Frage zu Symptomen der Depression

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A friend

Frage zu Symptomen der Depression

Beitrag von A friend »

Ich wende mich an das Forum mit der Bitte um Erfahrungsberichte. Es geht um jemanden, der eines der Symptome seiner Krankheit bezeichnet als "Sorge um andere". Ich gehe davon aus, daß etwas anderes gemeint ist, denn die Sorge um andere ist kein Krankheitssymptom, sondern eine Voraussetzung im Leben mit anderen. Ich vermute, daß Schuldgefühle gemeint sind o.ä. Kann mir jemand weiterhelfen? Es grüßt "A friend"
Thomas

Frage zu Symptomen der Depression

Beitrag von Thomas »

Hallo A friend, doch, das "Sorgen um andere" kann einen krank machen, obwohl es natürlich, wie du sagst, zunächst mal eine positive, sozial unverzichtbare Eigenschaft ist. Das "Sorgen um andere" ist sehr oft bei depr. veranlagten Menschen stark ausgeprägt und ein Problem wird es dadurch, dass die Sorge um das eigene Wohl dabei in den Hintergrund tritt. Man könnte sogar sagen, es wird ersetzt durch die Sorge um andere. Als Folge davon tritt eine allmähliche Entkräftung auf, ein "Sich selbst verlieren und nicht mehr fühlen können". Das hängt auch mit Schuldgefühlen zusammen, denn nicht selten haben diese Menschen (z.B. ich selber) eine Biographie, in der ihr eigener Wert zu kurz kam. Sie empfinden sich oft als unbedeutendes Rädchen, dass sich nur drehen darf, wenn andere davon einen Nutzen haben- auf Dauer führt das mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine Krankheit. Gruß Thomas
steffi
Beiträge: 31
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Frage zu Symptomen der Depression

Beitrag von steffi »

Thomas..... Du hast es auf den Punkt getroffen !!! Zwar denk ich, daß mein Freund unter Depressionen leidet aber ich bin mitlerweile auch fast soweit! Ich sollte an allererster Stelle stehen.... tu ich aber nicht! Ich habe ein "Samaritersymtrom" glaube ich- sagen mir Leute die es wissen müssen- lieber geht es anderen gut als mir.... Ich glaube schon fast ich suche mir immer solche "Fälle" raus die ich bemuutern kann! Das ist doch schon krank!!! kam*
A friend

Frage zu Symptomen der Depression

Beitrag von A friend »

Ein herzliches Danke! Aus dieser Sicht ergibt sein Verhalten jetzt einen Sinn für mich, und ich kann es nachempfinden. Das war eine ganz große Hilfe für mich.
A friend

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Beitrag von A friend »

Das Wichtigste habe ich vergessen: Wie verhalte ich mich richtig dem Betroffenen gegenüber? Kann ich überhaupt etwas dagegen tun, daß der Betroffene mir gegenüber in dieses Verhaltensmuster fällt? Er befindet sich in therapeutischer Behandlung.
waltraut
Beiträge: 926
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von waltraut »

Lieber Thomas, den Text müßte man immer wieder hervorholen,wenn wieder ein "Neuer" kommt,der alle anderen für wichtiger hält als sich selbst. Und wir sollten ihn auch täglich nach dem Aufstehen lesen... Waltraut
Thomas

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Beitrag von Thomas »

