Kommunikation in depressiven Phasen

Sneaker333
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Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Sneaker333 »

Hi,
mich würde interessieren, ob und wie ihr in depressiven Phasen mit eurer Außenwelt (Familie, Freunde) kommuniziert.
Ich selbst schaffe es dann zum Beispiel nicht, zu telefoniern. Auch einfach nur reden ist manchmal unmöglich weil ich einfach nicht die richtigen bzw. überhaupt Worte für meinen Zustand finde. Per Whatsapp oder E-Mail funktioniert manchmal aber auch hier muss ich erst die richtigen Worte finden.
Ich verstehe natürlich das sich das Umfeld dann Sorgen macht, wenn man sich tagelang nicht meldet, aber manchmal geht es halt einfach nicht.

Habt ihr mit eurer Familie/eurem Partner/Umfeld Vereinbarungen oder Strategien besprochen, wie diese euch helfen können wenn ihr in einer depressiven Phase steckt?
writer1976
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von writer1976 »

Also, wenn mir die Kraft für Kommunikation fehlt, dann sage ich das einfach und dass ich mich melde, wenn es mir wieder besser geht. Besonders unter Familie und Freunden ist das bei mir überhaupt kein Problem.

Zu deiner Frage: Mit meiner Frau, mit der ich nun mal am meisten zu tun habe, habe ich vereinbart, dass ich auf sie zukomme, wenn ich Hilfe brauche. Aber sie merkt auch immer recht schnell, wenn es mit nicht gut geht. Ansonsten lässt sie mich während dieser Phasen einfach in Ruhe, fragt mich aber auch immer, ob ich für dieses oder jenes Kraft und Lust habe. Ich denke, was ich dann brauche, ist eine gesunde Mischung aus Distanz und Fürsorge.
Catfish789
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Catfish789 »

Hallo Sneaker,

ich habe mich für lange Zeit von Freunden zurückgezogen, weil mich die Kontakte überfordert haben und meine kleine Kernfamilie mehr als genug war für mich. Treffen und telefonieren ging gar nicht, vor allem nicht unangekündigt.

Ich hatte zwei Burnouts und bin seit bald drei Jahren krankgeschrieben. Ich habe meinen Freunden per WhatsApp geschrieben, dass es mir nicht gut geht, ich überfordert bin und Ruhe brauche. Dass ich mich melden werde, wenn mir besser geht und habe direkt darum gebeten mich nicht zu kontaktieren. So habe ich das auch mit meinem Arbeitsteam gemacht und nur selten mit meinem Chef per Mail kommuniziert. So konnte ich gut gemeinten Nachfragen aus dem Weg gehen, die mich eh nur überforderten.

Als es mir langsam besser ging, habe ich ein, zwei wichtige Freunde wieder per WhatsApp kontaktiert. Vereinbart haben wir, dass ich Nachrichten innerhalb von zwei Tagen beantworte. Da die Kommunikation zeitversetzt geschieht, hat das den Druck für mich enorm verringert und meine Freunde hatten ein "Rückmeldedatum" und waren ihrerseits beruhigt.

Als ich mich weiter erholt hatte und meine Kontaktpersonen immer mehr vermisste, habe ich mit ihnen und ein paar weiteren vereinbart, zusätzlich nach Terminabsprache zu telefonieren, einmal im Monat. Dann konnte ich mich zeitlich darauf einstellen, Kräfte sammeln und mich für den "Kontakt zur Außenwelt wappnen". Und manchmal wurden die Termine verschoben, weil es nicht passte (von beiden Seiten).

Ich habe eher wenige, engere Freundschaften. Eine mir sehr wichtige Freundschaft ist durch meinen Rückzug beendet worden, weil meine Freundin mit meiner Abgrenzung nicht klar kam. Leider ohne klärendes Gespräch - vielleicht musste sie sich einfach schützen... Schade, war aber nicht zu ändern. Mit einer Freundin, die ich nur ca. zweimal im Jahr gesehen, aber selten telefoniert habe, hat sich der Kontakt intensiviert durch die Telefonate.

Mit meinem Mann und meiner Tochter wohne ich in einer 3-Zimmer-Wohnung. Es gibt kein "richtiges" Wohn- oder Schlafzimmer. Jeder hat ein eigenes Zimmer für maximalen Rückzug, sofern benötigt. Die Stellung der Tür ist der Kommunikator und sagt alles aus:

Weit offen:
Du bist willkommen (so ist das meistens).
Angelehnt, mit Türstopper:
(wegen unserer Katzen) Kopf reinstrecken und nachfragen.
Tür geschlossen:
Nur im "Notfall" klopfen.
Wenn man ganz ungestört sein muss:
Zettel dran!

Das hört sich ggf. rigide an, aber nur so waren mir Kontakte möglich. Die Wohnungseinteilung hatten wir von Anfang unserer Beziehung so geplant, was während meiner Krankheit eine riesige Erleichterung war. Wenn man das neu einführt, wird es wohl schwieriger sein...

Jetzt kann ich wieder Freunde treffen, eher unterwegs als bei mir zu Hause und nicht viele auf einmal...

Ich hoffe, Du findest eine Regelung für Dich, Sneaker.

Alles Liebe
Catfish
Katzen, Bücher und Fische - Quelle der Ruhe und Inspiration...
Schweiger
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Schweiger »

Hi Catfish,
Deine Zeilen hören sich nach einem sehr reifen Kompromiss an, einerseits sorgst Du für Dich, andererseits informierst Du Deine Umgebung und hälst auch so den Kontakt. Damit beugst Du Kontaktabbrüche, Mißverständnisse u. Kopfkino vor und schaffst Dir selber Raum und überforderst Dich nicht.
Finde ich super !

