Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

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moritzzz
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Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von moritzzz »

Hallo liebes Forum,
im Moment bin ich sehr verunsichert und habe Angst vor den Symptomen der Erkrankung... Kurz zum Hintergrund: Ich stecke seit 2 Jahren in meiner ersten mittelgradigen Depression und hab diese leider (weil es die erste Episode ist und ich vorher noch nicht wusste, was Depression genau ist) erst Recht spät Anfang diesen Jahres erkannt. Da ging gar nichts mehr, ich hatte das Gefühl, die Welt nicht mehr zu verstehen. Mein Kopf hat nur noch irrationale Gedanken denken können und alles war voller Nebel. Seit 6 Wochen nehme ich jetzt Escitalopram (erst 10, dann 15 mg). Mein Antrieb war nie das Problem, und auch meine Stimmung ist soweit okay. Das Denken ist einfach gestört und ich fühle mich durch die Depression furchtbar krank. Meine Depression fühlt sich so an, als würde ein Monster mich umklammern, wodurch die Welt unwirklich erscheint, alles dreht sich, ich habe Schweißausbrüche... kurz gesagt: Der blanke Horrortrip, in dem ich mich selbst nicht wiedererkenne. Die Medikamente haben dafür gesorgt, dass das "Monster" meist so gegen 13 Uhr "loslässt" - ab dann beruhigt sich alles ein bisschen und der Horrortrip hört auf (Es normalisiert sich dann auch mein Selbstbewusstsein die Konzentration usw.) Abends ist es oft dann ganz gut und am nächsten Vormittag der selbe Horror aufs Neue...:( Kennt das jemand? Ich finde es so furchtbar, dass diese Erkrankung so schwer zu begreifen ist und ich muss ständig darüber grübeln, wie es in meinem Leben weitergehen soll mit der Krankheit. Habe große Angst davor, dass mir die Krankheit nun all meine Träume verbaut... Eigentlich bin ich ein positiver Mensch, aber die Depression wurde durch eine emotionale Extremsituation / Verletzung vor 2 Jahren ausgelöst.... Ich musste das einfach mal loswerden... Ich hoffe, dass diese Episode irgendwann aufhört. Seit 2 Wochen habe ich eine Verhaltenstherapie begonnen, mit dem Therapeuten komme ich gut zurecht. Er möchte sich vor allem auf die Momente in der Vergangenheit konzentrieren, in denen die Depression entstand. Ich vertraue ihm natürlich total, und doch frage ich mich, wie ein Gespräch überhaupt auf die Symptome einwirken kann... Das ist für mich gerade noch schwer vorstellbar. Klar, die Psychotherapie ist die zentrale Säule in der Behandlung, aber wie soll das gehen? Das ist mit Verstand gar nicht nachvollziehbar.... aber was ist bei dieser Krankheit schon nachvollziehbar?? :!: Könnt ihr von Erfahrungen berichten, wie sich eure Psychotherapien (z.b. die Aufarbeitung von vergangenen Erfahrungen) auf eure depressiven Symptome auswirken? Anders gesagt: Wie fühlt es sich an wenn die Seele / Psyche durch Gespräche zu heilen beginnt... das ist so schwer vorstellbar
... Viele Grüße und danke für eure Rückmeldungen.
Moritz
Senif
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Senif »

Hallo Moritz,

das, was du beschreibst, dass es erst ab 13 Uhr aufwärts geht, ist das typische Morgentief einer Depression. Bei mir hat die Episode aufgehört und ich galt bei einigen Therapeuten als chronisch depressiv und dann auch als austherapiert. Das stimmte nicht. Ich denke, es gibt keine hoffnungslosen Fälle und diese Krankheit suggeriert einem, dass es hoffnungslos ist (was es aber nicht ist). Allerdings verlangt die Krankheit einiges ab, zumal es auch so lange dauert, bis sich da mal sichtbar war tut.
Ich hab bei mir das Gefühl, dass mir Psychotherapie wirklich geholfen hat (leider auch erst nach Jahren, und zusätzlich ADs).
Ich habe einen Artikel zum Thema gefunden:

https://www.spektrum.de/news/psychother ... kt/1991017

Ich selbst hatte auch mit Verhaltenstherapie angefangen, die bei mir nicht angeschlagen hat. Später dann tiefenpsychologisch.

