Ausfallhonorar bei Therapeuten

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agentcooper
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Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von agentcooper »

Hallo zusammen,

nach etwas längerer Zeit melde ich mich mal wieder und würde mich freuen, wenn wir uns zu o.g. Thema austauschen könnten bzw. ich von euch Anregungen zu meinem Thema bekommen würde.

Zu meiner Situation: Ich bin seit dem Sommer 2022 in einer Gruppentherapie. Die Therapeutin habe ich das erste Mal im Februar 2022 gesehen. Das Antragsverfahren hat sich so lange hingezogen, bis zum Start der Gruppe hatten wir aber alle 2-3 Wochen Einzeltermine.

Schon beim Ersttermin vor gut einem Jahr hatte ich einen Wisch unterschrieben, auf dem die Höhe des Ausfallhonorars steht (glaube um die 80 € rum, habe leider keine Kopie davon) sowie eine Frist (48 Stunden). Ich hatte ehrlich gesagt schon damals ein mulmiges Gefühl dabei - noch bevor wir richtig gesprochen haben und ich mich noch gar nicht für sie entschieden hatte, sollte ich das unterschreiben. Hab's damals gemacht, weil ich händeringend gesucht habe und sie einen Gruppenplatz in Aussicht stellen konnte. (Aber vielleicht war das schon ein Fehler von mir, mich darauf einzulassen mangels Alternativen?)

Ich war zuvor nur 24 Stunden gewöhnt und um die 40 €. Zudem stand dort ganz explizit drauf, dass das Geld auch dann gezahlt werden muss, wenn höhere Gewalt und Krankheit eintritt. Nun, jetzt ist einer der letztgenannten Fälle eingetreten. Ich habe den Termin nicht verbummelt oder bin zu spät losgefahren oder sowas. Es ist der erste Termin, den ich nicht rechtzeitig absagen konnte.

Mich würde erstmal allgemein interessieren, wie die Regelungen bei euch aussehen bzw. was das mit euch machen würde gefühlsmäßig. Ich mein, mir ist klar, dass ich das unterschrieben habe, aber ich hätte mir insgeheim doch ein Entgegenkommen gewünscht - insbesondere unter Berücksichtigung meiner Lage. Zurzeit verdiene ich im Job weniger als sonst und hatte obendrein horrende Tierartzt-Rechnungen (insgesamt an die 5.000 €) zu stemmen. Das war Thema in den Gruppen-Sessions. Ich hatte danach gefragt, ob wir das evtl. als Einzeltermin "nachholen" könnten, aber sie meinte daraufhin nur, dass sie mir den Ausfall leider in Rechnung stellen müsse.

Unabhängig von der Honorar-Story: Ich bin mit dem Setting und ihrer Arbeitsweise immer noch nicht so richtig warm geworden und Fakt ist leider auch: Es geht mir seit einiger Zeit erheblich schlechter (Essstörung kam noch hinzu) und es ist keine Besserung in Sicht, mir fehlt zudem ein Therapie-Ziel und das Besprochene geht oft nicht tief genug, bleibt oberflächlich. Oftmals bleiben Themen unbearbeitet, da in der Gruppe mE zu wenig Zeit dafür ist und ich logischerweise nicht jedes Mal im Mittelpunkt stehen kann und will. Dazu kommt, dass ich mich gar nicht traue, gewisse Dinge anzusprechen (Essstörung), da ich befürchte, dass sie mir nicht helfen kann und ich mich umsonst geöffnet hätte. (Man kann zwar ein paar Einzeltermine pro Quartal machen, aber das macht es aus meiner Sicht nicht wett.) Auf der anderen Seite könnte das Gruppen-Setting hilfreich für meine soziale Phobie sein (sagt sie auch immer wieder), aber richtig spüren tue ich davon nichts. Meine frühere Selbsthilfegruppe hat bessere Wirkung gezeigt und die Gespräche dort waren ergiebiger und hilfreicher, als in der jetzigen Therapie. Häufig sitzt sie auch nur da und fragt ein wenig nach oder sagt, sie könne das verstehen, aber es kommt für mein Empfinden wenig therapeutischer Input.

Unterm Strich überlege ich daher, ob ich das Ganze nicht beenden sollte. Schon vor dieser Honorar-Sache ging es mir nicht wirklich gut und wenn ich ehrlich bin, bleibe ich nur da, weil ich derzeit keine Alternative habe. Aber klar, das mit dem Ausfallhonorar war jetzt nochmal so ein Punkt. Ich hatte schon einige Therapien: Bei 2 Therapeuten war das nie Thema (auch nix unterschrieben o.ä., obwohl ich da bestimmt auch mal krank war) und meine letzte war was das angeht sehr kulant und verständnisvoll, was ich wichtig finde fürs Vertrauensverhältnis.

Wie sind eure Erfahrungen dazu? Bzw. was denkt ihr darüber?

(Uff, sorry für den Textblock - bin dankbar über jeden, der das liest und evtl. seine Gedanken teilt!!) :) )

