmal Verständnis, aber in einem späteren Konflikt wurden mir dann einige unschöne Dinge um die Ohren gehauen. Seitdem bin ich da etwas vorsichtiger geworden.
Aber mit Leuten, die mir wirklich wichtig sind, würde ich schon mal drüber sprechen, v.a. wenn es öfter ist.
Ich habe bei meiner Freundin auch mal was in die Richtung angesprochen. Dabei kam raus, dass ich auch ab und an wunde Punkte von ihr erwische, von denen ich bis dahin gar nichts wusste. Seit ich das weiß, versuche ich mir Kommentare in die Richtung zu verkneifen oder etwas anders zu formulieren. Wenn Leute bereit sind, was dazuzulernen, kann man schon einigermaßen miteinander klarkommen.

Liebe Grüße,
DieNeue

P.S. Solche Kommentare gibt es übrigens nicht nur bei psychischen Erkrankungen, sondern auch bei körperlichen Krankheiten oder Behinderungen, die man von außen nicht sieht (z.B. MS) Ich hab da mal in Foren von Betroffenen anderer Krankheiten reingelesen und fand das sehr interessant. Die können sich tw. auch so Sachen anhören wie "Kann doch nicht so schlimm sein, du sitzt ja noch nicht mal im Rollstuhl.", "Der simuliert doch bloß, damit er eher von der Arbeit gehen darf" oder "Man sieht dir deine Krankheit gar nicht an". :roll:
inesmuella
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von inesmuella »

Maxegon, ich versteh ehrlich gesagt den Sinn deiner Frage nicht. Sorry, aber ich bin gerade zeimlcih aufgewühlt und fühle mich tatsächlich etwas provoziert durch deine Frage. Was möchtest du denn hören? Eine genaue medizinische Definition? Ein philosophische Abhandlung? Es ist eine Krankheit, Punkt.
Mountainbiker
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Registriert: 19. Sep 2020, 18:15

Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Mountainbiker »

Hallo Eule1010
natürlich habe ich auch die üblichen Erfahrungen gemacht oder alt bekannte Sätze zu hören bekommen wie:" stell dich nicht so an, das wird schon wieder." Ich glaube, das kennen wir alle. Meine Frau kann mich nicht mehr ertragen, weshalb wir uns getrennt haben und ich nächsten Monat in eine eigene Wohnung ziehe. Das macht mir Angst, muss aber sein.
Dennoch habe ich meist gute Erfahrungen damit gemacht, offen und frei über meine Erkrankung zu reden. Sehr oft bin ich auf Menschen getroffen, die mich sehr gut verstehen konnten, weil sie entweder selbst betroffen waren, jemand Betroffenen kennen, oder jemand im Familienkreis haben, der betroffen ist. Erst vor kurzem habe ich mich mit einer Bekannten unterhalten die mir dann sagte, darunter litt mein Mann auch viele Jahre. Ich bin der Meinung, dass man nicht oft genug darüber reden kann. Denn wie soll die Gesellschaft sonst über UNS, die wir immer mehr werden erfahren? Klar kommen ab und an Sendungen im Fernsehen, aber wer schaut die schon?
Ich denke es liegt an uns darüber aufzuklären, Menschen darüber zu informieren, offen zu sagen, so geht es mir und ich stelle mich nicht einfach nur an. Suche das Gespräch mit deiner Freundin, erkläre ihr, wie es dir geht, was dich zu dem macht, was du momentan bist, was dich lähmt. Wenn sie eine echte Freundin ist, hat sie Verständnis. Wenn nicht, kannst du immer noch aussortieren.
Das Leben ist wie Radfahren. Man fällt nicht, solange man in die Pedale tritt.
Maxegon
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Maxegon »

alt bekannte Sätze zu hören bekommen wie:" stell dich nicht so an, das wird schon wieder."
...
Sehr oft bin ich auf Menschen getroffen, die mich sehr gut verstehen konnten, weil sie entweder selbst betroffen waren, jemand Betroffenen kennen
Das trifft doch den Kern: Verständnis, auch mal Toleranz aufbringen und nicht gleich zum "Gegenangriff" , in die Verteidigungsposition gehen, z.Bsp. mit Sätzen "jetzt fühle ich mich provoziert" , "was willst du überhaupt wissen ..." , "das ist nun Mal so".

Oft ist Toleranz tagesformabhängig, weil wir uns viel zu oft selbst unter Stress, auch Zeitdruck setzen. Selten wird die Geduld aufgebracht, sich Zeit genommen, den anderen zuzuhören.
Ich nenne es Mal Aufmerksamkeitsdefizit, auf der einen Seite fordern wir diese und gewähren sie aber nicht.
Sind sofort angegriffen, wenn's mal nicht so läuft.

In den letzen Jahrzehnten stellte ich das immer öfter fest, das geht schon bei der Kindererziehung los, alles muss schnell gehen, keine Zeit für Erklärungen, keine Zeit mehr, etwas überhaupt verstehen zu können.

