Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Philomena
Beiträge: 122
Registriert: 21. Sep 2019, 20:27

Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Philomena »

Guten Tag,
diesen Thema begleitet mich schon sehr lange, da auch ein langes Leben schon hinter mir liegt.
Depressionen, Borderline, auffällige Verhaltensmuster, Aggressionen usw. haben in meinem Leben dazu geführt, dass ich all dies, was mir wichtig war und immer noch ist, verloren habe. Allen voran meine Kinder (2 erwachsene Töchter) und Enkelkinder. Kein Kontakt mehr, schon drei Jahre! Ich habe euch ja schon davon öfters erzählt. Nun, es gibt auch einen aktuellen Anlass, der mir wieder mal zeigt, was diese Krankheit bedeutet. Ein Medikamentenwechsel hat mich ziemlich aus der Bahn geworfen. Ich war unendlich aufgeregt und konnte meine Gefühle nicht mehr kontrollieren. Bei einer Veranstaltung habe ich dann eine Bekannte mehr oder weniger beleidigt, heftige Streitereien mit dem Partner. Ich bin dann sofort zum sozialpsychiatrischen Dienst. Dann, nach Tagen, viel es mir wie Schuppen von den Augen, was eigentlich los ist mit mir .....Wechsel der Medikamente!!!! Aber was jetzt? Ich entschuldige mich bei den Menschen, die ich beleidigt habe, die ich "vor den Kopf gestoßen habe usw. Ob sie mir das wirklich verzeihen können?
Habt Ihr ähnliche Erfahrungen?

Liebe Grüsse Philomena
Bittermandel
Beiträge: 2305
Registriert: 10. Apr 2021, 09:32

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Bittermandel »

Hallo Philomena

Bei dir spielen mehrere Krankheiten eine Rolle. Und ich finde es gut das du dich entschuldigt hast. Ich bin nur selten aggressiv. Das ist mir in meinem Alter zu anstrengend. Durchaus kann der Medikamentenwechsel deine Stimmung negativ beeinflussen. Ich glaube aber das dir die Situation mit deinem Partner gewaltig auf den Senkel geht und du dann ausflippst. Das trifft dann auch andere Leute die nichts dafür können.

Vielleicht musst du deine Beziehung genau hinterfragen und ob du in deinem Alter das so noch möchtest.

Liebe Grüße Bittermandel
Katerle
Beiträge: 11259
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Katerle »

Hallo Philomena,

nun, wenn du dich nicht entschuldigst bei den Leuten, die du vor den Kopf gestoßen hast, vergibst du dir auch die Chance, was gerade zu biegen. Von daher würde ich mich entschuldigen. Ob sie dir verzeihen können, ist ne andere Frage. Also der Versuch ist es wert!

Liebe Grüße
Katerle
Philomena
Beiträge: 122
Registriert: 21. Sep 2019, 20:27

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Philomena »

Vielen Dank Bittermandel und Katerle für eure Antworten. Entschuldigen und "einsehen"
ist für mich nie ein Problem gewesen, nur habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele einfach keine Lust oder auch nicht die Kraft haben, mit einem psychisch kranken Menschen Kontakt zu haben oder auch mehr. Ich kann dies auch teilweise verstehen, obwohl es mir oft sehr weh tut. Ich bin auch nicht glücklich über diese Erkrankung.
Darum ist mir auch dieser Austausch im Forum mit Euch sehr wichtig!

Wünsche Euch einen erholsamen Tag, Philomena
Bittermandel
Beiträge: 2305
Registriert: 10. Apr 2021, 09:32

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Bittermandel »

Liebe Philomena

Dir auch einen erholsamen Tag

Liebe Grüße Bittermandel
Deheteleef
Beiträge: 578
Registriert: 7. Nov 2022, 17:01

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Deheteleef »

Nur wenn man es schlimmer treibt als dieser Herr, sollte man sich Sorgen um seine Emotionen machen.
Damit kann man sein Leben auch einschränken, da nützen auch keine Rechtskenntnisse.

Besonders in Innenstädten hätte man reichlich Möglichkeiten, seine Mitmenschen zurück zu nerven.

