Mirtazapin, wann wird es besser?

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Bücherleseratte
Beiträge: 3
Registriert: 30. Jun 2022, 15:49

Mirtazapin, wann wird es besser?

Beitrag von Bücherleseratte »

Hallo an Alle.

Gleich der erste Eintrag und es geht um Medis.

Folgendes: Mein Mann ist an einer schweren Depression erkrankt und kann Ende Oktober in eine Tagesklinik aufgenommen werden. Die Zeit bis dahin kann nicht mit ambulanter Therapie überbrückt werden, weswegen er jetzt erstmal auf Mirtazapin eingestellt wird.

Dies nimmt er jetzt seit einer Woche. Seitdem geht es ihm, was die Depression angeht, noch schlechter. Er schläft dadurch auch nicht besser (was wir uns erhofft haben) sondern hat jetzt immer Albträume von "Tod und Verderben". Außerdem habe er vermehrt Kopfschmerzen, immer einen trockenen Mund und so weiter. Auch appetitanregend (was so geplant war weil mein Mann schon länger keinen richtigen Appetit mehr hat) wirkt es bei ihm nicht. Ich weiß, dass Antidepressiva häufig die Situation erstmal verschlimmern bevor sie anfangen richtig zu wirken, aber kann das so richtig sein? Seine Stimmung ist noch mehr im Keller als zuvor schon und überall, wo das Medikament helfen sollte (Schlaf, Appetit) hat es ebenfalls nicht geholfen.

Deswegen dachte ich ich frage mal noch euren Meinungen und Erfahrungen. Nächsten Montag hat er wieder einen Termin bei seinem Hausarzt (weil die Dosis eigentlich weiter gesteigert werden sollte) und ich bin sehr gespannt was der meint, wenn mein Mann ihm von den Nebenwirkungen und ausbleibender Wirkung erzählt.
lonesome
Beiträge: 31
Registriert: 4. Feb 2022, 11:44

Re: Mirtazapin, wann wird es besser?

Beitrag von lonesome »

Hallo,
kann dir nur aus meiner eigenen Erfahrung berichten. Mirtazapin wurde aufgrund seiner "schlaffördernden" Wirkung bei mir als erstes verschrieben als die Depressionen anfingen (vor 2 Jahrzehnten), weil ich eben auch extreme Depressionsbedingte Schlafstörungen hatte.
Hat mir aber überhaupt nicht geholfen - in keiner Hinsicht. - Aber auch nicht die Beschwerden verschlimmert oder heftige Nebenwirkungen gezeigt.

Wobei in euren Fall eine Woche noch recht kurz ist für AD´s hinsichtlich Wirksamkeitsentfaltung. - Kann zwei Wochen und mehr dauern.

Mir hat dann letztendlich ein anderes, als antriebssteigerd geltendes AD (SSRI) geholfen (auch hinsichtlich Schlaf), was aber wegen seiner "anregenden" Wirkung erst ausprobiert wurde, als ein halbes Dutzend anderer AD´s auch in Kombination nicht geholfen haben.
Damit bin ich allerdings fast völlig beschwerdefrei.

Also die Hoffnunng nicht aufgeben, bis man auf "sein" Medikament eingestellt ist.

LG
lonesome
f32-axolotl
Beiträge: 203
Registriert: 17. Jul 2017, 20:43

Re: Mirtazapin, wann wird es besser?

Beitrag von f32-axolotl »

Hallo Bücherleseratte,

eine Woche ist tatsächlich etwas kurz, um die Effekte sicher einschätzen zu können. Man rechnet, dass (nach der Aufdosierung) die Wirkung innerhalb von 2-4 Wochen einsetzen sollte. Bei älteren Patienten auch erst nach 6 Wochen. Typischerweise tritt die Wirkung ab dem Aufdosieren innerhalb von 2 Wochen auf. Danach sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Response.
(Quelle: S3-Leitlinie zu unipolarer Depression)

Wenn die Nebenwirkungen tolerabel sind, würde ich euch empfehlen, zumindest noch eine Weile mit Mirtazapin zu probieren, ehe ihr das AD wechselt.

f32
Suchende2
Beiträge: 1215
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Mirtazapin, wann wird es besser?