Liebe Grüße,
agentcooper
SonneundDunkenheit
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Hallo Agentcooper,
aus meiner Sicht vermischt sich in dem Geschriebenen einiges.
Zunächst scheint die Therapie ein 'Notnagel" zu sein, weil du keine Alternative gefunden hast. Gruppentherapie mit zusätzlichen Einzelterminen klingt zunächst nicht schlecht, wenn man sich in Gruppen öffnen kann und die Therapeutin die Gruppe gut zu führen weiß.
Deinen Schilderungen zufolge bist du mit der Therapieform und/oder der Therapeutin nicht wirklich zufrieden.
Ob es moralisch verwerflich ist, gleich zu Beginn der Behandlung über Ausfallhonorar zu reden, liegt in der Sache des Betrachters. Letztlich ist es ja eine Leistung, die sie erbringt und womit sie ihren Lebensunterhalt bestreitet. Sie hat neben dir noch viele andere Patienten, die zuverlässig sind oder nicht. Ein Handwerker/ Steuerberater o.ä. würde es nicht anders machen.
80 € sind viel Geld und man kann schnell kurzfristig erkranken. Ich hätte wahrscheinlich ein Problem mit solch einer Vereinbarung, aber du hast sie nun mal unterschrieben und bist einen rechtsgültigen Vertrag eingegangen.
Meine Therapeutin ist auch Psychiaterin (hat zwei halbe Kassensitze) und wir haben keine solche Vereinbarung. Wir haben darüber gesprochen, was wäre wenn ich kurzfristig verhindert bin aus welchem Grund auch immer. Für sie wäre selbst eine Absage kurz vor Stundenbeginn in Ordnung, wenn ich mich nicht in der Lage fühlen würde für die Stunde. Dann macht sie halt Papierkram.
Bislang musste ich in über drei Jahren erst einmal absagen und zwar 2 h vor Beginn...es war kein Problem.
Ich würde mir an deiner Stelle eine Kopie des Vertrages über das Ausfallhonorar geben lassen. Außerdem stellt sich mir die Frage, wie hilfreich die Therapie wirklich für dich ist, wie du zur Therapeutin stehst, ob du dich wohlfühlst. Dann müsstest du eine Entscheidung treffen: gehen und was Neues suchen oder bleiben zu den vereinbarten Bedingungen.
Deine Tierarztrechnung ist der Hammer, aber ich denke dies hat für die Therapeutin keine Bedeutung. Sie könnte dir eventuell eine Ratenzahlung anbieten, aber das ist nicht der Kern deines Problems... denke ich zumindest. Vertraust Du dieser Person, fühlst du dich dort wohl, erzielst du Erfolge?
Alles Gute für dich.
Liebe Grüße von SonneundDunkelheit
SonneundDunkenheit
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Nachtrag:
Musst du für abgesagte Einzelstunden und für Gruppenstunden Ausfallhonorar zahlen?
Bei Einzelstunden könnte sie ja jemand anderes reinschieben (deshalb sicherlich auch die 48 h Frist). Bei Gruppenstunden bleibt es ja beim Ausfall selbst bei rechtzeitiger Absage, da ihr sicherlich eine feste Gruppe seit? Werden rechtzeitig angesagte Gruppenstunden in Form von Einzelterminen nachgeholt oder wie ist das geregelt?
Nochmals liebe Grüße
agentcooper
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von agentcooper »

Danke für deine Antwort!

Bei dem genannten Ausfall handelte es sich um eine Gruppenstunde.

Ich hatte sie ja gefragt, ob man die ausgefallene Gruppenstunde als Einzel nachholen könne - daraufhin meinte sie nur, dass sie mir den Ausfall leider in Rechnung stellen müsse.

Ich habe mich die Tage auch an ein anderes Erstgespräch vor Jahren erinnert, bei dem der Therapeut auch direkt sagte, es fielen Ausfallgebühren von 80 € an - egal bei welchem Grund. Er ließ da auch nicht mit sich verhandeln, was z.B. Krankheit oder höhere Gewalt anging. Das hat mich abgeschreckt und ich habe abgelehnt, was ich als richtige Entscheidung empfunden habe, da ich von ihm wohl auch bei anderen Themen keinerlei Verständnis bekommen hätte. Und weil ich gewusst habe, dass das bestimmt irgendwann mal zum Problem in der therapeutischen Beziehung werden würde. Zumindest war das mein Eindruck/Empfinden. Wäre mein Zustand vor einem Jahr nicht so mies gewesen, dann hätte ich wahrscheinlich auch bei ihr abgelehnt ...

Ja, ich sehe das auch so, dass sich vieles vermischt hat. Ich bemerke an mir seit einiger Zeit nur noch Verschlechterungen und könnte nicht wirklich sagen, dass mir diese Therapie bei ihr was bringt. :/ Es sind ja noch Stunden offen, vllt. habe ich endlich mal Glück in meinem Leben und finde wen anderes - der könnte die dann übernehmen, wenn ich das richtig verstanden habe, was mir die Krankenkasse gesagt hat. Auf der anderen Seite weiß ich nicht, ob es so klug ist, ganz ohne vorübergehend dazustehen oder ob ich die Stunden noch bis zum Wechsel "verschwenden" soll. Bekanntermaßen sind freie Plätze (mit passendem Therapeuten) rar geworden.
SonneundDunkenheit
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Hallo Agentcooper,
das mit dem Ausfallhonorar kann ich bei einer Einzelstunde nachvollziehen. Hier könnte sie die Stunde anderweitig vergeben. Bei einer Gruppenstunde ja nicht.
Ich finde es schwierig zahlen zu müssen, wenn ich krank bin oder im Umkehrschluss krank zur Therapie zu gehen, um nicht zahlen zu müssen. Gleichwohl kann ich verstehen, dass Therapeuten, die ausschließlich als solche arbeiten eine gewisse finanzielle Sicherheit haben wollen. Dennoch bin ich mir sicher, dass sie auch viel Schreibkram haben (z.B. Gutachten erstellen). Bei einer gewissen Flexibilität könnte soetwas in einer Ausfallstunde passieren.

Wenn du für dich einen Wechsel in Erwägung ziehst, weil dich die jetzige Therapie nicht weiter bringt, dann würde ich persönlich keine Stunden "vergeuden". Findest du eine passendere Therapeutin, dann könnte es sein, du bereust es, weil dir diese Stunden dann "fehlen".

Ich bin ein wenig neugierig. Wie viele Personen sind in der Gruppe und was passiert wenn man rechtzeitig absagt? Bekommt man die Gruppenstunden dann als Einzelstunde? Ist von vornherein festgelegt wieviel Gruppen - bzw. Einzelstunden einem "zustehen"? Als Verfahren wird bestimmt Verhaltenstherapie angewandt, oder?
Liebe Grüße von SonneundDunkelheit
agentcooper
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von agentcooper »

Also wenn man rechtzeitig (vor 48 Stunden) absagt oder vorher bekannt gibt, Urlaub zu haben, dann fällt keine Gebühr bei Gruppenterminen an. Ist ein, zweimal vorgekommen.