Hi Sneaker,
danke dass Du das Thema ansprichst, das beschäftigt mich auch sehr.
Deswegen auch mein Nickname hier, ist nicht mein Nachname :-).
Ich leide sehr an meiner Introvertiertheit in der Depression, die Unfähigkeit zu kommunizieren, mitzuschwingen, Interesse zu teilen.
Meine Strategie ist, dass ich so offen mit meinem Zustand umgehe, wie es möglich/angemessen ist. Ich "entschuldige" mich dafür , dass ich "sehr ruhig" und "introvertiert" bin.
Es ist tatsächlich eine Art Entschuldigung, aber für mich passt das. Natürlich kann man sagen "typisch depressiv", sich schuldig fühlen etc.
Aber ich sehe halt auch : sehr große Bedürftigkeit, große Verlustängste und das gefühlsmäßige und grüblerische Drehen um mich selbst.
Gerade Letzteres finde ich auch schwierig für die Mitmenschen.
Die Unfähigkeit zu Konzentration u. überhaupt geistig Gesprächen zu folgen sind bei mir dermaßen herabgesetzt, dass es sich schon wie Demenz anfühlt und ich froh war, als ich das nicht nur von anderen gehört habe, sondern auch in Fachartikeln las.

Was noch ?

Als großen Trost sage ich mir und möchte auch anderen Leidensgenossen hier teilhaben lassen.

- es wird auch wieder anders (auch wenn es sich nicht so anfühlt und wir nicht dran glauben)
- in der Unfähigkeit zur Kommunikation , in der Isolation liegt auch ein Sinn : dort hinzuschauen, wo wir normalerweise nicht hinschauen
- die Akzeptanz der Krankheit , bessere gesagt dieser "Zustände" liegt auch eine Würde: es ist gerade nicht zu ändern, aber wir können, wir dürfen dazu stehen.
- dieser Zustand bringt uns vielleicht auch manchen Menschen näher, es ist existenzieller und "echt" und sortiert alles "unechte" aus

Wie so viele schreiben, schreibe ich auch : hoffe das ist nicht zu wirr und macht Sinn für Euch
MisterStrange87
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von MisterStrange87 »

Ich melde mich aktiv bei niemanden, bin mittlerweile aus allen WhatsApp Gruppen ausgetreten. Jedoch beantworte ich private Nachrichten immer zügig, falls ich mal eine bekomme. Anrufe habe ich schon seit Monaten nicht mehr bekommen.
MissMikse
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von MissMikse »

Da ich schon fast mein ganzes Leben lang mehr oder weniger nur noch dienstlich kommuniziere, stellt sich mir diese Frage kaum.
Ich lebe alleine, hab also keine eigene Familie. Meine Eltern fragen kaum nach mir und wenn doch, dann dreht sich das Gespräch sehr schnell mehr um sie und ihre Angelegenheiten als dass ich jemanden zum reden hätte. Mit meinem Bruder hab ich 3-4 mal im Jahr per Whatsapp Kontakt. Beim Rest der Ursprungsfamilie sieht es ähnlich aus. Richtige Freunde gibt es keine mehr. Eine Freundin sagt zwar, ich könnte mich jederzeit melden. Aber wenn man 3-4 Monate oder länger keinen Kontakt hatte, ruft man auch nicht einfach an um sich auszuheulen. Der ein oder andere im beruflichen Umfeld fragt mal, wie's mir gesundheitlich geht - aber da ich die meisten kaum kenne und auch kein Getratsche will, halte ich mich da sehr bedeckt, wem ich was erzähle. Insofern hab ich niemanden zum reden - und muss auch niemandem kommunizieren, dass ich grade meine Ruhe brauche oder so. Ich ziehe mich einfach zurück und keinem fällt es wirklich auf.
Ich kann tagelang allein in der Wohnung hocken, ohne dass mal einer fragt, ob alles ok ist, ob ich krank bin oder vielleicht schon tot.
Daran bin ich ein gutes Stück weit aber auch selbst schuld, weil ich mich total in die Arbeit gestürzt hab, ansonsten nur noch meine Ruhe wollte und sämtliche Kontaktversuche immer wieder im Sand verliefen. Es war mir irgendwie zu anstrengend. Ich hab es nicht geschafft, mich auch noch darum zu kümmern.

In Zeiten wie jetzt, wo es mir nicht gut geht, blocke ich Kontaktanfragen (wenn denn mal welche kommen sollten) in der Regel ab mit der Begründung, ich wäre auf der Arbeit und kann nicht telefonieren und deswegen nur kurz bei Whatsapp schreiben. Denn diese Anfragen drehen sich immer darum, dass von mir irgendwas verlangt oder zumindest erwartet wird, was ich in dem Moment weder leisten kann noch will. Meine Eltern haben heute schon wieder nach der Möglichkeit eines Videoanrufs gefragt, weil meine Oma im Krankenhaus ist (grade aus der Intensiv raus) und die Lage ernst ist. Aber das schaff ich im Moment einfach nicht. Weder will ich, dass meine Oma sieht, dass es mir nicht gut geht, noch schaff ich es, lächelnd in die Kamera zu schauen und so zu tun, als wäre alles gut. Also bin ich "bis abends arbeiten" - wäre ich theoretisch auch, wenn ich mich nicht krank gemeldet hätte. Und das ist auch der einzige Grund, den meine Eltern akzeptieren dafür, wie es scheint.

Ich fänd's schön jemanden zu haben, der merkt, dass es mir nicht gut geht und der mich einfach in den Arm nimmt und mir zu verstehen gibt: du bist nicht allein. Es muss nicht immer reden sein, was hilft.
Luna1959
Beiträge: 679
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Luna1959 »

Hallo Sneaker und auch Hallo an alle,

kommunizieren in depressiven Phasen ist auch für mich ein großes Problem, und ich ziehe mich dann zurück. Es ist dann so furchtbar anstrengend, ich kann mich kaum konzentrieren auf ein Gespräch und finde keine Worte.

