Langsam aus inniger Bindung lösen

Antworten
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von anna_lyle »

Hallo ins Forum,

ich bin dabei, mich aus einer tiefen Verbindung zu einem anderen Menschen zu lösen. Mir fällt das nicht leicht, aber es ist der nächste sinnvolle Schritt auf meinem Heilungsweg. Enttäuschungen, die aus der Beziehung resultierten, haben meine Depression verstärkt. Deshalb brauche ich mehr Abstand dazu.
Bewegt das Thema noch jemanden hier? Habt ihr Erfahrungen, die ihr dazu teilen wollt? Ich hoffe, das Schreiben und Lesen hier hilft auch dabei, die persönlichen Beziehungen gesünder zu gestalten.

Zu mir:
Ich bin seit 7 Jahren in einer Beziehung mit einem Mann, der sich emotional entzieht. Wir haben die bestehende Partnerschaft vor zwei Jahren beendet, sind aber befreundet geblieben. Auf eine Art liebe ich ihn immer noch. Er ist mir über die Jahre sehr vertraut geworden, ich mag die Gespräche mit ihm. Nur blöd, dass ich deshalb gelegentlich meinen Wunsch nach Partnerschaft auf ihn richte, was in die LEERE führt, weh tut und die Depression verstärkt.

Ich möchte die Telefonate mit ihm jetzt reduzieren. Wir sehen uns max zweimal im Monat, das darf auch weniger werden. Ich möchte mich langsam aus der Bindung lösen. Genau besehen, mache ich das auch seit zwei Jahren.

Er hat mich sehr unterstützt, wenn ich wegen der Depression in Not war. Oft war er der einzige, mit dem ich noch gesprochen habe, wenn es mir sehr schlecht ging. Dafür habe ich jetzt eine Therapeutin :-) ich hoffe, ich kann mich auch hier mehr von ihm lösen.

Als wir noch als Paar zusammen waren, hat er sich oft distanziert, wenn ich den nächsten Schritt in Richtung „Nähe“ oder „gemeinsame Zukunft“ machen wollte. Heute weiß ich, dass er mich dadurch dominiert hat. Ich wollte lieben. Er wollte „keine Verpflichtungen eingehen“. Ich bin oft auf ihn zu gegangen, was er dann auch gemocht hat. So ging das hin und her.
„Verpflichtung“ klingt auch hart, ich habe das Wort nicht verwendet. Ich hatte eine Bereitschaft und den Wunsch, eine langfristige exklusive Beziehung und Bindung einzugehen. Das ist was Schönes, finde ich – und ja: es fordert Einsatz und Entscheidungen. Ich gehe gern freiwillig Verpflichtungen ein. Das erlebe ich als sehr kraftvoll.

Ich werfe ihm nichts vor. Ich habe die ganzen Jahre eigenverantwortlich gehandelt und hätte zu jedem Zeitpunkt gehen können.
Mich wundert es, dass ich mehrere Jahre gebraucht habe, zu begreifen, dass er gar keine verbindliche Beziehung wollte. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass jemand sich das NICHT wünscht...
Zukünftig hoffe ich da auf mehr Klarheit und Realitätssinn meinerseits.

Soweit mal.
Ich hoffe, es gibt Menschen hier, für die das Thema interessant ist, ich freue ich mich auf Resonanz!

Liebe Grüße
anna_lyle
Mountainbiker
Beiträge: 224
Registriert: 19. Sep 2020, 18:15

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von Mountainbiker »

Hallo Anna Lyle,
es ist immer problematisch, wenn nur einer in eine Beziehung investiert und nicht beide an "einem Strang ziehen" Aber man kann es nicht zwingen. Die Menschen sind halt unterschiedlich und vielleicht hat dein Partner/ Freund /Kumpel mal ähnliche Erfahrungen in früherer Zeit gemacht und ist nun auch "geschädigt"

Wie habe ich da mal gelesen.
Viele Frauen heiraten einen Frosch und werfen ihn gegen die Wand, in der Hoffnung dass ein Prinz daraus wird, und so leben sie Jahrelang mit einem beschädigten Frosch zusammen.

