Freundschftsverluste durch Depression

Welle62
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Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Welle62 »

Hallo zusammen,

ging es euch auch so, dass sich Freunde irgendwann a gewendet haben, weil ihr depressiv seid?
Ich habe seid meiner Jugend depressive Episoden und versuche mich in diesen Phasen von Freunden zurück zu ziehen, weil ich ihnen nicht gut tue . Ist es für Menschen wie uns besser, sich mit depressiven Menschen zu umgeben? Gute Phasen haben wir ja alle auch, in denen man Spass haben kann.
Ich selbst habe meine zwei besten Freunde verloren, nicht ausschliesslich durch meine Schuld. Aber jetzt bin ich so verunsichert, dass ich nicht mehr auf Menschen zugehen kann, was ich vorher sehr gut könnte.
Bin total ängstlich und immer nervös, wenn ich mich mit Leuten treffe.
Feste Freunde geben echt Halt.
Das hatte ich immer unterschätzt.
Senif
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Senif »

Hallo Welle,

haben denn die Freunde eine Begründung gegeben, warum sie sich zurückgezogen haben ?
Ich habe auch gerade Freunde verloren, bzw. hab ich die Freundschaft beendet, weil etwas passiert ist, bei dem absolut das Vertrauen weggebrochen ist. Es ist auch Selbstschutz.
Unser Freundeskreis bestand alles aus psychisch Kranken (verschiedene Erkrankungen), in der Klinik kennengelernt. Damals hatte man ja die Gemeinsamkeit psychisch krank und Klinik. Ich finde, dass sind denkbar schlechte Voraussetzungen um stabile Beziehungen zu führen. Klar stößt man vielleicht auf mehr Verständnis, aber dieses mehr an Verständnis kann auch dazu führen, dass man sich gegenseitig im Elend bestätigt, was zur Folge hat, dass man drin hängen bleibt. Es kann auch so sein, dass man sich gegenseitig runter zieht, statt aufbaut. Diese Gefahr ist immer gegeben und stärker als zwischen Gesunden.

Du kannst aufgrund der Verunsicherung nicht mehr auf Menschen zugehen, beraubst dich damit aber der Möglichkeit, neue Menschen kennenzulernen, die ev. Freunde werden könnten. Klar, wenn man keine Kontakte hat, kann man auch nicht verletzt werden. Es ist halt ein hoher Preis.
Was verunsichert die anderen ? Vielleicht, wenn sie merken, du ziehst dich zurück, meldest dich nicht mehr und sie denken dann, das ist keine richtige Freundschaft. Da kann manchmal ein offenes Wort helfen und die Situation erklären. Jeder muss dann selbst entscheiden, ob er eine Freundschaft so führen kann oder nicht.

Ich finde, man kann besser Kontakte knüpfen, wenn man eine gemeinsames Ziel verfolgt z.B. beim Sport. Man hat den Sport gemeinsam und lernt sich darüber auch näher kennen. Und es ist einfacher, weil man nicht krampfhaft ein Gespräch aufrecht erhalten muss, sondern einfach gemeinsam Spaß an der Bewegung hat.

LG Senif
Schweiger
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Schweiger »

Hallo Welle,

es ist auch meine Erfahrungen, dass sich Freundschaften durch schwere oder längere depressive Episoden verkomplizieren.
Bin gerade selber stark gebeutelt, stark bedürftig und merke, dass da Freundschaften an Grenzen stoßen.
Ich glaube sehr akute Phasen kann man nur mit wenigen Menschen teilen, entweder mit Menschen, die es selber erlebt haben oder empathische Menschen.
Depression ist eine Belastung auch für einen anderen Menschen, aber ich würde nicht so weit gehen wie mein Vorredner , dass es Menschen komplett abstößt. Für stabile Beziehungen ist eine längere Depression auf jeden Fall eine Belastung, umgekehrt sind aber stabile Beziehungen auch wichtig für eine Depressionsprophylaxe.
Hoffe mein Geschreibsel macht einigermaßen Sinn :roll:
Welle62
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Welle62 »

Ja. Das wünsche mir wirklich einen Freund in ähnlicher Lage. Man könnte sich unterstützen. Der Partner kann einfach trotz Emphatie nichts bewirken. Er ist hilflos.
Aber auch habe den Eindruck, dass viele Menschen sich nicht mit tieferen Dingen, als Spass und Geld umgeben und beschäftigen wollen.
Welle62
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Welle62 »