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Bücherleseratte,

ich hatte auch Mirtazapin zur Schlafförderung und Gewichtssteigerung erhalten.
Mirtazapin ist dafür bekannt, daß es die Träume "lebendiger" machen kann. Da ich sowieso fast immer wild träume, konnte es nicht noch lebendiger werden.
Die erste Woche hatte ich mit Nebenwirkungen zu kämpfen, danach war es für mich zum Einschlafen gut. Ich konnte dank des Mirtazapins einschlafen, aber durchschlafen konnte ich nicht. Aber ein paar Stunden am Stück zu schlafen, war für mich schon sehr hilfreich.
Darf ich fragen, mit welcher Dosis Dein Mann angefangen hat?

Ich habe es auch wegen der Appetitanregenden Wirkung erhalten und habe diese nicht verspürt.
Wenn es Deinem Mann besser geht, kommt der Appetit auch wieder (so war es zumindest bei mir).
Mir hat meine Hausärztin zur Überbrückung folgende Tipps gegeben.
Regelmäßige Essenszeiten.
Snacken, um den Blutzuckerspiegel hochzuhalten, damit sich Appetit entwickeln kann.
Was kann sich Dein Mann zur Zeit vorstellen zu Essen?
Ich hatte immer offen Cashews, Schokolade (80 oder 90 prozentig) und Kekse stehen, um mich zum snacken zu animieren. Zum Teil habe ich auch kein ganzes Stück Schokolade gegessen, sondern nur eine kleine Ecke, aber das hatte ich zumindest dann auf der "Haben-Seite".
Und sei nicht enttäuscht, wenn Du Dir viel Mühe mit dem Essen gibst und er es nicht genießen kann.
Für mich war es zu der Zeit auch wichtig mit eher scharfen Gewürzen zu kochen, da mir dann das Essen leichter viel. Mein Mann mußte deshalb 2 x wöchentlich eine Gemüse-Curry-Pfanne (mit Sahne) essen.
Vielleicht findet Dein Mann auch etwas, was er gut essen kann und dann halt häufiger auf den Tisch kommt.

Lasst Euch vom Hausarzt eine Überweisung zum Psychiater geben.
Die kennen sich mit den Antidepressiva sehr viel besser aus.
Fragt Euren Hausarzt, ob Ihr eine Überweisung mit Dringlichkeitscode bekommen könnt. Dann sind die Wartezeiten nicht so lang (die Kassenärztliche Vereinigung muß dann einen Termin innerhalb von 4 Wochen anbieten), aber ihr habt auch keine Arztwahl.

Ich hatte auch eine Überweisung mit Dringlichkeitscode und am Telefon bei der kassenärztlichen Vereinigung war die Person so nett, zu schauen, ob die von mir gewünschten Psychiater noch einen Termin frei hatten. Hatten sie nicht, aber ich bin dadurch bei einer tollen Psychiaterin gelandet, die mich auch behalten hat.

Das wichtigste, bleibt Geduldig mit der Erkrankung. Ohne Geduld ist es wesentlich schwieriger mit ihr klarzukommen.

Alles Gute,
Suchende
mr_fresh
Beiträge: 90
Registriert: 23. Aug 2021, 15:04

Re: Mirtazapin, wann wird es besser?

Beitrag von mr_fresh »

Hallo Bücherleseratte,

vielleicht hat Dein Mann die falsche Art von Antidepressivum erhalten. So wie Du das beschreibst, solltet ihr mal den Arzt / die Ärztin nach einem SSRI fragen, z. B. Citalopram.

Viel Erfolg!
mr_fresh
mime
Beiträge: 1280
Registriert: 6. Sep 2013, 13:28

Re: Mirtazapin, wann wird es besser?

Beitrag von mime »

Hallo Bücherleseratte,

ich halte die Einnahmefrist von einer Woche für zu kurz, um eine Wirkung zu erwarten.

Bei mir hat Mirtazapin nach vielen Wochen langsam geholfen, meine Einschlafdauer von den üblichen 4 Stunden auf 1 Stunde Wachsein zu reduzieren und so einen besseren Schlafrhythmus zu bekommen. Ich hatte zuletzt (ich glaube 30 oder 45 mg, ist schon lange her) genommen - doch um die antidepressive Wirkung zu steigern (Mirtazapin alleine hat es bei mir nicht geschafft) hat mir der Psychiater noch Sertralin dazu verschrieben, das ich morgens nahm, und ich dann nach einigen Monaten das Mirtazapin in ärztlicher Absprache reduzierte, bis ich es nicht mehr nehmen musste, da das Sertralin dann alleine greifen sollte.