Nun ist hier von Frauen die Rede, aber es gilt natürlich genau so für Männer!

Meiner Frau habe ich gesagt,
es war kein Fehler dich zu lieben
es war ein Fehler zu glauben, du hättest mich je geliebt!

Meine Frau suchte Sicherheit und wollte versorgt sein. All das fand sie bei mir. Ich habe sie kompromisslos unterstützt, in allen Lebenslagen, war immer und für alles für sie da. Ganz einfach weil ich loyal und verantwortungsbewusst bin.

Das geht bei mir sogar so weit, dass ich nun, wo wir eigentlich getrennt sind, ich mich immer noch verantwortlich fühle. Das sollte ich so schnell als möglich ablegen, das hat sehr viele parallelen zu dem, was du so erlebst.

Gruß vom Mountainbiker
Das Leben ist wie Radfahren. Man fällt nicht, solange man in die Pedale tritt.
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von anna_lyle »

Hallo Mountainbiker,

Danke für deine Zeilen. Über die Frau, die jahrelang mit einem beschädigten Frosch lebt, musste ich echt lachen! So treffend, das Bild.

Mich beeindruckt, wie offen du darüber schreibst, dass du geliebt hast und nicht wieder geliebt wurdest. Es erinnert mich an Situationen aus der Kindheit, wo ich ausgelacht oder von oben herab belächelt wurde, wenn ich zugab, dass ich einen unbeantworteten (Freundschafts)-Wunsch hatte.

Heute denke ich, ist es von Wert, sich bewusst für Liebe und Verbundenheit einzusetzen. Es scheint alles beliebiger zu werden, und Liebe an sich wird auch oft ironisch kommentiert.

Die eine Seite ist das Verstehen. Aber den Bindungspartner aufgeben reißt eine echte Lücke - auch wenn der Partner nicht gut gepasst hat... Mit dieser Leerstelle umzugehen, finde ich schwer.
Geht dir das auch so?
Mountainbiker
Beiträge: 224
Registriert: 19. Sep 2020, 18:15

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von Mountainbiker »

Schreibe später was, habe gerade was anderes zu tun. Nicht böse sein, ich melde mich später!
LG
Das Leben ist wie Radfahren. Man fällt nicht, solange man in die Pedale tritt.
Maxegon
Beiträge: 2488
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von Maxegon »

Mountainbiker hat geschrieben: 10. Sep 2023, 13:23
Meine Frau suchte Sicherheit und wollte versorgt sein. All das fand sie bei mir. Ich habe sie kompromisslos unterstützt, in allen Lebenslagen, war immer und für alles für sie da. Ganz einfach weil ich loyal und verantwortungsbewusst bin.
Hallo, alle,

ein Freund von mir, sagt genau das (s.o.) auch von sich und seiner Frau = seine Geschichte, seine Wahrnehmung.

Seine Frau (eine Freundin) erzählt mir eine völlig andere Geschichte, sie nahm ihre Beziehung völlig anders wahr.

Eine Situation und zwei total unterschiedliche Darstellungen.
Wüsste ich nicht, dass sie Mal ein Paar waren, hätte ich geglaubt, sie wären mit einem Anderen zusammen gewesen.

Ich frage mich: wie kann das sein? Redeten sie nie miteinander oder nur aneinander vorbei?
Wie kann das sein, in all den Jahren?
Wird man irgendwann "betriebsblind" oder war es schon immer so? Lügt einer oder ist völlig realitätsfremd, sogar ein bisschen schizophren?

Zählt nur die eigene Wahrheit?

Ich habe keine Ahnung!
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von anna_lyle »

Ja, das ist erstaunlich, wie unterschiedlich die Versionen von Beziehungspartnern sein können. Da hilft es bestimmt, einen Freundeskreis zu haben, mit dem man auch als Paar Zeit verbringt. Da hat man dann mehrere Spiegel und kann die eigene Wahrnehmung ein bisschen erweitern.