Hallo Senif.
Ja beim Sport oder so sollte es einfacher gehen. Aber ich trau mich nicht, Menschen anzusprechen.
Ein ganzer Freundeskreis aus psychisch kranken hatte ich bisher nicht. Ich finde ein Mensch in ähnlicher Lage ist ein Gewinn.
Warscheinlich bin ich auch in guten Zeiten nicht ganz einfach...
Schweiger
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Schweiger »

Welle62 hat geschrieben: 2. Aug 2023, 06:41 Ja. Das wünsche mir wirklich einen Freund in ähnlicher Lage. Man könnte sich unterstützen. Der Partner kann einfach trotz Emphatie nichts bewirken. Er ist hilflos.
Aber auch habe den Eindruck, dass viele Menschen sich nicht mit tieferen Dingen, als Spass und Geld umgeben und beschäftigen wollen.
Ich finde das auch . Meine Partnerin ist optimistisch und geht fest davon aus dass die Tabletten einen Umschwung bewirken werden (nehme sie jetzt wieder seit 3 Wochen). Für mich fühlt sich das nicht so an, auch wenn die Tabletten mich bisher immer sehr unterstützt haben und tatsächlich einen Umschwung bewirkt haben.
Ein wichtiges Thema bei mir sind auch Menschen. Ich gehe jetzt sehr offen mit meiner Episode um (was anderes macht für mich gar keinen Sinn), d.h. ich bekomme Unterstützungsangebote von Bekannten und Freunden, aber ich weiß, so freundlich das gemeint ist, dass da zwischen Depression und Normalität 2 Welten aufeinanderstoßen.
Das Traurige ist, dass selbst bei alten Freunden, die das kennen, ich das Gefühl habe, dass sie auf Distanz gehen.
Es ist ebena auch schwierig die Ohnmacht und das Gefangensein der Depression mitanzusehen.
Wahr ist auch, dass ausgerechnet in der Depression Kontakt und Zuspruch so wichtig ist.
Für mich ist es ja gerade das Gefühl der Getrenntheit, die Einsamkeit, die so schmerzhaft ist.
Es hilft nichts, ich werde versuchen mir Leute zu suchen, die das kennen, werde mir Gruppen anschauen.
artofblue
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von artofblue »

Liebe Welle,

ich kenne das ebenso. Genau so, wie du es beschreibst. Mir tut das sehr weh. Ich versuche ein Maß zu finden zwischen "ihnen mich nicht zumuten wollen" und "ich bräuchte so dringend jemanden zur Unterstützung". Es ist schwer. Und ja, es stimmt: man wird nicht gewollt, wenn es einem nicht gut geht, wenn man nicht funktioniert. Ich finde auch, dass es im älter werden immer schwieriger wird, neue Freunde zu finden.
Ich bin schon froh zu hören, dass es euch auch so geht. Ich denke immer, es liegt nur an mir.
Schneefloeckchen
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Schneefloeckchen »

artofblue hat geschrieben: 5. Aug 2023, 15:10 Und ja, es stimmt: man wird nicht gewollt, wenn es einem nicht gut geht, wenn man nicht funktioniert. Ich finde auch, dass es im älter werden immer schwieriger wird, neue Freunde zu finden.
Gerade heute nehmen Ausgrenzung und Ablehnung extrem zu. Depressive, die sich nicht hinter dem Modewort "Burnout" verstecken, Hochsensible, alleinstehende Frauen, die es wagen, alleine zu verreisen, und alle möglichen anderen Menschen, die nicht einer diffusen "Norm" von Hochglanzmensch entsprechen, werden stigmatisiert und systematisch ausgegrenzt. Es scheint wie die 100%ige Umsetzung eines Lehrsatzes der positiven Psychologie: "Umgeben Sie sich mit positiven Menschen!", was allzu häufig zusätzlich als "unkomplizierte" Menschen umgedeutet wird und zur Abkehr von allen "problematisch" erscheinenden Leute führt. Es ist zu einer Lebenseinstellung geworden wegzuschauen oder im Gegenteil sich über Ausgeschlossene lustig zu machen. In so einem Klima ist es unmöglich, neue soziale Kontakte aufzubauen. Aus eigener Erfahrung hat mir der Kontakt zu ähnlich seelisch zerstörten Personen nicht geholfen - im Gegenteil.
artofblue
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von artofblue »

