Gedanken über Abschied

Antworten
grossbaer
Beiträge: 11
Registriert: 30. Jun 2013, 05:29

Gedanken über Abschied

Beitrag von grossbaer »

Hallo,

in den letzten Tagen gehen mir einige Gedanken durch den Kopf.

Am Mittwoch habe ich meine Mutter besucht. Sie ist 75 Jahre alt. Dabei kam wieder das Thema Beziehung zur Sprache. Ich bin nun seit mehreren Jahren Single. Meine Mutter kann nicht verstehen, dass ich keine Beziehung habe und allein bin. Sie meint, dass dies nun meine besten Jahre sind und ich froh bin, wenn ich in ein paar Jahren alleine da sitze.

Aber wer garantiert mir, dass eine Beziehung, die ich nun eingehe auch in zwanzig Jahren noch Bestand hat? Ich kann jetzt eine Beziehung haben und mit 65 oder 70 Jahren dann auch wieder allein sein. Vor allem ist eine Beziehung nicht gleich eine Beziehung. Man kann eine Beziehung haben und trotzdem allein sein. Wenn man zum Beispiel den falschen Partner hat.

Meine Mutter regelt nun schon seit einigen Jahren ihren Nachlass. Das heißt, sie mistet aus, kümmert sich um ihre Beerdigung. Am Mittwoch hat sie mich gefragt, welche Dinge ich denn von ihrer persönlichen Habe behalten möchte und welche Dinge sie hergeben kann.

Das hat mich in den letzten Tagen beschäftigt.

Nun habe ich gestern mitbekommen, dass meine Nachbarin die über mir wohnt und ihre Freundin ausziehen. Das hat zusätzlich irgendetwas mit mir gemacht.

Letzte Nacht habe ich geträumt, dass meine Mutter tot ist und ich niemanden mehr habe, der mich mal in den Arm nimmt. Niemanden, den ich umarmen kann. Das hat sehr weh getan und durch diesen Schmerz bin ich aufgewacht. Nach ein paar Minuten bin ich wieder eingeschlafen, aber dieser Traum ist mir sehr nahe gegangen.

Immer wenn ich von meiner Mutter nach Hause fahre, umarmt mich meine Mutter immer ganz lange und nun erst begreife ich, wie wichtig ihr das ist. Ich habe dies bislang nicht so empfunden, weil ich diese Gedanken verdrängt habe oder durch die Depression diese Gefühle nicht gespürt habe.

Seitdem frage ich mich, wie es wohl für meine Mutter ist, zu wissen, dass sie in den nächsten Jahren stirbt und mich zurück lässt. Zu gehen und jemanden zurück zu lassen. Ich denke das dies sehr schwer für sie ist. Und deshalb ist es ihr auch so wichtig, dass ich eine Partnerin habe und nicht alleine bin.

Heute ist dann meine Nachbarin ausgezogen. Das beschäftigt mich schon den ganzen Tag. Ich wusste die ganze Zeit nicht warum. Ich hatte keinen engen Kontakt zu ihr. Man hat sich gegrüßt, ein paar kurze Worte miteinander gesprochen. Aber ich kenne sie nun schon seit 9 Jahren. Sie wohnte schon hier, als ich seinerzeit eingezogen bin.

Ich denke das Problem ist, dass nun wieder ein vertrautes, ein bekanntes Gesicht aus meinem Leben verschwindet und ich hier zurück bleibe. Es ist ein Abschied. Auch wenn ich der Person nicht so nahe stand, so war sie doch für meinen Alltag wichtig. Vielleicht ist mir dadurch und durch die Ereignisse mit meiner Mutter die Endlichkeit des Lebens nochmal richtig deutlich geworden.

Vielleicht ist es auch das Gefühl, dass sie nun ein neues Leben beginnt und ich hier zurück bleibe. Vielleicht ist es Neid meinerseits, dass sie einen Schritt weiter geht und ich auf der Stelle trete.

