Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

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Wandervogel
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Registriert: 3. Aug 2020, 14:04

Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von Wandervogel »

:hello: Hallo Leute,

ich wende mich an Euch in großer Not.

Ich habe seit einigen Tagen immer wieder Panikattaken (vorzugsweise mitten in der Nacht).

Der Grund dafür ist die gesellschaftspolitische Situation im Land.

Bitte, bitte, bitte! Keine politische Diskussionen. Darum geht es hier nicht!

Immer weider ist in den Medien zu lesen, dass die Inflation steigt und steigt und die Energiepreise durch die Decke gehen. :shock:

Zu meine Zukunftsängsten gesellt sich jetzt noch die Angst, mir das Leben nicht mehr leisten zu können. Mein Mann und ich haben ein bescheidenes und dennoch auskömmliches Einkommen. Doch wenn die Nebenkosten rasant steigen (die Verbraucherzentrale spricht von mind. 100 Euro im Monat) und die Lebensmittelpreise explodieren, werden wir wohl mit unserem Einkommen an die Armutsgrenze stoßen. :(

Das macht mir große Angst. :shock:

Wo sollen wir z.B. eine günstigere Wohnung finden, wo die Mieten jetzt schon nicht mehr bezahlbar sind?
Wie soll ich mich gesund ernähren (ist bei Diabetes 2 und Rheuma lebenswichtig), wenn ich mir die Grundnahrungsmittel schon nicht mehr leisten kann. Von frischem Gemüse will ich ja schon nicht mehr reden. :(

Ich habe große Angst, mir die kleinen Dinge, die wir uns jetzt noch leisten können (Urlaub haben wir schon seit Jahren nicht mehr gemacht und das Auto auch abgeschafft) wegfallen und die bei mir so antidepressiv wirken. :cry:

Es treibt mich um! Ich versuche mich abzulenken mit putzen, Hobbies etc. Doch es hilft leider nur noch bedingt. :(

Geht es hier auch jemanden so oder ähnlich? Was hilft Euch?

Liebe Grüße
Winterkind04
Beiträge: 359
Registriert: 27. Sep 2020, 06:52

Re: Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von Winterkind04 »

Hallo,

ich kenne deine Ängste nur zu gut.
Wohne auch in einer teueren Stadt und habe auch wenig Einkommen.
Mir hat massiv geholfen, mich mit dem Problem auseinanderzusetzen und viele weitere Einsparungsmöglichkeiten zu finden.
Ich mache dann aktiv was dagegen und dass hilft mir. Kann hier eine ehlenlange Liste aufführen…
Wenn du magst berichte ich?
Wandervogel
Beiträge: 336
Registriert: 3. Aug 2020, 14:04

Re: Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von Wandervogel »

:hello: Hallo Winterkind,

ja sich mit den Sorgen auseinandersetzen habe ich auch gemacht und nach Lösungen gesucht.

Leider hat das meine Ängste nur noch verstärkt. Hat mich noch mehr getriggert.

Liebe Grüße
Herr Keuner
Beiträge: 230
Registriert: 27. Aug 2021, 14:21

Re: Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von Herr Keuner »

Ich finde es wichtig, mich nicht schon verrückt zu machen, bevor die Situation überhaupt eingetreten ist. Zur Entlassung aus der psychosomatischen Klinik bekam ich passend die Mitteilung, dass der Arbeitgeber die Firma schließt. Es lag auch gerade mein 59. Geburtstag an und das bedeutete, dass das Arbeitsleben für mich gelaufen war. In dem Alter und mit einem Beruf, den das Arbeitsamt nicht verstand, wusste ich, dass jetzt Arbeitslosengeld und dann Hartz IV auf mich zu kam. Ich konnte meine Eigentumswohnung nicht länger abbezahlen, war durch die Folgen des Burnout aber auch nicht in der Lage, mich um den Verkauf der Wohnung zu kümmern. Es war also absehbar, dass ich in Kürze mit einem Haufen Schulden dastehen würde.

Ich habe mir gesagt, dass es eine Menge von Menschen gibt, die von der Grundsicherung leben müssen und deren Welt trotzdem nicht untergeht. Mir ging es noch relativ gut, weil ich nur 4 Jahre bis zum Erreichen der Rente überstehen musste, es gibt aber viele, die den Rest ihres Lebens mit sehr wenig Geld leben müssen. Grundsicherung und die Tafel sorgen dafür, dass ich nicht verhungere und alles Weitere wird sich dann zeigen, wenn es soweit ist.