Ob sich dieser Herr auch entschuldigen würde?

https://www.youtube.com/watch?v=lfcGEQRyaqI
Vier fünfmal vervierfacht macht mehr als fünf viermal verfünffacht. :shock:
Katerle
Beiträge: 11259
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Katerle »

Philomena hat geschrieben: 19. Jul 2023, 10:12 Vielen Dank Bittermandel und Katerle für eure Antworten. Entschuldigen und "einsehen"
ist für mich nie ein Problem gewesen, nur habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele einfach keine Lust oder auch nicht die Kraft haben, mit einem psychisch kranken Menschen Kontakt zu haben oder auch mehr. Ich kann dies auch teilweise verstehen, obwohl es mir oft sehr weh tut. Ich bin auch nicht glücklich über diese Erkrankung.
Darum ist mir auch dieser Austausch im Forum mit Euch sehr wichtig!

Wünsche Euch einen erholsamen Tag, Philomena
Ja Philomena, das könnte so sein. Leider führt sowas dann auch in die Einsamkeit...

LG Katerle
Manuel999

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Manuel999 »

Ich wehre mich dagegen zu sagen, dass psychisch kranke Menschen mit ihrer Krankheit vollkommen machtlos und hilflos sind.

Im Grunde genommen wissen psychisch kranke Menschen, das mit ihnen nicht etwas stimmt, und hier kann man vor allem bei Gedanken und Gefühlen, dagegen steuern.

Also man ist nicht vollkommen machtlos dagegen.

Man kann sagen:" mir geht es momentan nicht so gut, reden wir später weiter??

"oder vertragen wir das?"..
Ich möchte ein bisschen ausruhen.

Also man kann nicht alles auf das psychische schieben.
Menschen mit psychischen Problemen sind meistens hochintelligent, und nicht orientierungslos, oder vollkommen hilflos.

Aber man sollte schon ein bisschen mitmachen und dagegen auch ankämpfen.

Wer ist heutzutage noch psychisch gesund?
Freibadschläger? Autorennenfahrer?
Er?
https://m.youtube.com/watch?v=VyM68DCq9 ... BiZXN0IG9m

https://m.youtube.com/watch?v=xRe4dApxW ... UgZHJvZ2Vu

https://m.youtube.com/watch?v=AxaOr7L7t ... BiZXN0IG9m
Philosophin
Beiträge: 375
Registriert: 26. Jan 2015, 12:42

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Philosophin »

Ich finde die Einstellung problematisch, sich als "psychisch krank" anzusehen und zu bezeichnen und noch problematischer finde ich die Haltung: "Wegen meiner psychischen Erkrankung kann ich dies oder jenes nicht, habe ich dies oder jenes getan/nicht getan."

Ich persönlich sehe es eher so, dass jeder seine Lebensgeschichte, Erfahrungen und Verletzungen hat, die prägend gewesen sein mögen. Vielleicht haben diese auch zu bestimmten Defiziten geführt z.B. in der Emotionskontrolle, Selbstregulations- und Selbstfürsorgefähigkeit und belastende Symptome hervorgerufen wie z.B. Depressionen. Aber das ist für mich alles nicht unveränderbar und in Stein gemeißelt. Du kannst ein Leben lang an dir arbeiten, neue Entscheidungen treffen, andere Wege ausprobieren... Jeder neue Tag lädt dich dazu ein, es besser/anders zu machen als gestern.

Wer ist heute schon frei von Ängsten, Depressionen, Trauma, Zwängen, Süchten? Jeder von uns trägt sowohl krankhafte als auch gesunde Persönlichkeitsanteile in sich. Manchmal überwiegen für eine Weile die krankhaften, aber das heißt nicht, dass du nicht zugleich auch gesund bist und weiter genesen kannst.

Es gibt keine wirkliche Trennung zwischen depressiven und nicht depressiven Menschen. Leider wird diese destruktive Einstellung aber von vielen Psychotherapeuten und Psychiatern noch unterstützt, in dem dir in einer Endlosschleife eingeredet wird, dass etwas mit deinem Gehirnstoffwechsel nicht in Ordnung ist oder deine Kindheit so schlimm war, dass du heute nicht anders kannst.

Ich habe leider selbst jahrelang in diesen Ansichten festgehangen und meinen damaligen Therapeuten/Psychiatern vertraut- mit dem Resultat, dass ich arbeitsunfähig war und jeglichen Glauben an mich selbst und eine Zukunft verloren hatte.