Was sagt ihr dazu?
Chamäleonmädchen
Beiträge: 4
Registriert: 19. Sep 2021, 20:31

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Chamäleonmädchen »

Lieber grossbaer,

ich kann verstehen, dass deine Mutter sich eine Beziehung für dich wünscht. Deine Mutter möchte vielleicht, dass du jemand hast der dich in den Arm nimmt, wenn die das nicht mehr kann. Ich glaube das haben liebevolle Eltern so an sich, dass sie sich wünschen, dass ihre Liebsten versorgt sind und es ihnen gut geht.

Ja sich in einer Beziehung alleine zu fühlen ist nach meinem Gefühl noch schlimmer als gleich alleine zu sein, weil man Single ist. Aber so muss es ja nicht sein. Nein, es gibt nie eine Garantie dafür, dass es eine Beziehung ewig hält, zumindest nicht in dem Zeitalter in dem wir leben. ABER so muss es ja nicht sein. Es gibt so viele schöne Geschichten von Menschen, die nicht mehr an die Liebe glaubten und die dann einfach so in ihr Leben gestolpert ist. Liebe zu empfinden und auch zurück zu geben, in einer Beziehung zu sein mit gegenseitiger Wertschätzung und liebevollem Respekt, das ist kein Mythos. Ich würde dir wünschen, dass du einen Menschen triffst mit dem du dich nicht alleine, sondern in positiver Form vervielfacht fühlst.

Ich glaube das ganze Leben besteht aus einem kommen und gehen an Menschen. Der Abschied gehört dazu. Aber das kann vielleicht auch ganz spannend sein, wer weiß wer nach ihr einzieht?

Ich habe mal ein Buch gelesen, in dem es darum geht, das Leben aus dem Blickwinkel zu sehen, was wäre wenn man nur noch ein Jahr zu leben hätte. Mich hat das nachhaltig beeindruckt, viel zu oft lässt einen Angst verharren und zuschauen wie das Leben weiter zieht. Dabei haben wir es selbst in der Hand.

Was hält dich davon ab dich ins Leben zu stürzen?
Katerle
Beiträge: 11261
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Katerle »

Hallo grossbär,

es berührt mich, was du geschrieben hast.
Deine Mutter wünscht sich halt, dass du inmitten einer liebevollen Umgebung bist, falls sie dann eines Tages nicht mehr ist und dich nicht mehr in Arm nehmen kann.
Und nein, eine Garantie ist es nicht, ob eine Beziehung auch nach längerer Zeit noch Bestand hat und ob du an den richtigen Partner gerätst.
Manchmal können da auch gute Freunde eine Stütze sein, die dich auch mal in Arm nehmen.
Klar, dass deine Nachbarin nun auch ausgezogen ist nach so einer langen Zeit, kommt nun auch noch dazu, eine dir vertraute Person zu verlieren.
Vielleicht wäre es für dich auch hilfreich, dich einer Gruppe anzuschließen oder einem Verein. Dort könnte sich auch eine neue Freundschaft entwickeln, falls ihr euch dann schon einige Zeit kennt.

Liebe Grüße
Katerle
Mag25
Beiträge: 8
Registriert: 23. Sep 2021, 20:59

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Mag25 »

Hallo Grossbaer,

ich kann deine Mutter verstehen. Sie macht sich Gedanken um dich und möchte, dass es dir gut geht, wenn sie nicht mehr für dich da sein kann. Und es hat ja einen Grund, warum du hier im Forum bist. Dass du Krisen hast oder hattest, weiß deine Mutter, was es ihr zusätzlich schwer macht.

Aber Beziehungen kann man nicht erzwingen. Und ob sie halten, weiß man am Anfang nicht. Ich rate dir, gehe offen durchs Leben und wenn sich nette Bekanntschaften ergeben, lasse sie zu. Ob eine Beziehung daraus wird, weiß man nicht. Einfach geschehen lassen und nichts erzwingen wollen. Und gegen Einsamkeit helfen auch gute Freunde.
Ich befinde mich seit über vier Monaten in einer Ausnahmesituation. Mein Mann liegt schwer krank im Krankenhaus und bekommt nicht viel von seiner Umwelt mit. Ich weiß nicht, ob ich ihn jemals gesund wieder bekomme. Was mir in dieser Zeit hilft, sind meine Familie und gute Freunde.