@Schneefloeckchen
Stimme in allem zu.
Nur bleibt dann ja nichts als Alleinsein. Wenn man keine "normalen" Freunde mehr findet, weil man depressiv ist und das Zusammensein mit anderen Depressiven runterzieht? Wie machst du das dann? Allein bleiben?
Schneefloeckchen
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Schneefloeckchen »

artofblue hat geschrieben: 6. Aug 2023, 13:31 @Schneefloeckchen
Stimme in allem zu.
Nur bleibt dann ja nichts als Alleinsein. Wenn man keine "normalen" Freunde mehr findet, weil man depressiv ist und das Zusammensein mit anderen Depressiven runterzieht? Wie machst du das dann? Allein bleiben?
Ja, ganz genau. Es schmerzt fürchterlich, war 15 Jahre verheiratet und bin im Grunde Familienmensch. Nun 100% Einsamkeit, kein "schönes" Wochenende mehr, erst recht keinen "schönen" Urlaub. Alleine als Frau zu reisen oder sich außerhalb vom Supermarkt blicken zu lassen, bringt nur Getuschel und Stigmatisierung. Und wenn dann noch rauskommt ... alles aus. Also schließ ich mich 6 Wochen im Jahr in meinem Haus ein, lasse mich nirgends blicken, rede mit keinem Menschen. Das ist Preis, nicht "passend" zu sein.
IchWirErSieEs hat geschrieben: 6. Aug 2023, 14:01 Modewort: "Alles gut". Was für ein Quatsch.
Oh weh, wie grauenhaft! Ich hasse diese Sprüche genauso. Mich triggern schon diese albernen Floskeln wie "schönes Wochenende" oder "schöner Feierabend", den sich die Normalen an die Köpfe werfen. Wenn es mich mal trifft, würde ich am liebsten schreien. Ich hatte seit 4 Jahren weder ein schönes Wochenende noch einen schönen Urlaub, keine einzige schöne Sekunde. Aber das geht die gar nichts an, würden sich nur drüber amüsieren.
Sonnenschein34
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Sonnenschein34 »

emptyinside hat geschrieben: 5. Aug 2023, 10:32 Leider kenne ich diese Thematik ebenfalls…. da ich schon seit 20 Jahren mit wiederkehrenden Depressionen und sozialen Ängsten behaftet bin, hat sich mein Freundeskreis sehr reduziert. Mir ist klar, dass ich mit meinem Rückzugsverhalten einen großen Teil dazu beigetragen habe. Teilweise kann ich es verstehen, wenn man immer wieder Einladungen ausschlägt, bleibt es irgendwann einfach stumm….
Das kenne ich auch nur allzu gut. Ich kann nicht genau bestimmen, seit wann das bei mir so ist, geschätzt so ab dem Teenie-Alter. Davor hatte ich Freundschaften. Dann nur noch Kontakt in der Schule, später nur im Beruf, nicht in der freien Zeit danach. Eine Freundin ist mir geblieben, doch die hab ich auch schon ewig nicht mehr persönlich getroffen. Ansonsten nur Kontakt mit ihr über die sozialen Medien. Gefühlt ist sie auch "genervt" von meinen depressiven Phasen. Irgendwie aber auch verständlich.

Der letzte Versuch mal mit jemandem einen Kaffee trinken zu gehen: gescheitert, weil ich getriggert war und meine Grenzen missachtet wurden. Ich habe keine Ahnung, wie ich das nochmal auf die Reihe bekommen soll nach gefühlt 30 Jahren ohne nennenswerten Freundschaften :roll: .

Meine Therapeutin schlägt jetzt eine Gruppentherapie vor... Einerseits schiebe ich Panik, andererseits erhoffe ich mich so was wie "erkennen, was falsch läuft - was stößt andere von mir ab - ergeben sich vielleicht dadurch Kontakte, und und und...". Es ist schwierig, da ich auch kein Vereinsmensch bin. Dabei mag ich eigentlich Menschen und ihre Geschichten. Ich kann gut zuhören, aber gehe auch in Gruppen gefühlt unter...
artofblue
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von artofblue »