Hallo A friend, solche neurotischen Muster sind ziemlich schwer zu überwinden, ohne Mithilfe und Einsicht des Betroffenen gehts nicht, aber die ist wohl gegeben, wenn ich dich richtig verstanden habe. Ich beschreibe dir am besten einfach meine Erfahrung als jemand, der selbst gerne für andere sorgt: Was da nach außen so positiv, so sozial wirkt, hat vielleicht ganz handfeste "egoistische" Hintergründe, die Hoffnung nämlich, dafür endlich die ersehnte Anerkennung zu bekommen, die man auf andere Weise nicht glaubt erhalten zu können. Und hier nimmt das Drama seinen Anfang- was empfindest du z.B., wenn jemand ständig für dich sorgt? Vermutlich nervt es dich ein bisschen an oder sogar sehr, vielleicht fühlst du dich auch entmündigt, weil du ja selbst gut für dich sorgen kannst und wahrscheinlich fühlst du dich zu ständiger Dankbarkeit verpflichtet, die du aber gar nicht empfindest. Es ensteht ein belastendes Ungleichgewicht zwischen Geben und Nehmen, eine Distanz eben und nicht die Nähe, die der Geber sich wünscht! Es ist oft diese Frustration, die dann schließlich beim Gebenden sich aufsummiert zu dem Gefühl: "Ich kann ja tun, was ich will und mich abrackern für alle, trotzdem mag mich niemand. Es wird schon stimmen- ich bin nichts wert!". Das ist dann Depression und hier trifft der Betroffene sein wahres Problem wieder und wenn er es schafft, das wahrzunehmen, gibt ihm die Depr. eine neue Chance. Vielleicht kannst du ein bisschen dieses Spiel durchschauen und ihm liebevoll dabei helfen, sich auch dann gut zu fühlen, wenn er nicht gibt, denn das ist insgeheim sein größter Wunsch- sein zu dürfen, ohne zu leisten. Wahrscheinlich muss er auch wieder lernen, etwas anzunehmen- da tue ich mich immer noch sehr schwer damit. Lob, Anerkennung, igitt!! Aber tief drinnen tut das verdammt gut, nur müssen es die anderen, die was geben, auch mitbekommen, sonst können sie nicht wissen, was denn guttut. Das ist ein gemeinsamer Lernprozess, der auch dir einiges abverlangt, aber es lohnt sich. Herzlicher Gruß Thomas
heike56
Beiträge: 1126
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von heike56 »

Lieber Thomas, was Du hier über anderen helfen und Selbstbestätigung schreibst, ist, glaube ich, auch ein Grund mit, warum so viele in sozialen und helfenden Berufen anfällig für Depressionen sind, oder auch warum sie diesen Beruf gewählt haben. Oder ein anderer Aspekt, warum suchen sich Depressive häufig Partner(Innen), die sie um-sorgen können, die selber eigentlich Hilfe bräuchten. Lieben Gruss Heike 56
A friend

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Beitrag von A friend »

Hallo Thomas, ich kann Dir gar nicht sagen, wie hilfreich Deine Hinweise sind. Es stimmt. Von ihm kam auch die Aussage, dass er sehr gern gibt, aber nicht (an)nehmen kann. Daraus ergibt sich für mich die Problematik, wie mein Geben letztlich aussehen soll, um ihn zu erreichen - denn oft kommt keine oder kaum eine Reaktion -, und ohne dass sich daraus bei ihm eine Verpflichtung zu irgendeiner Leistung/Gegenleistung entwickelt. Aber das ist wohl ein Teil des Lernprozesses, den Du angesprochen hast. Herzlichsten Dank (zunächst .. für deine kompetente Hilfe Herzliche Grüße A friend
Trixie
Beiträge: 6
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Frage zu Symptomen der Depression

Beitrag von Trixie »

Ich habe da auch mal noch eine Frage: woher weiß ich, ab wann die "Sorge" um andere noch "normal" oder krankhaft ist? Eigentlich geht es mir auch immer so, es jedem recht machen zu wollen, möglichst immer genau das richtige zu tun, aus diesem Grund bin ich Erzieherin geworden, weil ich gerne für andere da bin. Dann zereiß ich mich fast, weil ich für jedes Kind gleichzeitig da sein möchte und genau das geht dann manches Mal total in die Hose. Neulich war mein Mann sauer, weil die Mülltüte voll war und geplatzt ist, als er sie wechseln wollte ( er ist kein Macho!). Seit dem überlege ich, was mache ich zuerst, z.B.hinsetzen und einen Kaffee trinken, oder erst die Mülltüte wechseln, damit er nicht sauer werden muss, falls sie wieder zu voll ist. Ist ein blödes Beispiel, mir fällt aber grade kein anderes ein. Ich habe manchmal einfach Angst ihn zu verlieren und will immer alles richtig machen, damit er bei mir bleibt.Ich kann Spannungen einfach nicht ertragen und Streit schon mal gar nicht!Als Kind habe ich oft zu meinen Eltern gesagt :" Ich will ja lieb sein", vielleicht liegt auch da der Hase im Pfeffer, keine Ahnung.
Thomas

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Beitrag von Thomas »

