Vorstellung

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Frautel
Beiträge: 18
Registriert: 12. Sep 2022, 16:06

Vorstellung

Beitrag von Frautel »

Hallo liebe Forummitglieder,

ich lese hier schon lange mit. Jetzt möchte ich mich mal vorstellen. Ich bin 31 und leide seit meinem halben Leben an Depressionen. Meine Diagnosen sind Dysthymie, momentan mittelschwere Episode und ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung.

Ich hab mein Leben noch nie richtig auf die Reihe bekommen... hatte wie wahrscheinlich viele aus diesem Forum hier eine schlimme Kindheit. Habe immer irgendetwas angefangen und wieder abgebrochen.. mehrere Schulen, Ausbildungen, Studium, hatte mit meinen 31 Jahren insgesamt 28 Jobs. Menschliche Beziehungen waren auch immer ein Problem aufgrund meiner Persönlichkeitsstörung. Dadurch, dass ich so unnormal schüchtern bin, habe ich mich auch noch nie in therapeutische Hilfe begeben. Es fällt mir sehr schwer über mich zu reden, erst recht über meine persönlichsten Gedanken und Gefühle. Ich gehe nur zu einem Psychiater, ursprünglich wegen meinen Schlafstörungen, die sehr belastend sind und die ich auch immer noch nicht im Griff habe. Momentan geht es mir so schlecht, dass ich zu kaum etwas fähig bin... jede noch so banale Alltagsaufgabe ist mir zu anstrengend.

Mein Leben kann so einfach nicht weitergehen, deswegen habe ich nun den Entschluss gefasst, in eine Klinik zu gehen. Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, weil ich viele Ängste habe, was einen Klinikaufenthalt betrifft... Es wird schon eine riesige Hürde sein, mit anderen Menschen "zusammenzuleben", gemeinsam zu essen etc. ganz zu schweigen von der Gruppentherapie.
Ich habe auch große Angst vor der Therapie, weil das meine erste Therapie sein wird und ich nicht weiß, ob ich es überhaupt schaffen werde, mich zu öffnen. Ich rede immer sehr wenig, weil ich ganz oft nicht weiß, was ich sagen soll... das ist bei einer Therapie natürlich extrem kontraproduktiv.. der Gedanke macht mir auch Angst, weil wenn ich es nicht schaffe zu reden, dann bin ich ja gar nicht therapierbar... dann kann mir ja niemals jemand helfen.

Trotz all meinen Ängsten sind mein Psychiater und ich uns einig, dass eine stationäre Therapie momentan das beste für mich ist. Mit der Klinik habe ich meine Ängste auch schon besprochen, die scheinen zuversichtlich zu sein.

Eigentlich wollte ich mir gar nicht so viele Gedanken machen, damit ich mir nicht selbst die Klinik wieder ausrede, aber geht halt nicht anders...

Ich freue mich auf einen Austausch mit euch.
Frautel
Beiträge: 18
Registriert: 12. Sep 2022, 16:06

Re: Vorstellung

Beitrag von Frautel »

Hallo magic,

es ist gut zu hören, dass ich nicht alleine bin mit diesem Problem. Die Therapeutin mit der ich das Vorgespräch hatte, sagte mir der Aufenthalt wird ungefähr 10 Wochen dauern. Sie meinte auch, dass es okay sei, in den Gruppengesprächen erstmal nur zuzuhören oder mal einen Satz zu sagen. Das hat mich auch schon etwas beruhigt, dass man nicht unter Druck gesetzt wird.

Das mit dem Brief schreiben ist eine gute Idee. Schreiben fällt mir auch leichter als reden.

Ja, das stimmt.. die sollten sich auskennen und wissen wie sie dann am besten mit mir umgehen. Ich hoffe eine/n Therapeutin/Therapeuten zu bekommen, wo das dann auch wirklich der Fall ist.

Lg Frautel
Max_
Beiträge: 583
Registriert: 19. Jan 2018, 11:46

Re: Vorstellung

Beitrag von Max_ »

Hallo Frautel,

danke für deine Vorstellung, ist dir sicher nicht leichtgefallen.