LG Philosophin
MissMikse
Beiträge: 466
Registriert: 14. Mär 2023, 20:07

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von MissMikse »

Liebe Philosophin,

ich gebe dir in vielen Dingen Recht.
Aber zum Glück gibt es auch Therapeuten, die zwar sagen, dass dies oder jenes aus der Kindheit stammt, aber sie zeigen einem auch den Weg, wie man heute damit umgehen kann oder dieses Verhalten sogar auflösen kann, damit es nicht länger eine Belastung ist.

Auch bei Depressionen liegt so vieles - wie auch bei anderen Krankheiten - an der Mitwirkung des Patienten. Ich habe einige psychisch Kranke getroffen in einem Tageszentrum, die ihre Diagnosen schon quasi als Ausreden benutzt haben, um dies oder jenes nicht tun zu müssen (weil sie es ja nicht könnten) oder um sich schlicht und ergreifend daneben zu benehmen - und dann zu sagen, das wäre die Krankheit, sie könnten ja nichts dafür. Das finde ich wirklich problematisch. Denn wie du schreibst: man kann immer was ändern, neue Wege gehen, andere Entscheidungen treffen.

Aber hier gibt es dann doch einen deutlichen Unterschied: einem an einer Depression erkrankten Menschen fällt das deutlich schwerer als jemandem, der keine Depression hat. Da gibt es meiner Meinung nach schon einen Unterschied. Und je stärker die Depression, umso deutlicher wird der Unterschied. Es kostet dann so viel mehr Zeit und Kraft und Nerven, um Dinge zu ändern. Aber es ist nicht unmöglich.

Liebe Philomena,
ich kenne es auch, dass ich in gewissen Phasen der Depression schneller gereizt bin oder fast schon aggressiv werde. Es ist für mich ein Zeichen dafür, dass ich in eine Episode rutsche. Nicht jeder hat Verständnis für dieses Verhalten, schon gar nicht, wenn er/sie nichts von meinen Depressionen weiß. Aber sich zu entschuldigen und sich zu erklären kann nicht verkehrt sein. ;)

LG
Manuel999

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Manuel999 »

Hi Philiosophin,

Nein, leider ist bei einer psychischen Erkrankung nicht mehr alles herstellbar.
Daher auch die Erwerbsminderungsrenten, die hauptsächlich bei psychischen Erkrankungen ausgesprochen werden.

Warum wird das in dem Bereich ausgesprochen? weil es noch kein Wundermittel dagegen gibt, auch leider nicht eine radikale Änderung des Lebens. Das bringt zwar eine deutliche Verbesserung, immerhin. Alles was mit dem menschlichen Kopf zusammenhängt ist zwar verbesserbar, aber meiner Meinung nach grundsätzlich nicht mehr ganz herstellbar. Dazu gehören auch Parkinson, Demenz, Alzheimer, etc.

Das größte Problem, und warum das so ist, kapiere ich auch nicht ganz, ist die fehlende maximale Belastung.

Das betrifft hauptsächlich das Arbeitsleben. Zu gerne würde ich dem Geringverdienen entfliehen. Mehr Geld=mehr Entfaltungsmöglichkeiten, das beginnt schon mit dem Wohnen/Wohnraum.

So muß man leider, weil die entsprechende Belastbarkeit fehlt, mit einigen Menschen die von grundauf schon keine Lust haben zu arbeiten, in einer Hausgemeinschaft zusammenleben, oder im Wohnbereich vieles zurückstecken. In dem Niedriglohnbereich triffst diese Spezialisten leider desöfteren an. Ich mag keine Menschen, die sich nicht anstrengen. Natürlich sind so nicht alle, es gibt auch genügend positive Beispiele.

Aber mit dem Geringverdienen ist das eine katastrophale Lage eine andere Wohnung zu ergattern.

Das ist das einzige, was mich nervt.

Also bei psychischen Problemen ist viel machbar, aber immer mit viel Ruhepausen.
Das Optimum wäre natürlich Gesundheit, aber wer ist das heutzutage schon?
Andere Menschen quälen sich noch mit viel schlimmeren Krankheiten herum.

Tja, so ist das halt. Egal. :lol: :hello:

Viele Grüße
Zuletzt geändert von Manuel999 am 23. Jul 2023, 07:21, insgesamt 1-mal geändert.
Manuel999

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Manuel999 »

Ich habe auch schon mal analysiert an was die geringe Belastbarkeit liegen kann:

Menschen mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen sind meistens sehr sensibel und sehr gefühlvoll.

Das sind eigentlich schöne Eigenschaften.

