Einsamkeit

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Pusteblume2022
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Registriert: 2. Feb 2022, 09:31

Einsamkeit

Beitrag von Pusteblume2022 »

Hallo zusammen,

ich bin neu hier. Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich die Diagnose Depression erhalten. Zusätzlich habe ich eine chronische Migräne entwickelt. Die letzten 6 Jahre stecke ich nun in einer Krise. Beruflich ging alles schief, dass schief gehen konnte und seit kurzem bin ich nun arbeitslos im Krankenstand.

Mein größtes Problem ist eine Einsamkeit. Ich habe niemanden mehr. Meine Familie ist leider auch nie das gewesen, was ich mir gewünscht und gebraucht habe. Aktuell habe ich aber telefonischen Kontakt zu meiner Mutter und zu meinem Vater.

Mein gesamter Freundeskreis ist weggebrochen in den letzten Jahren. Einige haben sich von mir „getrennt“, aber von vielen habe ich Abstand genommen. Ich hatte leider immer wieder das Gefühl, als wäre ich ihnen vollkommen egal. Ich bewundere depressive Menschen, die von ihren tollen Freunden sprechen und wie sehr diese ihnen eine Stütze sind. Bei mir ist es leider so, dass wenn ich mal andeute, dass es mir nicht gut geht und vielleicht sogar um ein Telefonat bitte, dann kommt von denen dann erstmal 2 Wochen nichts oder sie sagen, sie haben keine Lust. Gut, ist ja o.k., aber wenn mir eine Freundin mitteilt, dass es ihr nicht gut geht und ich gerade keine Zeit oder Lust habe, dann frage ich doch zumindest nach ein paar Tagen noch einmal nach, wie der Stand der Dinge ist und biete dann ein Gespräch an, oder nicht?

Dieses Gefühl für niemanden eine Bedeutung zu haben, tut mir sehr weh. Und es ist nicht so, dass ich ständig jammere oder am laufenden Band Kontakt suche. Das meiste mache ich mir mit selbst aus, weil ich niemandem zur Last fallen möchte. Aber zumindest hin und wieder hätte ich gerne den Austausch. Nicht nur, um über mich zu sprechen. Ich bin auch trotz meines Zustands noch in der Lage auch für sie da zu sein.

Neue Freunde zu suchen ist auch sehr schwierig, weil „normale“ Menschen mich nicht verstehen können und manchmal auch nicht wollen. Und ich frage mich, was soll ich denen gerade geben? Warum sollten sie mit mir befreundet sein wollen?

Für mich ist diese Einsamkeit total neu. Ich war immer jemand, der gut und gerne allein war. Ich hatte immer einen kleinen, recht stabilen Freundeskreis. Ich glaube auch, dass ich eine gute Freundin bin bzw. war. Seitdem es bei mir nicht mehr rund läuft, ist aber keiner mehr da.
Ich habe auch keine Energie mehr in die Auseinandersetzung zu gehen. Und ich werde nicht um Aufmerksamkeit und Zuwendung „betteln“. Wenn Freunde sich so verhalten, dann ist für mich im Prinzip die Sachlage klar: Sie haben kein Interesse.

Ich plane in eine Klinik zu gehen und ich habe noch nicht mal jemanden, der meine Blumen gießen würde. Das ist furchtbar traurig.

Mir kommt mein ganzes Leben so total sinnlos vor.
Keks1987
Beiträge: 79
Registriert: 2. Feb 2019, 15:58

Re: Einsamkeit

Beitrag von Keks1987 »

Hallo Pusteblume,

ich kann dich sehr gut verstehen, gerade auch dieses Gefühl der Sinnlosigkeit wenn scheinbar keiner Anteil nimmt. Mir geht es irgendwie ähnlich. Ich habe ständig das Gefühl dass mir etwas fehlt. Meine Familie ist schon lieb, aber ich brauche mehr als sie mir geben können. Ich würde so gern mal wieder in Ruhe mit jemandem zusammen sitzen und einfach nur reden, aber dazu hat keiner mehr Zeit. Sowas habe ich ewig nicht mehr gemacht.

Freunde in diesem Sinne habe ich auch "nur" einen. Ich bin sehr dankbar für diese Freundin, aber sie wohnt sehr weit weg, hat zwei kleine Kinder und ich möchte sie nicht mit mir belasten. Ich habe mich in meinem absoluten Tief neulich bei ihr kurz gemeldet, aber ohne Tränen und Drama, habe nur gesagt dass es mir nicht so gut geht, das scheint ihr zu viel zu sein und das ist nur logisch und ich habe schon ein schlechtes Gewissen dass ich mich überhaupt bei ihr gemeldet habe. Sie ist eben meine einzige Freundin. Alles andere sind Menschen, die schnell das Weite suchen wenn es schwierig wird..