Nur auf die eigene Wahrheit zu beharren macht es vielleicht schwerer...

Ich kenne es von mir, dass ich natürlich meinen, individuell eingeengten Blickwinkel habe. Ich war meist interessiert an der Version meines Partners und wir konnten da empathisch miteinander drüber reden.
Es blieb aber dabei, dass er keine tiefere Bindung wollte.

Was mich gerade interessiert, ist, wie ich mich aus der Bindung lösen kann, ohne noch tiefer in der Depression zu landen.
Maxegon
Beiträge: 2488
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von Maxegon »

anna_lyle hat geschrieben: 10. Sep 2023, 14:39
Es blieb aber dabei, dass er keine tiefere Bindung wollte.

Was mich gerade interessiert, ist, wie ich mich aus der Bindung lösen kann, ohne noch tiefer in der Depression zu landen.
Bleibt dir etwas anderes übrig, als es zu akzeptieren, wie es ist?

Natürlich kannst du dich da hineinsteigern, doch ändert es etwas an der Situation, an der Realität?

Deine, diese "Bindung" entspringt doch aus deinem Wunsch, scheinbar unerfüllbarem Wunsch.
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von anna_lyle »

Ja, genau.
Wie du es schreibst, scheint es ganz einfach zu sein.

Zeitweise hing mein Selbstwert an dieser Beziehung. Also Trennung bedeutete: "ich bin es nicht wert".
Es tut gut, es nüchtern zu betrachten.

Die Beziehung, wie ich sie mir wünschte, war ein unerreichbares Ziel. Mich danach zu orientieren hat mich depressiv gemacht.
Maxegon
Beiträge: 2488
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von Maxegon »

anna_lyle hat geschrieben: 10. Sep 2023, 15:33
Also Trennung bedeutete: "ich bin es nicht wert".
Das klingt so, als hätte jemand Schuld oder einen Makel ...

Würde ich mich in dich verlieben und du dich nicht in mich, wäre dann jemand mehr oder weniger wert?

Allein dieses Denken ist doch schon .... ???
Sehr merkwürdig.
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von anna_lyle »

Ja. Schmerzhafte Glaubenssätze. In der Kindheit gelernt. Ich schreibe darüber, um mich davon zu befreien!

Freu dich, dass es für dich sehr merkwürdig ist!

Es macht keinen Spaß, mit dieser Prägung in Beziehung zu sein und ich habe es mir auch nicht ausgesucht. Ich lerne ja gerade, es realistischer zu betrachten.
Maxegon
Beiträge: 2488
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von Maxegon »

Maxegon hat geschrieben: 10. Sep 2023, 15:50
Das klingt so, als hätte jemand Schuld oder einen Makel ...
Ist es denn so schwer, sich mal nicht zu rechtfertigen?
anna_lyle hat geschrieben: 10. Sep 2023, 16:29 Ja. Schmerzhafte Glaubenssätze. In der Kindheit gelernt.

Freu dich, dass es für dich sehr merkwürdig ist!

Es macht keinen Spaß, mit dieser Prägung ...
Ist es denn so schwer, es nicht immer als Angriff, Hohn oder Spott zu sehen?
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von anna_lyle »

Hallo Maxegon,
Ich schätze deine Beiträge sehr, sie geben mir oft eine erweiterte Sicht.
Und diese Formulierung hier von dir ist etwas mehrdeutig. Kam bei mir als Bewertung an.
Maxegon hat geschrieben: 10. Sep 2023, 15:50
Das klingt so, als hätte jemand Schuld oder einen Makel ...

[...]

Allein dieses Denken ist doch schon .... ???
Sehr merkwürdig.
Ist für mich nicht dramatisch, aber ich wollte es auch beantworten.
Maxegon
Beiträge: 2488
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von Maxegon »

Maxegon hat geschrieben: 10. Sep 2023, 16:52
Ist es denn so schwer, sich mal nicht zu rechtfertigen?