LG Senif :hello:
Meridian
Beiträge: 512
Registriert: 15. Dez 2019, 11:05

Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Meridian »

Hallo Moritz,

zu deinen beiden Fragen:
Die Aufarbeitung von vergangenen Erfahrungen wirkt so direkt nicht auf die depressiven Symptome, sondern, wenn überhaupt eher langfristig.
Wenn man sich an die Aufarbeitung macht, lässt man sich auf einen langwierigen und oft schmerzhaften Prozess ein, der auch noch von vielen anderen Faktoren abhängt; Kann ich dem Therapeuten vertrauen, kann ich mich öffnen, was sind meine Ziele, was will / kann ich verändern usw.
Trotzdem hat es sich für mich gelohnt, das anzugehen, denn ich habe verstanden, was die Ursachen meiner Depression sind.
Die Schwierigkeit ist dann, die gewonnenen Erkenntnisse auch in Veränderungen umzusetzen und das ging nur in kleinen Schritten (und zwischendurch mit Rückfällen in alte Verhaltensweisen).
Ich hatte das Gefühl, in der Therapie ist kein Stein mehr auf dem anderen geblieben, depressive Symptome habe ich auch immer noch,, aber es ist eben schon ein Unterschied, wenn ich verstehe, was da passiert und Strategien habe, damit umzugehen.
Wie fühlt es sich an, wenn die Seele / Psyche durch Gespräche zu heilen beginnt?
Ja, das ist schwer vorstellbar, vor allem am Anfang, und dann sind es vielleicht auch erst mal nur kleine Veränderungen, kurze Momente, wenn du merkst, etwas ist jetzt anders, es plötzlich wieder so etwas wie Zuversicht gibt, dass es vielleicht doch möglich ist, aus der Depression herauszukommen und dass du das nicht alleine schaffen musst.
Und das fühlt sich gut an.
Es stimmt, was du schreibst: Mit dem Verstand ist das nicht unbedingt nachvollziehbar, was in einer Psychotherapie wirkt und es ist sicher ein Zusammenspiel von ganz vielen Dingen. Wichtig ist doch nur, dass es wirkt.
Alles Gute für dich.

LG, Meridian
Cailyn
Beiträge: 17
Registriert: 12. Okt 2018, 21:11

Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Cailyn »

Hallo Moritz,

in der Psychotherapie gibts ja verschiedene Herangehensweisen. In der analytischen und tiefenpsychologischen PT sucht man meist eher nach vergangenen Auslösern bzw schaut, wie sich unser Verhalten jetzt aus unserer Vergangenheit erklärt. Die Verhaltenstherapie versucht eher, die Depression durch Änderung des jetzigen Verhaltens positiv zu beeinflussen bzw Verhaltensweisen, die zum Überdauern der Depression beitragen, zu verändern. Viele Therapeuten nutzen aber auch mehrere Ansätze, so anscheinend auch deiner.
Ich persönlich finde es immer sinvoll, zu Beginn der Therapie die Ursachen der Depression zu erarbeiten. Das kann helfen, den/die Auslöser zu identifizieren. Und erst, wenn man die kennt, kann man meines Erachtens auch die daraus folgenden Probleme und problematischen Verhaltensweisen bearbeiten (nur meine persönliche Meinung und Erfahrung, andere mögen das anders sehen).
Daraus ergibt sich aber auch schon, warum es sinnvoll ist, sich den Auslöser näher anzuschauen. Wie hat man damals darauf reagiert? War das wirklich der Auslöser oder gab es vorher schon Symptome, die man gar nicht wahrgenommen hat? Manchmal liegen auch zwischenmenchliche Konflikte zu Grunde, dann kann so eine Aufarbeitung z.B. helfen, das Gegenüber besser zu verstehen - oder zu sehen, dass man sich vielleicht besser schon früher oder anders distanziert hätte. Und man kann schauen, ob man z.B. erlernte, ungünstige Verhaltensweisen reproduziert hat, wahrscheinlich unbewusst und so möglicherweise die Entstehung einer Depression begünstigt hat.
Und wenn man das alles dann mal auseinander genommen hat, kann man noch schauen, welche dieser Verhaltens- oder Denkweisen weiterhin bestehen und in Hinsicht auf Besserung der Depression verändert werden sollten.
Für mich führt dieses Aufarbeiten dazu, dass bestimmte Erinnerungen nicht mehr so schmerzhaft sind, weil ich sie besser einordnen kann oder dass ich z.B. mit meinem inneren Kritiker besser umgehen kann, weil ich eben weiß, woher "seine" Ansichten kommen. Das führt dazu, dass ich mich sicherer in mir selbst fühle und das dann auch an mein Umfeld spiegeln kann.
Das waren jetzt nur ein paar Beispiele, aber vielleicht gibt dir das eine Idee, was dein Therapeut so in etwa mit dir "vorhat". Solche Fragen kann man meist auch in der Therapie selbst stellen, dein Therapeut kann dir da wahrscheinlich eine etwas strukturiertere Antwort geben :)
Hoffe irgendwas davon konnte zumindest ein wenig weiterhelfen.
niri76
Beiträge: 73
Registriert: 26. Aug 2022, 10:06

Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von niri76 »

Hallo!

Ich habe Verhaltenstherapie gemacht. Hier bekommt man "Werkzeuge" an die Hand, wie man mit der Depression umgehen kann. Außerdem habe ich durch die Therapie eine andere Sichtweise auf die Krankheit bekommen. Die Therapie hat auf jeden Fall geholfen. Besonders der Gedanke, dass es etwas gibt was ich tun kann.

Alles ist im Wandel. Nichts bleibt gleicht. Auch Dir wird es wieder besser gehen.

Grüße
niri
moritzzz
Beiträge: 29
Registriert: 19. Jul 2023, 16:46

Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von moritzzz »

Hallo Senif,

vielen Dank für deine Nachricht. Du schreibst dass du von VT auf Tiefenpsychologie gewechselt hast.
Mich beschäftigt das im Moment auch sehr, weil ich jetzt meine vierte Sitzung bei einer Verhaltenstherapie gemacht habe und ehrlich gesagt unsicher bin, ob mir die VT hilft.
Magst du vielleicht erzählen, wann du entschieden hast, zu wechseln. Also: wann war der Moment bzw. woran hast du für dich erkannt, dass VT nicht die optimale Wahl ist? Ich überlegen derzeit mich bereits jetzt prophylaktisch auf die Warteliste einer Tiefenpsychologisch fundierten Therapeutin zu schreiben, weil ich auch nicht weiß ob die VT so richtig hilft.
Bei mir hilft die Therapie bis jetzt nur oberflächlich und die Symptome verändern sich ein bisschen aber heute zum Beispiel ist es wieder viel schlechter. Habe einfach noch nicht das Gefühl, so richtig die Wurzel des Chaos in meinem Kopf zu verstehen...

Außerdem Frage ich mich, ob du deine Therapien ambulant gemacht hast? oder warst du während der ambulanten Therapie auch in der Klinik? Das Stelle ich mich z.t. ungünstig vor, weil man sich ja auf einen neuen Therapeuten in der Klinik erst einmal einlassen muss oder? Was ist eure Erfahrung damit, während einer ambulanten Therapie einen Stationären Aufenthalt zu machen? Ist es schwierig, dann noch mal eine neue Therapiebeziehung aufzubauen?