Aber in einer Welt, vor allem im Alltag, Arbeit, und teilweise auch in Beziehungen (auch hier gibt es Machtkämpfe), - nicht ideal.

Während ein etwas abgestumpfter Mensch immer weiter macht, benötigt der psychisch Kranke, der zu gefühlvoll ist, erst mal Ruhe, da er erschöpft ist und zuviel nachdenkt.

Der Abgestumpftere, weniger gefühlvolle, und vor allem Selbstbewusstere hat mehr Kräfte zur Verfügung, d.h. er macht sich weniger Gedanken, vor allem über Verletzungen anderer Menschen. Er geht seinen Weg. Auseinandersetzungen, Beleidigungen, steckt er leichter weg als der Sensible, Angeschlagenere. Das zuviel Nachdenken (habe ich alles richtig gemacht?) kostet Kraft. Das tun andere oft nicht so intensiv.

Um zum Ausgangsthread zu kommen:
1. mir geht es grad' nicht gut=
2. Überfoderung=
3.= meist schneller Aggression.

Aggression ist ein Zeichen von Überforderung, Sachlichkeit ein Zeichen der Stärke.
An Überforderung kann man aber arbeiten.
Philomena
Beiträge: 122
Registriert: 21. Sep 2019, 20:27

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Philomena »

Hallo Ihr Lieben, die ihr auf meinen Beitrag antwortet:
Habe eigentlich vor ca. 20 Min eine Antwort geschrieben. Leider ist diese noch nicht angekommen.
Ja, ich habe wohl etwas zu heftig geschrieben, es war der Zeitraum "Medikamentenwechsel". Ich war und bin eine liebende Mama und habe auch ein großes Herz für Tiere und Umwelt. Es waren früher - noch ohne Medikamente - (meine Krankheit wurde nicht erkannt!!!!) eben Verhaltensauffälligkeiten usw. Ich kann jetzt nicht ins Detail gehen, das würde zu weit führen. Ich bin und war kein Mensch, der dauernd aggressiv ist. Im Gegenteil! Ich denke auch, man kann nicht alles in Worte fassen.
Ich bin voll eurer Meinung, dass gerade in unserer Zeit, man sich so früh wie möglich Hilfe suchen muss, wenn man merkt, dass man öfters ausrastet usw. Früher (ich bin 64 Jahre) war man mit dieser Krankheit ziemlich allein gelassen.
Nun gut, ich bin froh und dankbar, dass ihr immer wieder auf meine Beiträge reagiert und mir Antworten schreibt. Liebe Grüße Philomena
Manuel999

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Manuel999 »

Du scheinst das falsch verstanden zu haben:
In meiner langen Depressionskarriere, Krankenhausaufenthalte, REHA'S, sind mir
viele Menschen mit psychischen Erkrankungen begegnet, und hier habe ich folgende Beobachtung gemacht:
Menschen mit Depressionen und Co. sind meistens sehr intelligent. Ich entnahm das den Gesprächen, was hier viele zeichnen und malen können, sportlich fertigbringen, und auch an Allgemeinwissen haben, ist erstaunlich!

Vor allem auch mit den Gedanken, etc. auf Blatt Papier zeichnen, oder basteln, Kreativität, unglaublich...

Das fällt mir auf!

Natürlich hat Depression und psychische Erkrankung NICHTS mit Intelligenz zu tun. Mir ist das nur aufgefallen.
Und natürlich müssen oft Medikamente mithelfen, nehme ja auch welche ein.
Aber man kann auch nicht nur auf Medikamente setzen!

Gruß




quote=IchWirErSieEs post_id=656137 time=1690020385 user_id=85981]
Manuel999 hat geschrieben: 21. Jul 2023, 20:02 Ich wehre mich dagegen zu sagen, dass psychisch kranke Menschen mit ihrer Krankheit vollkommen machtlos und hilflos sind.

Im Grunde genommen wissen psychisch kranke Menschen, das mit ihnen nicht etwas stimmt, und hier kann man vor allem bei Gedanken und Gefühlen, dagegen steuern.
(...)
Menschen mit psychischen Problemen sind meistens hochintelligent, und nicht orientierungslos, oder vollkommen hilflos.

Aber man sollte schon ein bisschen mitmachen und dagegen auch ankämpfen.
Bei allem Respekt für Deine Meinung, aber einiges nehme ich anders wahr.
Intelligenz und Psyche sind zwei paar "Schuhe". Es gibt "einfach strukturierte" Menschen mit oder ohne seelische Erkrankungen und auch intelligente Menschen sind nicht vor einer psychischen Störung immun.