Ist es denn so schwer, es nicht immer als Angriff, Hohn oder Spott zu sehen?
Ich wollt' darauf hinaus, dass es durchaus von Vorteil sein kann, sich von seiner Opferrolle zu lösen.

Bei allen erlebten Schmähungen und Abweisungen, muss man akzeptieren, dass das in der Vergangenheit geschah und auch die momentane Situation Vergangenheit werden kann, wenn man sich löst.
Ich weiß, alles nicht so einfach - doch wer soll's tun, wenn nicht wir selbst?

Haben nicht wir es in der Hand, was wir tun?
Schweiger
Beiträge: 55
Registriert: 20. Jul 2023, 11:39

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von Schweiger »

Hi anna_lyle,

finde ich gut, dass Du hier über das Schreiben und den Austausch versuchst das Thema besser zu verstehen, vielleicht sogar zu verarbeiten.

Was Maxegon schreibt ist zwar analytisch-logisch und klingt nach einem guten Ratschlag , aber wir Menschen bestehen eben nicht nur aus Ratio.

Die Bemerkung "sehr merkwürdig" könnte man auch auf die gesamte depressive Gedankenwelt verwenden.
Warum grübelt man über die Vergangenheit, die schon längst vorbei ist u. die Zukunft, die eh unbekannt ist ?
Warum geht man nicht wohlwollend mit sich um, sondern ist sich selbst so ein schlimmer Kritiker ?
Warum wünscht man sich Verbindung und Nähe u. hat doch gleichzeitig Probleme damit ?

Alles seltsam, oder ?

Dieses "merkwürdig" sollte aber liebevoll ausgesprochen werden, mit Geduld, herausfinden warum diese (paradoxen) Gefühle da sind.

Deine Herangehensweise, dass Du Deinem Ex-Partner nicht beschimpfst oder die Schuld nur bei ihm suchst, sondern beobachtend versuchst zu verstehen und Deine Bedürfnisse u. das was Du geben kannst in eine neue Richtung lenkst, finde ich sehr konstruktiv.
Wenn Du diesen Weg weiter gehst, wirst Du bestimmt die Loslösung schaffen, Dich besser verstehen (vielleicht auch Deinen Ex-Partner) und dann Dich neu orientieren können (inkl. Selbstfürsorge, Selbstliebe :hello: )
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von anna_lyle »

Hallo Maxegon,
Ich will auf jeden Fall aus der Opferrolle raus! Dass ich mich hier damit zeige, ist hoffentlich ein Schritt auf dem Weg dahin. Ich will gelassener werden.
Ironie, offene Fragen, Bewertung - das habe ich tatsächlich als Mini-Angriff interpretiert. Ich bin da überempflindlich.
Also, JA, es ist schwer diese eingefahrenen Gewohnheiten zu ändern, aber ES IST MACHBAR.
Danke für deinen Beitrag :-)
Herausforderung im richtigen Maß tut gut.
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von anna_lyle »

Hallo Schweiger,
Danke für deine Wertschätzung! Deine Sichtweise auf den Beitrag von Maxegon hat meine Perspektive nochmal erweitert. Ohne direkten Kontakt, die Mimik, Gesten und Stimme - dichte ich automatisch zu den Worten eine mir passende Phantasiegestalt dazu (z.B. den Typ "Kritiker").

Die Trennung triggert bei mir Verlassenheitsgefühle aus der Kindheit (da war das lebensbedrohlich). Ich wurde als Kind auch mit Liebesentzug bestraft. Versuche deshalb, in nahen Beziehungen "alles recht" zu machen, um nicht verlassen zu werden.

Es braucht immer wieder Mut, weiter zu machen.
Selbstfürsorge hilft auf jeden Fall.

Und der Dialog hier im Forum hilft auch! Ich bin dankbar dafür.

Danke, einen schönen Tag euch allen :-)
Mountainbiker
Beiträge: 224
Registriert: 19. Sep 2020, 18:15

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von Mountainbiker »

Maxegon hat geschrieben: 10. Sep 2023, 14:24
Hallo, alle,

ein Freund von mir, sagt genau das (s.o.) auch von sich und seiner Frau = seine Geschichte, seine Wahrnehmung.