Es gibt keine Regelung, dass da irgendwas nachgeholt wird dann in Einzelsitzungen. Soweit ich das mitbekommen habe, hat auch ein anderes Gruppenmitglied schonmal zahlen müssen. Die genauen Absagegründe kenne ich aber natürlich nicht. Ich weiß nur, dass andere Teilnehmer öfters fehlen, als z.B. ich.

Mein Problem ist halt auch, dass ich jetzt immer Angst habe, dass wieder irgendwas dazwischen kommt (schon allein wegen dem langen Anweg und den öffentlichen Verkehrsmitteln) und ich dann wieder zahlen müsste. Diese Gefahr wäre dann immer in meinem Hinterkopf bzw. war sie davor auch schon.

Ich verstehe auch, dass Therapeuten finanzielle Sicherheit brauchen. Aber bei wirklich unverschuldhaften Absagen finde ich das problematisch für die Beziehung. Wenn ich jetzt so einer wäre, der ständig absagen würde oder aufgrund von unangenehmen Themen, dann wäre das ja was anderes. Es war allerdings in diesem konkreten Fall das erste Mal, dass ich aufgrund äußerer (für mich nicht zu beeinflussenden) Umständen kurzfristig absagen musste. Ich habe ihr das auch konkret geschildert inklusive der Bemühungen, es doch noch zum Termin zu schaffen (hat leider offensichtlich nicht geklappt). Alles in allem bleibt ein unangenehmes (Bauch-)Gefühl. In Kombination mit der Tatsache, dass ich ohnehin unzufrieden bin, treibt mich dass eher dazu, die Therapie dort nicht mehr weiterzumachen. Mir ist es ehrlich gesagt auch mittlerweile egal, ob ich dann ohne da stehe. Besser keine Therapie, als die falsche - so würde ich auch keine Stunden vergeuden, wie du richtig sagst.

Dennoch denke ich, dass ich erstmal mit ihr im Einzel darüber reden werde und auch erstmal abwarte, wie hoch die Rechnungssumme tatsächlich sein wird. Vielleicht sagt sie ja doch noch ein paar erklärende Worte dazu.
f32-axolotl
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von f32-axolotl »

Hallo agentcooper,

ich kann mir nicht vorstellen, dass die Vereinbarung zwischen dir und der Therapeutin rechtlich bindend ist, wenn du aufgrund von Krankheit einen Termin (auch kurzfristig) nicht wahrnehmen kannst. Ich würde dir vorschlagen, dass du bei deiner Krankenkasse nachfragst, ob das aus deren Sicht in Ordnung ist.

Bezahlen würde ich es zumindest erst einmal nicht.

f32
Kiwi78
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von Kiwi78 »

Hallo Agentcooper,
Ich habe vor Beginn der Therapie auch einen Behandlungsvertrag unterschrieben der ebenfalls ein Ausfallshonorar für nicht innerhalb von 2 Werktagen abgesagte Termine. Denke das ist schon rechtens.
Im Krankheitsfall oder bei anderen äußeren Umständen (Auto springt nicht an, schnee,...) kann ich auch kurzfristig auf telefontermin umschwenken. Von daher hatte ich noch nie den Fall, dass eine Stunde kurzfristig komplett abgesagt wurde. Ich schätze meine thera so ein, dass sie das Ausfallshonorar vielleicht nicht bei einem einmaligen Ausfall verlangt, sondern nur wenn es öfters vorkommt.
In der Praxis gibt es auch eine Art Warteliste, wo Patienten bei kurzfristigen Absagen einen Termin wahrnehmen können. Mir auch schon passiert dass ich vormittags den Anruf bekam einen spontan abgesagten Termin eines Patienten am Nachmittag kurzfristig wahrzunehmen. Eine gute praxisorganisation ist da hilfreich.
Wie das bei Gruppentherapien ist, weiß ich nicht.
Lg Kiwi
agentcooper
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Registriert: 9. Apr 2020, 14:07

Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von agentcooper »

Ja, ich denke auch, dass das rechtens ist. Habe das ja auch so unterschrieben, dass der Grund egal ist. Dennoch bin ich auf der Gefühlsebene enttäuscht von ihr, dass sie mich direkt beim 1. Mal zur Kasse bittet. Das gibt mir das Gefühl, dass es nicht um das Menschliche geht, sondern in erster Linie ums Geld. Und das ist zumindest für meine Themen nicht förderlich in einer vertrauensvollen Therapie-Beziehung.

Allerdings besteht bei Gruppentherapien ja gar nicht die Möglichkeit, den Termin anderweitig zu vergeben - sie hat dann zwar einen Teilnehmer mit einer Gebühr weniger, aber es ist ja nicht so, dass der gesamte Gruppen-Termin ausgefallen wäre und sie gar nichts eingenommen hätte. Der Schaden würde sich demnach in Grenzen halten, wenn wir das ausnahmsweise als Einzeltermin nachholen würden. (Also als Einzeltermin, der vorher nicht vorgesehen war, also auch ohne Ausfall quasi nur obendrauf gekommen wäre. Wir haben das so vereinbart, dass wir nur bei Bedarf Einzeltermine machen, aber nicht regelmäßig und unbedingt X Termine pro Quartal. Obwohl eine gewisse Anzahl pro Quartal von den Krankenkassen erlaubt ist, will sie diese Anzahl nicht ausschöpfen bei mir. Stattdessen bietet sie mir nun zusätzlich einen Einzeltermin an, sodass sie das Ausfallhonorar + die Einzel-Session hätte.) Oder ist da irgendwo ein Logikfehler bei mir? Also es hätte bestimmt Wege gegeben ... zumal wirklich keiner von uns was für diesen Ausfall konnte.
SonneundDunkenheit
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Guten Morgen Agentcooper,
aus deinen Zeilen lese ich heraus, dass eure Therapiebeziehung wacklig ist. Du bist enttäuscht und verletzt, fühlst dich nicht ausreichend gut wahrgenommen und verstanden. Warum sie mögliche Einzeltermine nicht anbietet, erschließt sich mir auch nicht (Kapazitätsprobleme ?). Vielleicht kannst du den anstehenden Einzeltermin nutzen, um deine Zweifel anzusprechen.
Ich kenne solche Zweifel auch und in meiner bisher drei Jahren andauernden Therapie gab es immer wieder Momente wo ich mich nicht verstanden gefühlt habe. Wir haben hin und wieder Stunden genutzt um meine Ängste und Zweifel zu beleuchten... meist sind da unbewusst Übertragungsprozesse gelaufen, die Altes hochgeholt haben.
Wünsche dir alles Gute!
Gertrud Star
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo,