@Sonnenschein34

Deinen letzten Absatz kann ich auch unterschreiben. Ich hatte eine Kurztherapie mit einer Therapieform die sich CBASP nennt und speziell auch auf die "depressive" Kommunikation abzielt. Also: Wie spreche ich mit anderen? Wie erkenne und verändere ich dabei meine alten Muster. Ich habe einiges daraus mitgenommen. Jetzt habe ich mich für eine assistierte Selbsthilfegruppe angemeldet, obwohl ich kein Gruppenmensch bin.
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Senif »

Nun hat es auch etwas "von was Besonderes sein", wenn man depressiv ist - so kommt mir das Geschreibe hier vor. Ich leugne nicht, dass es auch Stigmatisierung gibt, aber nicht nur. Diese Einstellung unterstellt ja quasi jedem, er stigmatisiert andere Menschen .... weil er zu doof geguckt hat, weil er einen "Schönen guten Morgen" gewünscht hat, weil er die angeblich oberflächliche Frage gestellt hat: wie geht's usw usf. Das finde ich nicht besonders fair und ist auch m.E. sehr negativ eingefärbtes Gedankengut, aus dem ihr ja versucht rauszukommen, oder doch nicht?
Alle Welt hat die Kranken zu verstehen, aber anders herum ist auch Null Verständnis da. Es geht ja gerade darum, dass die Kranken gesund werden (und damit auch gesündere Sichtweisen und Kommunikation entwickeln) und nicht, dass die Gesunden krank werden und am Ende die Sicht der Depressiven teilen (oder anderer psychisch Erkrankten). Jetzt kann man ein Leben lang damit hadern, wie böse die Welt ist, oder man fängt irgendwann mal an, an sich selbst zu arbeiten, anstatt sich an den Normalos abzuarbeiten.
Senif
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Senif »

oberflächlich und dumm sind eben immer nur die anderen.
Sonnenschein34
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Sonnenschein34 »

artofblue hat geschrieben: 6. Aug 2023, 20:23 Deinen letzten Absatz kann ich auch unterschreiben. Ich hatte eine Kurztherapie mit einer Therapieform die sich CBASP nennt und speziell auch auf die "depressive" Kommunikation abzielt. Also: Wie spreche ich mit anderen? Wie erkenne und verändere ich dabei meine alten Muster. Ich habe einiges daraus mitgenommen. Jetzt habe ich mich für eine assistierte Selbsthilfegruppe angemeldet, obwohl ich kein Gruppenmensch bin.
Hallo,

danke für die Info. Ich werde mich diesbezüglich mal einlesen. Schön zu lesen, dass Du Dir daraus was mitnehmen konntest. :hello:
Senif
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Senif »

Niemand ist nur das eine oder andere. Wir sind alle alles. Jeder verhält sich mal dumm oder macht Fehler, wobei Fehler eben auch im Auge des Betrachters liegen. Vielleicht hat der Milchkäufer eine andere Meinung zu dem Thema. Verschiedene Meinungen schließen sich ja nicht aus und können koexistieren. Kein Grund, andere in die Schublade "oberflächlich" oder "dumm" einzuordnen. Sondern lieber mal bei sich kehren.
Wir alle verhalten uns auch mal freundlich, offen, liebevoll, aber auch reserviert, blockiert, usw. es gibt so eine große Bandbreite und niemand ist nur "entweder oder" "sondern sowohl als auch". Dieses Denken löst dann mitunter auch menschliche Schubladen auf, die man eigentlich auf andere projeziert. (Schwarz-Weiß-Denken ablegen)
Senif
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Senif »

ok, wir sind alle vieles - so ist es richtiger. Diese Aussage hat aber nichts mit "wir sind Teil eines Ganzen" zu tun. 2 verschiedene paar Schuhe.
Ich möchte mir hier nicht unterstellen lassen, ich würde selbst "in Schubladen" denken.
Ach nein ? Sagtest du nicht, dass jeder Durchschnittsmensch stigmatisiert ? Also bist du kein Durchschnittsmensch, sondern etwas Besonderes ?
Und wie kommen bei dir die Schubladen "dumm" und "oberflächlich" zustande ? (oder eben dass die Menschen "intellektuell faul" sind ? oder oder ?) Für mich sind das eindeutig Schubladen. Und keine besonders schönen noch dazu.
DieNeue
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von DieNeue »