Leider kann ich dir gerade nicht weiterhelfen aber vielleicht tröstet es etwas zu wissen, dass du nicht alleine bist..

Ich drück dir die Daumen!
Liebe Grüße
Keks
Flinders123
Beiträge: 9
Registriert: 10. Feb 2022, 19:23

Re: Einsamkeit

Beitrag von Flinders123 »

Hallo Pusteblume,

ich konnte jedes Deiner Worte nachvollziehen. Einsamkeit ist zwar ein Gefühl, welches ich persönlich nicht kenne, dennoch habe ich mich mit diesem Thema lange befasst. Auch mit dem Thema Freundschaft. Wenn ein Mensch, von dem Du glaubst, er sei Dein Freund, Dir nicht zuhört, wenn Du ein Problem hast oder wenn Du, wie Du geschrieben hast, dass Gefühl hast, jemanden mit Deinen Problemen nicht belasten zu wollen, dann kann man kaum von einer Freundschaft sprechen. Ich nenne das eher eine gute Bekanntschaft. Bekannte kommen und gehen, Freunde bleiben.
Du hast etwas sehr interessantes geschrieben. Du stellst Dir die Frage, warum überhaupt jemand mit Dir befreundet sein will. Das ist eine gute Frage, die sich wohl nur sehr wenige Menschen stellen. Ich habe mir diese Frage vor vielen Jahren auch mal gestellt. Was habe ich jemandem zu geben? Was hat dieser Jemand davon mit mir zu reden oder Dinge zu unternehmen. Eine Antwort darauf bedarf einer Selbstreflektion. Wer bin ich? Wenn ich weiß, wer ich bin, dann weiß ich ich auch, was andere von meiner Gesellschaft haben. Bei mir sind nach diesen ganzen Überlegungen drei gute Freunde hängen geblieben. Diese kann ich jederzeit kontaktieren und sie hören zu. Bis es dazu kam, habe ich versucht mich selbst gut kennen zu lernen. Das ist gar nicht so einfach. Es hilft aber dabei, sich nicht einsam zu fühlen. Auch wenn man allein ist, heißt das nicht, dass man einsam ist. Alerdings verstehe ich, dass, wenn man sich einsam fühlt, einem alles sinnlos erscheint. Ich denke nur nicht, dass der Sinn deines Lebens darin besteht, anderen zu gefallen. Das Leben an sich hat keinen Sinn. Jeder Einzelne muss seinem Leben einen Sinn geben. Und dieser Sinn sollte, meiner Erfahrung nach, nicht von anderen Menschen abhängig sein. Auch wenn man mit anderen Menschen über seine Probleme sprechen kann, so ist man am Ende doch mit diesen allein. Ich kann Dir keinen Rat geben, wie Du aus diesem Gefühl der Einsamkeit entkommen kannst, da ich Dich nicht kenne. Aber meine Erfahrungen haben mich gelehrt, erst zu sich selbst zu finden, ehe man sich intensiv auf andere Menschen einlassen kann. Gerne würde ich ich mehr schreiben. Das sprengt aber in solch einem Forum den Rahmen, denke ich.
Maxegon
Beiträge: 2528
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Einsamkeit

Beitrag von Maxegon »

" ... Neue Freunde zu suchen ist auch sehr schwierig, weil „normale“ Menschen mich nicht verstehen können und manchmal auch nicht wollen. Und ich frage mich, was soll ich denen gerade geben? Warum sollten sie mit mir befreundet sein wollen? ..."

Hallo ,
das verstehe ich sehr gut.
Jeder hat seine eigenen kleinen oder großen Probleme, ggf. auch Depressionen.
Normaler Weise treffen sich Menschen, um etwas gemeinsames zu erleben, in den seltensten Fällen etwas Unangenehmes.
Mit sehr guten Freunden oder Familie kann man sich auch über schwierige Sachen austauschen, wird das allerdings zu viel, zieht man sich zurück. Auch das ist normal, eine Schutzfunktion, man schützt sich vor "negativen Einflüssen" . Zur Recht.
Ich z.Bsp. kann mittlerweile kaum noch die täglichen Nachrichten ertragen, überall Negativschlagzeilen ... Corona, Energiepreise, Klima u.v.m. , ebenso die täglichen Krimis in der Flimmerkiste, Mord und Totschlag nonstop, ist`s dann auch noch auf der Arbeit nicht gerade ein Zuckerschlecken, dann benötige ich dringend etwas positives und nicht noch die Probleme anderer.
So einfach ist es. Dir geht es sicher ähnlich - oder?
Viele Grüße
Pusteblume2022
Beiträge: 15
Registriert: 2. Feb 2022, 09:31

Re: Einsamkeit

Beitrag von Pusteblume2022 »

Ihr Lieben,

sorry für die späte Antwort. Ich hatte leider technische Probleme.

