Gefühlt überall Chaos, Umbrüche, innere Unruhe
Verfasst: 29. Sep 2023, 14:43
Liebe Community,
nach einem Auslöser stecke ich seit Mitte Mai in einer mittelgradigen depressiven Episode - meine erste dieser Art. Ich war im Leben bestimmt schon mal in Löchern und auch mal mehrere Tage oder maximal eine Woche in einer traurig-gedrückten Stimmung, aber alles, was ich seit diesem Tag erlebe, ist neu und hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Es war einschneidend und mein Leben und Wesen ist seitdem ein anderes.
Ich bin in tiefenpsychologischer fundierter Therapie. Dort war ich auch schon, bevor es bergab ging.
Es ist seitdem eine Mischung aus Kampf und Akzeptanz der Situation.
Kampf, um sich ein bißchen Leben aufrechtzuerhalten und den Alltag einigermaßen zu bewältigen: soziale Kontakte, Arbeiten, Haushalt, Hobbys (auch wenn sie aktuell keinen Spaß machen).
Akzeptanz, dass es mich wohl verändern wird, die Depression nun da ist und ich ihr zuhören muss, um wieder leben zu dürfen. Hier neige ich auch dazu, es als Chance zu sehen, wobei ich das auch etwas verklärt finde. Also hänge ich in einer Mischung aus Selbstmitleid, Ängsten und (aber selten) Hoffnung und Zuversicht.
Nun ja jetzt stehen Umbrüche an:
- Stellenwechsel zum 01.10.: Hier habe ich lange gehadert, ob es aktuell der richtige Schritt ist. Auch hier sehe ich das Potenzial, dass Aktivität und ein Tapetenwechsel sinnvoll sind. Ich war sehr unzufrieden in meinem Job und die neue Stelle ist eine echte Chance. Andererseits sind da auch große Ängste, diesen Schritt in der Krise zu gehen. Ich bin so gar nicht leistungsfähig und werde mich mega zusammenreißen müssen.
- Ende einer schmerzhaften Beziehung: Meine Depression entzündete sich in einer Beziehungserfahrung - durch eine nicht intendierte Kränkung, Demütigung durch die Person - lange, komplizierte Geschichte.. letztlich haben wir uns nach monatelangem Hin und Her entschlossen, das Ganze sein zu lassen. Noch kann ich damit sehr schlecht umgehen, auch wenn etwas in mir weiß, dass es der richtige Schritt ist, da diese Beziehungserfahrung der Auslöser war (nicht die Ursache!). Dennoch stand auch lange im Raum, ob wir versuchen möchten, gemeinsam aus dieser verzwickten Lage herauszufinden. Sie war da sehr offen und supportive. ich habe aber komplett zugemacht, hatte Angst, mich auf Sie einzulassen. Nun also die Trennung, die ich aber nicht erlösend anfühlt, aktuell sogar eher schlecht. Ich denke jeden Tag sehr viel an sie.
- Hierzu noch: ich bin in dieser Beziehung in eine Abhängigkeit gefallen, die ich vorher nicht kannte, habe geklammert und große Eifersucht entwickelt. Das war auch eine komplett neue Erfahrung für mich. Ich bin in Beziehungen sonst sehr locker, lasse Freiraum und nehme mir Freiraum - habe also ein ausgeprägtes Autonomiebedürfnis. Irgendetwas war hier bzw. seit dem Auslöser anders. Hier idealisiere ich die Person auch immer noch. Sie scheint irgendwie ein Spiegel zu sein (so wie es Beziehungen nun mal sind) für ein Leben, was ich nicht habe. Sie ist eine sehr lebensfrohe, extrovertierte Person, die vor allem nach außen sehr stark und klar auftritt, sehr nah an ihren Gefühlen ist.
- Beziehung zu Freunden und Freundinnen: Irgendwie mischt sich diese blöde Beziehungserfahrung/ die Depression da rein.. es spaltet teilweise und ich merke, dass ich misstrauisch ggü einigen meiner Freunde bin. Da gibt es keinen Grund zu, aber das fühle ich und kann es nicht einfach so abstellen.
Aktuell gerate ich immer wieder in massive Abwertungsspiralen und lade mir unheimlich viel Schuld auf. Ich habe das Gefühl, mein Leben war bis hierhin ein einziges Trauerspiel - mache mir Vorwürfe, fühle mich einsam, vernachlässigt, ungeliebt. Zudem mache ich mir Vorwürfe, nicht lieben zu können, mich nicht einlassen/ vertrauen zu können. Von außen und rational ist das nicht nachvollziehbar, aber es schlummerte auch vor dem Knall schon in mir. Jetzt vereinnahmt es mich und sorgt für eine innere Unruhe, die mich Tag für Tag quält - insbesondere morgens bis zum frühen Abend. Ich habe den Eindruck mich auch total in die Opferrolle fallen zu lassen - ich verschließe mich, nichts kann mir helfen, ich resigniere.