Soweit ich weiß, hat die Ratio im Gehirn einen anderen Platz als die Fähigkeit zu Emotionen. Und um optimal miteinander kommunizieren zu können, braucht es eben die Botenstoffe. Genau hier setzen diverse Medikamente an.

Meine (auch eigene Lebens-) Erfahrung sagt mir, dass "ein bisschen mitmachen" und "dagegen ankämpfen" bei ernsthafter Störung nicht ausreicht. Mit nur einem Bein wird Dauerlauf schwierig... .
Ich glaube, kennzeichnend für eine psychische Störung ist eben auch, dass die Steuerungsfähigkeit von Gedanken und Gefühlen bei Betroffenen nicht optimal gegeben ist. Und da Gefühle stets schwankend sind, tritt auch mehr oder weniger eine gewisse Orientierungslosigkeit ein. Der Zenit wäre dann die Psychose.
[/quote]
Philosophin
Beiträge: 375
Registriert: 26. Jan 2015, 12:42

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Philosophin »

Hey Manuel,

Demenz und Parkinson sind progredient verlaufende neurodegenerative Erkrankungen, die häufig mit Depressionen einhergehen, aber sich nicht mit einer Depression gleichstellen lassen. Auch der viel gehörte Vergleich, ein Depressiver müsse seine Antidepressiva nehmen wie ein Diabetiker sein Insulin, hinkt gewaltig.
Unsere Gesellschaft und unser Gesundheitssystem machen Depressionen zu einer Erkrankung, aber ist sie das wirklich? Oder handelt es sich viel mehr um eine (destruktive) Reaktion auf belastende Erfahrungen und Ereignisse? Eine erlernte Hilflosigkeit in Kombination mit hoher Vulnerabilität und zu wenig Unterstützung?

Belastbarkeit lässt sich trainieren... vielleicht wird es nicht mehr so wie vorher, aber es kann besser werden. Ich habe nach langer Arbeitsunfähigkeit mit zwei Stunden arbeiten pro Tag angefangen und in der Klinik Essen ausgeteilt und geputzt, wo ich heute meine zweite Ausbildung absolviere. Damals nicht vorstellbar für mich, jemals mehr zu leisten, als diese "einfachen" Servicearbeiten. Aber ich wusste, wenn ich nicht versuche weiterzugehen, werde ich meiner Depression nicht entkommen. Es hat mich unzählige Panikattacken, schlaflose Nächte und Tränen gekostet, mein Leben in eine bessere Richtung zu verändern und meine Belastbarkeit zu trainieren. Aber es lohnt sich!

Wie soll es dir besser gehen, wenn du in Lebensumständen stecken bleibst, die dir nicht gut tun? Ohne ein schönes Zuhause, das Sicherheit und Geborgenheit bietet, ein unterstützendes Umfeld und eine Arbeit, die auch Freude bereitet, wird es natürlich kaum möglich sein, der Depression zu entkommen. In dem Fall ruiniert aber nicht die Depression dein Leben, sondern letztendlich du selbst.

LG Philosophin
Manuel999

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Manuel999 »

Ich gehe nicht mehr drauf ein Philosophin, Zeitverschwendung, ich habe auch kein Nerv' mehr, immer mich mit diesem scheiß' erklären oder rechtfertigen zu müssen.

Sollen andere drauf antworten.

Du machst alle gesund, Philosophin.
:hello:
Zuletzt geändert von Manuel999 am 23. Jul 2023, 07:19, insgesamt 1-mal geändert.
MissMikse
Beiträge: 466
Registriert: 14. Mär 2023, 20:07

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von MissMikse »

@Philosophin und Manuel:

Kann man nicht einfach mal beide Meinungen nebeneinander stehen lassen, ohne dass es direkt wieder einen Krieg darum gibt, wer Recht hat?

Jeder hat einen anderen Ausgangspunkt, andere Auslöser für die Krankheit, andere Erfahrungen, andere gesundheitliche Voraussetzungen. Das kann man nicht einfach über einen Kamm scheren.

Ich bin zwar auch der Meinung, dass man an seiner Lage was verbessern kann, wenn man es wirklich will (und ich hab sehr lange gebraucht, um es WIRKLICH zu wollen). Aber wieviel tatsächlich möglich ist hängt von so viel mehr ab als nur dem bloßen Willen.