mir stellt sich gerade die Frage, wie das mit der Bezahlung für die Therapeutin für die Gruppenstunden ist. Bekommt sie nur Geld von der Krankenkasse für jeden Anwesenheitstermin? Dann würde ich ihr Begehr eventuell noch verstehen, ansonsten nicht.

Ich selber bin Armutsbetroffen und 80 Euro sind fast ein Zehntel meines "Nettogehaltes". Würde mir jemand dies abknöpfen, nur weil ich vielleicht nicht sicher wäre, ob ich eine ansteckende Krankheit hätte oder vielleicht einen Unfall, dann könnte ich keinesfalls dort eine Therapie anfangen. Es wäre mir einfach zu riskant und zu teuer.

Ich finde Therapeuten mit solchen Angeboten einfach zu abgehoben, viel zu abgehoben. Die könnten sich auch nie in meine Situation rein versetzen.
Heute würde ich solche Therapeuten dann fragen, ob sie es lieber hätten, wenn ich dann 2 Wochen nix zu essen hätte oder mich mit ansteckenden Krankheiten in die Therapiegruppe setzen muss. Damit sie mal nachdenken.

Gute Therapeuten kommen mit solch finanziellen Verluststunden gut zurecht, sie haben immer mal Papierkram zu erledigen oder können auch jemanden rein schieben. Zumindest bei Einzelterminen. Meine Psychiaterin ist so ausgebucht, die wäre nur froh, wenn man absagt, dass sie weiß sie hat Zeit für anderes oder kann mal nen Gang langsamer schalten (die ist echt fit).
Aber bei Gruppenterminen, was für ein Ausfall ist denn da vorhanden, wenn jemand mal nicht kommt? Gehört das nicht zum normalen Berufsrisiko? Muss man Leute deswegen in Hunger und existenzielle Krisen stürzen? Die sollen echt mal nachdenken, was sie Leuten damit antun können.

Der Vergleich mit nem Steuerberater oder Handwerker hinkt auch etwas.
Steuerberater hat auch gut Papierkram zu erledigen, eventuell kann man selber auch jemanden im eigenen Auftrag mal vorbei schicken. Handwerker daheim, naja unterschiedlich: Im Falle von Beinbruch könnte er trotzdem ein verstopftes Klo reparieren, im Falle von Infekten werkelt er halt in einem Ende der Bude und ich bin in einer anderen. Oder ich verdünnisiere mich und (falls vor Ort) könnte Kind oder Nachbarn oder wen auch immer in meine Wohnung schicken. Zur Gruppentherapie kann ich leider keinen in meinem Auftrag schicken.

Meine Gedanken dazu.
Schönen Abend noch und schönes Wochenende.
SonneundDunkenheit
Beiträge: 682
Registriert: 25. Jul 2021, 09:24

Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Berufsrisiko? Entschuldige, aber das sehe ich anders.
Solche Ausfallhonorare sind nicht unüblich und es war zu Beginn der Therapie offen kommuniziert. Es wäre für mich ein Ausschlusskriterium gewesen, aber um mich geht es hier nicht.
Letztlich muss Agentcooper mit der Therapeutin die Situation klären.
Ich schlüpfe jetzt Mal provokant in die Rolle der Therapeutin, die eine Praxis, eventuell eine Angestellte, ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen muss und Fixkosten (vielleicht Kredite) zu bedienen hat. Ihr wird eine kurzfristig ausgefallene Stunde sicher nicht das "Genick brechen". Kommt es hingegen mehrfach (durch verschiedene Patienten hervorgerufen) vor, kann das auch für sie zum Problem werden. Und ausgefallenes Honorar im Rahmen einer Gruppenstunde kann sie eben nicht mit anderen Tätigkeiten kompensieren, denn die Stunde läuft ja mit den Anwesenden unter ihrer Führung trotzdem. Auch eine gute Therapeutin braucht eine gewisse ökonomische Sicherheit und klar kommunizierte Regeln können hilfreich sein.
Alles hat zwei Seiten und Therapeut und Patient müssen entscheiden, ob sie zusammen passen oder nicht.
@Agentcooper: hat die Einzelstunde schon stattgefunden und mit welchem Gefühl bist du aus der Stunde gegangen?
Gute Nacht für Alle
Gertrud Star
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Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von Gertrud Star »

Sorry jetzt muss ich mal kurz lachen.
Lass eine Therapeutin eine Gruppe von 6 Klienten haben, von denen einer fehlt. Wenn sie 80 Euro Ausfallhonorar nimmt, gehe ich davon aus, dass sie in dieser Zeit immer noch 5mal80 also 400 Euro einnimmt. Und das ist nur dies eine mal, immer fehlt ja auch nicht jemand. Sicher haben Therapeuten auch andere Ausgaben. Es dürfte immer noch genug übrig bleiben. Deshalb bleibe ich bei meiner Meinung. Auch wenn ich weiß, dass eine Praxis auch Kosten verursacht, ebenso die Kassensitze und Kosten für Aus- und Fortbildung, und dass Therapeuten unter den Akademikern mit am schlechtesten verdienen.
Aber solch eine knappe Kalkulation dürfte niemand nötig haben, mit der er andere in Existenznöte bringt.

