Herz ausschütten

Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Herz ausschütten

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Aurelia, nicht schreiben, sondern MACHEN !!!
Warum schreiben wir hier, in diesem Thema nicht einfach mal, was uns in unserer ganz eigenen Depression bedrückt ?
Behandler, und auch unser Umfeld können sich vielleicht vorstellen, was in unseren Köpfen vorgeht, aber das immense Leid kann nur jemand nach empfinden, der selbst betroffen ist, oder es schon einmal war. Schreiben wir unsere Sorgen einfach hier auf, und hoffen darauf, das ein anderer User uns helfen kann.
Peter wünscht euch frohe Pfingsten.
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Aurelia Belinda
Beiträge: 7969
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Aurelia Belinda »

Oooh super Idee lieber Peter,
bzw. Die Umsetzung :)

Mir brennt gerade vieles auf der Seele...ich fange mal mit einem Punkt an.
Mich bringt es langsam aber sicher immer mehr zum Grübeln, und es nagt an mir, dass selbst Gleichgesinnte etwaige Symptome die ich erkläre, und die damit verbundenen Folgen, abgetan werden, das verletzt mich, von Nicht Betroffenen erwarte ich nichts mehr, die können sich nicht hineinversetzen. Ich möchte aber einfach nicht als lächerlich gelten, nur weil durch gewisse Symptomatik, ich vielleicht mit ganz anderen Schwierigkeiten im Alltag zu kämpfen habe, als ein anderer mit selber Diagnose.
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Maxegon
Beiträge: 2528
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Maxegon »

Manche mögen nicht als lächerlich gelten, andere haben Furcht auf Unverständnis zu stoßen, der nächste ist auf Sinnsuche, dem anderen ging die Freude verloren, alle ätzen nach Anerkennung.
Allen ist eins eigen, sie erkennen sich selbst nicht an und jeder behauptet das Gegenteil.
Verzweiflung macht sich breit und das macht langsam doof in der Birne, man wird krank, funktioniert nicht mehr so wie es von einem gewünscht wird.
Nach einem etwas holprigen Lebensstart, wurschtelte ich mich etliche Jahre so durch, die letzten 15 Jahre lief es recht gut, bis zum Zusammenbruch, ich entgleiste völlig und seitdem suche ich, verzweifelt nach, zumindest Linderung.
Nun kann ich das Drama beenden oder ich arrangiere mich mit der Tragikomödie.

RENTE passt nicht. :mrgreen:
Aurelia Belinda
Beiträge: 7969
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Aurelia Belinda »

@ Joanni,
So ist es. Ich hab z. B. starke Probleme mit "du musst"..
Da reagiere ich schon allergisch drauf mittlerweile.
Das einzige das ich muss ist wohl sterben. Da gibt's keine Ausnahme.
Ansonsten muss ich nichts müssen :)
Druck, auch sehr geringer, ist Gift für mich. Ich jage nicht umsonst meiner Achtsamkeit hinterher..
Die Großbuchstaben hab ich zwar vernommen, mehr aber nicht.

Alles gut.... man muss auch nicht immer auf jedes Detail eingehen oder antworten. Überforderung passiert schnell ja, natürlich auch beim Lesen und Schreiben.
Wenn dich das Rentengesetz umtreibt, warum nicht hier posten?
Alles was halt auf der Seele brennt.
Ich brauch erstmal Pause, bzw. digitale Pause, auf, auf zur Hausarbeit. Mein Steckenpferd :)
Ohne Witz jetzt.

Bey, Bey...
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
DieNeue
Beiträge: 5537
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Herz ausschütten

Beitrag von DieNeue »

Hallo Joanni,

vielleicht kannst du ja deine Fragen zur Rente auch im Unterforum "Depression, Arbeit, Ämter und Renten" stellen. Ich denke, konkrete rechtliche Fragen zur Erwerbsminderungsrente darf man da ja stellen.
Was halt nicht so sinnvoll ist, wäre eine allgemeine politische Diskussion à la "Partei XY sollte lieber das und das machen, Politiker blablabla hat eh keine Ahnung, Wählen bringt eh nix, wenn man Maßnahme A macht, dann passiert B, B ist aber schlecht, Maßnahme C ist noch blöder" ... irgendwann landet man wieder bei der allgemeinen sozialen Ungerechtigkeit, politischen Systemen, dem Klimawandel, dem Krieg usw. bis hin zum Weltuntergang und dein tatsächliches Problem ist immer noch nicht gelöst. ;)
Aber wenn du konkrete rechtliche Fragen hast, kann dir vielleicht jemand weiterhelfen.