Erst einmal lieben Dank für eure Antworten!

@ Keks
Ja, es tröstet mich sehr, dass es mir nicht nur allein so geht! Das Schlimme ist ja oft, dass Menschen wie wir den anderen nicht zur Last fallen möchten und deshalb meistens gar nicht sagen, wie schlimm es einem wirklich geht. Und selbst das, also nur die Spitze des Eisbergs, ist in meinem Fall anscheinend schon allen zu viel gewesen bzw. ist ihnen schlichtweg egal.

@ Flinders
Weißt du das Problem bei mir ist, dass ich mich ständig und überall selbst reflektiere. Das hat zur Folge, dass ich tausend Gedanken im Kopf habe und oft mir selbst die Schuld gebe an allem. Seit der Depression ist es besonders schlimm mit den Vorwürfen, dass ich eben einfach nicht gut genug bin. Besonders quälend ist für mich seit längerem die Frage: Liegt es an mir oder an Ihnen? Auf der einen Seite kann es nicht sein, dass alle bescheuert sind und auf der anderen Seite, kann doch auch nicht nur ich der Verursacher sein, dafür, dass meine „Freunde“ so mit mir umgehen? Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Aber ich brauche darauf irgendwann eine schlüssige Antwort. Dann kann ich heilen und Veränderungen einleiten.

Genau das ist leider das Problem. Meine Depression hat mich in eine völlige Identitätskrise geschickt. Ich weiß mittlerweile überhaupt nicht mehr wer ich bin. Bin völlig verunsichert. Dagegen war ja die Pubertät ein Klacks! ;)

Ich war aber mal eine gute Freundin. War immer da, wenn man mich brauchte, habe zugehört und war aufmerksam. Und oft auch echt lustig (wenn man meinen Humor mag) Und ich war immer sehr authentisch. Ich habe auch meine dunklen Seiten gezeigt, wenn das Vertrauen da war. Umso weniger versteh ich, dass jetzt keiner mehr da ist.

@ Maxegon
Ich kann durchaus verstehen, dass man sich nur bis zu einem gewissen Teil die Probleme anderer „aufhalsen“ kann und es da auch Grenzen gibt. Man will sich schließlich nicht selbst runterziehen lassen. Aber es ist keinesfalls so gewesen, dass ich meine „Freunde“ ständig vollgesülzt habe. Ich habe weder von Suizid gesprochen, noch geheult, noch um Hilfe gebeten. Ich war letztens bei einer der wenigen „Freundinnen“ die noch übrig sind und ich behaupte mal, dass der Abend auch für sie schön war. Jedenfalls hat sie das geschrieben. Und ich habe jetzt nicht die ganze Zeit von meinem Scheiß gesprochen.

Aber eine Freundschaft sollte schon aushalten, wenn es bei einem von beiden mal eine schwierige Phase gibt. Das bin ich bereit zu geben und wünsche ich mir eben auch. Und solche Menschen scheint es ja auch zu geben! Viele haben sie. Nur ich halt nicht.
So einfach ist es eben nicht ;)

@ Milan
Same here! Ich habe bis vor kurzem noch gearbeitet. Hatte einen tollen neuen Job ergattert und war die ganze Zeit schwer depressiv und hatte fast täglich schlimme Migräne. Dort habe ich es die ganze Zeit versteckt. Bis es nicht mehr ging. Dieses Versteckspiel hat mich die letzte Kraft gekostet. Für mich ist das auch besonders schwierig, weil ich immer so stolz darauf war sehr authentisch zu sein. Und nun fühlte ich mich total verstellt und nicht mehr echt. Gemerkt haben sie trotzdem, dass es mir nicht gut geht. Bin immer dünner geworden und sah / sehe schlecht aus. Wollte es mir aber nicht eingestehen. Ich bin da auch mit allen super toll ausgekommen. Ich bin eigentlich ein sehr offener Mensch und hatte nie das Problem Anschluss zu finden. Bis jetzt halt…..

