Behandlungsqu. - psychiatrische Abteilungen d. Krankenhäuser

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Saskia67
Beiträge: 29
Registriert: 9. Jun 2015, 23:16

Behandlungsqu. - psychiatrische Abteilungen d. Krankenhäuser

Beitrag von Saskia67 »

Liebe hier lesende Angehörige,

ich habe vor einem Jahr meinen besten Freund durch einen Suizid verloren und das kreist mir weiterhin 90% meiner Zeit durch den Kopf. Vor ein paar Tagen stieß ich auf ein Portal zur Bewertung von Krankenhäusern bzw. deren Abteilungen. Und da habe ich gleich mal nach der Bewertung der Abteilung geschaut, wo mein Freund in den Monaten vor dem Suizid mehrfach war. Bei dem, was ich da lesen muss, schlottern mir die Knie. Ich habe auch wieder dieses Adrenalingefühl bekommen, das ich in den Wochen nach dem Suizid in mir hatte.

Mein Freund hat mir damals von dort geschrieben: "Man nimmt mich nicht ernst." - Leider hat er mir dann verboten, mit diesem Problem an das Krankenhaus heranzutreten. Aus Respekt vor seiner Entscheidung habe ich es tatsächlich gelassen, was ich heute bereue.


Zuerst: Die betreffende Abteilung bekam nur 2 von 6 Sternen. Ich schaute mir die Bewertungen von ca. 10 anderen Psychiatrien hier in unserer Gegend an. Alle hatten eine bessere Bewertung. Aber das sind Zahlen. Ich muss leider u.v.a. Folgendes lesen:


- „Meine Probleme und Ängste wurden vollkommen ignoriert und überhaupt nicht ernst genommen man wird einfach rausgeschmissen ohne Hilfe zu bekommen.“

- „Ich wurde entlassen, dabei war ich ein nervliches Wrack, hatte akute Suizidgedanken, die nicht ernst genommen wurden“

- „Nur Sparmaßnahmen - wohin man auch sieht !!!!! - In der Klinik ist man nur eine Abrechnungsnummer, Probleme darf man nicht haben!“

- „Viele Therapieausfälle und kaum Ärzte“

- „In den versch. Therapien werden einem keine handfesten Tipps oder Tricks mitgegeben, um mit den Beschwerden umzugehen, dafür wird aus Zetteln und Büchern vorgelesen und Symptome werden gesammelt. Alternative, psychosomatische oder meditative Therapien sind absolute Fremdwörter im XXX Klinikum. Es ist mehr oder weniger eine Auffangstation voll von herum irrenden Gestalten.“

- „Man wird gegängelt, der Tonfall ist barsch, schroff und den psychisch kranken Menschen nicht angemessen.“

- „Der Aufenthalt war extrem traumatisierend. Ich bin auf verschiedenen Stationen gewesen. Die meisten Pflegerinnen und Pfleger waren inkompetent, oft brutal und bösartig. Die wöchentlichen Visiten waren eigentlich Tribunale. Die eigene Krankheit wurde einem zum Vorwurf gemacht. Dass ich nach so langer Zeit diesen Kommentar schreibe, zeigt wohl, dass die Erlebnisse dort nur sehr schwer zu verarbeiten sind.“

- „Keine Begrüßung - Keine Frage oder Kontrolle nach gefährlichen Gegenständen.- Keine ansprechbaren Pfleger oder Ärzte auf der Station (alle haben sich in dem Pflegerzimmer eingeschlossen und die klopfenden und wartenden Patienten ignoriert.)“

- „Im Beobachtungsraum wird strategisch Trinken, Nahrung, Toilette und Bettdecke vorenthalten um die Medikamenteneinnahme zu erzwingen.“

- „Jedes Problem wird durch Fixierung "aus der Welt geschaffen", zumindest aus der Welt der Pfleger.“

- „Menschenverachtende Zustände, Gewalt, Traumatisierung“

- „Selbst eine Pflegerin sagte, dass es nur selten Erfolge gibt.“

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Mich macht das fix und fertig. Wenn ich mir vorstelle, dass ein so schutzbedürftiger Mensch wie mein Freund in seiner Notlage dorthin kommt und dann in solche Verhältnisse. - Was musste er dort alles aushalten? - So habe ich mir das in meinen schlimmsten Alpträumen nicht vorgestellt.