Versuche, dir einen stabilen Bekanntenkreis aufzubauen. Und genieße die Zeit mit deiner Mutter.

Alles Gute
Mag
grossbaer
Beiträge: 11
Registriert: 30. Jun 2013, 05:29

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von grossbaer »

Hallo und vielen Dank für eure Beiträge.

Ich weiß nicht, warum das Thema Abschied bei mir gerade so präsent ist. Vielleicht, weil ich es in den letzten Monaten und Jahren so von mir weg geschoben habe.

Ich habe nicht sehr viele Kontakte. Auf der Arbeit ein paar Kollegen und halt meinen besten Freund und dann noch eine gute Freundin mit der ich ab und zu Kontakt habe. Neue Kontakte sind zum Teil sehr anstrengend für mich. Ich habe nur ein gewisses Level an Kontaktfähigkeit und das ist nach der Arbeit meist schon aufgebraucht. Dann bin ich froh, wenn ich daheim und für mich alleine bin.

Ich komme gut mit Menschen zurecht und kann auch gut kommunizieren. Aber die Welt oder besser gesagt die Gesellschaft, ist für mich kein schöner "Ort". Die Zeiten haben sich so stark geändert. Ich fühle mich hier fremd und fehl am Platz. Es ist hier alles so irre geworden. Mit vielen Dingen die auf dieser Welt passieren, komme ich einfach nicht klar.

Ich habe in meinem Leben schon viel erlebt und mitgemacht und ich bin irgendwie müde und habe irgendwie keine Lust mehr, wieder Zeit und Mühe in etwas zu investieren, nur um dann doch wieder einen Tritt in den Hintern zu bekommen. Ich wurde einfach zu oft enttäuscht.

Deshalb habe ich mich auch zurück gezogen und von der Welt isoliert. Ich will mir einfach Enttäuschung und Schmerz ersparen. Aber wie man jetzt ja an dem Thema mit meiner Mutter sieht, holt einen der Schmerz doch immer wieder ein, egal wie sehr man sich zurück zieht und versteckt.

Ich leide schon seit Jahren an Depressionen. Ich versuche damit zu leben, denn ich habe akzeptiert, dass die Krankheit nun mal da ist und nicht wieder weg geht. Ich war schon mehrfach in Behandlung, aber das hat mir zum Teil nicht sehr viel geholfen.

Eine Beziehung ist sicherlich eine sehr schöne Sache und ich habe lange an die Liebe geglaubt. Aber bei mir ist es ein Auf und ein Ab. Es gibt Tage an denen ich mir Zweisamkeit wünsche. Und dann gibt es Tage, an denen ich einfach froh bin, dass ich allein bin. Daher bin ich der Meinung, dass ich aufgrund meiner Krankheit nicht geeignet für eine Beziehung bin.

Wenn ich in Singlebörsen die Anzeigen anschaue, dann denke ich mir, dass so eine Frau sich mit Sicherheit keinen Problemfall wie mich aufhalsen will. Ich habe auch viele guten Seiten, aber wenn meine Depression mal wieder zuschlägt, dann sucht sich eine Frau doch lieber einen Mann, der dahingehend gesund und mit dem das Leben dem Anschein nach einfacher und unkomplizierter ist.

Von dem her ist die Situation für mich nicht gerade einfach.
Greta1962
Beiträge: 281
Registriert: 21. Sep 2020, 20:13

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Greta1962 »

Hallo Grossbaer!

Das Leben ist nie nur glücklich oder nur unglücklich, egal in welchem Beziehungsstatus man steht. Es gibt Menschen, die leben in einer quälenden, toxischen Beziehung und sind elend unglücklich ... und andere Menschen sind alleinstehend und glücklich und zufrieden. Und es gibt viel dazwischen, auch Lebensphasen mit Schwankungen ... da ist nie was in Stein gemeißelt.