Ich möchte dich auch ermutigen, den Besuch der Klinik wahrzunehmen. Die Zeit dort kann dein Leben wirklich verändern, so dass es dir danach deutlich besser gehen kann. Ich habe mich lange um Klinik gedrückt, weil ich auch viele Ängste davor hatte, aber es war das Beste, was mir passieren konnte. Mittlerweile würde ich zügig wieder hingehen, wenn es mir zu schlecht ginge.

In der Klinik habe ich mich mit einer Frau angefreundet, die etwa in deinem Alter war. Sie hat sehr, sehr stark unter Soziophobie und Ängsten gelitten. Durch das freundliche Miteinander auf unserer Station, das manchmal an Landschulheim erinnerte :), ist sie mit der Phobie unheimlich vorangekommen und war Teil der Gemeinschaft. In Gruppentherapien konnte sie selbst wählen, wie sie sich beteiligen wollte/konnte.

Vielleicht macht dir das noch mehr Mut :)

LG Max
Frautel
Beiträge: 18
Registriert: 12. Sep 2022, 16:06

Re: Vorstellung

Beitrag von Frautel »

Hallo Max,

vielen Dank für deine aufbauenden Worte. Ich hoffe, dass mir die Klinik auch so gut tun wird wie dir.
Ja, das ermutigt mich :-) Ich habe auch die Hoffnung, dass mir der Umgang mit Menschen dort etwas leichter fallen wird als im "normalen" Leben.. dadurch, dass jeder mit seinem Problem dort ist und es andere Umstände sind.

LG Frautel
Meridian
Beiträge: 512
Registriert: 15. Dez 2019, 11:05

Re: Vorstellung

Beitrag von Meridian »

Hallo Frautel,

für mich ist der Kontakt mit anderen Menschen ebenfalls oft anstrengend und überfordernd und ich habe das auch so erlebt, als ich vor einigen Monaten in einer psychosomatischen Klinik war.
Ich brauchte viel Zeit zum Eingewöhnen, aber dann habe ich gemerkt, dass vieles von meiner Einstellung abhängt. Also wie offen und unvoreingenommen kann ich auf die anderen zugehen, probiere ich auch mal etwas Neues aus, das ich zu Hause so vielleicht nicht machen würde, gebe ich den Therapien eine Chance, auch wenn z,B. die Gruppentherapie eine Herausforderung für mich ist.
Du kannst es also wirklich als gutes Übungsfeld sehen und du hast recht, vieles ist dort tatsächlich einfacher als im Alltag zu Hause, das Verständnis für psychische Probleme ist größer und es gibt eine Struktur, die Sicherheit und Halt gibt.
Ich wünsche dir, dass du das Angebot dort annehmen und die Zeit in der Klinik gut für dich nutzen kannst.

LG, Meridian
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Vorstellung

Beitrag von Harry100 »

@Frautel

Hallo Frautel,

ich bin stark von Dir beeindruckt. Es ist schon ein „kleines Wunder“ (die Offenheit und die Ehrlichkeit zu sich selbst) wie Du Deine persönliche Geschichte dargestellt hast. Dazu gehört eine Menge Mut und den Wunsch, dass sich etwas ändern soll. Du hast hier im Forum die Möglichkeit viele Dinge, die Du nicht direkt in einem Gespräch mit anderen (Therapeuten, Ärzte, Freunde etc.) besprechen kannst, mehr oder minder wohlüberlegt (in Schriftform) mit anderen Menschen zu teilen.
Ich freue mich sehr, dass Du die Vorteile eines stationären Klinikaufenthalts erkannt hast, obwohl Du viele Ängste davor besitzt. Ich wünsche Dir die notwendige Kraft diese Hürden überspringen zu können und freue mich, weitere Beiträge von Dir hier im Forum lesen zu können.
Liebe Grüße
Harald
Luna1959
Beiträge: 679
Registriert: 20. Mai 2015, 17:35

