Wie kann ich ihn zum Reden/Hilfe annehmen überzeugen?

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Apfelschorle
Beiträge: 2
Registriert: 19. Mai 2023, 18:58

Wie kann ich ihn zum Reden/Hilfe annehmen überzeugen?

Beitrag von Apfelschorle »

Hallo,

Ich versuche mich kurz zu halten: nach mehr als 5 Jahren glücklicher und inniger Beziehung ist nun seit 9 Wochen alles anders. Von Heute auf Morgen hat sich mein Lebensgefährte zurückgezogen, und ist abgrundtief schlecht drauf. Gesprächsversuche meinerseits werden abgeblockt, er mauert. Er sagt er will seine Ruhe. Ich gebe ihm Freiraum, er distanziert sich noch mehr von mir und einfach allem. Er verlässt das Haus nur für die Arbeit (wo er sich "verstellt" und "normal" wirkt) oder maximal den Einkauf. Gemeinsame Unternehmungen etc von Heute auf Morgen in den Boden gestampft. Keine Interesse mehr am gemeinsamen Hausbau, keine Interesse mehr für gar nichts (außer sein Handy und sein Trainingsgerät).
Anfangs dachte ich, es sei Burnout, weil ziemlich viel zusammen gekommen ist (Hausbau, zwei kaputte Autos(großer Punkt!), Haustier gestorben, Arbeit blöd etc).
Je länger die Zeit vergeht, desto mehr baut unsere Beziehung und die zu allen anderen ab.
Da er mir gegenüber kühl, distanziert und wir eigentlich nur noch als WG nebeneiander herleben, habe ich für mich einen Beratungstermin bei einer Psychotherapeutin organisiert, um zu wissen, wie ich damit ungehen soll. Sie hat mir dann noch den Floh ins Ohr gesetzt, dass er eine andere haben könnte. Aber das kann ich fast gänzlich ausschließen, da er ja eigentlich nur zuhause ist und ich seine Arbeitskollegen alle kenne.
Er war von meinem Termin sehr empört und meinte ich sei verrückt.
Ich brauche Tipps oder Ratschläge, wie ich ihn dazu bekomme, mit jemandem zu reden. Es muss ja nicht mit mir sein, wenn er das nicht möchte. Freunde hat er nicht und zur Familie kaum Kontakt, sodass ich kein Netzwerk aufbauen kann. Er frisst leider alles in sich rein und merkt gar nicht wie unfair und gemein er zu mir ist, er redet kaum noch mit mir. Ich habe es mit Briefen usw versucht, die er zwar nach einer gewissen Zeit liest aber nicht reagiert. Auch nachdem er bei überaus wichtigen Terminen nicht erschien, und ich ihm in einem klaren Gespräch (ohne Vorwürfe oder ähnliches) meine Gedanken mitgeteilt habe, hat er auf Durchzug geschalten und gesagt, dass ich ihn in Ruhe lassen soll.

Er sitzt in einem Loch und kommt da nicht mehr raus. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er das nicht erkennt. Zumal ich bis heute nicht weiß, was der Grund dafür ist.

Ich bin für jeden Ratschlag dankbar. Ich habe ihm zu Beginn unsere Beziehung gesagt, dass ich in guten und schlechten Zeiten bei ihm bin. Und das bin ich.
Xray
Beiträge: 8
Registriert: 9. Apr 2023, 08:01

Re: Wie kann ich ihn zum Reden/Hilfe annehmen überzeugen?

Beitrag von Xray »

Hallo Apfelschorle,

erstmal großen Respekt und Anerkennung, dass du ihn in einer solchen Situation unterstützen und ihm helfen möchtest, obwohl du selbst schon darunter leidest.

Ich habe Ähnliches mit meiner Ex-Verlobten durch. Auch hier fiel Stück für Stück das gemeinsame Leben weg und Interesse bestand nur an Arbeit und Handy.

Nach unserer Trennung kam dann heraus, dass sie sich in ihren Arbeitskollegen verliebt hatte, mit dem sie jetzt zusammen ist.

Ich will nicht sagen, dass das bei deinem Partner genau so ist, aber das Verhalten war ähnlich. Ich kann dir nur raten, egal was die Ursache ist, achte in jedem Fall auf dich selbst!

So wie du es schilderst hast du schon viele Versuche gestartet, ihn zu unterstützen und er kann keine Hilfe annehmen.
Das ist allerdings die Grundvoraussetzung dafür, dass ihm geholfen werden kann.

So hart das klingt aber ich rate dir, zunächst selbst eine Grenze zu setzen, wie weit du ihm helfen kannst.
Ich habe meine Grenze überschritten und finde mich nicht mehr wieder.


Du kannst natürlich versuchen ein einfühlsames Gespräch mit ihm zu führen, vielleicht auch erstmal mit einem Thema aus der Zeit, in der ihr euch kennnegelernt habt. Manchmal holt das den ein oder anderen wieder ab und es entsteht eine Gesprächsbereitschaft.

Bitte gib vor allem auch auf dich Acht!
Ich wünsche dir viel Kraft.
MySun
Beiträge: 531
Registriert: 4. Jul 2022, 09:45

Re: Wie kann ich ihn zum Reden/Hilfe annehmen überzeugen?