Natürlich wünscht sich jeder eine glückliche Beziehung - auch Eltern für ihre Kinder. Aber man kann ja nichts erzwingen. Und manchmal hat man noch einige Probleme zusätzlich, wenn man in einer Beziehung lebt - die man "ohne" nicht hätte.

Vielleicht spürst du einen Hauch von Endlichkeit, was deine Mutter betrifft. Irgendwann muss man da Abschied nehmen - und das beginnt nicht erst mit dem Tod. Ich habe das bei meinen Eltern erlebt - das schleicht sich leise und langsam ein und vielleicht spürst du das schon ... alte Menschen kreiseln oft zunehmend und immer mehr um sich selbst und dafür müssen sie nicht dement sein oder so. Das ist, meiner Meinung nach, ein normaler Alterungsprozess. Und je weiter das fortschreitet, desto weniger Interesse besteht für das Umfeld - und irgendwann auch nicht mehr viel für uns, die Kinder. Als meine Mutter nach langer Krankheit und hochbetagt starb, da hatte ich das Gefühl, schon sehr lange von ihr Abschied genommen zu haben und schon sehr weit von ihr entfernt gewesen zu sein ... und sie war bis zuletzt noch bei klarem Verstand. Trotzdem. Bei meinem Vater ist das im Moment genauso - er ist zwar schon ziemlich senil/dement, und noch weiter weg. Er hat zwar noch ein paar "Inseln", wo er ziemlich klar ist, aber die haben nichts mehr mit uns zu tun.
Keine Ahnung, ob man so einen Prozess aufhalten kann ... !?

Was du sonst noch schreibst, verstehe ich gut - dass man sich in der Welt nicht mehr zurechtfindet. Das geht mir oft ähnlich. Mir ist vieles fremd und unheimlich (z.B. die Auswirkungen vom Internet auf Kinder, Jugendliche - war gestern hier Thema), oder die viele Gewalt, Kriege, Elend in der Welt, Umweltzerstörung ... manchmal bin ich froh, dass ich schon so alt bin und vieles nicht mehr miterleben werde ...

Viele Freunde zu haben nutzen einem oft auch nichts. Das ist immer so ein Bild von zig Leute, die fröhlich um einen Tisch sitzen und feiern ... die sich gegenseitig helfen und unterstützen ... die füreinander da sind ... usw. Meiner Meinung nach ist das oft schöner Schein. Oft sind das Zweckgemeinschaften ... und wenn man selbst mal nicht mehr so gesund, leistungsfähig, hilfsbereit und feierfreudig ist, dann hat man auf einmal auch viele Freunde nicht mehr, die verabschieden sich dann langsam. Irgendwo habe ich mal gelesen, da schrieb jemand, dass sie ab dem Zeitpunkt einsam wurde, als ihre "Freunde" Angst bekamen, ihr helfen zu müssen ... sie hatte das Gefühl, dass sich die meisten ihre Freunde unter dem Aspekt aussuchen, ob sie von ihnen Hilfe erwarten können ... ! Keine Ahnung, daran mag was Wahres sein.

Insgesamt ist es aber immer so, dass viel oberflächliches Gelaber in solchen Freundesrunden ist. Das kann lustig sein - muss es aber nicht - und viel Substanz ist nicht dahinter. Irgendwann fehlt es einem nicht mehr.

Ich merke gerade, dass ich dir nicht groß helfen kann.
Mein Tipp ist immer, man solle sich Hobbys oder Interessen suchen, die man gut mit sich allein machen kann ... irgendwas lernen, lesen, basteln, Heimwerken, Handarbeiten, Fotographieren ... kreativ zu sein ist immer gut. Und mit viel Glück knüpft man darüber auch neue Kontakte.