So sitze ich das gerade aus. Einfach in der Wohnung verkriechen geht auch nicht, da ich es kaum aushalte alleine zu sein. Also halte ich mich größtenteils aktiv bis es sich abends entspannt und vor allem die innere Unruhe abklingt. Es ist zunehmend erschöpfend. Diese Woche war super anstrengend und frustrierend, wohingegen die Woche davor besser war. Ich hatte schon Hoffnung, dass es abklingt. Ich drücke mich auch nicht davor Aktivitäten auszuprobieren: Konzerte, Kneipe, Spieleabend, neue Leute treffen, Demos, Musik machen mit Freunden. Ebenso meide ich aber Kontexte, da es auch Trigger gibt, die viel in mir auslösen.
Ich sorge viel für Sicherheit und Geborgenheit - anders kann ich mich gerade auf nix einlassen. Davor war mein Leben sehr frei, ausgelassen und wild.
Von außen wird mir von Personen, die ich gerade nah an mich heranlasse, gespiegelt, dass es besser wird/ ich Schritte in eine gute Richtung mache.
Für mich fühlt sich das gar nicht so an - ich jammere und würde am liebsten jeden Tag weinen - das passiert aber nur selten. Der Kloß im Hals drückt, aber kein Ventil öffnet sich. Ich fresse eher in mich hinein, bin nachdenklich, gefühlstaub.
Was wünsche ich mir durch den Beitrag?
Wahrscheinlich wollte ich es vor allem mal loswerden. Eventuell haben Personen ähnliche Erfahrungen gemacht? Vielleicht auch nur teilweise und möchten dazu etwas berichten? Was tun gegen die Hoffnungslosigkeit? Habt ihr auch die Angewohnheit eher hineinzufressen? Wie kann man das ändern? Hier wünsche ich mir schon lange, näher an meinen Gefühlen zu sein.
Langer Beitrag I know.. und der bildet noch nicht mal ansatzweise das ab, was noch relevant sein könnte.
Es tat gut, das hier runterzuschreiben.
Liebe Grüße
nach einem Auslöser stecke ich seit Mitte Mai in einer mittelgradigen depressiven Episode - meine erste dieser Art. Ich war im Leben bestimmt schon mal in Löchern und auch mal mehrere Tage oder maximal eine Woche in einer traurig-gedrückten Stimmung, aber alles, was ich seit diesem Tag erlebe, ist neu und hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Es war einschneidend und mein Leben und Wesen ist seitdem ein anderes.
Ich bin in tiefenpsychologischer fundierter Therapie. Dort war ich auch schon, bevor es bergab ging.
Es ist seitdem eine Mischung aus Kampf und Akzeptanz der Situation.
Kampf, um sich ein bißchen Leben aufrechtzuerhalten und den Alltag einigermaßen zu bewältigen: soziale Kontakte, Arbeiten, Haushalt, Hobbys (auch wenn sie aktuell keinen Spaß machen).
Akzeptanz, dass es mich wohl verändern wird, die Depression nun da ist und ich ihr zuhören muss, um wieder leben zu dürfen. Hier neige ich auch dazu, es als Chance zu sehen, wobei ich das auch etwas verklärt finde. Also hänge ich in einer Mischung aus Selbstmitleid, Ängsten und (aber selten) Hoffnung und Zuversicht.
Nun ja jetzt stehen Umbrüche an:
- Stellenwechsel zum 01.10.: Hier habe ich lange gehadert, ob es aktuell der richtige Schritt ist. Auch hier sehe ich das Potenzial, dass Aktivität und ein Tapetenwechsel sinnvoll sind. Ich war sehr unzufrieden in meinem Job und die neue Stelle ist eine echte Chance. Andererseits sind da auch große Ängste, diesen Schritt in der Krise zu gehen. Ich bin so gar nicht leistungsfähig und werde mich mega zusammenreißen müssen.