Beitrag von MySun »

Hallo Apfelschorle,
ich möchte Dir empfehlen, dass Du Dich nach einer SHG für Angehörige umschaust.
Dort wirst Du Menschen treffen, die ähnliche Probleme und Schwierigkeiten mit der Depression des Partners haben.
Dort wirst Du auf Menschen treffen, die sich durch verständnisvolles Zuhören gegenseitung unterstützen wollen.

Bei Nachbarn, Kollegen, in der Familie etc.., stoßen Menschen, die von einer Depression betroffen sind, meistens auf Verständnislosigkeit und Vorurteile. Sie können nicht verstehen, warum es Depressiven gar nicht, oder oft nicht möglich ist, Arbeiten zu gehen und warum sie nicht in der Lage sind immer lustig zu sein, sondern dass es ihnen oft zum Heulen zu Mute ist.

Depresssive sind selbst sehr unglücklich darüber , dass sie nicht mehr „funktionieren“, nicht mehr die „Leistung“ am Arbeitsplatz, in der Familie oder im Freundeskreis aufbringen können, wie sie es von sich selbst einmal gewohnt waren, sowie es auch die Familie, die Kollegen, Freunde und Nachbarn es gewohnt waren.
Apfelschorle hat geschrieben: 25. Mai 2023, 20:25 Es muss ja nicht mit mir sein, wenn er das nicht möchte. Freunde hat er nicht und zur Familie kaum Kontakt, sodass ich kein Netzwerk aufbauen kann.
Depressive sind nicht wirklich in der Lage Außenstehenden zu erklären wie sie sich fühlen. Sie verstehen sich oft selbst nicht mehr....
Deinem Partner könntest Du bei passender Gelegenheit den Vorschlag machen, eine SHG für Menschen mit einer Depressionserkrankung zu besuchen.
Dort wird er Menschen treffen können, die ähnliche Erfahrungen mit der Depression und mit der Verständnislosigkeit und Vorurteilen von Außenstehenden gemacht haben.
Dort kann Dein Partner vielleicht leichter über seine persönlichen Sorgen sprechen.
Dort wird er Menschen begegnen, die schon Erfahrungen mit Kliniken, Therapien, Psychiatern und Therapeuten gesammelt haben.
Dort wird Deinem Parrtner zugehört. Dort wird er in einer geschützten Atmosphäre über seinen Alltag mit der Depression sprechen und sich austauschen können.

Ich wünsche Dir und Deinem Partner alles Gute
LG MySun


_____________________________________________________________________________________
Betroffene übernehmen die Annahmen des Umfeldes und bewerten sich selbst als verrückt.
Stigmatisierung bei Depressionen – was tun?

https://www.kssg.ch/system/files/media_ ... co_Nil.pdf
"Viele Menschen sind zwar am Leben, berühren aber nicht das Wunder, am Leben zu sein.“-ThichNhatHanh-

Von Herzen
MySun
MySun
Beiträge: 531
Registriert: 4. Jul 2022, 09:45

Re: Wie kann ich ihn zum Reden/Hilfe annehmen überzeugen?

Beitrag von MySun »

...noch ein Hinweis zum Thema:
--Partnerschaft und Depression -

viewtopic.php?t=44469
"Viele Menschen sind zwar am Leben, berühren aber nicht das Wunder, am Leben zu sein.“-ThichNhatHanh-

Von Herzen
MySun
Apfelschorle
Beiträge: 2
Registriert: 19. Mai 2023, 18:58

Re: Wie kann ich ihn zum Reden/Hilfe annehmen überzeugen?

Beitrag von Apfelschorle »

Hallo,

Vielen Dank für eure Nachrichten.

@Xray: es tur mir leid, was in deiner Partnerschaft passiert ist und hoffe, dass du es inzwischen verkraften konntest.
Eine andere Liebelei kann ich wirklich gänzlich ausschließen. Ich habe ihn direkt gefragt und es wurde mir verneint. Genauso hätte er öfters die Möglichleit gehabt, die Beziehung zu beenden, hat es aber nicht getan. Zudem habe ich sonst keinerlei Anzeichen, dass so etwas vorliegen könnte. Ich denke einfach, dass es ihm aufgrund der Depression so geht und keine andere Frau oder die daraus resultierende Probleme seinen negativen Gedanken hervorrufen.
Mir geht es abgesehen von dem Ganzen gut und habe auch keinerlei Sorge in eine depressive Phase abzurutschen. Meine Freunde und Familie helfen mir durch diese Zeit und unterstützen mich in vollen Zügen.
Aber ja, wenns einem selbst nicht gut geht, kann man dem Partner nicht wirklich helfen.

@Mysun:
Danke für die Tipps und den Link. Da werde ich auf jeden Fall mal reinschauen.
Ich weiß inzwischen, dass ich ihn nicht "therapieren" kann und auch niemand aus seinem Umfeld. Es ging mir vorrangig darum, wie ich ihn überhaupt dazu bekomme, eine Selbsthilfegruppe, Therapie oder sonstiges in Anspruch zu nehmen. Er lehnt ja jegliche Formen ab und macht alles mit sich selbst aus.
Ich würde es schon toll finden, wenn er überhaupt mal Andeutungen in solch eine Richtung machem würde, aber zu etwas Zwingen oder Drängen kann ich ihn nicht, wenn er nicht mitwirkt will.
Aber deine Ratschläge nehme ich gerne an, und versuche ihn nochmals von einer SHG zu überzeugen.
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