Aus Erfahrung kann ich nur raten: Geduld zu üben und ein Ausprobieren in ärztlicher Absprache nicht zu scheuen.

Ich habe anfangs beim Mirtazapin auch nur Nebenwirkungen gespürt - und bei mir dauert es erfahrungsgemäß auch lange (mehr als 6 oder 8 Wochen), bis sich eine Wirkung einstellt; dann dauert es noch weitere Wochen, bis ich davon etwas spüre. Was ich damit sagen will: nicht jeder spricht schnell auf ein Antidepressivum an.

Hier wurde schon der Rat geschrieben, zur genauen Abstimmung einen Facharzt (Psychiater) aufzusuchen, das könnt ihr ja zusätzlich machen (denn die Wartezeiten auf einen Termin sind bei Psychiatern recht lange).

Ich wünsche euch, dass dein Mann bald richtig medikamentös für seine Beschwerden eingestellt ist.

VG Mime
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
Bücherleseratte
Beiträge: 3
Registriert: 30. Jun 2022, 15:49

Re: Mirtazapin, wann wird es besser?

Beitrag von Bücherleseratte »

Hallo ihr Lieben,

erstmal vielen Dank für eure Antworten. Ich bin jetzt schon etwas beruhigt, weil die Nebenwirkungen und fehlende Wirkung ja offensichtlich nicht nur bei ihm so ist.

Vielleicht ein kurzes Update: Er war noch einmal beim Arzt, der auch meinte, dass es noch 2-4 Wochen dauern kann bis er positive Wirkungen spürt. Sollte sich in der Zeit nichts zum Besseren wandeln müsse ein neues Medikament getestet werden. Also genau das was ihr auch geschrieben habt.

Zusätzlich hat er eine Überweisung zu eine Psychiater bekommen. Bin mir jetzt allerdings nicht sicher, ob die Überweisung die erwähnte Dringlichkeitsnummer hat. Aber mein Mann ist sich sowieso noch nicht sicher ob er da hingehen will. Er tut sich noch etwas schwer damit die Erkrankung anzunehmen - und das wird sich ohne Therapie wohl auch erstmal nicht ändern. Ich werde ihm aber von dem Eintrag erzählen und vielleicht klappts ja mit etwas Ermutigung.

@IIorIII Anderweitig abgeklärt (Testosteron usw.) wurde er bisher nicht. Darauf spreche ich Ihn mal an, dann kann er seinen Arzt danach fragen.

@Suchende2 Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort. Ich werde meinem Mann die "appetitanregenden Tipps" mal weitergeben, vielleicht kann er was damit anfangen. Dass ich mir nicht zu Herzen nehmen soll, dass er nicht mehr so gerne isst was ich koche ist einfacher gesagt als getan, aber ich bemühe mich. Habe jetzt auch angefangen die wöchentlichen "Essenspläne" mit ihm gemeinsam aufzustellen und auf seine Wünsche wenn möglich mehr einzugehen als ich das davor gemacht habe. Leider hat er wegen fehlendem Appetit momentan auch wenige Wünsche, was es wieder mühsam macht. Aber ich halte die Ohren steif :)
Angefangen hat er mit einer Dosis von 15mg, wenn ichs richtig weiß...keine Ahnung ob das viel oder wenig ist.

Alles in allem nochmal Danke für all die Antworten. Wir versuchen geduldig zu bleiben, das fällt meinem Mann teilweise allerdings ziemlich schwer. Aber das ist ja auch normal...man wünscht sich ja immer gesund zu sein.

Alles liebe,
Bücherleseratte
Vic Dorn
Beiträge: 13
Registriert: 30. Jul 2022, 19:45

Re: Mirtazapin, wann wird es besser?

Beitrag von Vic Dorn »

Hallo Zusammen,

ich nehme abends Mirtazapin zum schlafen. Morgens dann Venlafaxin.

Die ganzen Antidepressiva brauchen aber auch mehrere Wochen, um ihre Wirkung zu entfalten.

Was ich nur bemerkt habe: Nach der Einnahme von Mirtazapin, bekomme ich regelrechte Fressattacken.

Gruß

Vic
Suchende2
Beiträge: 1215
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Mirtazapin, wann wird es besser?

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Vic Dorn,

das ist eine bekannte mögliche Nebenwirkung von Mirtazapin.
Die hatte ich nicht, dafür aber andere Nebenwirkungen.

Alles Gute,
Suchende
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