Und nein, ich habe in diesem Zusammenhang auch viele andere Armutsbetroffene im Hinterkopf, bei denen es momentan nicht mal fürs Essen reicht oder fürs Fahrgeld zum Therapeuten. Wenn jetzt die überwiegende Mehrheit der Therapeuten solche Verträge macht und davon nicht abrückt, sind bald alle Armutsbetroffenen vollständig von Therapien ausgeschlossen, und damit fast 20 Prozent der Bevölkerung, denn soviele können sich sowas nicht (mehr) leisten.
Am Ende freuen sich die Krankenkassen darüber, dass weniger Leute die Therapien in Anspruch nehmen.

Ein Passungspsroblem sehe ich hier auch nicht, eher ein ziemliches strukturelles Benachteiligungsproblem für alle Leute mit wenig Geld. Dass diese nämlich noch mehr von Behandlungen ausgeschlossen werden.
Ein Passungsproblem ist für mich nämlich, wenn es zwischen 2 Menschen nicht passt und nicht, wenn einer unnötige finanzielle Barrieren aufbaut, die dem anderen Wege versperren.

Das nur zur Erklärung meinerseits.
Ob jemand so etwas zahlen kann, muss jeder selber wissen. Wer es kann, hat die Wahl und kann sich auseinandersetzen damit. Wer es nicht zahlen kann, muss von vornherein verzichten.

Wünsche gute Nacht und bin damit raus aus dem Thread.
Suchende2
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von Suchende2 »

Hallo,

ich verstehe beide Seiten. Bei einer ausgefallenen Gruppentherapiestunde empfinde ich EUR 80,00 als zu hoch.
Sie hat auch in der Gruppentherapie Ausfallkosten (kann die Gruppe dann erst später wieder besetzen, benötigt aber eine bestimmte Anzahl an Patienten um kostendeckend zu arbeiten).
Ich weiß auch, daß meine Therapeutin ein Ausfallhonorar nehmen kann, wenn ich kurzfristig absage.
Da sie mich kennt, ist das aber nicht vorgekommen.
Als ich wegen Corona kurzfristig absagte, war das für sie kein Problem.
Und als ich neulich vor der Arbeit anrief und ihr auf Band sprach, daß ich Arbeit und Therapie nicht schaffe, hat sie mich (in Absprache) zu meiner Therapiezeit angerufen.
Als ich den Termin falsch im Kalender eingetragen hatte (eine Stunde zu spät), sagte sie nur, macht nichts, in der von ihnen eingetragenen Stunde habe ich keinen Termin, kommen sie.
Bei meiner Therapeutin ist die Vereinbarung zu Ihrer Absicherung da, falls ich regelmäßig kurzfristig absagen würde. Bei Therapiebeginn kann sie das natürlich noch nicht abschließend einschätzen.
Da ich ihr vertraue, weiß ich, sie nimmt dieses Ausfallhonorar nur wenn es wirklich nötig ist.
Gertrud Star, ich bin der festen Überzeugung, meine Therapeutin würde auch Dich unterschreiben lassen, aber wenn Du insgesamt zuverlässig bist würde sie Dir aufgrund Deiner finanziellen Situation diese Kosten nie in Rechnung stellen.

Bei Agentcooper und der Therapeutin scheint das Vertrauensverhältnis nicht zu funktionieren.

Agentcooper, mich würde auch interessieren, was ist aus dem Gespräch mit der Therapeutin geworden?

Alles Gute,
Suchende
agentcooper
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von agentcooper »

Hallo zusammen,

danke für eure Gedanken. Jetzt kann ich berichten. Vorweg: Ich war gefasst und ruhig, war auch nicht schlecht drauf und habe versucht, zu schildern, wie die Situation bei mir angekommen ist bzw. wie ich sie interpretiert habe. Darauf bin ich stolz, vor einiger Zeit wäre ich viel emotionaler und verzweifelter gewesen.

Ich versuche so gut es geht nüchtern darzustellen, was beim Gespräch sinngemäß besprochen wurde und bin dann gespannt auf eure Sicht dazu.

- Ich habe gesagt, dass ich irritiert war über die Rechnungsstellung und dass ich mir Entgegenkommen erhofft hätte (Kompromiss wie Einzel als Ersatz für den ausgefallenen Gruppentermin und ggf. geringerer Betrag, was auch immer) - ich war enttäuscht, dass sie das gar nicht in Betracht gezogen hat und direkt auf die Rechnung hingewiesen hat, gerade in Anbetracht meiner derzeitigen finanziellen Lage. Zudem hatte ich ihr erzählt, wie kulant meine bisherigen Theras waren, dass für unglückliche kurzfristige Absagen, für die keiner was kann, immer eine angenehme Lösung für beide gefunden wurde, sodass für beide kein großer Schaden entsteht. Betont, dass mein Fehlen keine Absicht war und für mich nicht beeinflussbar war. Dass es der 1. Sonderfall dieser Art bei mir war.

- Sie möchte mich/die anderen nicht bestrafen mit dem Bereitstellungsentgelt, sie habe Verdienstausfall, der Betrag sei so schon mehr als die Hälfte dessen, was sie sonst einnehmen würde, es sei letztlich ihr Job, sie habe hohe Raumkosten etc. - dabei hat sie leichte Verärgerung gespürt aufgrund meiner vorherigen Aussagen (hat sie verbalisiert)

- Angesprochen auf meine derzeitige finanzielle Lage: ich würde damit ja auch in meine Gesundheit investieren und bei anderen Dienstleistern ist das auch so

- Sie argumentiert, dass diese Regel (48 Std. vorher absagen) besteht und ich diese Verpflichtung eingegangen bin, generell wird der Therapiefluss wird durch Absagen gestört. Ein Abweichen sei nicht möglich.