Ich fände es schön, wenn wir jeden hier im Forum so annehmen könnten wie er ist und mit der Situation in der er/sie grade steckt. Wir können auch versuchen, Erfahrungen zu teilen und Ratschläge geben. Aber ob das jemand umsetzen kann oder will, oder warum das nicht geht, darüber sollten wir kein Urteil fällen und den anderen daraufhin in eine Schublade stecken.
Katerle
Beiträge: 11259
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Katerle »

Hallo Miss Milke, Philosophin und ihr anderen,

bin eher sehr dankbar, Therapeuten an meiner Seite gehabt zu haben, welche mich bei meinem Weg begleitet hatten. Ansonsten wäre ich wohl nicht da, wo ich heute stehe. Benötige auch noch ein paar Medikamente, mache Sport und Entspannung. Und ich bin auch der Ansicht, dass nicht alle über einen Kamm geschert werden dürfen. Jeder Mensch ist ein Individium und auch nicht gleich belastbar.
Bevor ich den Zusammenbruch hatte, war ich auch noch sehr leistungsfähig und belastbarer. Als ich dann krank war, war meine Kraft leider weg un dich hatte das Gefühl, total wegzudrehen und Angst, sterben zu müssen. Und obwohl ich weiter Sport machte, hatte ich nicht mehr die Kraft, wie vor meiner Erkrankung. Ich war auch vor kurzem ein paar Tage bei meinen Enkeln. Gestern war ich wieder gekommen und fühle mich erneut ausgelaugt. Aber es war sehr schön mit ihnen und sie hatten sich auch sehr gefreut. :) War allein gefahren und ich bin sehr stolz, es mal wieder geschafft zu haben.
Nun benötige ich erst mal wieder Ruhe, um erneut zu Kräften zu kommen. Genauso ist das, wenn ich weitere Wege bewältigen muss, um Arztbesuche wahrzunehmen oder mich auch mal mit jemanden treffen möchte. Gut, ich habe jetzt auch ne ganz nette Freundin in meiner Nähe und das ist ebenfalls sehr bereichernd.
Nächste Woche bin ich wieder in meiner G. und habe mich auch schon vorbereitet, was wir da machen werden. Ist leider auch etwas weiter und ich werde mit dem Rad fahren.
Was ich damit sagen möchte ist, dass ich mich nach ner Aktivität auch wieder ausruhen muss. Weiß auch nicht, ob das jemand verstehen kann.

Liebe Grüße
Katerle
Manuel999

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Manuel999 »

Hi Miss und Katerle,

vielen Dank für Euren Einwurf!

Was mich geärgert hat, war, das manch' eine/r Menschen mit psychischen Erkrankungen in einen Topf wirft, und behauptet, so müsst ihr es machen, dann wird das wieder.

Hier kann man einfach nicht diskutieren.

Schon alleine die unterschiedlichen Wirkungsweise von Antidepressiva auf Menschen zeigen die Problematik an, und den Einzelfall.

Es kommt immer auf den Einzelfall des Menschen an. In Kliniken habe ich gesehen, das manche Menschen zu nichts mehr in der Lage sind, so schlimm sind deren Depressionen. Und dann gibt es wiederum Menschen, die leiden dann "nur" unter jahreszeitlichen, sprich', leichten, Depressionen.

Natürlich war mein Einwurf mit den Pennern überspitzt, es gibt auch im wohlhabenden Bereich 'asoziale'. Übrigens zeige ich niemals auf Menschen, ganz schnell kann das einem selber passieren.

@Katerle: ich kann es verstehen.

Meine Meinung.
@Miss: Danke, Miss!