Alles Gute für dich!
Liebe Grüße von ..... Greta
Herr Keuner
Beiträge: 230
Registriert: 27. Aug 2021, 14:21

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Herr Keuner »

Greta1962 hat geschrieben:[...]Natürlich wünscht sich jeder eine glückliche Beziehung - auch Eltern für ihre Kinder. Aber man kann ja nichts erzwingen. Und manchmal hat man noch einige Probleme zusätzlich, wenn man in einer Beziehung lebt - die man "ohne" nicht hätte.[...]
Das liest und hört man so oft: "jeder wünscht sich eine glückliche Beziehung" und ich frage mich immer wieder, wer das festgestellt hat, dass "jeder" so denkt. Es wird verkündet, als sei es ein Naturgesetz und Partnerschaftsagenturen vermitteln unterschwellig das Gefühl, als sei man erst dann ein Ganzes, wenn man jemanden an seiner Seite hat.

Ich würde vielmehr behaupten, dass man erst dann eine funktionierende Beziehung führen kann, wenn man weiß, dass man allein mit sich gut zurecht kommt. Ansonsten bleibt man immer erpressbar und sei es nur die Tatsache, dass man eigentlich inakzeptable Kompromisse eingeht, nur um nicht das Risiko einzugehen, plötzlich allein zu sein.

Ich finde es wichtig, sich selbst zu fragen, was man eigentlich will, ob man wirklich bereit ist auch mal nicht so angenehme Kompromisse einzugehen. Spätestens wenn der rosa Schleier des Verliebtseins sich hebt, dann kommt diese Fragestellung so oder so. Greta hat es schon gesagt und ich will es nochmal wiederholen:
eine Partnerschaft bietet die Möglichkeit Probleme miteinander zu teilen, die man allein nie hatte.
Ich kann nicht beeinflussen, was andere über mich sagen oder denken. Aber ich kann entscheiden, ob es mich interessiert oder nicht.
Greta1962
Beiträge: 281
Registriert: 21. Sep 2020, 20:13

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Greta1962 »

Ich glaube schon, dass JEDER sich eine GLÜCKLICHE Beziehung wünscht.
"Jeder" - weil das irgendwie in der Natur des Menschen liegt, nicht allein zu sein (Ausnahmen bestätigen da natürlich die Regel) - und die Betonung liegt auf "glücklich". Aber wenn man sich etwas wünscht, dann sieht man das ja vorab immer durch die rosarote Brille.

Ein gewisser Grad an Kompromissen ist da natürlich immer nötig - nix bleibt ewig rosarot. Die einen haben vielleicht mehr Glück, können sich besser arrangieren ... die anderen werden in ihrer Beziehung unzufrieden, unglücklich, leiden ... verharren aber dennoch, weil sie einen Trennung dann doch nicht wollen.

Ich bin überzeugt, dass man allein auch zufrieden und glücklich sein kann - mehr als in einer unglücklichen Beziehung, wo man schon "Hals" bekommt, wenn man den anderen nur eine Sprudelflasche aufmachen sieht und hört (wahrer Fall, hat mir mal eine Freundin erzählt).

Eine alte Kollegin hat mir mal erzählt "die einen wollen rein, die anderen wollen raus!" - also jetzt nicht konkret auf Beziehung ausgerichtet, sondern in dem Sinne, dass man immer irgendwas negatives in seiner derzeitigen Situation findet und andere beneidet, weshalb auch immer.
Liebe Grüße von ..... Greta
Herr Keuner
Beiträge: 230
Registriert: 27. Aug 2021, 14:21

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Herr Keuner »