- Bei finanziellen Problemen hätte man evtl. über Ratenzahlung sprechen können

- Mit Einzel als Ersatz z.B. hätte ich ihr keinen Gefallen getan, da sie dann 1 Std hätte extra arbeiten müssen und sie auch sonst keine Probleme habe, Patienten zu bekommen (d.h. es gebe genug Patienten)

- Bei Absagen für Einzeltermine könne sie auch nichts anderes machen - Papierkram etc. würde sie zu anderen Zeiten machen, bei 48 Stunden vorher absagen könne sie gerade noch so umplanen

- Wäre ich ca. 15 Minuten vor Ende der Gruppen-Session noch da gewesen, hätte sie ausnahmsweise noch mit der Krankenkasse abrechnen können, ansonsten wäre es Abrechnungsbetrug

- Sie plant, die Regel für die Gruppe zu ändern und in Kürze der gesamten Gruppe mitzuteilen (aber nicht wegen mir). Neu gilt dann: Einmal pro Quartal darf man fehlen, in allen anderen Fällen künftig ein reduziertes Ausfallhonorar fällig - egal bei welchem Grund, Ausnahme höchstens bei Reha denkbar. Keine 48h-Frist mehr. Urlaub teilt sie uns ein halbes Jahr vorher mit und wir müssten uns danach richten

- Dann hat sie zu meinen Themen umgeschwenkt, also was das Ganze mit mir zu tun haben könnte (Gefühl der Bestrafung, Infragestellen der Therapiebeziehung etc.)

- Ich habe gesagt, dass ich zweifel, ob die Therapie weiter Sinn macht und dass mir die neue Regel Bauchschmerzen macht

- Zum nächsten Gruppentermin komme ich
Sul
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von Sul »

Hallo Agentcooper,

mir würde die neue Regelung auch Bauchschmerzen bereiten, da ich meinen Urlaub nicht 100 %ig mit dem eines Therapeutens abgleichen kann. Und somit pro Jahr mehrere Stunden Ausfallhonorar fällig werden würden. Ebenso bei Krankheit. Wer Verantwortung übernimmt und z.B. mit einer Coronainfektion zu Hause bleibt, wird mit einem Ausfallhonorar bestraft?

Gruppentherapie wird von den Krankenkassen sehr gut entlohnt. Kein Therapeut wird seine Raummiete nicht mehr bezahlen können, wenn er ab und zu einen Stundenausfall hat.

Ich kenne von Psychoanalytikern teilweise sehr strenge Ausfallhonorarregelungen. Für mich hat das mit Machtmissbrauch zu tun. Da es genug Patienten gibt, können diese Regelungen durchgesetzt werden. Und eine Begründung findet sich immer, wenn danach gesucht wird.

Ich habe aber auch sehr kulante Psychotherapeuten erlebt, die kein Ausfallhonorar nahmen, wenn es zu kurzfristigen unverschuldeten Stundenausfällen kam, z.B. bei Zugausfällen.

Ihr werden die neue Regelung bestimmt in der Gruppe diskutieren. Vielleicht magst du darüber berichten.

Viele Grüße, Sul
agentcooper
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von agentcooper »

Sul hat geschrieben: 7. Mär 2023, 22:25 Wer Verantwortung übernimmt und z.B. mit einer Coronainfektion zu Hause bleibt, wird mit einem Ausfallhonorar bestraft?
Sie hat explizit gesagt, dass das Ausfallhonorar nicht als Bestrafung gedacht sei. Es würde sich in einem solchen Fall aber zumindest wie eine solche anfühlen. Das kann, muss aber nicht ausschließlich mit meinen Themen zu tun haben, wenn ihr mich fragt.

Grundsätzlich verstehe ich auch ihre Sicht auf die Dinge. Was ich weniger verstehe ist ihre strikte Kompromisslosigkeit direkt beim 1. Mal.

Sollte die neue Regelung wirklich so kommen bzw. einseitig von ihr geändert werden, bin ich raus - unter dieser Prämisse hätte ich damals die Therapie nie angefangen bei ihr (auch bei anderen wäre das bei Erstgesprächen ein klares Ausschlusskriterium gewesen). Mir waren ja ehrlich gesagt schon die 48 Stunden zu viel. Aber ich seh das Ganze zum Glück nicht so dramatisch, wenn es zu Ende gehen würde.
SonneundDunkenheit
Beiträge: 682
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Hallo Agentcooper,

bei den Regelungen wäre ich auch raus bzw. hätte nie angefangen. Wer plant denn seinen Urlaub nach den Wünschen der Therapeutin?

Prinzipiell hat sie ihre Standpunkte deutlich gemacht und die sind einzeln betrachtet ja irgendwie auch nachvollziehbar sowohl im Hinblick auf den Therapiefluss der Gruppe sowie ökonomischen Gesichtspunkten. Vielleicht wäre sie im klinischen Alltag besser aufgehoben. Da sind immer alle da und sie bekommt ihr festes Gehalt.

Dass sie bereits beim ersten Mal so strikt reagiert.... vielleicht hat sie schon viel erlebt und ein erstes Mal in der Summe aller ihrer Patienten kann eine Menge an Ausfallstunden sein.

Beim Verkünden der neuen Regelungen in der Gruppe wäre ich gerne Mäuschen. Da schlagen die Emotionen bestimmt hoch.

Ob es Machtmissbrauch ist, wie Sul schreibt, mag ich nicht bewerten. Sie bietet eine Leistung an und benennt die dazu gehörigen Regelungen klar und deutlich. Man könnte bei der Psychotherapeutenkammer nachfragen, aber wahrscheinlich bewegt sie sich im rechtlichen Rahmen sonst würde sie ihre Kassenzulassung riskieren. Ob es moralisch verwerfbar ist, steht auf einem anderen Blatt.