Hallo,

ich frage mich gerade, in welchem Umfeld ihr wohnt, dass ihr so extrem schlechte Erfahrungen mit anderen Leuten macht oder woran das liegt, dass ihr ständig auf Leute trefft, die euch stigmatisieren.
Ich erlebe es nicht so, dass jeder mich ablehnt, weil ich Depressionen habe. Natürlich gibt es auch Leute, die blöde Kommentare abgeben, und ich erzähle auch nicht jedem davon, bei manchen meide ich das Thema auch, aber der Großteil der Leute behandelt mich völlig normal.
Auch als alleinstehende Frau kann ich hier Sachen alleine machen, ohne dass man mich blöd anschaut.
Ich denke mir immer, ich bin nicht allein. Ich hab doch mich selbst. Und ich bin es mir wert, dass ich Sachen mache, die mir gefallen. Und wenn keiner mitgeht, dann mach ich sie halt allein.

Liebe Grüße,
DieNeue
Senif
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Senif »

Es könnte auch so sein ? Jemand guckt komisch, oder übt Kritik, oder sagt was Unbedachtes und schwups, ist es Stigmatisierung ? Es kommt auch auf meine Bewertung an ... wenn ich jedes Wort auf die Goldwaage lege und überbewerte, dann bekommt das ein unrealistisches Gewicht.
Wie gesagt, ich denke, es gibt Stigmatisierung und Abwertung anderer (aber das geht jedem so) - aber nicht nur und ausschließlich. Weil ansonsten ist es eine Pauschalisierung von allen anderen Menschen. (und eben auch wieder eine Schublade). Menschen sind verschieden und haben gute und schlechte Eigenschaften. Wenn ich mich schlecht behandelt fühle, gibt es die Möglichkeit andere Menschen zu suchen, oder jemand hat vielleicht gar nichts schlimmes sagen wollen, dann kann ich meine Bewertung überprüfen. Dazu gehört Kommunikation.

Ich mache im Übrigen auch nicht die Erfahrung, nur runtergemacht zu werden, weil ich psychisch krank bin. Und wenn jemand Kritik übt, überlege ich mir ob sie berechtigt ist oder nicht. bei ersterem kann ich etwas an meinem Verhalten ändern und beim letzteren kann ich dem anderen einfach seine Meinung lassen, was ja sein gutes Recht ist.
DieNeue
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von DieNeue »

Hallo zusammen,
Senif hat geschrieben: 29. Jul 2023, 21:19 Unser Freundeskreis bestand alles aus psychisch Kranken (verschiedene Erkrankungen), in der Klinik kennengelernt. Damals hatte man ja die Gemeinsamkeit psychisch krank und Klinik. Ich finde, dass sind denkbar schlechte Voraussetzungen um stabile Beziehungen zu führen.
Ich denke, dass eine Freundschaft mit anderen depressiven Menschen dann funktionieren kann, wenn sie nicht nur auf der einen Gemeinsamkeit aufbaut, dass man psychisch krank ist, sondern man auch andere gemeinsame Interessen hat. Da kann man dann z.B. gemeinsam Sport machen, kreativ sein usw, ohne dass sich immer alles um die Krankheit dreht, aber man hat auch jemanden, der einen in schlechten Zeiten versteht.

Zum Thema Stigmatisierung: Es gibt auch Selbststigmatisierung. Das bedeutet, dass man die Vorurteile, die andere Menschen haben, selbst übernimmt und sie selber glaubt. Dadurch zieht man sich dann auch selber zurück, weil man denkt, jeder andere würde einen auch so sehen. (https://www.therapie.de/psyche/info/rat ... ng/formen/)
Das merke ich manchmal bei mir auch, dass ich mir denke, die Leute denken so und so über mich, dabei hat das tatsächlich gar niemand gesagt außer mein Kopf.