Liebe Grüße,
DieNeue
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Vielen Dank für das Lob, Aurelia.
Du weißt ganz genau, das du dir nicht lächerlich vorkommen musst, denn bei jedem Betroffenen wirkt sich die Depression anders aus, da wir alle individuell sind. Wir sind alle ein Einzelkunstwerk der Natur.
Betroffene, die über mich oder meine Symptome lächeln, machen mich nicht mehr böse,denn wenn andere Leute ein Problem mit mir haben, ist es ihr Problem, nicht meines. Da stehe ich, seit meiner Therapie, einfach drüber. Ich ignoriere ihr Lächeln einfach, und grinse zurück, denn das bringt dann die Anderen durcheinander.
Das dir deine Therapie so zu schaffen macht, ist ein Zeichen, das du an dir arbeitest, und das ist,wie ich aus eigener Erfahrung weiß, sehr harte Arbeit. Es ist nur mal nicht einfach, eingefahrene Gedanken und Verhaltensweisen zu ändern, aber es geht !
Dein Haushalt ist dein Steckenpferd ? Dann hopp hopp, schwing die Hufe !!!
Frohe Pfingsten Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Aurelia Belinda
Beiträge: 7969
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Aurelia Belinda »

Ja Maxegon,
Ziemlich gut beschrieben.
Wobei die einzelnen Aufführungen oft ineinandergreifen...
Das Problem des "nicht funktionieren können" wie gewollt oder noch schlimmer, wie von anderen erwartet, stellt einen vor immer neue Herausforderungen.
Die Sinnsuche resultiert ja auch daraus, dass man in der Birne wohl nicht richtig tickt...anders, oder nicht nützlich genug, fühlt man sich jedoch nur im direkten Vergleich zu anderen. Ich selbst würde mir den Stempel "Nichtsnutz" nicht unbedingt geben. Irgendwie wird einem da viel eingeredet.

@ Peter,
Dir auch schöne Pfingsten, ja klar geht das an die Substanz, meine Thera hat jetzt Urlaub nach dem Feiertag, so hab ich zweimal frei. Momentan ist es mir fast too much.
Aber wiedermal heisst es, Augen zu und durch, an manchen Tagen hab ich es so satt, den ganzen Kram...
Ich darf mich dem nur nicht zu stark hingeben. Auf Rückfall hab ich wie auch du, keinen Bock mehr.

Gute Nachtgrüße von einer müüuden Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Maxegon, du willst dich mit der Komödie arrangieren ?
Das ist genau der falsche Weg, meiner Ansicht nach. Gegen die Depression gibt es nur ein Mittel, ständiges arbeiten an sich selbst. Bei mir verschwanden die meisten Symptome, als ich lernte, auch mit kleinsten Erfolgen zufrieden zu sein, und mich dafür zu loben. Noch besser wurde es, als ich begann, mich selbst zu akzeptieren, und zu lieben, mit meinen ganzen Fehlern und Macken. Dabei vermied ich es aber, mich an die Vorgaben anderer Leute zu halte. Ich wollte ein ganz anderer Mensch werden, als der, der ich während der Depression war. Ich bin kein Mensch mehr, der Wünsche und Erwartungen Anderer erfüllen muss, sondern bestimme selbst, welchen Weg ich einschreite, und was für ein Mensch ich zu sein habe.

Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
AnnaD
Beiträge: 163
Registriert: 30. Mär 2014, 10:46

Re: Herz ausschütten

Beitrag von AnnaD »

Hallo zusammen.
Ein paar Tage habe ich nichts mehr gelesen, und weiß deshalb nicht auf was hier verwiesen wird.
Ist aber egal.
Maxegon hat geschrieben:funktioniert nicht mehr so wie es von einem gewünscht wird.
Mir geht es mehr darum, dass ich nicht "funktioniere" wie ICH es mir wünsche. Dass ich der Mensch sein möchte, der ich eigentlich bin.
Wollte ich eine Person sein, die in ständiger Unordnung und Schmutz lebt, die sich nichts zu essen machen kann, weil die Küche aussieht wie Sau, dann wäre ich ja zufrieden.
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Peter1 »

Ha
Winfried, vielen Dank für deinen Beitrag. Du kannst dich so gut ausdrücken, worauf ich manchmal neidisch bin. Ich habe lange damit zu kämpfen gehabt, das ich keine höhere Schule besuchen durfte, das ist aber vorbei, seit ich auf den Rat meiner Thera, meinen Meisterbrief gut sichtbar aufgehängt habe. Seit dem Tag ist mein Selbstbewusstsein enorm gestiegen. Ich weiß endlich wieder, wer und was ich bin. So kann man der Depression ein Schnippchen schlagen, mit ganz einfachen Mitteln. Das fehlende Selbstwert Gefühl hat mich in den ganzen Jahren (rund 60) am meisten gequält, und die "bösen" Gedanken hervor gerufen. Die sind jetzt nur noch Erinnerung an die Vergangenheit.
Ich habe die Arbeit an mir selbst, nie als Arbeit gesehen, sondern eher als Flucht vor den Depris. ich wollte doch einfach nur ein ganz normales Leben führen. Die Herkunftsfamilie, und Traumata danach haben mich aber überfordert, das es 2016 zum Zusammenbruch kam, ich abstürzte, und auf der Straße landete.
Das ist aber zum Glück jetzt Vergangenheit, und ich führe jetzt, dank Rente und einem vernünftigen Umfeld, das Leben, das ich all die Jahre haben wollte.
Wenn du möchtest, schreib gerne weiter hier. Ich würde mich sehr freuen.

Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Aurelia Belinda
Beiträge: 7969
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Aurelia Belinda »

Ahaha, bin da wohl ein eher seltener Fall @ Joanni,
Aber mir ist es wirklich das allerliebste, wenn ich den ganzen Tag im Haushalt wurschteln kann und darf. Putzen, kochen, dekorieren, ist meine Welt :)....und noch etwas kreativ sein, basteln, Gedichte schreiben etc.
Aber zuerst muss ich noch etwas stabiler werden, dann kannste mir deine Adresse geben und ich komme gerne :)
Bin froh dass ich meinen Kram und die Ordnung momentan irgendwie hinkriege...

@ Winfried
Du hast etwas entscheidendes angesprochen, die Schuldfrage...
Stimmt, für die Traumata sind nicht wir direkt verantwortlich...aber trotz diesem verinnerlichten Wissen, laufe ich hin und wieder Gefahr, mir doch Schuld einzureden...fürchterlich.!
Vielen Dank noch für den Buchtipp.
Und auch für das motivieren.

@ AnnaD:
Das stimmt schon was du gesagt hast, dass man sich selbst ja auch dafür kaum leiden kann, nicht wie gewollt zu funktionieren.
Schließlich hat man ja auch seinen eigenen Anspruch, der sowieso bei längerer Leidenszeit schon ziemlich runter geschraubt ist.
Aber die Erwartungen anderer, setzen mir zumindest am meisten zu.
Aber du hast es gut beschrieben.
Wie doof man sich selbst vorkommt, in seiner Unfähigkeit, die Küche nicht mehr nutzen zu können weil kein Platz mehr ist als Beispiel...

@ Peter,
Danke für deine Zeilen hier.
Das macht natürlich auch Mut wenn ein Betroffener wie du, erzählt, ich war ganz unten. Abgestürzt. Und jetzt lebst du in geordneten Verhältnissen und es geht dir relativ gut. Das ist echt stark!
Auch bei Winfried liest sich das ganz gut wie es gerade ist.

Danke noch für deine Worte an mich.
Weil ich mir das zu Herzen nehme, wenn Mitmenschen, speziell Betroffene in dem Fall, meine Folgen durch die Symptome, und meine Schwierigkeiten im Alltag einfach abtun, als kann es das nicht geben. Ich habe meinen Alltag damit zu fristen, was schlimm genug ist, bzw. genug Nachteile hat, aber wenn man dann noch ständig als unglaubwürdig dargestellt wird und als nicht willentlich, dann kommt mir das kotz....ehrlich.