Kein Wunder, dass man dann entweder arg zappelig wird, ungehalten oder tieftraurig und sich zurückzieht.
Zum Glück gibt's ja da Tabletten, Ärzte und Diagnosen.
Wir sind krank und können behandelt werden.

Es wird versucht Symptome zu behandeln, die wir ganz klar als Zeichen einer Krankheit ansehen.

Nimmt man einen Menschen aus diesem toxischen Umfeld, genesen sie, ganz langsam zwar, aber sie tun es.

Wie kann ich Toleranz erlernen, wenn ich mich ständig im Verteidigungsmodus befinde, täglich, auf der Arbeit, in der Familie, im Freundeskreis, in der Schule?

-> Gelassenheit, alles nicht so eng sehen, Selbstbewustsein - das erlerne ich doch tagtäglich im Umgang mit meinen Mitmenschen.

Wie schön war es früher bei der Oma, die hatte immer Verständnis (meine jedenfalls), die hatte immer Zeit, schenkte mir immer Aufmerksamkeit, hatte immer eine kleine Überraschung und verstand mich, auch wenn ich mal völlig neben der Spur war.

Wie konnte ich das nur vergessen und genau so werden, wie die Erwachsenen? So wollte ich nie werden.

Ich habe mir irgendwann keine Zeit mehr genommen, obwohl ich sie hatte.
Zuletzt geändert von Maxegon am 16. Okt 2023, 11:40, insgesamt 1-mal geändert.
Aurelia Belinda
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Aurelia Belinda »

Zum Thema:
.
Ich versuche es nicht mehr an mich heran zu lassen und besinne mich darauf, was es MICH schon Kräfte u. Verluste kostete....
somit gibt's nichts klein zu reden. Punkt. Aus
Amen...:)
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Maxegon
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Maxegon »

Aurelia Belinda hat geschrieben: 16. Okt 2023, 11:35 Zum Thema:
.
Ich versuche es nicht mehr an mich heran zu lassen
... gute Idee!
MichaelB87
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Registriert: 12. Okt 2023, 10:15

Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von MichaelB87 »

Depression ist als Krankheit eben schwer zu greifen und zu verstehen.
Zum einen ist das ein riesiges Feld von schweregraden und Symptomen, zum anderen ist es auch etwas, was man den Betroffenen nicht ansieht.

Wer selbst noch nicht darunter gelitten hat, kann vielleicht einfach nicht begreifen, dass es einer scheinbar gesunden Person so schlecht gehen kann, dass sie ihren Alltag nicht bewältigen kann.

Aktuell stecke ich in meiner vierten schweren depressiven Episode. Hätte mir vor zwei Monaten jemand gesagt ich wäre krank und bräuchte Hilfe, hätte ich mich dagegen gewehrt und demjenigen klar gemacht dass es mir gut geht und ich nur faul, müde, urlaubsreif, oder was auch immer bin.
Einen Monat danach war ich beim Arzt, weil ich absolut nicht mehr arbeitsfähig war. Tatsächlich Hilfe gebraucht hätte ich vermutlich eher vor 6 Monaten. Dank Gedächtnisschwäche und Verleumdung kann ich kaum abschätzen, wann die aktuelle Episode angefangen hat.

Deshalb denke ich mir, wenn ich selbst schon die Depression nicht begreifen kann, wie kann ich das dann von Menschen ohne Erfahrung in dem Bereich erwarten?
Maxegon
Beiträge: 2486
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Maxegon »

MichaelB87 hat geschrieben: 16. Okt 2023, 11:49
Deshalb denke ich mir, wenn ich selbst schon die Depression nicht begreifen kann, wie kann ich das dann von Menschen ohne Erfahrung in dem Bereich erwarten?
Stimmt, zu mal jeder Mensch es anders erfährt, die Symptome sind zwar alle sehr ähnlich - ein Nicht-mehr-können, doch die Uraschen sind recht vielfältig.
Löst man sich aus seiner Umgebung, d.h. verändert seine Muster, sein Verhalten, sein Denken, seine Wertung (vor allem diese) ist man schon auf einem guten Weg.

Das bedeutet nicht gleich, dass man sich von allem fernhalten muss oder alle anderen überzeugen.
Allegretto
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Allegretto »

Ja, genau @Maxegon.
Nur, dazu muss 'man' erstmal seine Muster und Verhaltensweisen erkennen und verstehen. Der Ursprung dieser liegt zumeist in ganz frühen Lebensjahren, und es hatte einen Grund und Sinn, warum diese entstanden sind. Dem auf die Spur zu kommen ist in Eigenleistung meist nicht möglich, dazu braucht es Therapie. Diese Muster und Verhaltensweisen zu verändern, dazu braucht es einen 'sehr, sehr langen Atem' und bedeutet sehr viel Arbeit, oft ein Leben lang. Auch dazu braucht es, zumindest in der Anfangszeit, therapeutische Begleitung.
Eine Abkürzung gibt es nicht.
Maxegon
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Maxegon »

Allegretto hat geschrieben: 16. Okt 2023, 13:56
Nur, dazu muss 'man' erstmal seine Muster und Verhaltensweisen erkennen und verstehen.
Ich beginne doch mit dem Verstehen indem ich mich mit anderen austausche.
Erkenne was bei anderen anders war/ist, ggf. ähnlich und nicht alles in einen Topf werfe, Erfahrungen, Rückschlüsse, Erkenntnisse.
Vergleichen bedeutet eben nicht gleichsetzen, sondern Unterschiede finden.