Ja genau: ich bräuchte jetzt liebe Menschen, damit ich gesund werden kann. Aber gleichzeitig will ich mich halt auch niemanden so zumuten und es fällt mir unglaublich schwer mich auf den Weg zu machen. Zumal halt Außenstehende, die mit dem Thema noch nie in Berührung waren, einfach auch nicht verstehen können, was da in einem passiert.

Bin jetzt am überlegen mich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen, bis ich in die Klinik kann, aber selbst das macht mir ein bisschen Angst.

Bist du denn aktuell im Krankenhaus? Klingt ein bisschen so. Sind da keine „Gleichgesinnten“?

Eure Pusteblume
Maxegon
Beiträge: 2528
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Einsamkeit

Beitrag von Maxegon »

Milan999 hat geschrieben: ... Depressionen in den Griff zu bekommen muss oder sollte man selber schaffen, indem man wieder Ziele und Sinn im Leben sieht. Es ist wichtig, dass man mit sich selber klar kommt, denn das kann einem kein Partner oder Kontakt abnehmen.
Das mag zwar stimmen, nur wie rafft man sich auf, Ziele und Sinn für sich zu erkennen bzw. überhaupt zu finden?
Maxegon
Beiträge: 2528
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Einsamkeit

Beitrag von Maxegon »

Doch genau da liegt der Hund begraben. Einzigartig hin oder her. Irgendwann stirbt man, dann ist das Problem gelöst. Und vorher gefällt man sich im Leiden, nicht einzigartig.
Flinders123
Beiträge: 9
Registriert: 10. Feb 2022, 19:23

Re: Einsamkeit

Beitrag von Flinders123 »

Hallo Pusteblume,

vielen Dank für Deine Antwort. Du hast geschrieben: "Weißt du das Problem bei mir ist, dass ich mich ständig und überall selbst reflektiere. Das hat zur Folge, dass ich tausend Gedanken im Kopf habe und oft mir selbst die Schuld gebe an allem." Die Schuldfrage darf sich bei Dir gar nicht stellen. Die Schuldfrage hat eben immer mit anderen Menschen zu tun. Wenn Du allein in einem Raum bist, hast Du keine Fehler, Du bist wie Du bist. Erst wenn eine zweite Person den Raum betritt, kommen bei Dir diese Fragen auf. Zunächst müsstest Du versuchen Dich kennen zu lernen und Dich selbst zu akzeptieren. Danach kommt das Zwischenmenschliche. Meiner Meinung nach kann man mit anderen Menschen nicht dauerhaft klar kommen, wenn man mit sich selbst nicht klar kommt.
Keks1987
Beiträge: 79
Registriert: 2. Feb 2019, 15:58

Re: Einsamkeit

Beitrag von Keks1987 »

Hallo Pusteblume,

das ist auf den Punkt genau meine Erfahrung, die du schilderst. Ich erzähle der Familie oder Freunden auch nicht, wie dunkel es wirklich in mir aussieht. Einerseits würde ich gerne, weil es sich eben auch einfach nicht ehrlich anfühlt und weil ich mir irgendwie wünsche, dass mich jemand versteht oder beruhigen kann. Aber ich weiß, dass einiges zu heftig ist für Menschen, die es nicht selbst erlebt haben, deshalb habe ich auch immer Therapien gemacht, damit ich wenigstens dort offen reden kann.

Ich habe vor einiger Zeit eine neue Kollegin kennengelernt und wir haben uns auf Anhieb verstanden, das war so ein tolles Gefühl, wie Seelenverwandtschaft. Eine Zeit lang haben wir uns super verstanden. Dann habe ich gemerkt, dass sie sich zurückgezogen hat obwohl sie gleichbleibend lieb zu mir war, aber sie hat sich sichtbar entfernt. Wir wussten voneinander, dass wir beide Depressionen haben und sie hat mitbekommen, dass es mir ab und zu nicht gut ging, aber ich habe sie nie vollgeheult oder ständig gejammert und war auch für sie da wenn sie Sorgen hatte. Inzwischen hat sie den Kontakt komplett abgebrochen, mich überall gesperrt und will auf der Arbeit partout nicht mehr privat von mir angesprochen werden. Das kam aus heiterem Himmel und ich hab nie erfahren wieso. Ich denke mal dass es ihr schlechter ging als sie vorgab und das wenige was sie mitbekommen hat war ihr schon zu viel. Oder sie hat mich nie gemocht und auf eine Gelegenheit gewartet mich abzuservieren. Und da geht es mir wie dir, man zweifelt an sich und fragt sich, woran es gelegen hat? Ob man den Menschen falsch eingeschätzt hat? Die Situation? Ob man irgendwas wichtiges übersehen oder nicht kapiert hat? Wenn ich darauf Antworten hätte könnte ich ja an mir arbeiten. Mich hat das fertig gemacht ehrlich gesagt, ich hatte sie echt gern.