Für heute erst mal gute Nacht.
Grüße an alle Leser, Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Aurelia, solche Leute, die deine Probleme nicht akzeptieren, haben in deinem Umfeld nichts zu suchen. Wenn du sie nicht wegschicken kannst, denke dir einfach, leck mich doch.... Du darfst dir nicht alles so zu Herzen nehmen. Wenn dir jemand krumm kommt, dreh dich einfach um, und geh wortlos weg. Lass den Menschen einfach dumm da stehen. Du musst dich für deine Krankheit nicht rechtfertigen, schon gar nicht vor dummen, unwissenden Mitbürgern. Wenn jemand ein Problem mit dir oder deinem Verhalten hat, ist das zu allererst mal sein Problem, und sollte dich überhaupt nicht interessieren. Meiner Meinung nach solltest du dir ein viel dickeres Fell anschaffen. Kümmere dich nicht um die Gedanken anderer Leute, denn du hast mit dir selbst schon genug zu tun.

Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Aurelia Belinda
Beiträge: 7969
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Aurelia Belinda »

Dankeschön Peter für die Rückmeldung. Na ja, aus meinem Umfeld hab ich sie mittlerweile verbannen können, das hat lange genug gedauert, da mach ich mir noch heute immer mal Vorwürfe, es nicht eher gepackt zu haben.
Mir geht es um Menschen die mir wichtig sind, die ich mag, da setzt es mir sehr zu....und deshalb ist es auch echt schwierig nochmal ganz von vorne anzufangen mit sozialen Kontakten. Da ist zu viel Unsicherheit, dass es immer aufs gleiche hinausläuft. Und bei Null anfangen, neue Freundschaften aufbauen zu wollen, heisst wieder ständig sich zu rechtfertigen warum dies oder jenes eben nicht so einfach machbar ist!

LG Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Aurelia Belinda
Beiträge: 7969
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Aurelia Belinda »

Keine Sorge, ich werfe nichts weg..
Warum hätte? Was ist denn mit deinem Bruder passiert?
Ich ahne böses...
Ich drück dich mal lieb.
Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Aurelia Belinda
Beiträge: 7969
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Aurelia Belinda »

Tut mir leid Joanni..
Kenne die Last!
Vor 2 Jahren erst ein Mitglied unter sehr tragischen Umständen verloren, vorgestern war Todestag.
Da ist man aber hilflos, man konnte im Prinzip nichts verhindern...
Schade dass du damals nicht hinfahren konntest.
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
malu60
Beiträge: 4141
Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: Herz ausschütten

Beitrag von malu60 »

Das sind dann schwere Tage für Euch.
Ich drück Euch die Daumen,dass der Schmerz
wieder vergeht.Da hat Niemand Schuld,ich versuche bewußt an Schönes
mit dem Verstorbenen zu denken.Er ist nicht vergessen!

Für die Hinterbliebenen ist es schrecklich,aber es ist eine freie Entscheidung gewesenL.G.malu
Leben ist mehr
Aurelia Belinda
Beiträge: 7969
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Aurelia Belinda »

Dankeschön für deine Worte malu.
Das versuche ich auch, die schönen Erinnerungen im Fokus zu haben.
Aber ist ein sehr heikles Thema..
Weil es tatsächlich um ein "Schuld einreden" geht in meinem Fall.
Ist auch Thema bei der Therapie, als hätte ich nicht schon genug zu kämpfen. Schöne Erinnerungen sind so wertvoll!

Gute Nacht und Danke.
Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Auch ich habe mich 29 Jahre mit meiner Schuld rum gequält. Vollkommen überflüssig, wie ich jetzt weiß. Ich kann mir vorstellen, das meine Mutter in den letzten Momenten ihres Lebens zufrieden war, wenn nicht sogar glücklich. in ihren wirren Gedanken war einfach kein Platz mehr, für einen anderen Ausweg.
Meine Thera hat nicht lange gebraucht, um mir meine "Schuld" quasi auszureden. Sie bat mich einfach, mich in die Lage meiner Mutter zu versetzen, und ihre Gedanken nach zu vollziehen. Sicher ist ein Freitod niemals "vernünftig" aber sie sah keinen anderen Weg mehr. Das sollte ich akzeptieren, obwohl es gegen meine jetzige Überzeugung verstößt, aber es war ihre eigene Entscheidung !
Auch ich sollte meinem Psychiater versprechen, mir nichts an zu tun. Ich musste ihn leider enttäuschen, denn ich bin gewohnt, meine Versprechen zu halten, was mir aber zu dem Zeitpunkt nicht möglich war. Ich sagte nur zu, mein Möglichstes zu tun. Heute ist das ganz anders. Warum sollte ich mein Leben wegwerfen, ein "Geschenk meiner Mutter" ?