Danke schonmal.
Viele Grüße
Senif hat geschrieben: 5. Sep 2023, 14:23 Hallo Moritz,

das, was du beschreibst, dass es erst ab 13 Uhr aufwärts geht, ist das typische Morgentief einer Depression. Bei mir hat die Episode aufgehört und ich galt bei einigen Therapeuten als chronisch depressiv und dann auch als austherapiert. Das stimmte nicht. Ich denke, es gibt keine hoffnungslosen Fälle und diese Krankheit suggeriert einem, dass es hoffnungslos ist (was es aber nicht ist). Allerdings verlangt die Krankheit einiges ab, zumal es auch so lange dauert, bis sich da mal sichtbar war tut.
Ich hab bei mir das Gefühl, dass mir Psychotherapie wirklich geholfen hat (leider auch erst nach Jahren, und zusätzlich ADs).
Ich habe einen Artikel zum Thema gefunden:

https://www.spektrum.de/news/psychother ... kt/1991017

Ich selbst hatte auch mit Verhaltenstherapie angefangen, die bei mir nicht angeschlagen hat. Später dann tiefenpsychologisch.

LG Senif :hello:
Suchende2
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Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Suchende2 »

moritzzz hat geschrieben: 5. Okt 2023, 16:11 Außerdem Frage ich mich, ob du deine Therapien ambulant gemacht hast? oder warst du während der ambulanten Therapie auch in der Klinik? Das Stelle ich mich z.t. ungünstig vor, weil man sich ja auf einen neuen Therapeuten in der Klinik erst einmal einlassen muss oder? Was ist eure Erfahrung damit, während einer ambulanten Therapie einen Stationären Aufenthalt zu machen? Ist es schwierig, dann noch mal eine neue Therapiebeziehung aufzubauen?
Hallo Moritzzz,

ich war gleich zu Anfang meiner Einzeltherapie in einer Akutklinik und ein knappes Jahr später in einer Tagesklinik.
Das war bei mir notwendig und gut. Die beiden Klinikaufenthalte haben mich in unterschiedlicher Weise therapiefähiger gemacht, so daß meine Einzeltherapie sehr davon profitiert hat.

Alles Gute,
Suchende
Senif
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Senif »

Hallo Moritz,

ich glaub ich hab damals gewechselt, weil für VT die Stunden aufgebraucht waren. Im Nachhinein stellte es sich aber als richtig heraus. Ich hatte viel aus der Vergangenheit zu bearbeiten, was mir am Anfang der Therapie so nicht klar gewesen ist.
Um es salopp zu sagen, einfach nur das Verhalten zu ändern ohne die darunterliegenden inneren Konflikte und Probleme anzugehen, hat eben nicht wirklich was bei mir bewirkt.

Ich war sehr sehr oft akut in der Psychiatrie, auch in der Geschlossenen, wo es nur um Medikamente ging. Dazwischen war ich auch stationär zur Psychotherapie. Entweder in einer Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, oder in der Psychiatrie auf Psychotherapiestationen. Ich habe leider einen sehr langen Weg hinter mir. Vorteil der stationären Therapien sind immer, dass sie gestraffter und umfangreicher sind, als 1 mal die Woche ambulant. Außerdem gab es Gruppen, die ich genutzt habe um meine Emotionen und Reaktionsmuster kennen zulernen und dann auch zu verändern.

Jetzt fühle ich mich wesentlich besser, so dass ich auch wieder Arbeit probieren möchte. Ich denke, Heilung ist möglich.

LG Senif :hello:
tom171
Beiträge: 22
Registriert: 26. Nov 2023, 20:03

Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von tom171 »

hey,

bezüglich des Titels "Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?" würde ich meinen sie hilft auf jeden Fall! Man kommt aus den eingefahrenen Denkmustern heraus und es werden die Augen geöffnet für das wahre Problem. Außerdem hilft zB. die Verhaltenstherapie dann aus dem Schlamassel herauszukommen und wieder einen absolut normalen Alltag hinzukriegen.

Ich finde sogar es sollte mehr Psychotherapie gemacht werden als das was so bei stationären Aufenthalten in Psychiatrien passiert. Ein Depressiver sollte zuerst zu nem Psychologen oder Psychotherapeuthen gehen und dann begleitend und nur vorübergehend Medikamente eingesetzt werden. Ich weiß darüber lässt sich streiten, aber von langfristiger Medikamenteneinnahme halte ich persönlich nichts. Das ist wie dauerhafte Symptombekämpfung ohne an die Ursache zu gehen.