Ich finde die Strategie von Catfish super. Es ist toll, wie sie ihre Umgebung informiert, sodass da kein Kopfkino bei den anderen entsteht. Dass man dabei auch nahe Menschen verlieren kann, habe ich auch letzten Herbst erlebt. Leider belastet mich die Aufkündigung der jahrelangen Freundschaft per SMS noch immer ein wenig.

Manchmal schalte ich das Handy auf lautlos, weil ich einfach Angst habe, dass wer was von mir will (was eh eher selten ist).
Da ich schon Jahrzehnte mit Depressionen kämpfe, ist es für die Familie "normal", dass ich mich nicht melde. Einzig mit meiner Tochter halte ich regelmäßigen Kontakt.
Nähere Freunde und Bekannte wissen grob von meinen Problemen und akzeptieren es.
Manchmal geht's besser, dann melde ich mich bei wem, den dieser Rückzug tut mir natürlich auch nicht gut.

Ich wünsche dir, dass du bald einen guten Weg für dich findest. Alles Gute
Die Vernunft empfiehlt immer das, was andere gerne möchten.
Catfish789
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Catfish789 »

Hallo!

@sneaker
Wirklich, da hast Du ein wichtiges, schwieriges Thema angesprochen. Danke.

@Schweiger
Ich finde, Du schreibst sehr ruhig und reflektiert, sehr offen und sympathisch. Und überhaupt nicht wirr. Schön, dass Du zu diesem Thema nicht geschwiegen hast. Danke. Würde mich freuen, öfter etwas von Dir zu lesen.

@Luna
Kontakte per SMS & Co. zu beenden ist einfach grauenvoll und ich kann gut nachvollziehen, dass Dich das noch belastet. In meinem Fall wurde der Kontakt einfach abgebrochen - für mich aus heiterem Himmel. Selbst direktes Nachfragen und Kompromissangebote wurden nicht beantwortet. Schade, ich weiß nicht, was ich ggf. falsch gemacht habe.
Aber:
Nach einer sehr toxischen Beziehung (ich finde diese für mich noch recht ungewöhnliche Formulierung sehr passend) habe ich den Entschluss gefasst, dass ich nur noch mit Menschen zusammen/befreundet sein möchte, die auch mit mir im gleichen Maße zusammen/befreundet sein wollen.
Ich werde niemandem mehr hinterher laufen. So trauere ich manchmal um diese Freundschaft, kann ihr Ende aber akzeptieren.
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Catfish789
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Catfish789 »

Wollte den Post noch gar nicht absenden :-/

Liebe @MissMikse,
es macht mich so traurig, deinen Beitrag zu lesen. Ich würde Dir so gerne helfen, aber das schaffe ich nicht und weiß auch nicht wie. Ich lese Deine Beiträge sehr gerne, finde sie sehr klar und empathisch. Als ich vor einigen Tagen in dieses Forum kam, war einer der ersten Berichte, die ich von Dir gelesen habe, der Vorschlag an die Moderatoren, den Text für die Schließung von Threads empathischer, humaner zu formulieren. Ich denke, die Moderatoren werden ihre Gründe haben, aber dein Voschlag hat mich berührt und sehr beeindruckt.
Ich bekomme mehr und mehr den Eindruck, dass es gut wäre, wenn die, die sich nicht trauen und lieber schweigen, sich ein Herz fassen und öfter zu Wort melden. Ihr habt etwas zu sagen!!!
Mikse, ich bin so froh, dass Du das hier im Forum so ausführlich machst. Das ist wirklich eine Bereicherung. Ich hoffe, dass Dir das ein wenig hilft, wenn schon der private Kontakt im realen Leben so unsagbar schwer ist für Dich.
Ich weiß, es wird nicht reichen...
Catfish

@Schweiger
@Luna1959
Danke für das Lob für meinen Beitrag. Meine genaue Art zu kommunizieren und meine fast bedingungslose Ehrlichkeit sind für andere z.T. schwer zu ertragen. Ein "Nein" stößt viele vor den Kopf. Gleichzeitig macht es das Leben mit mir einfacher und meine beiden Lieblingsmenschen vertrauen mir so wie ich ihnen.

Mir erschien das zeitweilig jedoch fast zwanghaft. Warum musste ich alles so genau erklären? Jedes Buch über Kommunikation verschlingen? Warum jedes potenzielle Missverständis aus dem Weg räumen bzw. gar nicht erst entstehen lassen?

Seit ca. zwei Jahren weiß ich den Grund. Er liegt, wie so oft, in der Kindheit und macht mich unendlich traurig. Ich spüre die Einsamkeit von damals nach dem Schock, dass mir nicht geglaubt wurde bei diesem wichtigen Thema (das ich hier nicht kommunizieren werde). Ich fühlte mich mein Leben lang unverstanden seit dieser Zeit.
Aber die Auseinandersetzung mit mir und anderen und die Lösungen, die ich gefunden habe, machen mich auch zu dem Menschen, der ich jetzt bin.
Und ich mag mich immer mehr...
Catfish
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MissMikse
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von MissMikse »

Guten Morgen an alle!