Aber nun zu einem anderen Thema. Die Depressionen begannen bei mir zu verschwinden, je mehr Informationen ich mir über die Störung besorgte. In der Klinik fand zwei mal in der Woche ein Info Abend statt. Immer von zwei Theras moderiert, mit wechselnden Experten. Ärzte und Psychologen erzählten uns, Wie Depris entstehen, und Therapie Möglichkeiten, mit und ohne Medis.
Mich interessierten dabei am meisten die Möglichkeiten der Selbsthilfe. Was kann ich selbst tun, um diese "blöden Gedanken" aus meinem Kopf zu vertreiben? Ich merkte relativ schnell, das ich nur meinem Gehirn andere Arbeit zu geben brauche, damit kein Platz mehr für unerwünschte Gedanken bleibt. Heute, wenn ich merke, das sich eine Panik anbahnt, rezitieren ich im Stillen ein Stück aus Wagners Lohengrin. " In fernem Land, unnahbar euren Schritten." Das funktioniert bei mir immer sofort, und die Panik kommt erst gar nicht auf.

Ich wünsche euch einen schönen Tag Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Aurelia Belinda
Beiträge: 7969
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Aurelia Belinda »

Recht schönen Dank an euch beide,
Winfried und Peter!
Wie gut dass ihr beide euer Versprechen halten habt können.

@ Winfried, phuuu..da hast du aber auch schon vieles durch wenn du in der Jugend schon etwaige Versuche hinter dir hattest. Alle Achtung wo du heute stehst. Ein verdammt schwerer Weg, wie jeder im Forum nachvollziehen kann..
Deine Tochter ist oder war wohl auch betroffen, denke sowieso dass vieles auch familiär bedingt ist.
Aber du scheinst sehr zufrieden damit zu sein wie es ihr jetzt geht. Na ja, das "sich Hilfsbedarf einzugestehen" war lange mein Manko. Heute würde ich wohl eher reagieren... Tja, vorbei.
Das mit der Schuld...ist nicht so einfach aus dem Kopf zu kriegen.
Die eigenen Vorwürfe ist das eine, die hab ich momentan im Griff.. Hatte ja auch einige Sitzungen mit einer Trauerbegleiterin. War schon auch hilfreich. Dennoch ist das Thema Schuld präsent durch meine Mutter...sie gibt mir die Schuld. Aber danke für deinen wertvollen Beitrag.

@ Peter,
Ist gut Peter wenn das mit Lohengrin immer wieder funktioniert. So hat jeder seine eigenen Strategien. Finde ich super dass deine Thera und auch der stationäre Aufenthalt dir in dieser Hinsicht gut hilfreich war.

Schönen Abend euch,
Auch allen Lesern noch Grüße,
Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
AnnaD
Beiträge: 163
Registriert: 30. Mär 2014, 10:46

Re: Herz ausschütten

Beitrag von AnnaD »

Hallo zusammen.
Als ich noch nicht wusste, dass ich Depressionen habe, und deshalb natürlich keine Medikamente nahm, hatte ich große Todessehnsucht.
Schon als Kind habe ich darum gebetet, morgens nicht mehr aufwachen zu müssen.
So richtig schlimm wurde es, als mein Sohn schon geboren war.
Einmal stand ich an seinem Bett und dachte über "erweiterten" Selbstmord nach.
Denn zurücklassen hätte ich ihn nicht können.

Gut, dass ich nicht wirklich risikofreudig bin, und es daher nur bei Gedanken blieb.

So schlecht es mir auch geht, Selbstmordgedanken habe ich nicht mehr.
Zuletzt, als ich probierte meine Antidepressiva abzusetzen.
Während des langsamen Ausschleichens kamen diese Gedanken dann wieder und ich habe die Medikamente sofort wieder genommen.

