Hallo Felix und Müllem,
mit Zwängen hab ich auch zu kämpfen - aber es wird langsam besser bei mir.
Ich kämpfe vor allem mit einem Kontrollzwang in Kombination mit Perfektionismus. Das führt z.B. dazu, dass ich noch 3 mal an der Autotür rüttle, ob ich auch wirklich abgeschlossen hab. Oder die Knöpfe am Herd kontrolliere bevor ich das Haus verlasse, obwohl der heute heute noch gar nicht benutzt wurde. Ich tu mich aber auch wahnsinnig schwer damit, Dinge weg zu werfen, ohne sie ausführlich (und leider teils mehrfach) zu kontrollieren, ob sie auch wirklich weg können und ob sie im richtigen Müllbehälter sind. Papiere sind ganz schlimm. Wenn ich mal was abgeheftet hab, kontrolliere ich immer wieder die Ordner und teste mich selbst, ob ich alles so finde, wie ich mir das vorstelle oder ob irgendwas noch nicht optimal abgeheftet ist.
Was mir hilft sind 3 Dinge:
1. dem Impuls nicht gleich nachgeben, sondern kurz inne halten - und dann was anderes machen stattdessen. Also z.B. auf der Arbeit, Felix: du willst zum Handy greifen, tust es nicht, atmest kurz durch - und arbeitest dann weiter. Oder lass das Handy einfach in der Tasche oder auch mal einen Tag zu Hause, damit du gar nicht erst in Versuchung kommst. Bei uns gibt es auch Schließfächer. Vielleicht kannst du das Handy irgendwohin weg packen.
2. das was ich tue, ganz bewusst und voll konzentriert machen. Der Griff zum Handy z.B. passiert in der Regel eher unbewusst, spontan, aus einem Impuls heraus statt ganz bewusst zu einem bestimmten Zweck. Ich hab bei meinem Handy auch fast alle Push-Nachrichten ausgestellt, damit ich nicht dauernd in Versuchung gerate, bei jedem Klingeln oder Vibrieren nachschauen zu "müssen", was ankam.
3. mich fragen, warum ich das tue, was es mir bringt, ob es sinnvoll ist usw. Also rein rational und völlig emotionslos analysieren. Gegenargumente finden für mein bisheriges Verhalten.
Kleines Beispiel von mir in Bezug auf das Abheften der Papiere: es gibt z.B. einiges, was ich alphabetisch abheften möchte. So weit, so gut. Aber natürlich soll es auch innerhalb des jeweiligen Buchstabens alphabetisch sein. Auch ok. Weil es aber schlicht eine unglaubliche Menge ist (ca. 20 Ordner oder so), wollte ich erst mal ALLE Papiere alphabetisch sortieren und hätte dann bis zu 26 Stapel hier liegen. Um dann Stapel für Stapel zu sortieren und abzuheften. Jetzt gibt es aber auch Papiere, die keine Überschrift haben und von daher nicht ins alphabetische System passen. Was mach ich damit? Und so lange diese Detailfragen nicht geklärt sind und ich mal ein halbes Jahr Urlaub hab um ALLE Papiere zu sortieren und abzuheften, liegt das Zeug kreuz und quer in Stapeln rum. Wenn ich was brauche, bin ich stundenlang mit Suchen beschäftigt.
Gegenargument: ich mach es Stück für Stück. Und wenn ich heute nur eine Sache abhefte, ist das auch ok. Und ich muss es nicht gleich innerhalb des Buchstabens alphabetisch machen - das kann ich später immer noch, wenn erst mal alles in den Ordnern ist. Aber bis dahin brauche ich wesentlich weniger Suchzeit, wenn ich z.B. bei Buchstabe D was suche, weil D nur 2 Ordner sind - und nicht das Volumen von 20 Ordnern durchsucht werden muss. Ausserdem wird alles, was nicht eindeutig ist, in einen extra Ordner abgeheftet. So verschwinden die Schachteln, die aktuell Platz weg nehmen, die bisher leeren Ordner werden endlich genutzt und die Suchzeit verkürzt sich deutlich. Und das alles schließt ja nicht aus, dass ich das System später noch verfeinere.
Mit diesem Argument konnte ich mein Hirn überreden, meinen Zwang mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten und zu hinterfragen. Da die "perfekte Endlösung" nicht ausgeschlossen ist bei dieser Vorgehensweise, war mein Hirn damit zufrieden.
Welche "Erkenntnisse" soll euch der Griff zum Handy denn bringen? Was meint ihr mit "Erkenntnisse"? Habt ihr das mal hinterfragt?
Guter Thread jedenfalls! Danke Felix!