Danke für deine lieben Worte, Catfish! Du musst wegen mir nicht traurig sein! Ich komme im Großen und Ganzen gut zurecht damit, so wie es aktuell ist. Und ich habe gelernt, meine Grenzen zu ziehen bei Kontakten, die mir nicht gut tun, weil sie immer nur fordern und mir die Kraft aussaugen (z.B. meine Eltern). An allem anderen kann und werde ich wieder arbeiten, wenn es mir körperlich besser geht. Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass es irgendwo da draussen noch andere Menschen in ähnlichen Situationen wie meiner gibt (Single, keine Kinder), die Kontakt suchen und neue Leute kennen lernen wollen. ;) Und die gilt es zu finden. :)

Ich wünsch euch einen schönen Sonntag! :hello:
Welle62
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Registriert: 27. Jul 2023, 10:56

Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Welle62 »

Ein Dank an alle und besonders an MissMikse.
Bin aktuell auch in der Schweigephase
und nicht in der Lage, mich mit anderen Menschen auszutauschen.Jeder Kontakt ist zu anstrengend und die Angst zu versagen, steigt. Ich will keine Spassbremse für andere sein.
Mein Partner leidet zur Zeit sehr, aber selbst darüber kann ich nicht mit ihm reden. Aus Angst, es belastet ihn noch mehr.
Etwas, was ich hier gelesen habe, hat mich sehr berührt. Eine Umarmung ist
oft wichtiger als reden.
Eine Umarmung nimmt dem Schweigen die Dunkelheit.
Catfish789
Beiträge: 104
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Catfish789 »

MissMikse hat geschrieben: 27. Aug 2023, 09:56 ...An allem anderen kann und werde ich wieder arbeiten, wenn es mir körperlich besser geht. Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass es irgendwo da draussen noch andere Menschen in ähnlichen Situationen wie meiner gibt (Single, keine Kinder), die Kontakt suchen und neue Leute kennen lernen wollen. ;) Und die gilt es zu finden. :)...
Danke, liebe MissMikse!
Das freut mich für Dich. Ich wünsche Dir viel Kraft.
Catfish
Winfried 123 hat geschrieben: 27. Aug 2023, 10:07 ...Es ist ja auch ein wollen und nicht können.
Da ist es auch ein Symptom der Krankheit, dass wir sprachlos werden können.
Sprachlos, das meine ich im wahrsten Sinne des Wortes...

...Was mir immer wieder hilft ,um am Leben irgendwie wieder teilzuhaben ,sind die ganz kleinen Schritte, hin zu etwas mehr Kontakten...
Liebe Brigitte,
in allem, was Du in diesem Post geschrieben hast, finde ich mich wieder. Ich gehe es genau so an, in meinem Schneckentempo, dass mir momentan entspricht.

Bei Deinen Sätzen über Sprachlosigkeit ist mir ein Phänomen eingefallen, dass in den letzten zwei Jahren bei mir aufgetaucht ist:
Ich habe angefangen zu stottern oder kann manchmal Wörter nur extrem langsam und mit Pausen aussprechen. Für mich, die sich immer klar ausdrücken konnte in Wort und Schrift, schüchtern war, aber bei Wortmeldungen meist ruhig und überzeugend - und die das unbändige Bedürfnis hat, verstanden zu werden, war das einer der fiesesten Schläge in die Magengrube.

Inzwischen gehe ich entspannt damit um und beobachte. Ich kann es sowieso nicht ändern und muss nicht dagegen kämpfen. Es tritt auch nur sporadisch auf, naja, schon recht häufig, aber nur, wenn ich über schwierige, emotionale Themen spreche. Dann bin ich "gefangen in meiner Sprache".

Faszinierend ist, dass ich sekundenschnell umswitchen kann. Wenn mir was Einfaches, Lustiges in den Sinn kommt, kann ich sprudelnd davon erzählen! Lachen! Und wenn ich mich dabei ein Stück weit von außen beobachte, dann frage ich mich, wie "cringe" das auf andere wirkt und muss lachen! Das tut gut!

Und ich lache nur über mich! (Nicht über Menschen mit einer Sprachbehinderung, denn in den Momenten, in denen ich stottere, zeitverzögert artikuliere und dabei massive Zuckungen habe, erlebe ich die Qual dieser Sprachlosigkeit am eigenen Leib).

Ich weiß jedoch, dass ich nur eine Chance habe, das Ganze zu überwinden, wenn ich nicht in mein bekanntes Katastrophisieren rutsche.
Also:
Anhalten-Durchatmen-Abwarten-Weiterreden
Zum Glück hatte ich bisher fast nur mit Menschen Kontakt, die Geduld haben und mich aussprechen lassen. Wenn andere meine Sätze beenden, ist das wie eine Ohrfeige.

Das Stottern ist außerdem ein zuverlässiger Indikator für meine Gefühlslage - in genau dem Moment, in dem es auftritt. Trotzdem darf es gerne - so heimlich, still und leise, wie es gekommen ist - wieder verschwinden...

Kommt gut durch den Tag!
Catfish
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Schweiger
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Registriert: 20. Jul 2023, 11:39

Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Schweiger »

Hi MissMikse,

Du schreibst:
Danke für deine lieben Worte, Catfish! Du musst wegen mir nicht traurig sein! Ich komme im Großen und Ganzen gut zurecht damit, so wie es aktuell ist. Und ich habe gelernt, meine Grenzen zu ziehen bei Kontakten, die mir nicht gut tun, weil sie immer nur fordern und mir die Kraft aussaugen (z.B. meine Eltern). An allem anderen kann und werde ich wieder arbeiten, wenn es mir körperlich besser geht. Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass es irgendwo da draussen noch andere Menschen in ähnlichen Situationen wie meiner gibt (Single, keine Kinder), die Kontakt suchen und neue Leute kennen lernen wollen. ;) Und die gilt es zu finden. :)
Das finde ich eine sehr zuversichtliche Sicht: Menschen zu finden, die zu Dir passen ! Da drück ich Dir die Daumen. Geduld ist dabei sicher auch wichtig und natürlich auch die Fähigkeit mit Enttäuschungen und Rückschlägen umzugehen.

