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Angst vor dem Autofahren

Verfasst: 13. Nov 2021, 13:49
von Heidekraut70
Hallo liebe Leserinnen und Leser,

ich habe vor 16 Jahren eine Phase gehabt in der ich nicht Autofahren konnte. Das legte sich aber schnell und vollständig wieder.

Vor 4 Jahren hatte meine beste Freundin ein Unfall. Dieser war sehr schwer und als ich sie in der gleichen Nacht im Krankenhaus besuchen wollte, konnte ich nur sehr schwer Autobahnfahren. Und mit der Zeit ging es immer schlechter.

Vor ca. 18 Monaten kam dann die Agoraphobie, Depression und Angststörung. Seitdem wird das mit dem Autofahren insgesamt immer schlechter. Gerade wenn ich alleine unterwegs bin. Nun kommen auch Teile von Landstraßen und Alleen dazu.

Ich lasse mich zwar nicht unterkriegen, trotzdem ist es immer ein Kampf mit vorhergehender Angst. Das Einzige was ich nicht mache zurzeit ist Autobahnfahren.

Das alles gilt als Fahrer wie auch als Beifahrer.

Kennt das jemand? Wie kann man da wirksam gegenangehen?

Viele Grüße
Heidekraut70

Re: Angst vor dem Autofahren

Verfasst: 13. Nov 2021, 14:43
von Aurelia Belinda
Hallo u. Willkommen im Forum @ Heidekraut!

Zur Frage, ja ich kenne das gut. Zur Depression wurde vor langer Zeit auch die Angststörung bei mir diagnostiziert. Da wusste ich noch gar nicht welche Auswirkungen die KACKE im Leben auf mich noch haben wird.

Die Panik vor dem Autofahren ist eben auch eine mit der ich wiederholt zu kämpfen habe.
Vermutlicher Auslöser liegt in der Vergangenheit, als ich die Kontrolle bei eisglatter Fahrbahn verlor, mich schon panisch, gedanklich, unterm entgegenkommenden LKW gesehen habe, und zwar tot.
Sehr viele Bilder, Aussagen wie “fahre langsam“ und auch Bilder meines Lebens bis dato sind sekundenschnell durch meinen Kopf geflitzt, kann mich erinnern, ich habe geschrien, wollte bremsen, lenken, war alles kontraproduktiv, bin viele kilometerlang geschlittert, wollte mich aufs Bankett lenken, erst rechts ( in Richtung Fahrstrecke zur Arbeit ) um dem LKW nicht zu nahe zu kommen :-(
Dann links, alles umsonst.
LKW ist dann ausgewichen, ein Glück dass nichts passiert ist ausser eine “Rutschpartie“ meinerseits, des LKW, und ein Mofa musste bremsen weil hinter mir eine Kreuzung war...
Irgendwann kam ich zum Stillstand, keine Ahnung wie!
Die Schnauze vom Auto stand aber nicht mehr in Richtung Fahrstrecke sondern in Richtung Heimweg....Kurze Überlegung, nach Hause fahren weil ich völlig “zerdeppert“ war...oder noch zur Arbeit. Letztes hab ich gemacht.
Aber ab dem nächsten Tag hatte ich einige Jahre Panik vor dem Strassenverkehr im Winter!
Als Beifahrer na ja, ging es so, mein Mann ist öfter gefahren, heute bin dagegen ICH der Fahrer, zu jeder Jahreszeit, weil er gesundheitsbedingt nicht mehr darf und kann!
Aber bis ich den Mut gefunden habe, mich wieder hinters Steuer zu setzen ( nur Winter ) vergingen lange Jahre und mein damaliger Therapeut war da auch hilfreich. Anundfürsich fahre ich liebend gerne Auto.
Heute nenne ich es sogar manchmal, meine einzige Freiheit!

Dein “Auslöser“ ist auch gut nachvollziehbar, jedoch ist es so, dass eine Angststörungen ganz andere Ursachen haben die im verborgenen liegen meist aus der Kindheit!