Hätte ich diesen Todeswunsch nicht gehabt, wäre mein Umfeld liebevoller und mitfühlender gewesen???
Das kann ich natürlich nicht beantworten, denn es war halt wie es war.

Dass man als Angehöriger Schuldgefühle hat, kann ich gut nachvollziehen. Ich hätte ganz sicher auch welche.
Es ist gut, dass ihr euch aus dieser Schuld-Falle befreien konntet.

LG Anna
Aurelia Belinda
Beiträge: 7969
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Aurelia Belinda »

Liebe AnnaD,

Ein bewegender Beitrag von dir.
Das heisst auch bei dir wird es ohne Medikamente nicht mehr gehen...mir hatten die Ärzte eindringlich geraten, die Tabletten nie mehr abzusetzen, vor dem Zusammenbruch hatte ich es lange Zeit ohne probiert...

Das hört sich wirklich schrecklich an mit dem Gedanken des erweiterten Suizid. Auch dass du bereits im Kindesalter nicht mehr aufwachen wolltest.
Scheiss Krankheit...

Alles Liebe für dich, Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Ja, Anna, auch ich habe im zweiten Schuljahr Gott angefleht, mich morgens nicht mehr aufwachen zu lassen. Meine Mammi bekam einen Schock, als sie es hörte. Sie wollte mit mir zum Psychiater gehen, aber ihr Mann meinte nur, "Der ist so bekloppt, dem hilft kein Arzt." Also war meine Behandlung, die mir vielleicht ein besseres Leben ermöglicht hätte, schon vor dem Beginn beendet. Die Genugtuung bleibt mir aber, das er unter dem Torf liegt, und der "Bekloppte" noch lebt. Ich habe auch meinem Psychiater und meiner Betreuerin versprochen, das ich die Rentenversicherung wenigstens noch 30 bis 40 Jahre ärgern möchte.
Meine Behandler haben in meinem Gehirn gründlich aufgeräumt und entrümpelt. Wenn auch noch nicht alles in Ordnung ist, und noch einiges an Arbeit zu tun bleibt, so kann ich in meinem jetzigen Zustand wenigstens ein, in meinen Augen, vernünftiges Leben führen.
Dazu gehört vor allem ein Lächeln im Gesicht, und ein erhobener Kopf. Vorher habe ich beim gehen immer vor meine Füße geschaut, aus Angst, es könnte mich jemand ansprechen. Ich lebte, wie in einem Kokon, (richtig geschrieben?) ohne Kontakt zu anderen Menschen. Neun Monate lang war die Kassiererin im Supermarkt der einzige Mensch, mit dem ich gesprochen habe. In der ganzen Zeit war ich nicht in der Lage, mir Hilfe zu rufen, obwohl ich ein Handy in der Tasche hatte.
Wenn man so etwas einem nicht Betroffenen erzählt, erntet man bestenfalls verwunderte Blicke.
Nach den neun Monaten ging ich zur Diakonie, und alles wurde anders. Nun,4 Jahre später, sitze ich vor dem Lappy, und schildere euch Teile meines Lebenslaufes. Keine Angst, die wirklich schlimmen Sachen schreibe ich nicht, aber es kann sich jeder ausmalen, das da noch einige Erlebnisse fehlen.
Feierabend
Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Sanne-
Beiträge: 109
Registriert: 13. Jan 2022, 20:06

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Sanne- »