- Ende einer schmerzhaften Beziehung: Meine Depression entzündete sich in einer Beziehungserfahrung - durch eine nicht intendierte Kränkung, Demütigung durch die Person - lange, komplizierte Geschichte.. letztlich haben wir uns nach monatelangem Hin und Her entschlossen, das Ganze sein zu lassen. Noch kann ich damit sehr schlecht umgehen, auch wenn etwas in mir weiß, dass es der richtige Schritt ist, da diese Beziehungserfahrung der Auslöser war (nicht die Ursache!). Dennoch stand auch lange im Raum, ob wir versuchen möchten, gemeinsam aus dieser verzwickten Lage herauszufinden. Sie war da sehr offen und supportive. ich habe aber komplett zugemacht, hatte Angst, mich auf Sie einzulassen. Nun also die Trennung, die ich aber nicht erlösend anfühlt, aktuell sogar eher schlecht. Ich denke jeden Tag sehr viel an sie.
- Hierzu noch: ich bin in dieser Beziehung in eine Abhängigkeit gefallen, die ich vorher nicht kannte, habe geklammert und große Eifersucht entwickelt. Das war auch eine komplett neue Erfahrung für mich. Ich bin in Beziehungen sonst sehr locker, lasse Freiraum und nehme mir Freiraum - habe also ein ausgeprägtes Autonomiebedürfnis. Irgendetwas war hier bzw. seit dem Auslöser anders. Hier idealisiere ich die Person auch immer noch. Sie scheint irgendwie ein Spiegel zu sein (so wie es Beziehungen nun mal sind) für ein Leben, was ich nicht habe. Sie ist eine sehr lebensfrohe, extrovertierte Person, die vor allem nach außen sehr stark und klar auftritt, sehr nah an ihren Gefühlen ist.
- Beziehung zu Freunden und Freundinnen: Irgendwie mischt sich diese blöde Beziehungserfahrung/ die Depression da rein.. es spaltet teilweise und ich merke, dass ich misstrauisch ggü einigen meiner Freunde bin. Da gibt es keinen Grund zu, aber das fühle ich und kann es nicht einfach so abstellen.
Aktuell gerate ich immer wieder in massive Abwertungsspiralen und lade mir unheimlich viel Schuld auf. Ich habe das Gefühl, mein Leben war bis hierhin ein einziges Trauerspiel - mache mir Vorwürfe, fühle mich einsam, vernachlässigt, ungeliebt. Zudem mache ich mir Vorwürfe, nicht lieben zu können, mich nicht einlassen/ vertrauen zu können. Von außen und rational ist das nicht nachvollziehbar, aber es schlummerte auch vor dem Knall schon in mir. Jetzt vereinnahmt es mich und sorgt für eine innere Unruhe, die mich Tag für Tag quält - insbesondere morgens bis zum frühen Abend. Ich habe den Eindruck mich auch total in die Opferrolle fallen zu lassen - ich verschließe mich, nichts kann mir helfen, ich resigniere.
So sitze ich das gerade aus. Einfach in der Wohnung verkriechen geht auch nicht, da ich es kaum aushalte alleine zu sein. Also halte ich mich größtenteils aktiv bis es sich abends entspannt und vor allem die innere Unruhe abklingt. Es ist zunehmend erschöpfend. Diese Woche war super anstrengend und frustrierend, wohingegen die Woche davor besser war. Ich hatte schon Hoffnung, dass es abklingt. Ich drücke mich auch nicht davor Aktivitäten auszuprobieren: Konzerte, Kneipe, Spieleabend, neue Leute treffen, Demos, Musik machen mit Freunden. Ebenso meide ich aber Kontexte, da es auch Trigger gibt, die viel in mir auslösen.
Ich sorge viel für Sicherheit und Geborgenheit - anders kann ich mich gerade auf nix einlassen. Davor war mein Leben sehr frei, ausgelassen und wild.
Von außen wird mir von Personen, die ich gerade nah an mich heranlasse, gespiegelt, dass es besser wird/ ich Schritte in eine gute Richtung mache.
Für mich fühlt sich das gar nicht so an - ich jammere und würde am liebsten jeden Tag weinen - das passiert aber nur selten. Der Kloß im Hals drückt, aber kein Ventil öffnet sich. Ich fresse eher in mich hinein, bin nachdenklich, gefühlstaub.
Was wünsche ich mir durch den Beitrag?
Wahrscheinlich wollte ich es vor allem mal loswerden. Eventuell haben Personen ähnliche Erfahrungen gemacht? Vielleicht auch nur teilweise und möchten dazu etwas berichten? Was tun gegen die Hoffnungslosigkeit? Habt ihr auch die Angewohnheit eher hineinzufressen? Wie kann man das ändern? Hier wünsche ich mir schon lange, näher an meinen Gefühlen zu sein.
Langer Beitrag I know.. und der bildet noch nicht mal ansatzweise das ab, was noch relevant sein könnte.
Es tat gut, das hier runterzuschreiben.
Liebe Grüße