Seine Frau (eine Freundin) erzählt mir eine völlig andere Geschichte, sie nahm ihre Beziehung völlig anders wahr.

Eine Situation und zwei total unterschiedliche Darstellungen.
Wüsste ich nicht, dass sie Mal ein Paar waren, hätte ich geglaubt, sie wären mit einem Anderen zusammen gewesen.

Ich frage mich: wie kann das sein? Redeten sie nie miteinander oder nur aneinander vorbei?
Wie kann das sein, in all den Jahren?
Wird man irgendwann "betriebsblind" oder war es schon immer so? Lügt einer oder ist völlig realitätsfremd, sogar ein bisschen schizophren?

Zählt nur die eigene Wahrheit?

Ich habe keine Ahnung!
Nein, du siehst das genau richtig. Jede Person hat eine andere Sicht der Dinge. Vernehme zehn Zeugen und du erhältst 10 Geschichten. Natürlich schreibe ich aus meiner Sicht. Bestehe aber nicht darauf, dass diese zu 100 % richtig ist. Im Prinzip beschreibe ich mein Gefühl, was wir ja, wie wir alle wissen, nicht unbedingt der Wahrheit entspricht. Vermutlich liegt diese irgendwo dazwischen.
Das Leben ist wie Radfahren. Man fällt nicht, solange man in die Pedale tritt.
Mountainbiker
Beiträge: 224
Registriert: 19. Sep 2020, 18:15

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von Mountainbiker »

anna_lyle hat geschrieben: 10. Sep 2023, 14:06 Hallo Mountainbiker,


Mich beeindruckt, wie offen du darüber schreibst, dass du geliebt hast und nicht wieder geliebt wurdest. Es erinnert mich an Situationen aus der Kindheit, wo ich ausgelacht oder von oben herab belächelt wurde, wenn ich zugab, dass ich einen unbeantworteten (Freundschafts)-Wunsch hatte.

Heute denke ich, ist es von Wert, sich bewusst für Liebe und Verbundenheit einzusetzen. Es scheint alles beliebiger zu werden, und Liebe an sich wird auch oft ironisch kommentiert.

Die eine Seite ist das Verstehen. Aber den Bindungspartner aufgeben reißt eine echte Lücke - auch wenn der Partner nicht gut gepasst hat... Mit dieser Leerstelle umzugehen, finde ich schwer.
Geht dir das auch so?
Was nutzt es, wenn ich mit den Dingen hinter dem Berg halte, statt es auszusprechen. Sicher, das macht verwundbar, aber ich glaube, noch mehr verletzen kann man mich gar nicht mehr. Wenn ein Kind ein anderes Kind auslacht, ist das schlimm, denn Kinder können grausam sein. Wenn ein Erwachsener ein Kind auslacht, ist das einfach nur dumm. Ich hoffe, dass ich unsern Kindern ein guter Vater sein konnte. Jedenfalls habe ich mir alle Mühe gegeben, und immer versucht ihnen Offenheit zu vermitteln so wie, dass sie immer ehrlich sein sollen.

LG vom Mountainbiker
Das Leben ist wie Radfahren. Man fällt nicht, solange man in die Pedale tritt.
Reiseonkel87
Beiträge: 368
Registriert: 30. Dez 2015, 22:03

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von Reiseonkel87 »

Hallo anna_lyle,

ich musste gerade an eine ähnliche Situation denken. Ich habe damals nach einer einseitigen Beziehung gut 2,5 Jahre gebraucht um damit klar zu kommen. So wie Winfried 123 geschrieben hatte, Trauerarbeit ähnelt sehr einer Depression. Damals bin ich sehr tief abgesunken, es ging gar nichts mehr. Aus dem Umfeld hieß es, der trauert der trutsche immer noch hinter her. Was sich dann später als Depression herausgestellt hat (die Geschichte hatte noch einen etwas anderen pfaden beigeschmack). Respekt das Du noch so lange Kontakt zu der Person hast. Aber manchmal ist es besser, das Kapitel oder gar das gesamte Buch zu schließen und ins Regal zu stellen. Hat wie oben erwähnt, 2,5 Jahre bei mir geadauert.