LG Thomas
HenriHenri
Beiträge: 3
Registriert: 3. Dez 2023, 14:49

Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von HenriHenri »

Psychotherapie hilft, sich selbst und die mit der Depression einhergehenden Symptome zu verstehen. Die therapeutischen Interventionen zielen darauf ab, die Funktionsfähigkeit zu verbessern und das psychische Wohlbefinden schrittweise wiederherzustellen. Es ist auch wichtig, sich vor Augen zu halten, dass eine Therapie Arbeit an sich selbst ist. Die Wirkung hängt oft von der Motivation des Hilfesuchenden und dem Grad seines Engagements für die Therapie ab. Eine Psychotherapie erfordert Zeit und finanzielle Mittel, um regelmäßig zu den Therapiesitzungen zu erscheinen.

Die Psychotherapie ist ein wesentlicher und integraler Bestandteil der Behandlung depressiver Störungen, wobei die Behandlung auf den Schweregrad der depressiven Symptome abgestimmt wird. Bei schweren depressiven Episoden liegt der Schwerpunkt auf der pharmakologischen Behandlung, um die schwierigste Phase der Krankheit zu bewältigen und eine aktive Teilnahme an der Psychotherapie zu ermöglichen.

Die Psychotherapie zur Behandlung depressiver Störungen dauert in der Regel mehrere Monate, wobei sich die Dauer der Behandlung nach den individuellen Bedürfnissen des Patienten richtet. Ein sehr wichtiger Aspekt ist, dass die Entscheidung, eine Psychotherapie zu machen, freiwillig ist. Psychotherapie ist ein Prozess, der sowohl den Psychotherapeuten als auch den Patienten aktiv einbezieht - daher ist die Zustimmung zu und die aktive Teilnahme an dieser Form der Behandlung ein grundlegendes und notwendiges Element der Genesung.
Zuletzt geändert von HenriHenri am 24. Feb 2024, 12:48, insgesamt 2-mal geändert.
Unacquainted
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Unacquainted »

Mir halfen Psychotherapien überhaupt nicht. Eine Besserung vorher/nachher war nicht wahrnehmbar meinerseits. Auch durch das Absetzen gab es keinerlei Verschlechterung.
Habe über Jahre hinweg ingesamt 4 Therapien bei unteschiedlichen Therapeuten gemacht. Jeweils mehrere Monate lang.
Waren es doch Psychotherpeuten, die ich zuerst mit meinen Problemen konfrontierte - aber Empfehlung einen Psychiater aufzuzusuchen bekam ich von keinem. Grad beim aller ersten Therpeuten, den ich aufgrund von Akutbeschwerden (Konzentrationsproblemen, Verdauungsproblemen, Hirnnebel, innere Unruhe, negative Gedanken, Negativ-Stress im Job) aufsuchte und der zugleich der erste Psychotherpeut im Leben war, hätte ich mir nachträglich gewünscht, dass er mich zu einem Facharzt weiter geschickt hätte. Nach etwa 6 Monaten Therapie bei kaum wahrnehmbarer Besserung beendete ich in Einvernahme mit ihm die Therapie.
Mayana
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Mayana »

@Unacquainted,
Ich will dir deine Erfahrungen nicht absprechen, aber doch hinzufügen, dass auch nach mehreren Monaten „erfolgloser“ Therapie dann doch noch Besserung eintreten kann, generell gesprochen. Das sollte jeder individuell mit seinem Therapeuten besprechen.
Unacquainted
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Unacquainted »

Mayana hat geschrieben: 11. Dez 2023, 02:32 @Unacquainted,
Ich will dir deine Erfahrungen nicht absprechen, aber doch hinzufügen, dass auch nach mehreren Monaten „erfolgloser“ Therapie dann doch noch Besserung eintreten kann, generell gesprochen. Das sollte jeder individuell mit seinem Therapeuten besprechen.
Klar kann das sein. Nur die Frage der Kausalität stellt sich für mich. Die Besserung kann dann von allem anderen möglichen auch eingetreten sein. Wenn eine Therapie kausal einen Nutzen hat, dann zeigt sich unmittelbar bzw. in naher Zukunft eine Verbesserung des Leidens.
Suchende2
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Suchende2 »