Es gibt den Weg zu schauen, was sich trotz allem machen lässt und den anderen Weg, alles Negative, dass vielleicht passieren könnte, anzuhäufen und davor in Panik zu geraten. Ich habe mich für den ersten Weg entschieden, weil ich mir mit dem zweiten die ohnehin schon schwierige Situation endgültig zur Hölle gemacht hätte. Die Entscheidung muss jeder für sich treffen.
Ich habe auch den Begriff "das triggert mich" aus meinem Leben verbannt. Wer sich das immer wieder sagt, der legt sich damit vorher schon fest, dass bestimmte Situationen Schlimmes auslösen. Wer sich das immer wieder sagt, der schafft damit Voraussetzungen, dass jeder Versuch, anders mit dem Trigger umzugehen, von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Das ist eine Form der sich selbst erfüllenden Prophezeiung.

Eine Anmerkung noch: bei Rheuma ist eine gesunde Ernährung keineswegs lebenswichtig, das ist ein wenig übertrieben. Ich habe auch seit vielen Jahren Rheumatoide Arthritis und wenn ich bei der gesunden Ernährung mal schlampe, dann werden die Schmerzen mehr, das war es aber auch.
Ich kann nicht beeinflussen, was andere über mich sagen oder denken. Aber ich kann entscheiden, ob es mich interessiert oder nicht.
Winterkind04
Beiträge: 359
Registriert: 27. Sep 2020, 06:52

Re: Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von Winterkind04 »

Hallo,

ich meine eher praktische Lösung wie man Geld spart, günstig an Lebensmittel auch Obst und Gemüse kommt, wie man am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann. Wie man dann Geld hat zum in Urlaub fahren, was auf der Seite hat wenn was kaputt geht usw. man, kann mit sehr wenig besser leben als mit sehr viel.
Unsere Gesellschaft ist nur darauf ausgelegt.
Und, dann habe ich das Gefühl was getan zu haben und man freut sich über diese Dinge. Oder, was tigert dich dann?
Meine Erfahrung hat mir gezeigt - dass man mit wenig auch sehr viel gute Lebensqualität haben kann.
Winterkind04
Beiträge: 359
Registriert: 27. Sep 2020, 06:52

Re: Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von Winterkind04 »

Es gibt den Weg zu schauen - was man trotzdem noch machen kann
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Wandervogel,

Ich lese hier die Worte heraus, dass es nicht nur um die persönliche Situation geht, sondern auch um die ungerechter werdenden Verhälntisse an sich. Wenn letzteres der Fall ist, ist es eventuell ratsam zu überlegen, wo man seinen Teil dazu beitragen kann, die Verschärfung bestenfalls zu verhindern, schlimmstenfalls nur versuchen abzumildern, nicht nur für sich selbst. Ablenkung ist gut, dann aber nur bedingt geeignet.

Ich selbst lebe mein Leben lang mit der Sozialhilfe, auch mit Diabetes typ2. Irgendwie werde ich damit zurecht kommen müssen, und wenn ich anfange mich wie die Afrikaner zu ernähren von Reis und Bohnen/Linsen, und zu hoffen, dass die wenigen erschwinglichen Lebensmittel nicht auch noch das eigene Budget sprengen.
Bei mir bekommt der Bundestagsabgeordnete einen Auftrag mit und wahrcheinlich auch eine Journalistin an entsprechender Position bei einer großen Zeitung auch. Etwas zu versuchen, kann den Stress vermindern.

Ich weiß ja nicht, wie wenig ihr wirklich so habt. Wahrscheinlich so wenig, dass der Stress berechtigterweise damit zu tun hat. Ich kann dir jedenfalls versichern, dass das Thema sehr viele Regelsatzempfänger mehr als umtreibt, die haben alle ihre Sorgen und ihre Strategien, damit umzugehen.

Gruß Gertrud
Wandervogel
Beiträge: 336
Registriert: 3. Aug 2020, 14:04

Re: Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von Wandervogel »

:hello: Liebe Getrud,

auch Dir lieben Dank für Deine Antwort.

Ich beschäftige mich schon eine Weile damit, wie ich mich gegen die Ungerechtigkeit engagieren kann. Ich habe dazu die Websides der verschiedenen Organisationen und Parteien besucht und zwei sind in der näheren Auswahl.