Nach und nach hätte ich verschiedene Ängste seinerzeit “ausgebrütet“ z.B. vor Tod, Krankheiten im allgemeinen, dann spezifische Krankheiten, vor Verlust...und und.
Viele Jahre quälten mich diese Ängste.
Dann aber hatte ich sie dauerhaft im Griff!
Sie waren sogar aus dem Leben verbannt!
Geholfen hat mir am besten die Achtsamkeit, das Geschehen nüchtern, von Aussen zu betrachten als würde es nicht mich betreffen, und auch zu unterscheiden zwischen realer Angst, bedrohlicher Angst, und unbegründete, also selbst provozierte Angst. All diese SICHTWEISEN UND Übungen waren mir hilfreich.

Ich glaube durch Lebensverändernde, belastende Situationen, schleicht sich die Angst wieder von hinten an....das ist bei mir Geschehen.
Durch Dauerbelastung der vergangenen Jahre, wird es schwieriger diese in Schach zu halten. Noch gelingt es immer wieder, bis auf ein, zwei unbedeutende Situationen....

Gruß Aurelia Belinda

Re: Angst vor dem Autofahren

Verfasst: 14. Nov 2021, 12:09
von Heidekraut70
Hallo Aurelia Belinda,

vielen Dank für Deinen Ausführlichen Text.

Es ist ja leider bei Angsterkrankungen so, dass man nur vermuten kann wo sie herrühren. So hatte ich schon mehrere Unfälle und mein Vater ist als ich noch jung war, bei einem Unfall auf der Autobahn gestorben.

Der Kampf gegen die Angst ist ein Kampf, der täglich neu geführt wird.

Es gibt ja genau auf solche Fälle spezialisierte Fahrlehrer. Ich glaube, wenn es ruhiger bei mir geworden ist ( Absenkung der Medikamente), dass ich es so mal probieren werde.

Wünsche Dir, dass Du Deine Ängste im Griff behältst.

Liebe Grüße
Heidekraut70

Re: Angst vor dem Autofahren

Verfasst: 14. Nov 2021, 12:56
von Aurelia Belinda
Hallo Heidekraut,

Danke für die Rückmeldung und Wünsche. Es ist schon so wie du es beschreibst. Es bleibt ein Kampf, die Angst im Griff zu behalten. Die “Kampfmittel“ führen aber dazu, dass es viel leichter ist als in den Anfängen.
Das ist mir neu, wusste ich nicht dass es solche Fahrlehrer gibt.
Dann gutes Gelingen dir, dass du “Madame Angst“ wenn sie dich besucht, weg scheuchen kannst.

LG Aurelia Belinda

Re: Angst vor dem Autofahren

Verfasst: 14. Nov 2021, 18:37
von Katerle
Hallo Heidekraut,

das war bei mir auch so, dass ich nur noch schwer Autofahren konnte und auch Autobahn. Eigentlich hatte das schon sehr zeitig bei mir angefangen, schon als Teenager. Aber ich wusste nicht, mit wem ich darüber reden konnte. Also auch das Mitfahren war damals schon für mich eine extreme Schwierigkeit wegen der Angst, oder auch im Zug.
Mir half es, die Konfrontation mit der Angst, sie im Auto o. a. abzubauen. Sie ist zwar immer noch vorhanden, aber nicht mehr so stark, wie es mal war. Mich kostete das immer Überwindung und es war ein harter Kampf. Heute ist das so, dass die Angst noch anfangs vorhanden ist, aber dann im Laufe der Fahrt nachlässt, so das ich auch weitere Strecken fahren kann, als Beifahrer oder auch Zug.

Und auch für mich war das immer sehr harter Kampf mit vorhergehender Angst.

Tut mir leid, dass dein Vater damals bei einem Unfall ums Leben kam... Das muss ein großer Schock für dich gewesen sein...

Hallo Aurelia,

dem kann ich auch zustimmen, was du geschrieben hast, dass Angststörungen auch ganz andere Ursachen haben können, die verdrängt wurden aus der Kindheit. Ja und auch die Dauerbelastung
trägt dazu bei, dass sich die Angst erneut einschleicht.