Ich kann die Leute auch verstehen, dass jeder seine eigenen Sorgen hat. Aber davon abgesehen fühlt sich alles so unpersönlich an. Mittlerweile wird einem ja nicht mal mehr "Gesundheit" gewünscht, wenn man niest. Ich weiß, das stand irgendwann mal im Knigge dass man das nicht mehr zu sagen braucht, aber es geht mir eher um den Gedanken dahinter, die Anteilnahme sozusagen, dass man eine Art Zugehörigkeit spürt, gesehen wird. Die meiste Zeit fühlt man sich aber wie austauschbar. Man ist kein Individuum und den Leuten um mich herum würde es nicht auffallen, wenn statt mir morgen jemand anderes an meinem Platz säße. So fühlt es sich oft für mich an. Auf der Arbeit bin ich bspw. Teil eines "Teams", es fühlt sich aber kein bisschen danach an. Konkurrenzkampf und Zickenkrieg. Klar, ich bin kein Einzelschicksal und so ist nun mal das Leben. Aber deswegen muss es mir ja nicht gefallen..

Ich drück dir die Daumen, dass du dich bald besser fühlst.
Mit diesem Problem bist du jedenfalls nicht allein!
Liebe Grüße
Keks
Sunflower85
Beiträge: 7
Registriert: 5. Feb 2022, 12:24

Re: Einsamkeit

Beitrag von Sunflower85 »

Hallo

Ich möchte dir mal die andere Sicht nahebringen, vielleicht hilft dir das etwas. Ich habe auch einen eigenen Thread unter Angehörigen, falls es dich interessiert.
Ein sehr guter Freund von mir leidet auch an Depressionen und ist nun in einer Klinik. Er hat mir dies letzten Sonntag mitgeteilt. Ich wusste zuvor schon, dass er Probleme hat und es ihm oft schlecht ging. Er hat auch sehr oft mit mir über seine Probleme gesprochen, aber dass es ihm so schlecht ging wusste ich nicht. Oft wenn ich ihm schrieb, war er kurz angebunden und ich hatte das Gefühl, dass er keine Lust hat mit mir zu schreiben. Da ich ihn nicht nerven wollte, habe ich mich kaum mehr von mir aus gemeldet und einfach gewartet, dass er auf mich zukommt. Vor knapp 2 Wochen kam dann von ihm eine Nachricht, dass er keinen Sinn mehr darin sieht mit mir Kontakt zu haben, da wir sowieso kaum sprechen. Ich war vor den Kopf gestossen und verstand nicht was das sollte. Ich hatte ihm zuvor persönlich öfters kommuniziert, dass ich gerne regelmässiger Kontakt haben würde, aber das Gefühl habe, dass er das nicht möchte. Ich schrieb ihm dann nur noch, dass ich immer für ihn da bin, wenn er mich braucht und dass er auf sich aufpassen soll.
Und dann meldete er sich eben letzten Sonntag. Wir haben dann 4h durchgehend geschrieben und er sagte mir dann, dass ich ihm immer schreiben soll und er sich so alleine mit allem fühlt. Er fragte mich auch warum ich ihn nie anrief und sagte, dass ich ihn sehen will. Die letzten zwei Tage habe ich ihm jeweils morgens und abends geschrieben. Er hat zwar kurz geantwortet, aber ein Gespräch entstand daraus nicht. Und für mich fühlt es sich nun wieder an als ob ich ihn mit meinen Nachrichten nerve und er gerade lieber seine Ruhe haben würde. Obwohl er mir sonntags gesagt hat, dass ich ihm immer schreiben soll, frage ich mich nun, ob er das jetzt gerade auch will.

Ich möchte dir damit einfach aufzeigen, dass Freunde von dir vielleicht mit der Situation überfordert sind und sich deshalb nicht mehr melden und nicht weil sie keinen Kontakt mehr haben wollen. Vielleicht wissen sie einfach nicht was du dir wünscht und was dir gut tut. Und anstatt etwas falsches zu tun, tun sie dann vielleicht einfach gar nichts. Ich wäre froh und dankbar, wenn er mir ganz klar sagt, das will ich und das tut mir gut. Und z.b. heute habe ich keinen Nerv zum schreiben, schreib mir morgen wieder oder so. Mir persönlich würde eine klare Kommunikation helfen. Aber ich weiss halt nicht, ob das immer möglich ist wenn man an Depressionen leidet.