Hi Catfish,
Du schreibst:
Bei Deinen Sätzen über Sprachlosigkeit ist mir ein Phänomen eingefallen, dass in den letzten zwei Jahren bei mir aufgetaucht ist:
Ich habe angefangen zu stottern oder kann manchmal Wörter nur extrem langsam und mit Pausen aussprechen. Für mich, die sich immer klar ausdrücken konnte in Wort und Schrift, schüchtern war, aber bei Wortmeldungen meist ruhig und überzeugend - und die das unbändige Bedürfnis hat, verstanden zu werden, war das einer der fiesesten Schläge in die Magengrube.
Das kann ich mir vorstellen, was für eine schlimmes Pänomen das ist. Warum, woher, wozu ?
Nochdazu weil Du es früher nicht hattest, nochdazu weil es eine Selbstsabotage ist.
Ein Schlag in die Magengrube.
Bei mir ist es anders, aber "Phänomen", "Magengrube" ist es auch :-)
:roll:
Ich assoziere das mal auf meine Art:
- ein Schatten, der sichtbar wird: das was wir nicht haben wollen (z.B.Angst, Selbstbild)
- ein Wunsch der sichtbar(er) wird: verstanden werden wollen, gute Kommunikation, Kontakt, Verbundenheit
- ein Veränderungsvektor wird vom tieferen Bewusstsein losgeschossen: etwas im Leben muss sich ändern !

Es geht ja auch darum den Sinn unserer depressiven Phänomene zu entschlüsseln oder ?
Ich sehe es noch so, vielleicht gibt es hier Betroffene, die das blöd finden und nur die destruktive Seite der Depression(sphänomene) sehen, was ich auch verstehen kann. Vor allem, wenn sie lange dauert oder immer und immer wieder kommt.
Vielleicht ist es auch dank der Medikamente, dass ich jetzt stärker versuche zu "entschlüsseln", was passiert da, was ist die Botschaft, was soll ich tun ?

Negative / Positive Sichtweise
Ich finde Depression hat in gewisser Weise nichts damit zu tun die Dinge "positiv" oder "negativ" zu sehen.
Es geht für mich darum rauszufinden was passiert im Inneren und Äußeren, um was muss ich mich kümmern ?
Z.B. Rückzug, bedürftig sein, lange schlafen, nichts tun, ablenken.......können konstruktive Bausteine sein, oder auch nicht.
Das müssen wir täglich neu rausfinden, oder ?

Ich hoffe, ich komme nicht vom Thema ab.....Ausgangspunkt waren ja diese fiesen Phänomene, in unserem Fall hier Kommunikation betreffend.
Meine unmittelbare Reaktion, wenn ich sprachlos bin, leer im Kopf, abgeschnitten von der Kommunikation, von der emotionalen, geistigen Schwingung in meiner Umgebung:
ohhhhhh gotttt, scheiße, ich will das nicht haben ! Nicht schon wieder ! Ich dachte, das passiert nicht mehr in so krasser Form ! Machtlosigkeit, Ohnmacht, ich schäme mich so.........ich falle immer tiefer..........das wird nie enden.........

Meine jetzige depressive Phase (seit Juli) ist die schwerste seit vielen Jahren, habe seit Ende letzten Jahres meine AD abgesetzt und hätte nie gedacht, dass die Depression mit so einer Heftigkeit zurück kommt. Ich dachte, ich habe die Themen "bearbeitet, überwunden, transformiert, integriert" whatever.......aber es war nicht so .
Es fühlt sich an wie "zurück auf Start".

Sorry, möchte jetzt weder meine Lebensgeschichte erzählen, noch zu wirr oder abschweifend schreiben.
Aber der Kontext ist halt auch wichtig und obwohl die massiven Kommunikationsprobleme im Zentrum der Depression für mich stehen, bin ich dennoch dabei rauszufinden, was sonst noch da ist, was dahinter steht.
Ich würde die verschiedenen Bestandteile der Depression für mich zusammenfassen als "verdrängte Schattenanteile"
Die da sind : starke Bedürftigkeit, Verlustängste, Trauer Überanpassung, Scham, Angst egoistisch zu sein, Sprachlosigkeit, Leere.

Das sind erstmal meine Gedanken, hoffentlich dienen sie zur Inspiration
Schweiger

PS: Catfish, Dein Ausdruck "Schlag in die Magengrube" finde ich sehr passend. Mir kommt der Ausdruck "Zurück auf Start" in den Sinn, weil die Deperssion sich so sysiphosmäßig, ohne Fortschritt erscheint :roll:
Maxegon
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Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Maxegon »

Schweiger hat geschrieben: 28. Aug 2023, 11:19
Das finde ich eine sehr zuversichtliche Sicht: Menschen zu finden, die zu Dir passen ! Da drück ich Dir die Daumen. Geduld ist dabei sicher auch wichtig ...

Das müssen wir täglich neu rausfinden, oder ?
Hallo alle zusammen,

wie finde ich Menschen, die zu mir passen?
Wie finde ich heraus, ob sie zu mir passen?

Ich muss mit ihren kommunizieren!

Kenne ich die Menschen und diese mich, klappt das Verständnis auch mit einem Zettel an der Tür (Bitte nicht stören.) oder mit einem kurzen " Bitte, jetzt nicht." Doch dazu muss ich sie kennen.

Doch kenne ich die Person nicht ... so gut, empfinde ich dieses nicht Redenwollen als Zurückweisung und bin oft beleidigt.

Ich muss meinem Gegenüber mitteilen, warum ich jetzt gerade nicht kann oder will. Wenn es nicht verbal geht, dann eben schriftlich oder per Zeichensprache.

Wie soll mich denn einer verstehen, wenn er den Grund meiner "Kommunikationsunlust" nicht kennt? Oftmals empfindet man es als Zurückweisung, Desinteresse oder gar Beleidigung.

