Wirklich Depressionen oder was ist da los?

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Franzi87
Beiträge: 1
Registriert: 21. Dez 2022, 23:21

Wirklich Depressionen oder was ist da los?

Beitrag von Franzi87 »

Hallo zusammen, ich brauche Mal eure Hilfe/Rat wie auch immer..

Mein Ehemann leidet wohl unter Depressionen. Sein Hausarzt hat ihm vor einem Jahr Antidepressiva verschrieben, meinte aber, das sei wohl nur eine Phase und er müsse nicht zwingend zu einem Therapeuten. Auf Drängen von mir und seiner Mama hat er sich doch bei einem gemeldet, aber bis die Therapie beginnt, kann es noch dauern, vielleicht 1 Jahr.. und dann ist ja fraglich, ob und wie schnell sie anschlägt.

Problem: wir haben einen 17 Monate alten Sohn. Ich habe das Gefühl, es begann mit der Depression alles während meiner Schwangerschaft. Er zeigt kein Interesse mehr an sozialen Kontakten oder uns als Familie. Er sagt zwar, er wolle uns da haben. Aber eher wie im Zoo: wir sollen machen, er guckt uns zu, aber greifbar sein will er nicht. Weder für mich noch unseren Sohn. Der das natürlich nicht versteht. Abweisen tut mein Mann ihn nicht, aber hat dann entsprechend schlechte Laune, wenn unser Sohn bei ihm ankommt.
Mein Mann sagt, er will alleine sein (dann zockt er oder guckt Serien), seine Ruhe haben vor allem, auch vor uns. Aber wir sollen da sein für den Fall, dass er doch mal seinen "Alleine-Akku" aufgeladen hat. Für mich ist das unverständlich.
Er macht gar nichts mehr im Haushalt, im Gegenteil. Er lässt alles liegen, weil er immer alles vergisst. Wer die Sachen wegräumt? "Der den es stört" und das bin dann ich. Ich kann aber auch nicht mehr. Unser Sohn fordert sehr viel in letzter Zeit. Ich habe das Gefühl, alles zusammen nicht leisten zu können. Zumindest derzeit. Gestern ist es eskaliert vor unserem Sohn (leider nicht der erste Streit vor ihm). Ich bin jeden Sonntag Nachmittag mit unserem Sohn weg, dass mein Mann Zeit hat, zu zocken oder Animee-Serien zu gucken. Da ich zeitig weg wollte, um die alleine-zeit meines Mannes nicht zu verkürzen, blieb z.b. ein Kissen im Flur liegen. Mein Mann läuft daran vorbei und räumt es nicht weg (banal, aber für mich nur wieder ein Zeichen von: ich muss alles allein machen), Begründung: er wüsste nicht, dass das in seinem Aufgabengebiet liege und die 3 Sekunden wollte er nicht opfern, weil seine Alleine Zeit so wichtig ist. Jede Sekunde ohne uns sei für ihn gold wert.
Das trifft mich massiv. Es ging soweit dass er seine Sachen packen und abhauen wollte, weil's einfacher sei. Er möchte das es mit uns als Familie funktioniert, aber er will dafür nichts tun. Das funktioniert aber nicht. Er sagt selbst, er fühle sich in der Lage, was zu tun. Er will aber nicht. Punkt.
Und dann, eine Stunde später, unser Sohn liegt im Bett (was auch nur noch meine Aufgabe ist), lacht mein Mann und zeigt mir witzige Sachen im Internet. Wie ausgewechselt. Seine Aussage: alles ist für ihn wieder gut. Manchmal braucht er 5 Minuten um sich zu beruhigen und manchmal 5 Stunden gefühlt. Ich merke manchmal auch, dass er "drüber" ist und ihm alles zu viel ist. Er nicht. Selbst wenn ich ihn drauf anspreche nicht. Erst im Nachhinein. Hab das Gefühl, er ist manchmal nicht er selbst...

Wie kann ich am besten mit sowas umgehen? Ihn ignorieren, wenn er "drüber" ist? Sind es tatsächlich Depressions-Zeichen? Oder ist die Depression vielleicht vorgeschoben und er will mich nicht mehr, mag es aber nicht zugeben? Ich weiß nicht weiter...
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Wirklich Depressionen oder was ist da los?

Beitrag von Lerana »

Liebe Franzi,

Ich bin selbst Betroffene (wiederkehrende Episoden) und Angehörige, denn mein Mann ist auch Betroffen (Dysthymie mit zusätzlichen Episoden). Wenn ich deinen Beitrag lese, spüre ich Wut in mir auf deinen Mann aufkommen. Warum sollte er irgendetwas ändern? Es läuft doch super für ihn.

Ich will sagen, Depressionen sind kein Freifahrtschein. Die angestrebte Teilung der Belastung zwischen euch als Paar und Eltern liegt doch bei 50:50. Klar in akuten Phasen, schafft man das nicht. Aber der Job desjenigen in der depressiven Phase ist dann halt gegen die Episode zu kämpfen mit allen Mitteln.
Das ist bei uns der Deal. Klaro entlaste ich meinen Mann, wenn er gerade nicht kann, aber doch damit er seine wenigen Kräfte dafür einsetzt, sich wieder freizustrampeln und nicht umfür immer ungestört zu zocken, wie du schreibst.

Überlege doch einmal, wie du dir Partnerschaft wünschst ganz ohne Rücksicht und sag das deinem Mann. Dann verhandelt, was er tun möchte, um die Depressionen loszuwerden (Ratgeber lesen, Selbsthilfegruppe suchen, Therapeuten anrufen, Sport...) und das du ihn dafür den Rücken freihalten willst und nichtfür alles. Und auf keinen Fall um jeden Preis. Frag ihn, was er beitragen will, damit die Belastung gerechter wird.

Du hast übrigens auch ein Recht auf ein glückliches Leben, auf geteilte Belastungen, auf Rücksicht! Vergiss das nicht, sonst schreibst du auch bald im Betroffenenforum!

Ich wünsche dir Kraft, dich für deine Bedürfnisse einzusetzen.

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
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