Dies ist mal die Sicht einer Freundin, welche seinen Freund sehr gerne unterstützen möchte und für ihn da sein möchte, aber oft nicht weiss was das richtige ist und was ihm gerade hilft.
Pusteblume2022
Beiträge: 15
Registriert: 2. Feb 2022, 09:31

Re: Einsamkeit

Beitrag von Pusteblume2022 »

Liebe Sunflower,

vielen Dank für diesen Perspektivwechsel. Das war sehr interessant für mich zu lesen.

Ich glaube im Umgang mit depressiven Menschen, ist es sehr wichtig, dass die Freunde fragen, was der andere braucht bzw. ihre Unsicherheit kommunizieren. Denn als Depressiver funktioniert man leider in vielen Dingen nicht „normal“. Und ich kann da nur von mir sprechen, aber ich habe halt total Angst die Anderen zu beschweren oder ihnen zu viel zu sein. Im Grunde hätte ich mir so sehr gewünscht, dass mal jemand nachfragt wie es mir geht und mir das Angebot macht, mich immer melden zu dürfen, wenn ich etwas brauche oder halt auch einfach seine/ihre Unsicherheit im Umgang mit mir kommuniziert. Das ist aber nicht passiert.

Niedrigschwellige Angebote wären toll gewesen. Nur so als Tipp vielleicht für dich im Umgang mit deinem Freund. Also ich hatte halt so „Freunde“, die diese klassischen doofen Ratschläge gegeben haben wie: „Geh doch mal raus! Mach doch mal Sport!“ und dieser ganze Kram. Aber das ist ja u.a. oft das Problem: sich aufzuraffen. Wenn diese Person mal gesagt hätte: „Morgen scheint die Sonne. Wie wärs ich hol dich ab und wir gehen eine kleine Runde in den Park?“ Das hätte mir sehr gut getan.

Bei mir ist es aber leider so gewesen, dass offensichtlich war, dass mein Umfeld genervt war von mir oder halt auch einfach keinen Bock hatte. Ich bin ein sehr empathischer Mensch und kriege sowas sofort mit. Die letzte langjährige Freundin habe ich jetzt auch innerlich losgelassen und verabschiedet. Ich hatte ihr geschrieben, was mich beschäftigt (hatte einen Konflikt bei der Arbeit) und sie um ein Gespräch gebeten. Sie ist weder auf das Geschriebene eingegangen noch war sie bereit zu telefonieren. Sie schrieb schlicht: „Ich habe keine Lust zu telefonieren“! Das wars. Ist im Prinzip ja legitim, aber dann fragt man doch wenigstens ein paar Tage später mal nach, ob es noch Redebedarf gibt und wie es mir inzwischen geht, um das dann gegebenenfalls nachzuholen. Ich habe auch keine Lust mehr da nachzufragen und ihr hinterherzubetteln.

Allerdings habe ich diese „Freundschaft“ auch schon länger in Frage gestellt, weil sie die ganzen Jahre im Prinzip immer passiv war. Sie hat nie nach einem Telefonat oder Treffen gefragt. Das ging immer von mir aus. Ich hatte das auch mehrfach angesprochen, aber es hat keinerlei Wirkung gehabt.

Wie geht es dir denn im Moment mit deinem Freund?
Sunflower85
Beiträge: 7
Registriert: 5. Feb 2022, 12:24

Re: Einsamkeit

Beitrag von Sunflower85 »

Hallo Pusteblume

Es tut mir leid, dass du keine Freunde hast / hattest, welche für dich da sind und dir das Angebot gemacht haben, dass sie für dich da sind, wenn du sie brauchst. Mir fällt es schwer nachzuvollziehen, dass deine Freunde einfach genervt von dir waren und keinen Bock auf dich hatten. Ich finde eine Freundschaft zeichnet sich doch dadurch aus, dass man für den anderen da ist, erst recht in schwierigen Zeiten. Es scheint mir, dass du die falschen oder keine richtigen Freunde hattest. Aber das hilft dir jetzt natürlich auch nicht weiter. Ich wünsche dir von Herzen, dass jemand in dein Leben tritt, der dich auch in deinen schwierigen Phasen unterstützt und dir ein wahrer Freund sein wird.