Tja, so unterschiedlich sind die Meinungen. Ich traue mir keine Vermutung darüber zu, was der Rest der Menschheit sich an Beziehung wünscht oder nicht. Dazu sind die Menschen und ihre Meinungen und Vorlieben zu vielfältig.
Ich weiß nur, dass in meiner Wunschliste eine Beziehung nicht vorkommt. Es gibt ein paar Dinge, die ich wirklich gern hätte, zum Beispiel wieder ein Motorrad. Dann gibt es ein paar Dinge, die ich gern hätte, auf die ich aber aus Vernunftgründen oder Faulheit verzichte. Zum Beispiel eine größere Wohnung, die ich abgehakt habe, weil ich schon oft umgezogen bin und darauf einfach keinen Bock mehr habe. Zum Schluss gibt es einiges, das einer simplen Kosten-Nutzen-Rechnung nicht standhält und dazu gehören Liebesbeziehungen. Bei genauer Betrachtung habe ich alles, was ich mir ernsthaft wünschen könnte (mit Ausnahme des Motorrades) und warum sollte ich für eine Beziehung Kompromisse eingehen, auf die ich keine Lust habe?
Ich kenne einige Menschen, die genauso denken wie ich und für die es in Gretas Weltbild offenbar keinen Platz gibt. Nicht mein Problem, oder, wie es Douglas Adams ausdrückte, ein PAL. Das heißt ein Problem Anderer Leute.
Ich kann nicht beeinflussen, was andere über mich sagen oder denken. Aber ich kann entscheiden, ob es mich interessiert oder nicht.
Greta1962
Beiträge: 281
Registriert: 21. Sep 2020, 20:13

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Greta1962 »

@Herr Keuner ... ich hatte doch geschrieben, dass Ausnahmen, wie immer, die Regel bestätigen.

Ich weiß auch nicht, ob es sinnvoll ist, hier darüber zu diskutieren - zumal sich Grossbaer ja eine Beziehung wünscht, wie auch immer die gestaltet ist. Darum geht es ja. Und damit ist er sicherlich nicht allein. Dass andere, wie du, anders fühlen, ist doch nur natürlich.
Liebe Grüße von ..... Greta
Xerandar
Beiträge: 9
Registriert: 14. Mai 2021, 23:10

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Xerandar »

Hallo grossbaer,

die Situation, die du beschreibst, kommt mir sehr bekannt vor. Allerdings etwas plötzlicher und unvorbereiteter. Ich habe sie selbst dieses Jahr durchgemacht.
Mein Vater war Lungenkrank und hat sich Anfang des Jahres mit Covid-19 infiziert und das nicht überstanden. Kurz darauf ist auch noch meine "beste Freundin" plötzlich verstorben. Genau wie du bin ich niemand mit einem großen Freundeskreis und mein Vater war auch das letzte Familienmitglied. Auch Single bin ich. Also 6 Monate haben mir quasi jeden näheren Kontakt genommen. Denke also ich kann deine Situation zumindest zum Teil nachempfinden.

Für deine Mutter musst du dich nicht unbedingt schlecht fühlen. Sie ist sich über ihre Sterblichkeit bewusst und möchte für ihre Hinterbliebenen so wenig Stress wie möglich. Alles soll sich einfach, ohne Streit oder Komplikationen lösen. Es gibt nicht wenige ältere Menschen, die den Tod als einen Teil des Lebens akzeptiert haben und den Nachlass eher als Aufgabe betrachten, die sie so gut wie möglich erledigen möchten.
Natürlich wird niemand wirklich glücklich über die Tatsache sein, aber wenn man es akzeptiert hat, dann tut es nicht weh. Meine Familie hatte früher viel im Bereich Altenpflege gemacht, manche der Bewohner haben über Tod und Beerdigung so beiläufig gesprochen wie über das nächste Mittagessen.

Eine Beziehung hätte deine Mutter wohl gerne, damit du dann auch entsprechend "versorgt" bist, nicht nachtrauerst, eventuell noch für Nachwuchs sorgst. Denke das ist hauptsächlich gut gemeint und vielleicht auch ein wenig um selbst ruhiger zu werden.

Natürlich kann man in einer Beziehung heutzutage nicht davon ausgehen, dass man einen Partner fürs Leben findet. Allerdings ist es auch falsch nur das Ende zu sehen. Solange eine Beziehung noch läuft macht man auch viele gute Erfahrungen, die einen auch prägen können.
Würde aber erst einmal nicht alles kategorisch ausschließen. Natürlich gibt es einige Menschen, die sich keinen depressiven Partner wünschen würden. Aber gibt ja auch Vorlieben für so ziemlich alles andere, durch die man eventuell ausscheidet. Ab und zu Ruhe zu brauchen gibt es auch oft. Nicht in einer gemeinsamen Wohnung zu leben kommt ebenso vor. Oder einen Raum zu haben, in den man sich bei Bedarf zurückziehen kann.