Durch Deine Worte habe ich erkannt, dass sich hinter meiner Angst auch ein Quentchen Wut verbirgt und die kann ich durch soziales Engagement vielleicht schon mal etwas kompensieren.

Ich finde es bewundernswert wie Du mit Deiner Situation umgehst und sie mir, ohne erhobenen Zeigefinger, näher gebracht hast.

Ich wollte es hier auch einfach mal loswerden, wie es mir geht. Die Nacht war wirklich schlimm.
Heute Nacht war es schon wieder besser.

Es sind auch immer diese Medienberichte, die mich unglaublich "anfassen".

Ich werde weiter an meiner Therapie arbeiten und hoffe, dass es bald wieder besser wird.

Danke noch mal, dass Du nicht klugscheißerich daher gekommen bist. Deine Worte waren von einer offenen sensiblen Art.

Liebe Grüße
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Wandervogel,
danke für deine Antwort.
Das mit der Wut stimmt, das kenne ich auch so. Bei mir ist viel Wut über die Zustände da, fast noch mehr als über meine eigene Situation, wieso auch immer.
Mir fällt öfter ein Spruch aus unserem unabhängigen Lokalradio ein: Eine andere Welt ist möglich. Ich selber war da schon 2 oder 3mal bei Sendungen dabei, in vielen Jahrn. Einige Leute bevorzugen so etwas, oder die Mitarbeit in ganz kleinen Vereinen. Wiederum anders starten riesen Aktionen. Nachdem ich vor Corona 2mal mit anderen bei den jungen Leuten mit auf der Straße war, ging es mir auch besser. Kälte und Regen hat mich das eine mal zu diesem Anlass gar nicht gestört. Mir hat es nämlich mit einigen Sachen echt gereicht.
Manche schreiben Bücher und halten Vorträge.
Wieder andere arbeiten paar Stunden im Second Hand des Roten Kreuzes oder bei der Lebensmittelausgabe der Tafel, oder singen mit Benachteiligten.
Manchmal merkt man nicht, wie wichtig so etwas für einen selber sein kann.
Vielleicht findest du einen Ort und eine Möglichkeit für dich, muss ja nicht ausufern.
Ich für mich habe gelernt, dass nur Therapie nix bewirkt, andere Sachen mehr. Aber da ist jeder anders.
LG Gertrud
malu60
Beiträge: 4141
Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von malu60 »

Hallo,möchte zu dem Thema auch was schreiben,es ist kein erhobener Zeigefinger,
eher der Blick,auf das was man hat.

Depressive Alleinstehende (ich als Alleinerziehende mit Student ohne Unterhalt) sag mal Folgendes
a) bin total dankbar als Beamtin bis ich 45Jahre war,gearbeitet zu haben.
dann ausgemustert in die Frühpension (circa halbes Geld)
b)nie Auto,keine Luxuselektrogeräte,damals billige Wohnung in Großstadt (ohne Balkon,sozialer
Wohnungsbau),ohne Auto,seltenen mal verreist....sparsames Einkaufsverhalten,immer schon.
Geld haben wir immer gehabt für Bücher,Lektüre,die uns wichtig war,meist aber Büchrei.
C)viele kulturelle Angebote in der Stadt sind frei,gegen Spende zu besuchen....
d)vor 10 Jahren,als die Mieten explodierten,ich Balkon ect.sehr vermißte,war ja nun immer zu
Hause,mutig aufs Land gezogen.Hier fühle ich mich richtig reich.Einkaufen kann man im Dorf
nix.
Die Freiheit und Lebensqualität ist unbezahlbar......ich habe genug Geld.....
Für meine Beerdigung ist vorgesorgt (66J,man weiß ja nie)......etwas ist gespart,konnte mir
sogar ein neues E-Bike gleich kaufen....wäre vor Jahren unmöglich gewesen.