Re: Vorstellung

Beitrag von Luna1959 »

Hallo liebe Frautel,
bei meinem Aufenthalt in der Klinik war ich 30 Jahre (jetzt bin ich 63 J.). Aufgrund Depressionen seit meiner Kindheit (verschiedene traumatische Erlebnisse, aber auch genetisch bedingt), den sich daraus ergebenden Lebensproblemen und einem krassen Auslöser ging's nicht anders. Und dieser Aufenthalt tat mir seeehr gut.
Ich habe schon vorher eine Therapie begonnen, die danach noch jahrelang weiter ging. Ich bin seit damals mit wenigen Zeiten der Unterbrechungen in therapeutischer Begleitung.
Dysthymie ist ja ein chronischer Dauerzustand. Es geht also sehr darum, sich selbst zu verstehen und für sich selbst Mitgefühl zu entwickeln. UND sehr auf die guten, gelingenden Dinge des Tages zu achten und zu schauen.
Therapie: Bei der Wahl achte einerseits auf dein Bauchgefühl, aber auch mit dem Wissen, dass es von deinen eigenen Unsicherheiten beeinflusst ist. Ein/e "gute/r" Therapeut*in drängt dich nicht.
So erlebe ich es, wenn Fragen kommen: ich spüre nach, und wenn da das große NICHTS ist, sage ich das. Diese Menschen sind ausgebildet und WISSEN, dass ich kaum Kontakt zu mir selbst habe. Daher holen sie dich dort ab, wo du stehst: verzweifelt, sprachlos und voller Angst.

Ich wünsche dir Zuversicht und Mut. Zuerst für die Klinik und in weiterer Folge für deine Therapeutensuche. Und möchte dir aus Erfahrung sagen, wenn das Leben auch oft zäh ist, so gibt es andrerseits auch so viel Schönes.

Ich freu mich, dass du in dieses Forum gefunden hast und du uns erzählst, wie es weiter geht. Eva
Die Vernunft empfiehlt immer das, was andere gerne möchten.
Frautel
Beiträge: 18
Registriert: 12. Sep 2022, 16:06

Re: Vorstellung

Beitrag von Frautel »

Vielen Dank für eure Antworten, Wünsche und dass ihr mir alle Mut zusprecht. Ich fühle mich auf jeden Fall schon etwas besser bei dem Gedanken an die Klinik.

Hallo Meridian,
ich denke, ich werde auch lange Zeit brauchen um mich einzugewöhnen. Ich hoffe nur, dass dann nicht die meiste Zeit meines Aufenthaltes um ist :lol: bis ich mich eingewöhnt habe und es "richtig losgehen kann"
Ja, das habe ich oft gehört, dass es mit das wichtigste ist, sich auf so viel wie möglich einzulassen, auch wenn es komisch ist oder einem schwerfällt. Ich nehme mir auch fest vor, dem Ganzen eine Chance zu geben, aber inwieweit ich es dann schaffe, wird sich dann erst zeigen..


Hallo Harald,
vielen Dank. Bisher habe ich mein Leben einfach so gelebt ohne darüber wirklich nachzudenken wie schief es läuft bzw. ich habe es zwar gemerkt, aber mich nicht weiter damit befasst, was eigentlich das Problem ist und wie oder was ich ändern kann.. aber jetzt habe ich eingesehen, dass ich was ändern muss und dass ich professionelle Hilfe brauche.. und der erste Schritt ist denke ich mal Selbstreflexion und Ehrlichkeit gegenüber sich selbst.

Da hast du recht. Es ist schön, sich hier anonym austauschen zu können.


Hallo Eva,
dann warst du ja ungefähr so alt wie ich bei deinem Klinikaufenthalt. Freut mich, dass er dir so gut getan hat, da bekommt man Hoffnung. Vielen Dank für deine Tipps und Wünsche. Ich hoffe so eine/n Therapeut*in zu finden wo das Bauchgefühl dann auch stimmt.
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