Lieber Gruß
Katerle
Beiträge: 11259
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Katerle »

DANKE Manuel und Miss Mikse für euer Verständnis. :)

Jedenfalls war es alles andere als lustig, während meiner Krankheit, also nach meinem Zusammenbruch immer wieder gesagt zu bekommen, dass ich nur nicht WOLLTE oder nicht arbeiten wolle, von einigen aus meiner Umgebung, zumal ich damals als sehr leistungsfähig und auch willig galt... vorher... Meine Sm war da besonders schlimm... Es hatte mich auch sehr verletzt, hatte mich aber dennoch nicht runterziehen lassen..., zum Glück. Denn es fühlte sich auch so an, als wenn noch auf mir rumgrtrampelt wurde, als ich schon am Boden lag... Sorry, wenn ich das so ausdrücke... Dabei kostete es mich enorme Kraft, weiter für meine Kinder da zu sein und sie zu liebenswerten und selbständigen Menschen zu erziehen, trotz Krankheit. Und nicht nur das, ich lernte, auch was für mich zu tun, was all die vergangenen Jahre total auf der Strecke geblieben war. Und was mich ganz besonders weiter am Leben hielt, waren meine Kinder. Sie aufwachsen zu sehen und schöne Momente mit ihnen zu genießen, dass gaben mir weiterhin Mut und Kraft und vor allem ihre Liebe zu spüren... Für sie war ich nach meinem Zusammenbruch wieder sehr gerne aufgestanden, trotz weiterer Unannehmlichkeiten... und auch wenn ich nicht mehr so viel Kraft hatte, wie damals. Ich musste es akzeptieren, nicht mehr so belastbar zu sein. Dennoch war ich meinen Weg gegangen mit therapeutischer und ärztlicher Hilfe...
Früher als Kind hatte ich bei meinem Opa an der Wand einen Spruch gelesen, wenn ich zu Besuch war. "Wenn die Kraft zuende geht, dann ist Erlösung eine Gnade." Diesen Spruch konnte ich nie vergessen und auch jetzt erst verstehe ich, was damit gemeint ist...

Wünsche noch einen schönen entspannten Sonntag,

herzlichst Katerle
Manuel999

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Manuel999 »

...
Zuletzt geändert von Manuel999 am 24. Jul 2023, 10:38, insgesamt 1-mal geändert.
Angelika 1964
Beiträge: 322
Registriert: 15. Okt 2021, 20:10
Wohnort: Baden Württemberg

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Angelika 1964 »

Ich fühle mich sehr sehr schlecht wenn ich diese Meinungen zur Depression lese. Ja, ich muss es nicht lesen wenn es mich triggert, schon klar.
Ich hatte keine schlimme Kindheit/Jugend, kein Trauma oder ähnliches erlitten. Ich war immer eine starke Frau, jemand die Probleme angegangen ist und gelöst hat. Immer belastbar und willig und zwar freiwillig.
Bis zu der Zeit meines Zusammenbruchs. Die kam schleichend. Ich konnte nicht verstehen was mit mir passiert, ich hatte ausschließlich Körperliche Symptome und wäre niemals auf die Idee gekommen dass ausgerechnet ich an einer Depression " erkranken" würde. Ich doch nicht!!! Es hat Wochen gedauert und es hat viele Medikamente gebraucht um mir das Leben zu retten. Es hat 2 Jahre gedauert plus Psychotherapie bis ich überhaupt in der Lage war wahrzunehmen dass ich an einer Depression " erkrankt" war. Ich reagiere ausgesprochen gut auf die Antidepressiva, doch meine Energie, mein Leben habe ich nicht mehr zurück bekommen!!! Mir ist die Bezeichnung der Depression an sich egal, allerdings empfinde ich die Depression als Krankheit.
LG Angelika
So viele Jahre in der Schule und niemand hat uns beigebracht uns selbst zu lieben und warum das so wichtig ist
Katerle
Beiträge: 11259
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Katerle »

Hallo Angelika,

du musst dir keine Vorwürfe machen, es kann jeden treffen... Und wenn du immer versucht hast, Probleme zu lösen und willig warst, dann kann man auch an seine Grenzen kommen und das ist die Gefahr.

nach meinem Zusammenbruch damals, ich war noch ziemlich jung, ging es mir körperlich als auch seelisch sehr schlecht und ich hatte keine Kraft mehr, das Gefühl ganz wegzudrehen bzw. sterben zu müssen. Das war ein sch. Zustand für mich... Ich ging in die Klinik und es brauchte auch seine Zeit, um zu verstehen, was mit mir los war. Fühlte mich auch krank und von daher verstehe ich die Depression auch als Krankheit. Vor meinem Zusammenbruch hatte ich schon einiges an schmerzvollen Erfahrungen hinter mir, (seit frühester Kindheit) dazu kamen Erkrankungen/Operationen. Als ich dann den Zusammenbruch hatte, war die Diagnose, endogene Depression. Mir ging es sehr schlecht... Und das, obwohl ich auch ein sehr arbeitswilliger bzw. leistungsfähiger Mensch war und optimistisch und auch kontaktfreudig. Hatte aber auch Ängste... und mich auch immer stark gezeigt...