Unacquainted hat geschrieben: 13. Dez 2023, 16:06 Klar kann das sein. Nur die Frage der Kausalität stellt sich für mich. Die Besserung kann dann von allem anderen möglichen auch eingetreten sein. Wenn eine Therapie kausal einen Nutzen hat, dann zeigt sich unmittelbar bzw. in naher Zukunft eine Verbesserung des Leidens.
Hallo Unacquainted,

da muß ich widersprechen. Bei mir war es definitiv anders. Meine Besserung kann ich Eindeutig auf Therapie (und auch Medikamente) zurückführen.
Allerdings zeigte sich dieses nicht unmittelbar bzw. in naher Zukunft.
Bei mir hat es über 1 Jahr gedauert, bis es besser wurde. Ich bin dankbar, daß meine Therapeutin mich in dieser Zeit nicht aufgegeben hat.

Alles Gute,
Suchende
Mayana
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Mayana »

Da möchte ich Suchende beipflichten. Manche Sachen brauchen einfach Zeit, Langsame Bearbeitung, immer wieder erneutes Durchkauen und Beleuchten, bis dann „der Erfolg eintritt“. Ist nicht bei jedem so, deswegen ja auch der Hinweis, das mit dem eigenen Therapeuten zu besprechen bevor man vielleicht zu früh aufgibt.
Senif
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Senif »

Bei mir hat eine retraumatisierende Therapie nach 19 Jahren noch einen Aha-Effekt ausgelöst.
FreundlicherMann
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von FreundlicherMann »

niri76 hat geschrieben: 26. Sep 2023, 12:28 Ich habe Verhaltenstherapie gemacht. Hier bekommt man "Werkzeuge" an die Hand, wie man mit der Depression umgehen kann. Außerdem habe ich durch die Therapie eine andere Sichtweise auf die Krankheit bekommen.
Grüße
niri
Hallo niri! Darf ich dich fragen, was für Werkzeuge du meinst? Kannst du freundlicherweise einen kleinen Einblick geben?
Topo
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Topo »

Ist es eigentlich wissenschaftlich erwiesen, dass Therapie allein gegen Depression hilft? Da kann man ja schlecht eine Vergleichgruppe mit Placebos behandeln, wie bei Tabletten-Studien.

Mich hat mal eine Verhaltenstherapie ohne Tabletten nach ein paar Monaten aus einer depressiven Phase geholt. Aber mittlerweile frage ich mich manchmal, ob die Depression "einfach so" weggegangen war und die Therapie gar keinen Einfluss darauf hatte. In den ganzen Depressionsratgebern steht ja oft "unbehandelt dauert eine Episode mehrere Monate", was darauf hinweist, dass (manchmal) keine Therapüie nötig ist?!
Senif
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Senif »

Hallo Topo,

das weiß ich nicht. Aber bei schweren Depressionen glaub ich, geht das schwierig, weil keine Therapiefähigkeit vorliegt. Ich für mich kann sagen, dass ich ohne Antidepressiva nicht rausgekommen wäre.

LG Senif
Mayana
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Mayana »

Hallo Topo,
Bei mir schlägt in dieser Episode einfach kein AD an, ich warte auf einen Therapieplatz. Die Episode dauert mittlerweile mehr als zwei Jahre und ist als „schwer“ eingestuft- also wenn ich die Wahl habe, werde ich so oft es geht eine Psychotherapie dazu wählen. Es ist besser, sich in Monat 6 bei Besserung mit Therapie zu fragen, ob die Therapie vonnöten war, als in Monat 13 ohne Besserung festzustellen, dass man sich lieber um eine Therapie hätte bemühen sollen.
niri76
Beiträge: 73
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Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von niri76 »

FreundlicherMann hat geschrieben: 12. Jan 2024, 13:52
niri76 hat geschrieben: 26. Sep 2023, 12:28 Ich habe Verhaltenstherapie gemacht. Hier bekommt man "Werkzeuge" an die Hand, wie man mit der Depression umgehen kann. Außerdem habe ich durch die Therapie eine andere Sichtweise auf die Krankheit bekommen.
Grüße
niri
Hallo niri! Darf ich dich fragen, was für Werkzeuge du meinst? Kannst du freundlicherweise einen kleinen Einblick geben?
Hallo!
Da gibt es eine ganze Menge, was man in der Verhaltstherapie lernt.
Z.b. die Einsicht das Gefühle Gedanken machen und diese aber nicht immer wahr sein müssen.