Jetzt ist die Frage, wie denkt er gerade über den Kontakt mit Dir? Ich würde mit Ihm ein offenes Gespräch führen, Ihn das sagen, so ist das jetzt, sich für die Zeit des zuhören etc bedanken. Nichts ist schlimmer als die Frage am Ende - warum? Man ist sich ja keine rechenschaft schuldig, nur ich kann da jetzt nur von mir reden, ich würde gerne wissen, warum eine Trennung passieren musste (gehören immer zwei dazu) oder warum man mit mir den Kontakt abgebrochen hat. Entseiden, der Gegenpart hat einen so derbe mies behandelt, den würde ich dann auch nicht sagen wieso weshalb und warum. Aber das ist wie Du auch anfangs geschrieben hast, ein sehr interessantes und spezielles Thema. Da gibt es zig verschiedene Ansichten. Ob es richtig oder falsch für einen ist, muss am Ende jeder selbst entscheiden.
LG von der Küste
=============
Reiseonkel
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von anna_lyle »

Hallo, guten Morgen,
Danke für eure Zeilen.
Ich möchte das Wort "Schuld" nicht verwenden. Es hat mir - in Liebesangelegenheiten - bisher nicht genützt. Ich versuche, mir über meine Verantwortung klar zu werden. Wo kann ich gesunde Grenzen setzen? Wie kann ich meine Projektionen durch realistische Einschätzung ersetzen?
Kompletter Kontaktabbruch kommt für mich auch nicht in Frage. Das habe ich früher in manchen Trennungen versucht, dadurch wurde meine gedankliche Fixierung auf den Ex manchmal nur schimmer.
Er hat mich nicht bedroht, belogen oder angegriffen.
Es ist MEINE bisherige Gewohnheit, mich aufzufopfern und mich abzuwerten, die meine Depressionen ausgelöst oder verstärkt hat.

Jetzt gebe ich MEINEN Bedürfnissen und Zielen Aufmerksamkeit. Mache Sport und Therapie, intensiviere Freundschaften, investiere in meine beruflichen Schritte.

Es tut gut, den Fokus zu verschieben.

Ab und zu frage ich mich, OB und WAS ich mit meinem Freund (und Ex-Partner) unternehmen möchte. Und die Antwort ist oft: nichts. So ist es mir auch recht.

Ich wünsche euch einen schönen Tag!
Mountainbiker
Beiträge: 224
Registriert: 19. Sep 2020, 18:15

Re: Langsam aus inniger Bindung lösen

Beitrag von Mountainbiker »

Hallo anna_lyle
ich kann das was du schreibst gut verstehen, aber auch das was Winfried 123 schreibt. Wie seine Tochter das handhabt ist sicher gut, wäre aber auch für mich nichts. Bin vermutlich zu alt, um das zu verstehen, oder es liegt an meiner Erziehung, ich weiß es nicht und im Prinzip ist es ja auch egal. Sie muss wissen, was für sie richtig ist, nicht für andere.
Ich lebe zur Zeit in Trennung, war über 20 Jahre verheiratet. Suche gerade eine Wohnung und das Klima zu Hause ist schwer erträglich. Ich müsste aufräumen, weiß nicht wo ich anfangen soll. Ich finde keine Wohnung, das lähmt zusätzlich. Papierkram überfordert mich (schon immer) total. Besonders schlimm für mich ist, dass meine Frau mich total ignoriert, selbst wenn sie sieht, dass es mir unheimlich übel geht.
Zum Glück habe ich neue Freunde und alte die wieder zurück in mein Leben gekommen sind. Sie können nicht viel tun, aber manchmal ist wenig mehr.

Wünsche euch allen viel Glück und möge es bald wieder besser werden.
Das Leben ist wie Radfahren. Man fällt nicht, solange man in die Pedale tritt.
Antworten