@ Schneeflöckchen: Was ist prinzipiell daran schlimm, wenn einem andere ein schönes Wochenende oder einen schönen Tag wünschen? Fremde Leute können nicht wissen, dass es dir so schlecht geht, dass dich das so trifft. Natürlich ist es eine Floskel. Aber sie zeigt auch Respekt und Anstand dir gegenüber. Sollen die Leute gar nichts sagen? Dann würdest du dir wahrscheinlich denken, dass sie allen einen schönen Tag wünschen nur dir nicht und dass dich deshalb keiner mag usw. Außerdem ist es ein Wunsch (!), keine ironische Feststellung, dass du ja eh keine schönen Wochenenden hast o.ä.
Warum sollten sich denn alle darüber amüsieren, wenn du sagst, dass es dir so schlecht geht, dass du seit Jahren keinen schönen Tag mehr hattest. Das ist doch furchtbar! Die meisten Leute, die ich kenne, fänden das auch furchtbar und gar nicht zum Lachen. Die meisten würden wahrscheinlich eher versuchen dir zu helfen.
Wie kommen fremde Leute eigentlich drauf, dass du psychisch krank bist? Solange man das nicht anderen erzählt und man noch arbeiten geht, merkt man das anderen ja eigentlich kaum an. Oder lebst du in einem so kleinen Ort, wo jeder über jeden tratscht und sobald einer was weiß, wissen es alle (und am besten noch Dinge, die man selbst nicht mal weiß)?
Senif hat geschrieben: 7. Aug 2023, 20:48wenn jemand Kritik übt, überlege ich mir ob sie berechtigt ist oder nicht. bei ersterem kann ich etwas an meinem Verhalten ändern und beim letzteren kann ich dem anderen einfach seine Meinung lassen, was ja sein gutes Recht ist.
Ich denke, bei sachlicher Kritik kann man das noch einigermaßen hinkriegen. Schwierig wird es, wenn die "Kritik" nicht mehr auf das Verhalten, sondern auf die Person bezogen wird und es mehr um Beleidigungen u.ä. geht. Wenn man da viel abbekommt, ist es wahrscheinlich sehr schwierig, sich da abzugrenzen. Da muss man sich dann entweder gut wehren oder das Umfeld wechseln.

Ich glaub, was beim Thema "Leute kennenlernen" auch von Vorteil ist, ist, wenn man sich auch mal auf Small Talk einlässt/"herablässt". Ich glaube nicht, dass tiefe Freundschaften nur dann entstehen, wenn man sofort tiefgehende Themen anspricht. Erst muss man ja überhaupt mal den Mund aufmachen und ins Gespräch kommen. Da reicht es, wenn man erstmal über oberflächlicheres spricht. Tiefgehende Gespräche ergeben sich dann, wenn man sich schon etwas besser kennt und man weiß, wie der Andere grob tickt. Aber mit der Tür ins Haus fallen überfordert manche Leute.

@ Sonnenschein: Ich würde das mit der Gruppentherapie ausprobieren. Das ist doch eine super Chance!

Liebe Grüße,
DieNeue
Senif
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Senif »

Hallo DieNeue,
Ich denke, dass eine Freundschaft mit anderen depressiven Menschen dann funktionieren kann, wenn sie nicht nur auf der einen Gemeinsamkeit aufbaut, dass man psychisch krank ist, sondern man auch andere gemeinsame Interessen hat. Da kann man dann z.B. gemeinsam Sport machen, kreativ sein usw, ohne dass sich immer alles um die Krankheit dreht, aber man hat auch jemanden, der einen in schlechten Zeiten versteht.
Ja, das ist möglich. Natürlich ging es auch bei uns nicht immer nur um Krankheit. Aber bestimmte Symptome passen glaub ich auch einfach nicht zusammen. Es ist gut, wenn man sich auch abgrenzen kann. Z.B. ist eine Drogenabhängigkeit mit Beschaffungskriminalität nicht unbedingt eine Sache, wo der über den Tisch gezogene Freund immer wieder Verständnis zeigen sollte. Es gibt da auch rote Linien. Oder wenn Aggressivität und Gewalt mit im Spiel sind.
Ich für mich hab meine Grenzen immer klarer und das schlechte Gewissen, wenn ich nein gesagt hab, hat sich auch ein bisschen relativiert.
Bei 2 depressiven Menschen sehe ich die Gefahr, dass man sich gegenseitig im Elend bestätigt und so in der "Soße" stecken bleibt. Oder der eine im Loch den anderen mit runterreißt. Es muss nicht so sein, aber ich sehe da eine Gefahr. Was auch nicht so gut zusammen passt sind Helfersyndrom und ein fordernder Partner oder Freund. Beispiele dafür gibt es sicher viele.
Bei mir ist es so, dass ich ein relativ großes Fass habe. Trotzdem versuche ich das Fass nicht zu voll werden zu lassen, und sage schon auch was ich nicht so cool finde. Ich versuche ein sich anbahnendes Problem zu klären. Aber wenn dann irgendwann doch das Fass überläuft (z.B. nach Jahren des Ausnutzens z.B. oder emotionalem Missbrauch etc.), dann muss ich mich auch aus Selbstschutz verabschieden. Das ist auch meine Verantwortung.
Nach großen Problemen in Beziehungen zu kranken Menschen, bin ich mittlerweile an einem Punkt, wo ich sagen muss: Ich möchte gern stabile und ausgeglichene Beziehungen haben. Und das geht am besten zu gesunden Menschen.
Ich bin es mir wert, gesunde Beziehungen zu führen. Ich darf auswählen.
Senif
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Senif »