Ich habe meinem Freund jetzt meistens 1-2 mal am Tag geschrieben. Ich habe ihm einfach einen schönen Tag gewünscht oder Gute Nacht geschrieben. Darauf reagiert er immer sehr lieb, aber ein Gespräch entsteht praktisch nie. Und von sich aus hat er sich auch nicht mehr gemeldet, auch nicht wenn ich mal einen Tag gar nicht geschrieben habe. Ende letzter Woche habe ich ihm geschrieben, dass ich mich freuen würde ihn zu sehen. Daraufhin hat er geantwortet, dass es am Wochenende schwierig ist, weil er viele Therapien hat. Er wollte mir jedoch Bescheid geben, ob es nächstes Wochenende klappt, sobald er seinen Therapieplan hat. Den hat er nun bestimmt schon seit ein paar Tagen, dazu geäussert hat er sich nicht mir. Nun ist halt die Frage, soll ich ihn wieder wegen einem Treffen fragen oder soll ich warten, bis er auf mich zukommt? Ich habe ihm bei unserem ersten Gespräch geschrieben, dass ich unsicher bin und nicht weiss was er möchte oder was ihm gut tut. Da hat er gesagt ich solle ihm immer schreiben. Aber wenn ich ihm schreibe, kommt halt sehr wenig zurück. Wenn ich ihn dann mal persönlich treffe, möchte ich ihm noch einmal sagen, dass ich ein wenig unsicher bin wie ich mich verhalten soll. Ich möchte ihn ja unterstützen, aber oft weiss ich nicht was für ihn die beste Unterstützung ist. Aber ich möchte dies lieber persönlich ansprechen als via WhatsApp.

Tut mir leid, dass ich jetzt dein Thema mit meinem Kram vollgeschrieben habe. Falls du dich einfach mal ausheulen möchtest oder einfach sonst jemandem zum quatschen brauchst, kannst du mir auch gerne eine private Nachricht senden.
DieNeue
Beiträge: 5831
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Einsamkeit

Beitrag von DieNeue »

Hallo Sunflower,

ich denke, dass du dir gar nicht so viele Gedanken machen brauchst, ob du deinen Freund nervst, wenn du ihm schreibst und kein Gespräch entsteht. Ich kann nachvollziehen, dass dich das verunsichert, aber ich könnte mir vorstellen, dass es für ihn trotzdem wichtig ist und ihm hilft, sich nicht so allein zu fühlen.
Mir hilft es, wenn z.B. in unserer Whatsapp-Familien-Gruppe immer ein bisschen was los ist, auch wenn man sich nicht total ausführlich unterhält oder auch, wenn ich Nachbarn draußen nur mal kurz sehe und man sich nur grüßt. Wenn das nicht mehr so ist, dann fühle ich mich auf Dauer schon etwas alleine.

Mir fällt es im Angehörigenforum immer wieder auf, dass Betroffene eigentlich schon öfters klar sagen, was sie wollen, aber das bei Angehörigen irgendwie nicht ankommt oder sie sich dann durch eigene Grübeleien oder weil der Betroffene doch nicht so reagiert wie gedacht, verunsichert sind und nicht mehr wissen, was der Betroffene eigentlich wirklich will - obwohl er es ja gesagt hatte.
Ich finde, er hat klar gesagt, dass du ihm immer schreiben sollst und er sich alleine fühlt. Er wollte ja auch keinen Kontakt mehr mit dir, nicht weil du ihn mit zu viel Kontakt genervt hast, sondern, weil ihr zu wenig Kontakt hattet.
Von daher denke ich, dass du das einfach weiterhin so machen kannst.
Wenn er etwas anderes will, dann muss er das kommunizieren. Wenn er das nicht gut kann, dann kann er das lernen. Vielleicht kann er das in der Klinik auch mit jemandem besprechen. Aber du kannst ja keine Gedanken lesen.

Was ich noch sagen wollte: Ich habe in der Klinik sehr viel Post bekommen, aber ich habe nicht auf alles antworten können und manches ist auch gar nicht dazu gedacht, groß drauf zu antworten, sondern Leute schreiben einem kurz eine Karte, dass sie an einen denken. Trotzdem war jede Postkarte und SMS wichtig und hat mir geholfen. Vielleicht kannst du es einfach ein bisschen so sehen wie wenn du ihm Postkarten schreibst. Jede kleine Nachricht ist ja ein Zeichen, dass du an ihn denkst und ihn nicht vergisst. Das kann ihn auch durchtragen, auch wenn du gar nicht viel davon mitbekommst.
Falls du ihn wirklich mal damit nerven solltest, dann bist du nicht wirklich "schuld" dran, denn er wollte es ja so.