Wünsche euch weiterhin ganz viel Kraft,
Katerle

Re: Angst vor dem Autofahren

Verfasst: 14. Nov 2021, 18:58
von Aurelia Belinda
Ja Katerle,
Kinder die sehr schlimmes erlebt haben, verdrängen ihre Ängste, oder können mit diesen nicht umgehen, sich oft niemanden anvertrauen, das bricht dann halt viel später im Erwachsenenalter erst auf...
Aber auch Kinder die überbehütet aufwachsen sind gefährdet Ängste zu entwickeln.
Kinder mit sehr ängstlichen Eltern, die sich um alles Sorgen und ihre Sorge auf das Kind projezieren halt auch.
Später hat man dann sehr arg damit zu kämpfen.
Der schlimme Unfall den Heidekraut beschreibt mit der Todesfolge ist somit eher ein Trigger der schlimmeres auslösen kann. Nicht die Hauptursache des Übels.
Wie auch bei mir die Hauptursache nicht das “Trauma“ Glatteis und Panik vor dem Sterben war. Sondern der Ursprung im Verborgenen der Kindheit liegt.

LG Aurelia

Re: Angst vor dem Autofahren

Verfasst: 14. Nov 2021, 19:01
von Aurelia Belinda
Mit einer Bahnfahrt, dazu vielleicht noch eine weite Strecke hätte ich dagegen Riesen Probleme.
Oft hab ich mich gefragt weshalb das so ist.
Ich denke einmal weil ich die Kontrolle übers Fahren nicht selbst in der Hand habe, und weil ich absolut nicht gern alleine bin.
Aber Bahn fahren ist hier nicht Thema. Das nur mal nebenbei.
Alle Achtung Katerle dass du das kannst.

Re: Angst vor dem Autofahren

Verfasst: 15. Nov 2021, 13:42
von Katerle
Aurelia Belinda hat geschrieben:Ja Katerle,
Kinder die sehr schlimmes erlebt haben, verdrängen ihre Ängste, oder können mit diesen nicht umgehen, sich oft niemanden anvertrauen, das bricht dann halt viel später im Erwachsenenalter erst auf...
Aber auch Kinder die überbehütet aufwachsen sind gefährdet Ängste zu entwickeln.
Kinder mit sehr ängstlichen Eltern, die sich um alles Sorgen und ihre Sorge auf das Kind projezieren halt auch.
Später hat man dann sehr arg damit zu kämpfen.
Der schlimme Unfall den Heidekraut beschreibt mit der Todesfolge ist somit eher ein Trigger der schlimmeres auslösen kann. Nicht die Hauptursache des Übels.
Wie auch bei mir die Hauptursache nicht das “Trauma“ Glatteis und Panik vor dem Sterben war. Sondern der Ursprung im Verborgenen der Kindheit liegt.

LG Aurelia
So ist es.

Naja, also ich hatte damals, als ich noch jung war, schon Ängste beim Mitfahren.
Aber wie gesagt, es ist heute besser (nicht ganz weg). Und ich weiß, damit umzugehen. Mir hilft dann auch meine Entspannungstechnik usw.

LG Katerle

Re: Angst vor dem Autofahren

Verfasst: 15. Nov 2021, 21:14
von Heiligendamm2020
Mein Fall ist ähnlich.
Nach den Synkopen 2015 bekam ich u.a. Angststörungen und Panikattacken.
Es war mir lange Zeit deshalb nicht mehr möglich Zug, Bus oder selbst Auto zu fahren.
Zu stark war die Angst, am Steuer oder im Zug eine Synkope zu erleben.
(Panikattacken waren da noch das kleinste Problem, auf dem Weg zur Arbeit)
Vor 2 Jahren habe ich begleitetes Fahren geübt. Ich hatte das Ziel, es dauerhaft wieder
zu schaffen. Nach einer Fahrt auf der Autobahn (unter hohem Stress) verließ mich der
Mut und selbst nur als Beifahrer wurde es mir immer schwerer.
In diesem Jahr habe ich im Sommer es geschafft, wieder Autobahn zu fahren
(in guter Verfassung, abhängig von meiner Tagesform).
Kürzlich bin ich nochmals Autobahn gefahren, aber es war so belastend das ich kurz vor
einer Pause extrem abgebaut habe und dann während der Pause bin ich sofort eingeschlafen und war eine
Stunde "weg". Der Rest der Strecke war nur noch Quälerei.
Jedoch ist es weiterhin alles von meiner Tagesform abhängig, egal worum es geht.