Ich denke, bei sachlicher Kritik kann man das noch einigermaßen hinkriegen. Schwierig wird es, wenn die "Kritik" nicht mehr auf das Verhalten, sondern auf die Person bezogen wird und es mehr um Beleidigungen u.ä. geht. Wenn man da viel abbekommt, ist es wahrscheinlich sehr schwierig, sich da abzugrenzen. Da muss man sich dann entweder gut wehren oder das Umfeld wechseln.
Es gibt noch eine 3. Möglichkeit: :D

Ich lasse den anderen rumkrakelen, denke mir meinen Teil und freue mich, dass ich es an mir abprallen lassen kann. Aber dafür ist ein sehr gutes Selbstwertgefühl notwendig und eine gewisse innerliche Selbstsicherheit.
Ich kann mir mein Umfeld natürlich aussuchen. Ich merke ja eigentlich auch, wer mir gut tut und wer nicht. Dabei muss der andere jetzt nicht schlecht sein oder so, aber auch hier passen manche Charaktere einfach nicht zusammen. Und das ist auch ok so.
DieNeue
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von DieNeue »

Hallo Senif,
Senif hat geschrieben: 8. Aug 2023, 20:12 Z.B. ist eine Drogenabhängigkeit mit Beschaffungskriminalität nicht unbedingt eine Sache, wo der über den Tisch gezogene Freund immer wieder Verständnis zeigen sollte. Es gibt da auch rote Linien. Oder wenn Aggressivität und Gewalt mit im Spiel sind.
Mit Verständnis meinte ich auch nicht, dass man zu allem Ja und Amen sagt. Aber man muss z.B. dem Anderen ggf. weniger erklären, wie es einem geht, weil er es einfach von sich kennt. Bei gesunden Leuten hatte ich manchmal das Problem, dass ich erklärt habe, warum ich was kann und was nicht. Dann wurde gesagt, man würde das verstehen - und noch im gleichen Satz genau das gefordert, von dem ich gerade gesagt hatte, dass das nicht geht. Das hatte ich bei Leuten mit psychischen Krankheiten nicht.
Manchmal hatte ich auch den Eindruck in der Klinik, dass manche Menschen mit psychischer Erkrankung ein besseres Sozialverhalten und gesündere Einstellungen hatten als so manche gesunde. Manche "gesunde" Menschen verhalten sich teilweise ja auch ganz schön "gestört". Aber vielleicht haben die auch einfach nur keine Diagnose^^
Das, was du oben beschreibst, geht gar nicht, egal, ob jemand krank oder gesund ist.

Liebe Grüße,
DieNeue
Senif
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Senif »

Manchmal hatte ich auch den Eindruck in der Klinik, dass manche Menschen mit psychischer Erkrankung ein besseres Sozialverhalten und gesündere Einstellungen hatten als so manche gesunde. Manche "gesunde" Menschen verhalten sich teilweise ja auch ganz schön "gestört". Aber vielleicht haben die auch einfach nur keine Diagnose^^
Ich tippe auch auf nicht diagnostiziert :D :hello:
Silvianeu
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Re: Freundschftsverluste durch Depression

Beitrag von Silvianeu »

Hallo zusammen

habe immer noch eine sehr depressive Phase. Mein Mann ist "normal", aber mittlerweile die einzige Bezugsperson, die mir noch geblieben ist.

Ich denke, er hasst mich mittlerweile auch und würde sich am liebsten scheiden lassen. Früher war ich ein fröhlicher Mensch, aber jetzt ist alles anders.....

Kann leider wegen anderer Erkrankungen ( Offen Winkel Glaukom) nur sehr begrenzt Antidepressiva nehmen.

Vielleicht kann mir da jemand von euch weiterhelfen.

Gruß Silvia
Antworten