Warum er sich noch nicht gemeldet hat wegen dem Besuch, kann man nicht sagen. In der Klinik kann es einem gut gehen und dann hat man eine Stunde, die einen total aufwühlt und der Tag ist gelaufen. Man hat auch ständig Mitpatienten um einen rum, mit denen man auch Kontakte knüpft, auch mal zusammen unterwegs ist und Dinge abklären muss. Manchmal gibt's auch Organisationsprobleme und den Plan gibt es später als sonst usw. Manchmal vergeht auch die Zeit so schnell, dass man kaum hinterherkommt. Das muss also gar nicht unbedingt was mit dir zu tun haben. Therapien am Wochenende gab's bei uns allerdings nicht.

Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen helfen.

Liebe Grüße,
DieNeue
Pusteblume2022
Beiträge: 15
Registriert: 2. Feb 2022, 09:31

Re: Einsamkeit

Beitrag von Pusteblume2022 »

Liebe Sunflower,

zunächst einmal lieben Dank für dein Angebot. Vielleicht werde ich es sogar einmal in Anspruch nehmen.

Zu deiner Frage: ich würde weiter dran bleiben und ihm regelmäßig per WhatsApp zeigen, dass du an ihn denkst. Erwarte nicht, dass jedes Mal ein Gespräch entstehen muss. Ich selbst merke z.B. auch, dass ich mich immer über Kontakte freue (ein paar ganz wenige habe ich ja noch), aber auch oft nicht in der Stimmung zu einer richtigen Unterhaltung bin. Aber ich freue mich immer, wenn ich von jemanden höre.

Bezüglich des Besuchs würde ich vielleicht ihm den Ball zuspielen. Du könntest z.B. schreiben, dass er ja gerne Bescheid geben kann, wenn er Lust und Kraft für einen Besuch von dir hat. Ich kenne deinen Freund ja auch nicht, aber so erzeugst du keinen Druck und überlasst ihm ein Stück weit die Verantwortung.

Wichtig ist, dass du dich nicht verrückt machst und zu sehr da mit reinziehen lässt! Pass gut auf dich auf! Ich finde nämlich, dass du das ganz toll machst, sehe aber auch, dass du dir sehr viele Gedanken machst. Ich bin auch so jemand.

Liebe Grüße
Pusteblume
Sunflower85
Beiträge: 7
Registriert: 5. Feb 2022, 12:24

Re: Einsamkeit

Beitrag von Sunflower85 »

Hallo DieNeue und Pusteblume

Tut mir leid, dass ich mich erst jetzt melde. Ich wollte mich die letzten Tage ein wenig um mich kümmern und nicht zu viel über das ganze nachdenken. Das hat einigermassen geklappt.

Vielen Dank für eure tollen Antworten, die haben mir echt geholfen. Es hilft mir das ganze aus dem Blickwinkel einer betroffenen Person zu sehen. Und du dieNeue triffst es gut auf den Punkt, was mein Problem ist. Ich grüble viel und bin verunsichert, wenn er sich anders verhält als gedacht. Obwohl ich keine Erwartungen an ihn haben will / kann, passiert das manchmal eben doch. Aber du hast recht, dass er ganz klar gesagt hat, dass ich mich immer melden soll und bis anhin hat er nichts Gegenteiliges gesagt. Deshalb mache ich dies auch weiterhin.

Er hatte früher ein Armkettchen von mir, welches ich ihm vor gut einem Jahr geschenkt hatte, als er 3 Monate zurück in sein Heimatland ging. Er hat dies immer getragen, auch nachdem wir uns getrennt haben. Im Sommer hat er das dann verloren. Ich habe ihm letzte Woche dasselbe per Post geschickt und einen kurzen Brief dazugeschrieben. Ich habe ihm geschrieben, dass ihn das Armkettchen daran erinnern soll, dass ich immer bei ihm bin, auch wenn ich gerade physisch nicht da bin und er immer auf mich zählen kann, wenn er mich braucht. Ich denke er hat sich darüber gefreut, da er mir am nächsten Tag geschrieben hat und sich dafür bedankte und sagte, dass es ein sehr schönes Geschenk sei.

Betreffend Besuch hat er nichts mehr gesagt und ich habe auch nicht mehr nachgefragt. Ich möchte ihn nicht bedrängen deswegen, er soll auf mich zukommen, wenn er bereit dafür ist. Ich denke die vielen Therapien am Wochenende waren eine Ausrede, weil er mich nicht vor den Kopf stossen wollte oder mir aus irgendeinem Grund nicht sagen wollte, dass er mich gerade nicht sehen möchte / kann. Er hätte das auch ganz offen sagen können, dass er gerade nicht mag (aus welchen Gründen auch immer). Aber anscheinend war es für ihn auf diese Weise gerade einfacher, dann ist das halt so.

Noch einmal danke für eure Antworten und liebe Grüsse

Sunflower
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