Ich verlange immer, der andere müsse mich verstehen, doch verstehe ich ihn???
Catfish789
Beiträge: 104
Registriert: 12. Aug 2023, 11:50

Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Catfish789 »

Winfried 123 hat geschrieben: 28. Aug 2023, 13:54 ...eine Freundin von mir bekommt bei psychischem Stress Hustenanfälle ,dann bekommt sie keinen ordentlichen Satz mehr raus.
Oft ist ein Trigger der Auslöser, bei ihr ist diese Reaktion auf Stress bis heute geblieben...
Liebe Brigitte,
gut, dass es bei Dir vorbei gegangen ist mit der Sprachlosigkeit. Hast Du auch gestottert oder konntest/mochtest Du nichts mehr sagen?

Ich vermute, dass das Stottern ggf. auch bei mir bleiben könnte. Da es aber nur auftritt, wenn es mir schlecht geht, dann ist das halt so. Ich bin eben krank. Es kommt ja prozentual gesehen nur bei einem Bruchteil der Sätze, die ich sage, vor. Habe ja nicht ständig schwierige Themen. Da es ein Indikator für Stress und Überforderung ist, weiß ich genau, ich muss dann gut für mich sorgen und achtsamer mit mir umgehen. So freue ich mich die meiste Zeit darüber, dass ich normal reden und vor allem wieder lachen kann.
LG♡
Catfish
Maxegon hat geschrieben: 28. Aug 2023, 12:02 Ich verlange immer, der andere müsse mich verstehen, doch verstehe ich ihn???
Maxegon,
damit hast Du es auf den Punkt gebracht.

So viele Leute kreisen einfach nur um sich selbst - ich schließe mich da ein - sodass die Bedürfnisse des Anderen nicht so zählen. Ich mache gerne meine Krankheit dafür verantwortlich, aber es war schon vorher so. Zuhören muss man lernen - ich arbeite daran...
LG
Catfish

Schweiger,
an das "Zurück auf Start" habe ich auch mal gedacht.

Beim ersten Burnout war ich fassungslos: Dass mir das - nach mehreren Langzeittherapien - überhaupt passieren konnte!
Und dass es zum zweiten Burnout kam, konnte ich noch weniger verstehen. Ich war völlig verzweifelt und dachte nur:"Jetzt bist Du wieder genau da, wo Du vor 10 Jahren warst" - also "zurück auf Start".

Das stimmt aber nicht. Es hat mich diesmal zwar schlimmer erwischt, ich erhole mich nur langsam und werde nicht mehr arbeiten können - aber ich konnte von der Erfahrung des ersten Burnouts profitieren.
Mir war bewusst, dass ich wieder kaum Entscheidungen treffen konnte, ich kannte die Körperreaktionen (außer Stottern und Panikanfälle), machte mehr und früher Auszeiten, nahm das Deligieren z.B. von Haushaltsarbeiten schneller in Angriff etc. All das musste ich in der Therapie nicht mehr besprechen - ich hatte da meine Erfahrungswerte :-/

Das Wichtigste aber war: Ich habe die Erfahrung gemacht, das ich schon einmal einen Burnout überstanden hatte und völlig genesen war. Das hilft mir jetzt noch immer.

Und das gilt auch für meine anderen Krankheiten, speziell Depression und Sucht. Rückfälle gehören zur Sucht dazu (von jedem lernt man) und Depression verläuft oft in Schüben. Und alles habe ich schon mal überstanden. Die Kunst ist, in der Zeit dazwischen zu leben und zu genießen...

Gib die Hoffnung nicht auf.
Catfish
Zuletzt geändert von Catfish789 am 28. Aug 2023, 22:12, insgesamt 1-mal geändert.
Katzen, Bücher und Fische - Quelle der Ruhe und Inspiration...
Xhensa
Beiträge: 22
Registriert: 16. Nov 2022, 23:36

Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Xhensa »

Was würdest du mir als Angehörige raten, wenn mein Partner mir sagt, dass jede Nachricht von mir ihn unter Druck setzt und ihn 10 mal mehr belastet als mich.

Ich habe ihm 1 Mal im Monat eine liebevolle Nachricht geschrieben. Manchmal auch mehr.

Dann sagte er, er will sich erstmal free fühlen und muss es, damit es ihm besser geht.

Zu meiner Frage, was mit der Beziehung ist, hat er sich seit 1 Jahr nicht geäußert.

Ich weiß jetzt nicht was ich machen soll. Diese völlige Funkstille finde ich total schwierig
MissMikse
Beiträge: 466
Registriert: 14. Mär 2023, 20:07

Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von MissMikse »

@Schweiger:
Danke für's Daumen drücken!

@Maxegon: Neue Menschen kennenlernen funktioniert natürlich in schlechten Zeiten nicht wirklich. Das ist etwas, was man in den guten Zeiten machen kann. Dann langsam den Kontakt aufbauen. An einem schlechten Tag kann man auch mal sagen, es ist was dazwischen gekommen oder man fühlt sich nicht gut. Später kann man ggf. offen sagen, was los ist.
Natürlich kann ich niemanden kennenlernen, wenn es mir grade so schlecht geht, dass ich nicht reden kann oder will.
Da ich über diese ganz schlechten Zeiten weg bin, will ich es in Angriff nehmen, neue Kontakte aufzubauen.
Schweiger
Beiträge: 55
Registriert: 20. Jul 2023, 11:39

Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Schweiger »

Danke für Eure Erfahrungen.

@Catfish u. Brigitte
die Erfahrungen von "zurück auf Start" haben wir alle 3. Das ist eine schwere Erfahrung, deswegen geht es hier ja auch darum uns Mut und Hoffnung zuzusprechen. Und sie ist ja auch berechtigt, auch das wissen wir (eigentlich).