Hallo...
Ich finde die Idee schön dieses Thema zu nutzen, um uns gegenseitig zu helfen... habe jedoch ehrlich gesagt etwas Angst vor Tipps oder Ratschlägen, die ich mir selbst gut geben aber nicht umsetzen kann... ich glaube das könnte mich unter Druck setzen aber ich versuch es gerne mal...
Ich leide an rezidivierenden depressiven Episoden, die meist (nicht immer) durch äußeren oder inneren Druck ausgelöst werden... gerade habe ich auf der Arbeit viel zu tun, sage zu allen Aufgaben ja... leider ist es ab und an so, dass andere für meine Arbeit dann die Anerkennung bekommen... Aufgrund dessen fühle ich mich nicht wertgeschätzt... ich habe die Schwierigkeit immer gefallen zu wollen und wenn es mal nicht so ist kommt schnell eine innere, sehr störende Wut in mir hoch... auf Andere und auf mich... Außerdem bilde ich mir oft ein, dass Blicke, Verhalten oder sonst was anderer Menschen mich kritisieren... meine Therapeutin ist der Ansicht Vieles würde nur bei mir so ankommen... und es stimmt schon, dass ich manchmal in die kleinste Mimik irgendeine Kritik mir gegenüber reininterpretiere und dann leide... abends kann ich nicht einschlafen weil ich nur an die Arbeit denke... ich schaffe es auch seit einiger Zeit gar nicht lieb zu mir zu sein... mal Sport zu machen... esse gerade auch ziemlich ungesund... das mach ich so, wenn es mir sehr schlecht geht... und dann schaff ich es auch nicht etwas daran zu ändern, nur weil ich es so möchte... ach, ich denke es kommt bei den Meisten immer viel zusammen in so einer depressiven Episode... ich würde auch seit Jahren gerne nach Spanien auswandern und traue mich nicht... außerdem hat mein Partner da leider kein Interesse dran... ich weiß: viel Rumgejammer... aber ich höre gerne was euch bei solch nervigen, quälenden Gedanken hilft :)
Liebe Grüße
Sanne-
Beiträge: 109
Registriert: 13. Jan 2022, 20:06

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Sanne- »

Hallo Winfried,
Danke für die ausführliche Antwort... mich würde interessieren, wie du es damals geschafft hast deine Art zu denken zu verändern... ich versuche immer wieder mich abzugrenzen, falle aber sehr schnell in alte Verhaltensmuster zurück... der Spanien Wunsch ist nichts Neues, was durch dies depressive Episode kommt... ich verbringe viel Zeit dort und habe durchaus Möglichkeiten zumindest ohne Probleme eine zeitlang dort zu leben... Spanien ist schon ein Kompromiss zu meinen eigentlichen Wünschen und Träumen... die da wären zu versuchen ein Aussteigerleben zu führen... das findet ihr bestimmt naiv... oft finden Menschen eine solche Idee naiv... die kommt aber nicht von ungefähr... das habe ich mir schon als Kind gewünscht, nur hatte dies damals noch keinen Namen für mich... und natürlich kann ich in Spanien unglücklich bleiben... der Traum dorthin zu gehen besteht trotzdessen... ich werde, falls alles gut läuft, spätestens Anfang nächsten Jahren eine lange Reise starten... da freue ich mich schonmal drauf :) und auch diese Entscheidung habe ich vor meiner depressiven Episode getroffen, falls ihr euch das fragt :)
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Sanne, ich möchte dir eine kleine Geschichte erzählen.
Ich ging in eine psychiatrische Klinik, wo in den ersten drei Wochen keinerlei Therapie statt fand, außer einigen Gesprächen mit dem Stationsarzt. Nach den drei Wochen stand ich vor der Klinik, und betrachtete ein Gänseblümchen, das ganz alleine auf einer Wiese stand. Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter, ich drehte mich um, und mein Arzt stand lächelnd vor mir. " Wissen sie, was sie gerade gemacht haben"? "Sie haben gelächelt." Zuerst wollte ich ihm nicht glauben, aber als ich mich wieder zu dem Blümchen umdrehte, merkte ich selbst, wie sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitete.
An diesem Tag habe ich gelernt, mich auch über die kleinsten Erfolge zu freuen, und mich dafür zu loben. Das geht nicht von Heute auf Morgen, aber mit etwas Übung ist es ganz leicht. Das fing mit dem aufstehen an, zog sich übers Duschen und Zähne putzen, bis zum Frühstück hin. Nach jeder Tätigkeit habe ich mich gelobt, denn es ist nicht leicht, in einer Depression einen geregelten Tagesablauf hin zu bekommen.
Auch jetzt noch, wenn ich mit meinem Hund durch den Wald gehe, sehe ich jede Blume ooder Blüte, die am Tag vorher noch nicht da war. Ich gehe mit offeneren Augen durch die Natur als früher. Wenn sich mal wieder ein Tief anbahnt, gehe ich mit Chilly in den Wald, oder schaue mir eine Oper an. Bei der Musik muss ich mich konzentrieren, und so ist kein Raum mehr, für die trüben Gedanken.

peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Antworten