Als erste kleine Hilfe würde ich dazu raten mal mit deiner Mutter zu sprechen. Einfach ganz offen und direkt fragen wie sie mit der Situation so umgeht, ob es ihr schwer fällt das alles so festzuhalten etc.
Entweder siehst du auf diese Art wie locker man das betrachten kann oder du kannst deine Mutter etwas unterstützen und sie aufheitern. Das könnte dir auch dabei helfen die Situation zu "verdauen".
Herr Keuner
Beiträge: 230
Registriert: 27. Aug 2021, 14:21

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Herr Keuner »

Nun, @Greta1962, du hast geschrieben: "Ich glaube schon, dass JEDER sich eine GLÜCKLICHE Beziehung wünscht" und da sehe ich keine Ausnahme. Aber das ist ein Nebenthema und lohnt die Vertiefung hier nicht.

Ich bin allerdings der Meinung, dass es sich sehr wohl lohnt, über Beziehungswünsche laut nachzudenken. Richtig, in das Ursprungsposting kann man den Wunsch nach einer Beziehung hineindeuten. Allerdings gibt es da einen ganzen Absatz lang ein großes "Aber ...". Gleich im ersten Satz steht "Aber wer garantiert mir, dass ..." und das wirft eine Menge von Fragen auf. Ist das realistisch? Erfülle ich (bzw. der Schreibende) die Voraussetzungen für so eine Beziehung? Warum will ich überhaupt eine Beziehung? Folge ich vielleicht nur den Wünschen meiner Mutter oder dem, was die meisten anderen tun? u.s.w.
Ich bemühe mich stets, die Motive hinter meinen Wünschen zu erforschen und nichts anderes wollte ich anregen.
Ich kann nicht beeinflussen, was andere über mich sagen oder denken. Aber ich kann entscheiden, ob es mich interessiert oder nicht.
Greta1962
Beiträge: 281
Registriert: 21. Sep 2020, 20:13

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Greta1962 »

@Herr Keuner ... ich weiß nicht, ob es Sinn macht, hier jedes Wort auf die Goldwaage zu legen ... wenn ich schrieb "ich glaube schon, dass ..." dann bedeutet das gleichzeitig, dass ich es nicht weiß. Und natürlich sieht jeder Mensch erst mal von seiner Warte aus.

Aber ich bemühe mich durchaus, das nicht allgemeingültig auszudrücken. Deshalb auch das "ich glaube, dass ... " und "Ausnahmen bestätigen die Regel ... " Ich denke, damit sollte klar sein, dass ich durchaus weiß, dass es auch andere Gefühle und Meinungen gibt. Zu mehr "Goldwaage" habe ich irgendwie keine Lust.

Wenn du dich von meinem Geschriebenen irgendwie sonderbar berührt fühlst, dann tut es mir leid.
Liebe Grüße von ..... Greta
Chamäleonmädchen
Beiträge: 4
Registriert: 19. Sep 2021, 20:31

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Chamäleonmädchen »

Ich denke, so zahlreich die Menschen sind, genauso viele unterschiedliche Lebensrichtungen und Wege gibt es. Es gibt nicht den einen richtigen Weg zu leben oder zu lieben. Es gibt Wege, welche in der Gesellschaft als akzeptierter als andere gelten. Wege die an die allgemein definierte Gültigkeit von "normal" heranreichen und trotzdem lebt jeder in seiner eigenen Wirklichkeit mit seinem Wünschen, Träumen und Befürchtungen.

Es bleibt jedem frei seine persönliche Art von Glück zu definieren und danach zu handeln - das ist das schöne und auch das teuflische.
szegfue75
Beiträge: 494
Registriert: 17. Mai 2006, 22:17

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von szegfue75 »

Hallo grossbaer,

ich habe gerade deinen Thread entdeckt und kann sehr gut nachempfinden wie es dir geht. Mir geht es nämlich ganz ähnlich. Und jetzt wo Weihnachten ganz bald wieder vor der Tür steht wird mir schon bei dem Gedanken ganz flau.