Catfish
So viele Leute kreisen einfach nur um sich selbst - ich schließe mich da ein - sodass die Bedürfnisse des Anderen nicht so zählen. Ich mache gerne meine Krankheit dafür verantwortlich, aber es war schon vorher so. Zuhören muss man lernen - ich arbeite daran...
Mit der Depression kreise ich auch sehr um mich selbst, was ich im doppelten Sinne (mir ggü. und meinen Mitmenschen ggü.) nicht gut finde. Das muss ich akzeptieren, solange die Depression da ist, ist das auch verständlich und zwingt mich dazu mich damit auseinanderzusetzen. Quasi zu "entschlüsseln : was passiert, warum, was muss ich tun, was brauche ich......etc. . Dieser Prozess benötigt anscheinend soviel geistig-seelische Energie, dass für sonstige Sachen wenig übrig ist. Ich übe mich in Akzeptanz und Entschlüsseln und Selbstfürsorge.

Vor dieser depressiven Episode dachte ich, ich hätte mein Rezept für Kommunikation gefunden:
- Interesse für Menschen (Fragen zu stellen, mit ihnen "mitschwingen")
- Interesse für alles mögliche (ich sagte oft "das ist interessant", "das ist inspirierend", diskutierte gerne verschiedene Ansichten)
- Idee der kontinuierlichen Entwicklung (geistig, kommunikativ....)

Auch wenn ich das immer noch für gute Ansätze halte, so bin ich mit der momentanen Phase damit gescheitert.

Jetzt zur Entschlüsselung, was dahinter steht ist eine Selbstwertproblematik, die viel tiefer und dauerhafter angelegt ist, als ich "dachte", naja Verdrängung spielt wohl auch eine Rolle.

Selbstwert, Kommunikation, Schweigen, Scham, Kontakt, Verletzung, Angst
Das hängt alles zusammen und ich muss es noch besser erkunden.

@Brigitte
Das Deine Sprechfähigkeit zurückgekommen ist, ist sehr gut ! Du schreibst ja selber dass die Sprachlosigkeit Deine dunkelsten Phasen waren. Kann ich gut verstehen. Ich hoffe, dass das nicht mehr so arg kommt bzw. wenn dann nur vorübergehend und dass Du heute Werkzeuge und Vertrauen hast, dass sich dies wieder ändert.....
Catfish789
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Catfish789 »

Winfried 123 hat geschrieben: 29. Aug 2023, 08:10
...Damals hatte ich den 2. Nervenzusammenbruch.
Der war schlimmer als der erste...

...Wortfindungsstörungen habe ich bis heute.
Das sich kraftvoll fühlen, ist einer ständigen, leichteren Antriebslosigkeit/oft auch Lustlosigkeit gewichen, sich immer überwinden müssen, ist ja auch nicht schön...
Liebe Brigitte,
bei uns beiden gibt es neben der Suchterkrankung sehr viele Paralellen in unserer Lebensgeschichte. Kein Wunder, dass ich mich so gut von Dir verstanden fühle und Deine Berichte im hohen Maß "nachfühlen" kann (anders kann ich es nicht ausdrücken).

Jetzt verstehe ich, was Du meintest mit "Sprachlosigkeit im wahrsten Sinne des Wortes". So wirklich verstummt wie Du war ich nie. Das muss eine schlimme Erfahrung gewesen sein für Dich und ich bin froh, dass Du sie überwunden hast. Ja, das Schreiben im Forum hilft sehr...hier hast Du Dir Deine Sprachfähigkeit erhalten und konntest Dich ausdrücken. Verbal zu kommunizieren ist viel anstrengender.

Danke, dass Du erklärt hast, warum Du u.a. das AD ausgeschlichen hast. So weit bin ich noch nicht. Ich habe da gerade keine Kraft für.

- - -

Alles Liebe für Dich, Brigitte!
Catfish
Zuletzt geändert von Catfish789 am 6. Sep 2023, 17:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Catfish789
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Catfish789 »

Hallo Xhensa,
ich weiß nicht, ob Du jemanden speziell ansprechen wolltest.

Ich selbst mag nicht viel zu Beziehungen schreiben, aber selbst wenn, fehlen mir viel zu viele Informationen über Deine Beziehung. Da kann ich nur missverstehen - und Falsches raten.

Es tut mir Leid.
Catfish
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Suchende2
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Suchende2 »

Hallo,

auch wenn das Thema schon viel weiter als in der Überschrift ist, komme ich nochmals auf den Anfang zurück.

Ich habe seit meinem Zusammenbruch wenige Kontakte verloren und sogar neue hinzugewonnen.

Als klar war, was ich habe, habe ich es meinen Freunden gesagt und auch gesagt, daß ich nicht in der Lage bin, Kontakt zu halten. Die meisten haben es verstanden und den Kontakt von sich aus gehalten. Auch wenn es zum Teil sehr anstrengend war, habe ich, wenn ich angerufen wurde, abgenommen. Die Telefonate waren zum Teil nur sehr kurz und ich konnte mir auch nichts oder nicht viel von dem gesprochenen merken (auch das habe ich kommuniziert, daß eine Pseudo-Demenz dazugehört). Ich habe immer nach deren Leben / Kinder gefragt, auch wenn ich dafür in der schweren depressiven Episode eigentlich keine Kraft hatte. Damit habe ich versucht von meiner Seite aus den Kontakt aufrechtzuerhalten. Inzwischen schaffe ich es, mich zumindest ab und zu bei meinen Freunden zu melden und auch länger zu klönen (auch wenn es immer noch sehr viel Kraft kostet). Das ist für unsere Beziehung gut.
Ich bin meinen Freunden dankbar, daß sie mir durch ihr Verständnis in dieser Zeit beigestanden haben und noch immer beistehen. Ich versuche aber auch, die Freundschaft wieder etwas mehr ins Gleichgewicht zu bringen, damit sie nicht zu sehr belastet werden. Und das kostet sehr viel Kraft.