Einen schönen Tag noch
SonneundDunkelheit
agentcooper
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von agentcooper »

Ich habe mit der Psychotherapeutenkammer telefoniert. Die neue Regelung sei "unüblich" und bei Krankheit gebe es unterschiedliche Rechtsauffassungen.
Beim Thema Urlaub konnte der Berater sich sogar nicht verkneifen, ein wenig zu lachen. :D
Zudem hat er dasselbe Argument gebracht wie ich, dass bei einer Gruppe durch einen Einzelnen ja nicht die gesamte Gruppe ausfällt und sie trotzdem genug Einnahmen hätte und die ja je nach Gruppengröße variabel bezahlt wird von den Kassen. Ferner sei eine Suche nach Alternativen evtl. etwas, was ich in Betracht ziehen solle.

Das deckt sich mit meinen Gedanken. (Ich habe dem Berater bewusst aber nur sachlich die neue Regel geschildert und nach seiner Einschätzung gefragt, also ohne direkt zu sagen, was ich davon halte.)
Nachtmensch
Beiträge: 615
Registriert: 30. Dez 2020, 06:39

Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von Nachtmensch »

Hallo zusammen,
ich weiß von meiner Schwägerin, dass Sie auch einen sehr restriktiveren Behandlungsvertrag bei eine Psychoanalytikerin hatte. Da war es auch so, dass Sie Ihren Urlaub dann nehmen musste, wenn die Therapeutin Urlaub machte. Sie hatte 4 Stunden pro Woche und auch bei Krankheit musste Sie belegen, dass Sie tatsächlich „bettlägerig“ war. Ansonsten war das Ausfallhonorar fällig. Sie ist diesen Vertrag eingegangen und sagte mir, dass sie abgesehen davon, aber sehr gut behandelt wurde und es Ihr half.

Letztlich würde Sie es sich aber genau überlegen, ob Sie heute noch so einen Vertrag eingehen würde. Ich fand diesen Vertrag für mich unannehmbar, aber das ist meine subjektive Meinung. Ob so ein Vertrag rechtens ist, lass ich mal dahingestellt, denn wenn er sittenwidrig wäre, würde ein Gericht im Zweifelsfall darüber entscheiden. Das hinter Verträgen, die man eingeht, alles als moralisch einwandfrei zu bezeichnen ist, wage ich zu bezweifeln. Letztlich kann ich zwar Kulanz erhoffen, aber einen Anspruch habe ich wohl nicht und selbst wenn ich Kulanz erwarte, weil ich selbst ein kulanter Mensch bin, kann meine Erwartung leider auch enttäuscht werden.

Bei mir selbst, war es in der Einzel Therapie so, dass ich spätestens 24 Stunden vorher absagen konnte. Bei einer kurzfristigeren Absage, also wenn ich quasi am Tag der Sitzung morgens direkt absagen müsste, würde die Therapeutin versuchen den Termin zu füllen, aber falls dies nicht gelingt, wären 60€ aus meiner Tasche fällig. Klar das dazu mein Termin nicht der erste am Vormittag sein dürfte, denn dann besteht keine Chance, einen Ersatzklienten zu bekommen. Allerdings hatte ich auch die Möglichkeit, per Videocall den Termin wahrzunehmen, wenn ich dies 30 Minuten vorher per Mail beantragt hatte. Zweimal, musste ich das, weil die S-Bahn nicht fuhr. Da hab ich direkt vom Bahnsteig aus gemailt (ca 50min vor dem Termin) und bin dann heim an den Rechner und das hat funktioniert.

Ich denke, da habe ich wohl Glück gehabt, dass meine Therapeutin dies für sich so gehandhabt hat und auch vertraglich so vereinbart.
Meridian
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Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von Meridian »

Ich habe bis jetzt mitgelesen und mich schon gefragt, warum ich das ganz anders sehe als die meisten hier.
Ich habe die Vereinbarung über ein Ausfallhonorar zu Beginn meiner Therapie auch unterschrieben.
Jetzt ist die Therapie beendet und ich habe noch einzelne Gespräche mit dem Therapeuten und vor einiger Zeit musste ich auch zum ersten Mal
einen Termin sehr kurzfristig absagen.
In der folgenden Stunde habe ich ihm den vereinbarten Betrag direkt gegeben und nur gesagt, dass ich davon ausgehe, dass er den Termin so kurzfristig nicht mehr vergeben konnte, was er bestätigt hat.
Wir haben dann noch darüber gesprochen und mir wurde bewusst, dass es tatsächlich schwieriger für mich gewesen wäre, wenn er das Geld nicht genommen hätte.
Ich hätte dann das Gefühl gehabt, ihm etwas schuldig zu bleiben, auf seine Kulanz angewiesen zu sein und das ist ein Gefühl, das ich in der Therapie nicht haben möchte.
Es ist eben eine Arbeitsbeziehung mit einem Behandlungsvertrag und mit Regeln, die der Therapeut von Anfang an ganz klar und transparent kommuniziert hat und die er seinerseits auch immer eingehalten hat.
Wären irgendwann während der Therapie Zweifel daran aufgekommen, hätte ich ihm wohl nicht so vertraut und es ist fraglich, ob er mir dann
hätte helfen können.

LG, Meridian
Salyx
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Registriert: 14. Jul 2021, 10:05

Re: Ausfallhonorar bei Therapeuten

Beitrag von Salyx »

Hallo agentcooper,

für mich hört es sich so an, als ob das vertrauensverhältnis zu deiner Therapeutin nun gänzlich angeknaxt ist. Da macht es sicherlich Sinn, dass du das auch nochmal so direkt kommunizierst. Es ist immer ein Dilemma: Mittlerweile ist es teils so schwer, einen Therapieplatz zu bekommen, dass man froh ist, irgendwas zu haben. Aber "irgendwas" hilft halt auch nicht immer, dann ist es vergeudete Zeit.