Oder das Bewerten von Situationen. Hier ein Beispiel: Du stehst an einer Bushaltestelle und ein Kerl hält Dir 50 Euro hin. Jetzt kannst Du denken: Oh was für ein netter Kerl. Die fünfzig Euro nehmen und Dich freuen. Oder aber Du denkst: Was will der den von mir..Was denkt der denn was ich für das Geld tue. So oder so ähnlich. Gleiche Situation, zwei verschiedene Bewertungen.

Sich seiner Gedanken wahr werden. Die Perspektive ändern: z. B. so: Du stehst auf einer Brücke. Unter Dir fährt ein Zug. Der Gedankenzug. Du beobachtest den Zug lediglich von oben aber steigst nicht. Du beobachtest also Deine Gedanken und verschmiltz nicht mit ihnen und gibst ihn dadurch mehr Macht über dich.

Oder zu üben mehr im Hier und Jetzt zu sein. Und nicht mit den Gedanken in der Zukunft oder der Vergangenheit sein. Das bedeutet z.B. jede Tätigkeit ganz bewußt zu machen.

Das sind so ein paar Dinge. Natürlich ist das alles ein Prozzeß und funktioniert nicht sofort. Das bedarf Übung. Aber mir hat es schon viel geholfen.

Grüße
niri76
Dagoba
Beiträge: 7
Registriert: 30. Jan 2024, 09:51

Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Dagoba »

Ich fand die Verhaltenstherapie ebenfalls hilfreich. Ich finde es wichtig, dass man aktiv wird und nicht nur beim Therapeuten sitzt und redet. Am Ende muss man das Erlernte ja eh im Alltag anwenden und dafür ist die Verhaltenstherapie sehr hilfreich - manchmal sieht man relativ schnell Erfolge.

Aufgrund meiner Biografie hatte ich z. B. verzerrte Gedanken, die in die Richtung gingen, dass ich einen Anspruch auf Dinge habe, wenn ich im Recht bin: Der Typ hat mir die Vorfahrt genommen und muss sich gefälligst entschuldigen. Ich bin freundlich zu anderen, dann müssen die das gefälligst auch sein. Ich bin pünktlich, danns sollte der andere das gefälligst auch sein. Ich hatte diese "Muss"- und "Sollte-"Sätze im Kopf, die mich aber ständig unglücklich, wütend und traurig gemacht haben, weil die Welt sich eben nicht so dreht, wie man das gerne hätte und man dann zwangsläufig enttäuscht wird. Ich ging ständig angespannt durchs Leben, weil ich Dinge erwartete, die mir zustanden. Seit ich gelernt habe, geduldiger, empathisch und wohlwollend mit mir und meinen Mitmenschen zu sein, geht es mir viel besser. Das habe ich aus der Verhaltenstherapie gelernt. Es war wie ein Aha-Effekt.