Auch ich bin Single und lebe in der Großstadt. Meine Mom (73) und mein Bruder (wir verstehen uns nicht) wohnen seit 8 Jahren im Ausland. Manchmal frage ich mich, was ich hier eigentlich mache. Ende August habe ich meine Mom nach 1,5 Jahren zum ersten Mal wieder getroffen. Wir haben zusammen Urlaub gemacht. Das war schön. In den letzten Jahren habe ich mich immer mehr zurück gezogen und eigentlich bin ich ziemlich alleine. Wenn ich meine Arbeit nicht hätte, dann wäre ich komplett alleine. Gut, es gibt einen Freund, den ich alle paar Wochen sehe. Aber das reicht natürlich nicht für ein besseres Leben.
"Glücklichsein ist eine Angelegenheit rein persönlicher Anpassung an ihre Umgebung."
Zitat aus Cluny Brown auf Freiersfüßen
Lavendel64
Beiträge: 544
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Gedanken über Abschied

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Grossbaer,

wieso habe ich das Gefühl, dass nicht Du, sondern Deine Mutter das Problem hat? Sie ist 75 und regelt alles, mistet aus und fragt Dich danach, was Du behalten möchtest? Das nenne ich mal vorausschauend.

Mich berührt dieses Thema, weil ich vor einigen Jahren mit meiner Mutter gemeinsam ihren Haushalt aufgelöst habe, da sie ins Heim gezogen ist. Es war sehr emotional, aber auch bindend, denn es wurden dabei alte Geschichten erzählt, wir haben alte Dokumente gefunden - letztlich war ich dankbar, dass es so passiert ist und ich nicht allein alles auflösen musste. Vieles hätte den Weg in die Tonne genommen, das ich jetzt behalten und wertschätzen werde. Weil ich die Geschichte dahinter kenne. Eine kleine Anregung, das Ausmisten einmal von einer anderen Seite zu betrachten.

Trotzdem bleibe ich dabei: Deine Mutters Wunsch ist egoistisch. Es ist Dein Leben - sie hat ihres. Ob Du eine Beziehung hast, wie Du lebst; all das ist nicht mehr in ihrer Verantwortung. Sie hinterlässt dich allein? Nun, sie hinterlässt ein Kind, das sie erzogen und fit für die Welt gemacht hat. Abgesehen davon: 75! Da hat sie hoffentlich noch ein paar Jahre vor sich. (Ich möchte mit 75 jedenfalls noch nicht meinen Hausstand aussortieren).

Zur Beziehung: Ich denke, ich habe das, wonach viele streben: eine langjährige Ehe, erwachsene Kinder ... und letztlich gibt es Situationen, in denen ich mich genauso allein fühle als wäre ich Single. Selbst in der besten Partnerschaft gibt es einsame Zeiten und irgendwann muss einer den anderen gehen lassen. Das Leben ist wahrlich nicht schwarz-weiß, Höhen und Tiefen gibt es immer, aber in den Köpfen der Älteren spukt noch immer herum, dass jemand, der keinen Partner hat, unglücklich sein muss. (Die stickende Jungfer, die die Familie nun mit durchfüttern muss). Heutzutage ist das doch völlig anders.

Ich würde Dir den Rat geben, die Zeit mit Deiner Mutter wertzuschätzen. Dinge mit ihr gemeinsam zu machen, viel zu reden, auch von früher. Ich habe durch das, was meine Mutter jetzt im Alter erzählt, vieles gelernt, kann Wesenszüge von ihr begreifen.

Deine Nachbarin ... ja. Lebenswege verlaufen manchmal über eine gewisse Zeit gemeinsam, dann trennen sie sich und andere Wege treffen sich. Da hilft die Erkenntnis, im Jetzt zu leben, zu schauen, wer dir guttut, wessen Anwesenheit du magst - und diese Freundschaften zu pflegen.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Antworten