Gerade las ich ein Buch, in dem es darum geht, wie man mit psychisch kranken Menschen sprechen soll. Es geht darum, dass man deren Vertrauen gewinnen muss, um Zugang zu finden. Aber sieht so, wie oben beschrieben, Vertrauen gewinnen aus? - Ich muss mich unter diesen Bedingungen wohl nicht wundern, dass mein Freund keinen anderen Ausweg mehr sah als sein Leben zu beenden.

Ich kann euch nur empfehlen: Schaut genau hin, wo eure Angehörigen untergebracht sind und wie man sie dort behandelt.

Dieses Krankenhaus wird noch mit mir zu tun bekommen. - Wo meldet man sowas hin? An die Krankenhausaufsicht? - Hat jemand hier schon Erfahrungen mit derlei Beschwerden?
Herr Rossi
Beiträge: 166
Registriert: 2. Sep 2018, 08:19

Re: Behandlungsqu. - psychiatrische Abteilungen d. Krankenhä

Beitrag von Herr Rossi »

Hallo Saskia.

Dein Bericht hat mich schockiert, auch wenn er mich gar nicht wundert. Sowas gehört ans Licht gezerrt und am besten noch in die Zeitung.
Aber solange wir unser Gesundheitssystem auf Gewinnmaximierung aufbauen, wird das immer wieder passieren.
In unserer ach so zivilisierten Gesellschaft dürften Grundbedürfnisse wie Lebensmittel, Gesundheit, Wohnen usw nicht in die Hände von Spekulanten und Preistreibern gelangen.

LG

Herr Rossi
Saskia67
Beiträge: 29
Registriert: 9. Jun 2015, 23:16

Re: Behandlungsqu. - psychiatrische Abteilungen d. Krankenhä

Beitrag von Saskia67 »

Hallo Herr Rossi und hallo Jupiter,

ich danke euch für eure Antworten. Der Tipp mit dem Gesundheitsministerium ist gut.

Ich habe mir vorgenommen, zuerst an das Krankenhaus zu schreiben, um mal deren Meinung zu hören (falls sie mir antworten) und dann an das Gesundheitsministerium.

Der sozialpsychiatrische Dienst in unserem Stadtbezirk wird auch darauf angesprochen und vielleicht noch der Bürgermeister oder unser Abgeordneter im Bundestag. Nur wird das alles nicht so schnell gehen. Meine eigenen Kräfte. .... Zuerst schreibe ich an das Krankenhaus.

Und dann mal schauen, was daraus wird.
Cynthia
Beiträge: 445
Registriert: 29. Dez 2014, 17:04

Re: Behandlungsqu. - psychiatrische Abteilungen d. Krankenhä

Beitrag von Cynthia »

Hallo Saskia,

wende Dich mal an den Bundesverband der Psychiatrieerfahrenen in Bochum z.B. Ich fürchte Du kommst gegen dieses Gesundheitswesen nicht an. Wie willst Du die Mißstände beweisen?
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Behandlungsqu. - psychiatrische Abteilungen d. Krankenhä

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Saskia,
an den Verband der Psychiatrieerfahrenen dachte ich ebenfalls.
Bei uns gibt es vor Ort auch einen Verein der Psychiatrieerfahrenen, die auch im Landesverband und dieser im Bundesverband organisiert sind.
Vor Ort kennt man sich ja besser mit den Kliniken vor Ort aus. Hier kann man auch Beratung bekommen bei dem Verbein.
LG Gertrud
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