Gleichzeitig weiß ich nicht, ob sie manchmal gemerkt haben, wieviel Energie und Kraft mich ein kurzes Telefonat gekostet hat. Und ob denen mein fehlendes echtes Interesse aufgefallen ist. Ich hoffe nicht. Das kann ich vielleicht irgendwann mal nachfragen.

Stottern, unter Streß, kenne ich aus meiner Kindheit. Damals habe ich eine Technik gelernt, damit umzugehen, die mir bis heute hilft und kurz den Fokus auf mich setzt.

Alles Gute,
Suchende
Lore
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Lore »

Bei mir war es so, dass ich ein halbes Jahr nicht sprechen konnte. Ich brachte keine Sätze mehr heraus, nicht einmal mehr Töne. Einmal kam eine Frau aus der Gemeinde und brachte mir selbstgemachte Marmelade. Sie sagte aber, ich komme nicht rein, wir können uns ja sowieso nicht unterhalten.
Oder wenn ich es probiert habe, dann ergänzten die Gesprächspartner die Sätze. Das war erniedrigend und verletzend.
Natürlich war ich dann bei den verschiedensten Ärzten, bis ich dann in einer Klinik für Stimm- und Sprechtherapie landete, die mir auch geholfen hat.
Nach dem Klinikaufenthalt verlor ich noch etliche Male die Stimme, aber nicht mehr durchgehend.
Mit diesem Stimmverlust fing auch die Zeit der psychischen Beschwerden an . Das war aber eine Erfahrung, die eigentlich keiner machen sollte. - Echt krass,
wobei, meine depressiven Episoden sind ja auch meistens extrem
Lore
Catfish789
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Catfish789 »

Hallo Lore,
ich hätte nicht gedacht, dass es häufiger passiert mit dem vollständigen Sprachverlust so wie bei Dir und Brigitte.
Ich finde das Stottern schon quälend, aber ganz zu verstummen ist noch viel schwerer auszuhalten.
Dein Erlebnis mit der Frau finde ich heftig. Man kann doch auch schriftlich kommunizieren!
Ich hoffe, Du hast jetzt keine Einschränkungen mehr beim sprechen...

Hallo Suchende,
wie Du den Kontakt zu Deinen Freunden gehalten hast, finde ich beeindruckend. Ich war da leider nicht zu in der Lage.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Deine Freunde viel Verständnis hatten, wenn Du in einer depressiven Phase kein übermäßiges Interesse zeigen konntest. Du hast nach ihnen gefragt, das zählt!

Magst Du vielleicht von der Technik erzählen, die Dir früher beim Stottern geholfen hat? Da wäre ich sehr dankbar für.
Alles Liebe
Catfish
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Schweiger
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Schweiger »

Hi Lore,
da hast Du wirklich eine sehr einschneidende Erfahrung gemacht. Das war quasi der Verlust der Sprechfähigkeit, echt heftig.Die Heftigkeit veranlasst einen aber auch dazu es ernst zu nehmen, sich zu kümmern, Hilfe zu suchen, so wie Du es mit der Sprechtherapie gemacht hast, die Dir auch geholfen hast, wie Du schreibst. Das ist doch eine sehr gute Erfahrung, festzustellen was hilft.
Was hat Dir noch geholfen ? Wie ist das Thema für Dich heute ?
Bei mir ist es so in den aktuen Phasen so, dass ich sehr sehr wenig spreche, die Sätze muss ich rauspressen, es gibt dann auch keinen Anschlussgedanken. Das ist für mich sehr schlimm, weil ich Kommunikation wichtig finde, weil ich dann merke, dass das Zusammensein mit Menschen schwierig bis sinnlos wird u. es meine (innere) Einsamkeit noch mehr steigert.
Ich hab mich in vergangenen deprs.Episoden schon mit dem Thema "Mutismus" auseinandergesetzt, war in den Foren, bei Treffen......
Freunde von mir meinten, das wäre wirklich nicht meine Baustelle, aber es hat sich absolut so angefühlt.
Wie bei der den deprs.Episoden, man ist schon mehrmals rausgekommen, aber jedesmal fühlt es sich so an, "diesmal werde ich hier für immer versinken", dito bei der Sprachlosigkeit, die für mich wie ein Abbruch zu allen Menschen vorkommt.

@Suchende
so wie Catfish finde ich es auch beeindruckend wie Du mit Deiner Umgebung umgegangen bist. Wenn man ehrlich ist, kann man ja mit den äußeren Themen wenig anfangen, aber - wenn es geht und Sinn macht- sich bemühen sich etwas zu interessieren für die anderen Menschen, selbst wenn es nur mechanisch u. nicht ganz authentisch ist, hört sich nach einem Schritt zurück ins Leben zurück an. Das gilt ja für andere Dinge auch, z.B. "einfach rausgehen", zunächst mechanisch u. und mit wenig Erwartungen. Langsam, geduldig, eben auch in Kontakt mit Menschen, auch in Kontakt mit sich selbst.....hört sich doch gut an (hier gibt es gar kein Herzsmiley :( :D
Catfish789
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Re: Kommunikation in depressiven Phasen

Beitrag von Catfish789 »

Schweiger hat geschrieben: 30. Aug 2023, 11:43 (hier gibt es gar kein Herzsmiley :( :D
Hallo Schweiger,
sehr interessant Dein Hinweis auf "Mutismus". Kannte ich bisher nicht.

Danke ♡ <3
Catfish

● Zum dezenten Gebrauch ;-) nutze ich unter Sonderzeichen auf der Handytastatur die Kartensymbole.
● Das Zeichen "kleiner" und die Zahl Drei sind auch als Herzsymbol bekannt <3
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