Beziehung mit einem Depressiven - ja oder nein?

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MissMikse
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Registriert: 14. Mär 2023, 20:07

Beziehung mit einem Depressiven - ja oder nein?

Beitrag von MissMikse »

Hallo zusammen,

ich poste hier nochmal meinen Beitrag aus dem einen Thread, weil ich merke, dass sich die Threads der Angehörigen immer wieder ähneln und es viel Leid gibt deswegen.
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Ich spreche hier jetzt mal was aus, was mir vermutlich der ein oder andere übel nehmen wird oder es zumindest könnte... aber ich denke, da ist einfach viel Wahres dran.

Ich gehöre selbst zu den Depris. Ich bin schon mehr oder weniger mein Leben lang Single und hab mir immer einen Partner gewünscht. Je länger ich mich aber mit mir selbst und den Depressionen beschäftigt habe, je mehr ich auch versucht habe, zumindest ein Stück weit Heilung zu finden, umso klarer wurde mir, dass ich nie einen Partner auf Augenhöhe wollte, sondern einen, an dem ich mich festhalten kann, einen der auf mich aufpasst, mich beschützt vor der bösen Welt da draussen, einen der den Laden schmeißt (Haushalt und Co.) wenn ich es grade nicht kann.
Klar, ein Stück weit gehört das zu einer Beziehung dazu. Wenn der eine mal nicht kann, übernimmt der andere mehr und in anderen Zeiten umgekehrt. Jedoch war es bei mir lange Zeit so, dass es ein ungesundes Maß an "mehr" war, das ich mir gewünscht hätte vom Partner.
Wenn ich an einen von euch geraten wäre, wäre es vermutlich genauso gelaufen, wie es hier immer wieder beschrieben wird. Ihr nehmt dem Betroffenen ganz viel an Verantwortung ab, ihr seid die Starken, der andere ist der schwache Part, es ist nie auf Augenhöhe, der Betroffene merkt das auch, fühlt sich unglücklich darüber, aber er hat im Endeffekt keinen triftigen Grund sich zu ändern, weil es ja so viel bequemer für ihn ist, auch wenn er nicht glücklich ist dabei. Und schlussendlich macht er euch noch dafür verantwortlich, weil ihr scheinbar nicht stark genug seid, um für euch beide ein schönes Leben her zu zaubern.

Ich habe mittlerweile erkannt, dass ich gar keine glückliche Beziehung hätte führen können in der Vergangenheit. Und ich arbeite hart an mir, damit es mir besser geht und ich somit vielleicht auch an den Punkt komme, wo eine gute Beziehung auf Augenhöhe möglich ist. So langsam nähere ich mich diesem Punkt. Die Veränderung habe ich gemerkt, als ich nicht mehr drüber nachgedacht hab, wie ein Partner mein Leben leichter/besser machen würde. Vielmehr denke ich jetzt drüber nach, was ICH für einen Partner tun könnte.

Aber ich vermute, dass viele Betroffene nicht sehen wollen dass sie an sich arbeiten müssen und einfach Angst davor haben, alleine zu sein. Also stürzen sie sich in solche Beziehungen, wie sie hier beschrieben sind. On-Off, eine Mischung aus Klammern und Rückzug, Achterbahn pur. Ich will damit nicht sagen, dass Depressive nicht in einer Beziehung sein sollten! Bitte nicht falsch verstehen!
Aber gerade für die hier beschriebenen Fälle (der Betroffene nimmt z.B. keinerlei professionelle Hilfe an und ist nicht bereit an sich zu arbeiten) sehe ich keine Chance auf eine dauerhafte glückliche Beziehung. Diese Betroffenen sollten erst einmal an sich selbst arbeiten und lernen, mit der Krankheit umzugehen, dann fällt es auch leichter eine Beziehung zu führen, weil der Partner das Gefühl hat, dass der andere weiß, was er jetzt braucht und bald wieder ok ist. Auch, wenn das dann mal ein wenig Rückzug und mehr Ruhe bedeutet, so sind es dann trotzdem nicht diese riesengroßen Spannungen und totalen Extreme bis hin zur Trennung über Monate. Und man ist dann auch bereits stabil genug, um trotzdem immer noch im Gespräch bleiben zu können, statt den Partner nur noch anzuschweigen und nicht fähig zu sein, den wichtigsten Mensch im Leben mit in den Prozess einzubeziehen.

Ich verstehe, dass ihr eure Partner liebt. Und das ist auch schön. Aber ich glaube, ihr tut ihnen keinen Gefallen damit, dass ihr euch noch mehr und noch mehr und noch mehr reinhängt und versucht zu helfen wo ihr nur könnt. Das schafft nur noch mehr Ungleichgewicht, bis es irgendwann so sehr kippt, dass nichts mehr zu retten ist.

So hart das klingt: mein Tipp: Finger weg von Depressiven, die keine professionelle Hilfe annehmen möchten. Die reißen euch nur mit in den Abgrund. Wenn Hilfe angenommen wird und derjenige an sich arbeiten will und es auch tut, dann sieht das nochmal anders aus und muss individuell betrachtet werden, ob eine Beziehung funktionieren kann.

Liebe Grüße an alle!
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