Was machen andere anders? Könnte mir das auch helfen? Könnte ich das nicht auch mal probieren?
Vielleicht mache ich ja auch etwas verkehrt? Liegt es vielleicht an mir oder sind die Anderen schuld?

Eine Therapie ist sicher hilfreich, doch wenn's mit dem Therapeuten nicht funktioniert, wird es auch eher zur Qual und kontraproduktiv, doch probieren muss man es.

Es wird immer Menschen geben, die Depressionen kleinreden, verleugnen oder verspotten. Lass' sie machen!
Es wird immer Menschen geben, die mich nicht mögen oder gar doof finden. Das kann ich tolerieren oder mich darüber aufregen - was hilft mir mehr?

Ich muss meinen Weg finden.
Hilfe annehmen, das garantiert noch keine Veränderung, doch wenn ich es erst gar nicht versuche?

Machmal ist es eben doch sehr gut, einfach zu lächeln und die Verständnislosen ihr Ding machen zu lassen, weil es eben keinen Sinn macht.
Allegretto
Beiträge: 181
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Allegretto »

Oh, ich glaube, mein letzter Beitrag gehört im weiteren Sinn eher in den 'Faden' "Was ist eigentlich "diese" Depression?"
Mein Beitrag ist nicht als Antwort auf die Frage, warum verstehen Menschen mich und meine Depression nicht und verhalten sich abweisend oder begegnen mir unverständlich.
Mein Beitrag versteht sich eher als Anregung oder Hinweis für die, die auf der Suche danach sind, sich und das eigene Depressivsein verstehen und ergründen zu wollen.
Maxegon
Beiträge: 2486
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Maxegon »

Nicht so schlimm, @Allegretto, das passt hier auch gut 'rein.
Jeder hat ja eine andere Ursache, Sichtweise, Erklärung.

Ich verstehe ja selbst nicht, warum ich die Nase voll habe ... ob ich nun krank bin, faul oder einfach nur doof und müde.
Wie sollen das dann erst die anderen verstehen?

Drum ist ja darüber reden so wichtig.
Allegretto
Beiträge: 181
Registriert: 5. Nov 2019, 18:15

Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Allegretto »

'Suchende2' hat es in ihrem Beitrag unter "Venlafaxin ein Leben lang?" in der Rubrik Pharmakotherapie gut beschrieben, wie ein möglicher Weg mit psychotherapeutischer Unterstützung aussehen könnte. :hello:
Katerle
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Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Katerle »

Hallo Eule,

auch ich hatte keine so guten Erfahrungen gemacht, als bei mir damals eine endogene Depression diagnostiziert wurde, nach meinem Zusammenbruch.
Deshalb hatte ich mich von denjenigen distanziert, von denen null Verständnis kam und mich nur mit Leuten über diese Erkrankung unterhalten, bei denen ich mich verstanden fühlte. (Fachleuten, Freunde).
Ich wurde belächelt, weil ich ne Therapie machte. Doch ich blieb standhaft und ging meinen Weg weiter, trotzdem mir immer wieder versucht wurde, Steine in den Weg zu legen und es hatte sich gelohnt.

Wünsche dir weiterhin Kraft und das du durchhältst bei deinem Weg,
Katerle
Muli07
Beiträge: 36
Registriert: 3. Apr 2023, 12:12

Re: Wie geht ihr damit um, wenn Depressionen klein geredet werden?

Beitrag von Muli07 »

Ich hatte gerade letzte Woche und heute morgen erneut ein solche Begegnung. Bis vor 2 Monaten befand ich mich in einer Klinik weil nichts mehr ging. Seitdem ist es ein auf und ab. Mir geht es nicht wirklich besser, ich habe täglich Panikattacken, die mich so viel Kraft kosten, dass ich meist zu nichts anderen in der Lage bin.
Heute morgen hatte mein Arzt nicht wirklich Verständnis dafür zumindest kam es bei mir so an. Ich bin kein Mensch der auf die Tränendrüse drückt oder ähnliches, ich will und musste immer funktionieren, dass habe ich so gelernt. In der Klinik habe ich nun aber das Gegenteil erfahren, dass ich endlich mal auf meine Bedürfnisse hören soll, damit ich nicht immer tiefer ins Loch stürze. Aber mein Arzt heute morgen sieht es anders, zumindest kommt es so rüber. Ich bin mit allem gerade total überfordert und komme ganz schnell in das Denken, dass ich an allem Schuld bin. Kann das jemand nachvollziehen?

Vielen Dank auch für alle oberen Beiträge, es ist zwar schade, dass viele diese Erfahrungen machen, aber es beruhigt das man nicht alleine damit ist.
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