Zum Thema Ausfallhonorar:
Ich bin derzeit bei einer Analytikerin 3x die Woche. Auch wir haben ein Ausfallhonorar vereinbart für den Fall, dass ich nicht 24 Std. vorher absage. Grundlegend kann ich so eine Vereinbarung verstehen. Zum Einen der Verdienstausfall. Zum anderen denke ich auch , damit deutlich wird, dass der Termin wichtig ist. Natürlich ist das für jemanden, der ernsthaft therapeutische Hilfe will, kein Thema. Leider gibt es aber auch Menschen, die aus weniger trifftigen Gründen nicht hingehen. Aber da finde ich es wichtig, dass die Therapeutin individuell schaut, was für ein Typ jeder einzelne Klient ist.

Ich hatte mehrere Situationen, wo das Thema Ausfallhonorar zum Tragen kam:
Als mein Kater im Sterben lag (Nierenversagen), habe ich an einem Donnerstag nachmittags entschieden, ihn zum Tierarzt zu bringen, um ihn zu erlösen. Abends hätte ich die Therapiestunde gehabt. Meine Therapeutin hat ganz menschlich gehandelt und das Ausfallhonorar gar nicht erst angesprochen. Das zweite Mal war tatsächlich 2 Std. vor der Stunde. Ich habe Migräne bekommen und angerufen. Da es bei mir auch um psychosomatische Beschwerden in der Therapie geht, hat sie zuerst noch gemeint, sie fände es besser, dass ich komme. Und dass sie ansonsten 60€ Ausfallhonorar nehmen müsse. Ich habe gesagt, dass das dann eben so sei. Damit war das Gespräch dann erstmal beendet. Später hat sie mich dann aber nochmal angerufen und meinte, sie könne mir für Freitag einen Ausweichtermin anbieten. Und dass das Ausfallhonorar nur 30€ anstelle der 60€ wären, weil sie wisse, dass ich nicht viel Geld habe. Wir haben dann darüber gesprochen und am Ende habe ich nie eine Rechnung erhalten.
Ich denke also, es liegt sehr wohl auch im Ermessen des Therapeuten, über Art und Umfang des Ausfallhonorares zu entscheiden. In einer Gruppe muss das natürlich konsistenter und transparenter sein. Aber auch da denke ich, gäbe es unterschiedliche Lösungen und Kompromisse.

Noch zum Thema Gruppentherapie:

Du schriebst:
Unabhängig von der Honorar-Story: Ich bin mit dem Setting und ihrer Arbeitsweise immer noch nicht so richtig warm geworden und Fakt ist leider auch: Es geht mir seit einiger Zeit erheblich schlechter (Essstörung kam noch hinzu) und es ist keine Besserung in Sicht, mir fehlt zudem ein Therapie-Ziel und das Besprochene geht oft nicht tief genug, bleibt oberflächlich. Oftmals bleiben Themen unbearbeitet, da in der Gruppe mE zu wenig Zeit dafür ist und ich logischerweise nicht jedes Mal im Mittelpunkt stehen kann und will. Dazu kommt, dass ich mich gar nicht traue, gewisse Dinge anzusprechen (Essstörung), da ich befürchte, dass sie mir nicht helfen kann und ich mich umsonst geöffnet hätte. (Man kann zwar ein paar Einzeltermine pro Quartal machen, aber das macht es aus meiner Sicht nicht wett.) Auf der anderen Seite könnte das Gruppen-Setting hilfreich für meine soziale Phobie sein (sagt sie auch immer wieder), aber richtig spüren tue ich davon nichts. Meine frühere Selbsthilfegruppe hat bessere Wirkung gezeigt und die Gespräche dort waren ergiebiger und hilfreicher, als in der jetzigen Therapie. Häufig sitzt sie auch nur da und fragt ein wenig nach oder sagt, sie könne das verstehen, aber es kommt für mein Empfinden wenig therapeutischer Input.
Eine Gruppentherapie empfinde ich immer sinnvoll grade bei sozialen Problemen. Die Befürchtungen, die du dabei ansprichst, sind mitunter das, was dort eigentlich bearbeitet wird. Ich habe auch lange gebraucht, um mich zu öffnen und anderen anzuvertrauen. Aber das war halt auch genau das, was ich dort "üben" konnte. Überhaupt mal etwas auszusprechen und dann angenommen zu werden. Und dann zu schauen, was das mit mir macht (oder auch nicht). Wenn du dich nicht traust, das mit deiner Essstörung zu erzählen, wäre es vielleicht sinnvoll, genau darüber zu sprechen, warum das so ist und was genau hinter den Ängsten steckt. Vielleicht wäre es auch sinnvoll, wenn du für dich selbst ein Therapieziel formulierst. Wie soll die Hilfe konkret aussehen? Was erhoffst du dir konkret?

Bei tiefenpsychologischen Gruppen ist der Therapeut eher wie ein Segel, den Wind müssen die Gruppenmitglieder machen. Das ist Vor- und Nachteil gleichermaßen. Es hängt auch viel von der Gruppenzusammensetzung ab. Ich hatte in einem Tagesklinikaufenthalt eine Gruppentherapie, bei der die Hälfte der Leute gar nichts gesagt haben. Das war sehr frustrierend und schwer auszuhalten für mich. Aber auch da habe ich ein paar Dinge über mich lernen können. Bei einer anderen Gruppentherapie war die Gruppe so toll, wir haben gemeinsam geweint, gelacht, geschwiegen und gestritten. Es war für uns alle sehr bereichernd. Was ich für mich gelernt habe: Egal welche Gruppe, ich versuche, für mich das beste daraus zu machen. Zum Beispiel öfters mal im Mittelpunkt zu stehen, weil ich das gar nicht mag. ;)

Ich wünsche dir auf jeden Fall, dass du da für dich einen guten Umgang und eine Lösung findest!

Liebe Grüße
Nicole
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