Fazit,im Alter wird es besser,als Pensionär darf man sich eigentlich nicht beschweren.Viele depressive Menschen leben seit jungen Jahren von Hartz 4 und haben wenig Teilhabe am gesellschaftl.Leben.Was wir haben ist Zeit.Lücken aufzutun im Gesetz wo wir Unterstützung bekommen,dann wie Gertrud schreibt,anderen helfen.....Schlimm ist die Zeit gewesen,wo ich vor Sorgen auch nicht schlafen konnte......dachte,es würde nie gehen,Sohn im Studium,ich die Hälfte Geld....aber auch da gibt es Töpfe,die man finden muß.Kopf in den Sand und sich sorgen und grämen haben mich nicht weitergebracht....Umzug aufs Land war richtig.Nach Köln nehmen mich meist neue Freunde mit,sind schon 50Euro Fahrtkosten....ist zuviel für mein Budget

Ich rechne wo ich kann.bin zufrieden mit dem was ich hab,Angst hab ich keine und wenn ich ins Altersheim muß,wird der Staat für mich zahlen.Mein Sohn muß nicht für mich zahlen..G.s.D.

Für die Zukunft würd ich mir weniger Sorgen machen.Du kannst jetzt die Weichen stellen,auch wenn es grad "alles nach Teuerrung ausschaut,politisch"...Heizen,Strom,Lebensmittel...wir werden dann nicht untergehen.In Corona haben übrigens viele Menschen sehr viel Geld gespart.
Die Freizeit verschlingt bei Manchen Unsummen......dabei ist ein Picknick auf der grünen Wiese
auch schön und kostet meist nur etwas Mühe beim Vorbereiten.

"Ich bin da eine Kölsche",die sagen:es hat noch immer gut gegangen und es kommt wie es kommt.Wenn man große Zukunftängste hat und glaubt zu verarmen klingt es vielleicht flappsig.

Meine Überzeugung ist,dass man in Deutschland durch Grundsicherung ect.nicht verhungern kann.Ich kaufe grundsätzlich die abgelaufenen Sachen,erwäge zur Tafel zu gehen,zur Mitarbeit.
(ist leider fast 10km weg und liegt im Flutkatastophengebiet).Da sind auch Menschen,die alles verloren haben,ohne Versicherung wieder Lebensmut und Hoffnung entwickeln müssen.
Ohne Hoffnung kann man nicht leben.Ein gutes Heute,kann auch ein gutes Morgen bringen.
Obwohl,das steht ja alles in den Sternen.Mir hilft die Dankbarkeit und es hätte mich bei meiner Erkrankung weit aus schlimmer teffen können.Bald werden die Beamten alle wegfallen,da kommt alles in einen Topf.Die Ampel hat da Pläne.Dann werde ich mit den Gegebenheiten klarkommen müssen....so war es immer....Als Pensionär bekam ich jahrelang Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld.
das muß man sich mal vorstellen,mit welchem Anspruch???Das gibt es ja jetzt schon länger nicht mehr.....hab grad festgestellt,dass ich schon 21 Jahre eine Pension beziehe,welch ein Glück,im Unglück.Soweit meine Geschichte.....mein Ehrenamt macht mich heute glücklich.L.G.Malu
Leben ist mehr
Holly71
Beiträge: 28
Registriert: 1. Jul 2018, 17:10

Re: Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von Holly71 »

Hallo Malu,
Ich habe mir jede Deiner Zeilen intensivst zu Herzen genommen!
Es macht mir Mut und gibt mir Kraft, dass es immer irgendwie weitergeht!
Ich danke Dir für Deine Worte !
Holly.
malu60
Beiträge: 4141
Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von malu60 »

Das freut mich Holly.Lieben Gruß an Dich und eine gute "neue Woche" .
Leben ist mehr
Mindblog
Beiträge: 32
Registriert: 30. Mär 2021, 16:48

Re: Große Angst wegen gesellschaftspolitischer Situation

Beitrag von Mindblog »

Ja, das Leben ist ein Kampf, und daran wird sich wohl nichts ändern.
Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten prägen die gesellschaftliche Wirklichkeit ...
und die kosmetischen Korrekturen, die die neue Regierung jetzt plant (Erhöhung des
Mindestlohns) wird daran auch nichts ändern.
Für mich war immer das Motto, Selbstvorsorge und Selbstfürsorge zu betreiben,
damit ich im Alter über die Runden komme.
Ich bin seit 4 Jahren Rentner, lebe von einer kleinen Rente und von Dividenden, die
meine Rente aufbessern. Ich denke nicht, dass die Politiker ein Interesse daran heben,
die Ungerechtigkeiten z.B. zwischen Pensionen und Renten irgendwie auszugleichen,
was bleibt ist: selbst ist der Mann oder die Frau, nimm dein Schicksal in die eigene Hand,
und mach das Beste daraus!
Gute gemeinte Grüße von Mindblog
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