Ich glaube auch nicht, dass Psychotherapie kausal wirkt und vor allem nicht sofort. Was ich über mehrere Jahrzehnte an falschen Denkmustern erlernt habe, kann in den wenigsten Fällen in ein paar Sitzungen aufgebrochen und geheilt werden. Therapie ist keine Pille, die ich mir einwerfe, und dann setzt sofort die Wirkung ein. Außerdem bedarf es der aktiven Mitarbeit seitens des Patienten, d. h. das Besprochene auch im Alltag anzuwenden und das immer wieder zuhause zu üben. Mein Morgen fängt damit an, dass ich mir meine Karten mit den guten Gedanken nehme und die bewusst durchlese. Das mache ich mehrmals am Tag. Mir wurde gesagt, das Gehirn ist wie eine Landkarte mit vielen Straßen. Die verzerrten, falschen Gedanken sind eingetretene Trampelpfade, manchmal sogar Autobahnen. Aber man kann neue Straßen bauen und das Gehirn dahingehend umprogrammieren, gesunde, gute Gedanken zu denken. Das bedarf aber Übung, wie ein Weg, den ich hunderte von Malen gehen muss, damit daraus ein Trampelpfad und irgendwann vielleicht eine Autobahn wird. Irgendwann nimmt das Gehirn dann diese neue gesunden Straßen und nicht mehr die ungesunden alten, die dann hoffentlich irgendwann überwuchert sind. Das hat mir auch die Verhaltenstherapie gezeit. Üben. Üben. Üben. Dem Tag eine Struktur geben und wenn man sich eine Liste macht, was man erledigen muss und die Dinge abhakt. Ich horche immer wieder in mich hinein - wie geht es mir, was brauche ich, bin ich hungrig, friere ich - und mache Atemübungen. Achtsamkeit ist wichtig. Im Grunde hat mir der Sprung ins kalte Wasser, nämlich raus unter Menschen zu gehen, immer am meisten geholfen. Beim Einkaufen versuche ich meine neu erlernten Dinge anzuwenden. Das klappt mal und manchmal bin ich auch verzweifelt, aber es bringt mir im Hier und Jetzt Erfolge. Letztens stand ich am Bahnhof vor der großen Anzeigetafel, hunderte von Menschen um mich herum. Ich bekam eine Panikatacke, hab mich am Geländer festgehalten und mich auf die Anzeigetafel konzentriert und ein- und ausgeatmetet. Einatmen. Ausatmen. Irgendwann habe ich gemerkt, dass es besser wurde. So etwas ist unangenehm und ich merke, dass ich mich vor solchen Situationen wegducken möchte, aber es half mir letztendlich, weil ich begriff, dass ich davor keine Angst haben zu brauche und innerhalb der eigentlichen Situation nichts schlimmes passiert. Das ist meine Verhaltenstherapie, und das möchte ich stur so lange weitermache, bis ich einen neuen Trampelpfad angelegt habe.
Franzi_2
Beiträge: 13
Registriert: 8. Jan 2024, 22:21

Re: Wie wirkt Psychotherapie auf depressive Symptome?

Beitrag von Franzi_2 »

Lieber Moritz,
viele deiner Gedanken gehen mir gerade auch im Kopf rum.

Ich habe Anfang 2023 mit Tiefenpsychologischer Therapie angefangen. Wie du, war ich total ungeduldig und dachte, dieses ständige Labern bringt doch nichts, ich will was TUN. Gleichzeitig konnte ich mich bei diesem Therapeuten nicht 100 % öffnen bzw fühlte mich ständig bewertet. (Ein Gefühl, rückblickend ganz und gar nicht die Realität.) Ich habe mit dem Therapeuten zusammen beschlossen, dass ich nach den 24 Sitzungen Kurzzeittherapie aufhöre und nach einer Verhaltenstherapie suche. Zwischen den beiden Therapien war ich 8 Wochen stationär. Mittlerweile habe ich die 6. (?) VT-Sitzung hinter mir und habe wieder das Gefühl, dass nichts voran geht. Rückblickend hat die TPT aber sehr sehr viel gebracht. Mit Abstand nochmals darauf blicken und reflektieren, wie war es damals, wie ist es heute, hat mir sehr geholfen. Und darauf hoffe ich gerade auch in der VT, dass ich rückblickend viele Dinge wahrnehmen werde, die gerade (noch) nicht sichtbar/ fühlbar sind.

Eine gute Freundin gab mir den folgenden Satz auf den Weg: Eine Therapie ist wie ein ETF. Schaust du täglich, ist es ein auf und ab, ein Tief kommt dir unendlich und als totaler Verlust vor, aber guckst du nur in längeren Abständen, geht es über die Jahre insgesamt immer bergauf und die Schwankungen relativieren sich.
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