LG Katerle
Zuletzt geändert von Katerle am 23. Jul 2023, 20:30, insgesamt 1-mal geändert.
Philosophin
Beiträge: 375
Registriert: 26. Jan 2015, 12:42

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Philosophin »

Danke Bittchen für deinen Verweis auf das Buch von Bütler. Ganz egal, ob man daran glaubt, dass Depressionen eine Krankheit sind oder nicht. Gesundheit und Krankheit sind ein Kontinuum. Nach dem "Vater der Salutogenese" Aaron Antonovsky ist der Mensch nie nur krank, sondern trägt immer auch gesunde Anteile in sich. Die WHO sieht es leider anders und verfolgt eine dichotome Ansicht, nach der Gesundheit ein Zustand von völligem psychischem, körperlichem und sozialen Wohlbefindens ist.

Wer ist nach dieser Definition schon gesund?

Das Problem, das ich sehe ist, dass sich viel zu viele Menschen mit ihrer Depression identifizieren, ja regelrecht zu dieser Erkrankung werden und aus scheinbar nichts anderem mehr bestehen. Das lässt sich für mich auch hier im Forum beobachten.

Jeder Mensch, der sich in einer Depression befindet, verfügt über mehr oder weniger Ressourcen und gesunde Anteile. Auch in der schwersten Depression gibt es "Lücken". Kurze Momente, in denen es ein wenig besser geht. Diese Lücken lassen sich nutzen, um an einer Verbesserung der eigenen Situation zu arbeiten.

Die Frage ist natürlich, ob man überhaupt eine Verbesserung erreichen will. Veränderung geht oft mit Ängsten, Anstrengung und oft sogar einer vorübergehender Verschlechterung des Befindens einher.
Manche sind so sehr mit ihrem Unglück, der Depression und ihrer Vergangenheit identifiziert, dass daraus der ganze Lebensinhalt besteht. Viele Therapeuten fördern diese Ansicht leider.

Und es ist doch okay, sich dafür zu entscheiden, den Zustand der Depression zu akzeptieren, nicht mehr dagegen anzukämpfen, keine größeren Ziele mehr zu verfolgen und seinen Frieden damit zu schließen. So jemand beklagt sich dann aber auch nicht andauernd und sucht einen Schuldigen.

Was ich aber problematisch finde, ist sich selbst als Opfer zu sehen, die Eltern, Lehrer, das System und nicht zuletzt "Die Erkrankung/Depression" für das eigene Unglück verantwortlich zu machen.

Das Leben ist unglaublich kurz. Manchmal kann es hilfreich sein, es vom eigenen Ende her zu betrachten. Was möchte ich erlebt/erreicht/bewirkt haben, wenn sich meine Zeit dem Ende neigt und es im Sterben keine Möglichkeit mehr gibt, etwas rückgängig oder anders zu machen?

Für mich ist spätestens bei dieser Auseinandersetzung klar- mein Leben von der Depression bestimmen zu lassen, wäre der größte Fehler. Ich möchte für meine Ziele kämpfen, auch wenn mein Start ins Leben nicht glücklich war und es unglaublich schwer ist mit der Leere, Traurigkeit und Schwermütigkeit voran zu gehen. Das ist wie ein Betonklotz, den ich immer hinter mir herziehen muss. An manchen Tagen ist er leichter, an anderen schwerer. Oft wäre es leichter, einfach stehen zu bleiben- aber auf die Dauer betrachtet, würde mich nichts unglücklicher machen, als nicht für meine Träume zu kämpfen.

Für den ein oder anderen mag der Weg "Akzeptanz" lauten. Sich beklagen ist eine weitere Richtung, die man einschlagen kann- alle Wege sind meiner Meinung nach aber selbst entschieden und gewählt. Welcher besser oder schlechter ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Für die, die kämpfen, ist es anstrengend sich das ständige Klagen anhören zu müssen. Für die, die sich beklagen, mag es hingegen wie Hohn wirken, wenn jemand von einer "selbst gewählten Entscheidung" spricht.

Liebe Grüße
Philosophin
Manuel999

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Manuel999 »

...
Zuletzt geändert von Manuel999 am 24. Jul 2023, 10:53, insgesamt 1-mal geändert.
Antworten