Freie Wahl bei stationärer Behandlung?

[Aykin86]

Liebes Forum,

ich wende mich heute an Sie im Namen meines Bruders. Er ist 29 Jahre alt und kämpft schon seit längerer Zeit mit schweren Depressionen, die ihm das alltägliche Leben und das Vorankommen erheblich erschweren. Die Krankheit hat ihn dazu veranlasst, sein Studium abzubrechen, und seitdem lebt er wieder bei unseren Eltern. Leider erschwert dies die Situation zusätzlich, da unsere Eltern nur wenig Verständnis für seine Krankheit aufbringen und es eher als Ausdruck von Faulheit interpretieren.

Vor etwa zwei Jahren hat er eine stationäre Behandlung bei der LVR in Bergheim (Erft) durchlaufen. Aufgrund der COVID-19-Pandemie bestand der Großteil seiner Therapie leider darin, auf die nächste Therapiesitzung zu warten, er durfte auch keine Gäste empfangen und sich maximal ca. 1 Stunde am Tag von der Klinik entfernen. Zudem gab es einige Konflikte mit dem Pflegepersonal, das ihm unterstellte, er sei nicht wirklich depressiv. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Klinik wohl nicht der geeignete Ort für ihn war.

Nun haben wir uns entschieden, einen neuen Versuch mit einem stationären Aufenthalt zu starten. Dies geschieht auf Empfehlung eines Psychologen, Psychiaters und einer Tagesklinik, mit denen ich gesprochen habe. Das Problem ist jedoch, dass er immer wieder an die LVR in Bergheim verwiesen wird, da diese Klinik anscheinend für seinen Wohnbezirk zuständig ist. Wir haben auch bei anderen Kliniken angefragt, wie beispielsweise der Uniklinik Aachen und Düsseldorf, aber sie erklärten, dass sie nur für Patienten aus ihrer jeweiligen Stadt zuständig sind.

Am liebsten würde mein Bruder eine andere Klinik aufsuchen, da er in der LVR in Bergheim keine guten Erfahrungen gemacht hat und befürchtet, dass ein erneuter erfolgloser Aufenthalt dort seine Motivation noch weiter senken würde. Daher möchte ich Sie fragen: Ist es wirklich so, dass man sich die Klinik nicht aussuchen darf? Muss man tatsächlich immer zur nächstgelegenen Klinik gehen?

Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Hilfe und Ihre Ratschläge.

[BadewanneVollGeld]

Hallo Aykin86,

soweit ich weiß, hängt das davon ab, was genau für eine Klinik gesucht wird. Bei der psychiatrischen Klinik war das bei mir genauso, ich durfte nur zu der für meinen Wohnort zuständigen LVR-Klinik, wo ich ähnliche Erfahrungen wie dein Bruder gemacht habe.

Ich war allerdings auch schon mal in einer (Akut)Psychosomatik-Klinik. Diese war weit von meinem Wohnort entfernt. Im Gegensatz zur psychiatrischen Klinik, in die man ja quasi immer aufgenommen wird, benötigt man für die Akutpsychosomatik eine Einweisung vom Arzt (Psychiater, Hausarzt; damals konnte mir mein Psychotherapeut eine Einweisung schreiben, da er Dr. med. der Psychosomatik war). Zudem ist das so gut wie immer mit einer Wartezeit verbunden (bei mir ging es mit Dringlichkeitsvermerk recht schnell, aber Mitpatient:innen mussten teilweise 2 Monate warten). Dafür war die Betreuung meiner Erfahrung nach einfach um Welten besser als in der psychiatrischen Klinik.
Wenn es nicht absolut akut ist, würde ich mich an eurer Stelle über solche Kliniken informieren. Ich war damals in der Mediclin, hatte mich aber auch bei einer Schön-Klinik beworben. Es gibt sicher noch weitere.

Viele Grüße
BvG

[Meridian]

Hallo Aykin86,

ich habe mir meine psychosomatischen Akutkliniken selbst ausgesucht, allerdings gab es da zum Teil längere Wartezeiten.
Soweit ich weiß, ist nur bei einer Notfalleinweisung die Psychiatrie am Wohnort zuständig, da kann man es sich dann unter Umständen nicht aussuchen, wo man hingeht.
Ein zweiter Aufenthalt in einer Klinik, mit der dein Bruder nicht zufrieden war, was soll das bringen? Wenn es auch sicher mit den Einschränkungen
wegen Corona zu tun hatte, aber offensichtlich ja nicht nur.
Es ist ganz wichtig, dass man sich in einer Klinik verstanden und gut aufgehoben fühlt
Ich finde es toll, dass du ihn so unterstützt.

LG, Meridian

[Aykin86]

Ich danke euch, mein Bruder wird sich freuen.
Wünsche euch noch eine schöne Restwoche und danke nochmal für eure Hilfe

[Suchende2]

Hallo Aykin86,

auch ich finde es schön, wie Du Deinen Bruder unterstützt.

Kannst Du evtl. mit Deinem Bruder zusammen einen Termin beim Psychologen / Psychiater vereinbaren?'
Dann kann der Dir eventuell erklären, warum trotz der schlechten Erfahrungen Deines Bruders diese Klinik vorgeschlagen wird und was für andere Möglichkeiten unter Umständen möglich sind.

Alles Gute,
Suchende

[DieNeue]

Hi Aykin86,
ich war auch weiter weg in einer Klinik. War auch kein Problem. Allerdings würde ich mir die Klinik vorher, wenn es geht, mal anschauen. Meine war nämlich leider ein ziemlicher Reinfall und nur weil es im Internet gut klingt, ist es leider nicht immer gut. Im Internet gibt es unter www.klinikbewertungen.de Bewertungen von Kliniken.
Liebe Grüße!

[Chibi]

Hi,

bei einer notfallmäßigen Unterbringung ist immer die nächste zuständige Klinik im Landkreis zuständig.
Sonst kannst du theoretisch für nicht akute Stationäre Behandlung bei allen Kliniken anfragen, die deine Krankenkasse unterstützt. Allerdings nehmen viele Kliniken nur noch Patienten aus einem bestimmten Einzugsgebiet z.B. Landkreis auf und so oder so ist mit langen Wartezeiten zu rechnen.
Die meisten Kliniken haben eine Sprechstunde oder einen Tag der offenen Tür wo man sich die Station schon Mal ansehen kann und Fragen stellen darf. Das ist wirklich sehr zu empfehlen.

- Chibi