Hallo A friend, Danke für deine Antwort- ich bin froh, wenn dir das hilft, ich machs gerne! Wie gesagt, er muss schon selber gewillt und entschlossen sein, an diesem Punkt zu arbeiten, um etwas zu verändern. Man macht ja jede Anstrengung, diese Verhaltensweisen zu schützen und argumentativ ist dem Ganzen nicht beizukommen (er würde immer einen Grund für sein Geben finden, schließlich ist es ja was "Gutes"). Ich kenne nur einen Weg, das miteinander zu schaffen: Man muss sich seine Gefühle gegenseitig mitteilen um zu lernen, was der andere eigentlich wirklich erlebt, wenn man so oder so handelt und das muss man dann akzeptieren und darf nicht sagen: "Du tickst ja nicht richtig". Wenn du ihm etwas gibst und er reagiert nicht oder gar ablehnend, dann wird dich das ja vermutlich frustrieren, enttäuschen, ärgern, abstoßen, was auch immer. Sags ihm! Und wenn er immer gibt, obwohl du gar nichts willst und du dich dadurch entmündigt fühlst, bevormundet oder Unmut aufsteigt, weil du nicht schon wieder danke sagen willst- sags ihm! Nur so kann man lernen, dass das eigene Verhalten gar nicht die erhoffte Wirkung erzielt sondern das genaue Gegenteil. Das alles erfordert einen sehr ehrlichen Umgang mit sich und dem anderen. Man muss lernen, die eigenen Gefühle auch differenziert wahrzunehmen und sie nicht im lauten Gebrüll des Ärgers und der Aggressionen ungehört untergehen zu lassen- sonst schreit man sich nur noch an und macht sich Vorwürfe. Ich habe erfahren, dass dieses Prinzip einfach nur ehrlich ist und wirkungsvoll und je mehr man es umsetzen kann, umso mehr wird man dadurch zu einer authentischen Person und wenn es einen Weg gibt, andere davon abzuhalten, Spielchen mit einem zu spielen, dann dieser (Es gibt freilich auch Menschen, die das wenig beeindruckt- von denen halte ich mich fern, da sie ohnehin nicht an einer Beziehung interessiert sind). Man muss aber auch aushalten können, dass andere auf diese Ehrlichkeit auch reagieren, vielleicht verletzt oder wütend und man kann andere schnell damit überfordern. Ich wünsche dir viel Erfolg bei diesem Abenteuer, falls du dich drauf einlässt. Man kann ein Stück Freiheit dadurch gewinnen. Herzlicher Gruß von Thomas
schildi
Beiträge: 5
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von schildi »

Hallo Trixie, ich denke wir brauchen hier nicht über "Normal" oder "Abnormal" zu reden. Was ist heutzutage schon normal. Manchmal hab' ich das Gefühl, wesentlich normaler als die sogenannten "Normalen" zu sein. Einfach aufgrund der Tatsache, dass ich meine Probleme ( zugegeben erst mit Hilfe anderer ) erkannt habe und bereit bin, diese anzugehen und zu lösen. Du bist schon einen entscheidenden Schritt voran gekommen, weil Du Dir Gedanken über Dich, Deine Situation und Deine Beziehung machst. Ob es dabei um eine geplatzte Mülltüte geht oder generell um Probleme in der Partnerschaft oder Sexualität geht ist eigentlich erst mal irrelevant. Ob es normal ist, sich um andere zu sorgen und für sie dazusein, weiß ich nicht, weil ich dafür zu wenig über Dich und Deine Situation weiß. Ich weiß aber aus eigener Erfahrung, dass es anfängt gefährlich zu werden, wenn die Sorge für andere langsam aber sicher auf Deine Kosten geht. Ich habe lange Zeit, vielleicht mein ganzes bisheriges Leben, altruistisch immer erst mal an die anderen gedacht, war immer für alle da und habe anderen geholfen, ihre Probleme zu lösen. Das ganze hab' ich bis zur eigenen Selbstaufgabe betrieben. Für eigene Probleme oder ein eigenes Problemmanagement war kein Platz. Das kann gar nicht funktionieren. Und ruck-zuck ist es zu spät! Ich wollte auch immer nur allen anderen "gut sein" und habe mich darüber vergessen. Pass bitte auf Dich auf und erkenne Deine Grenzen. Vielleicht ist es manchmal besser, lieber 'ne Tasse Kaffee zu trinken und auch mal an Dich zu denken! Und das ist nun wirklich kein rücksichtsloser Egoismus. Alles Liebe für Dich Tolstoi
demeter
Beiträge: 120
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von demeter »

Hallo ihr Lieben, als ich die postings oben las, gingen mir die Augen auf -und über. Ja, die Sache mit dem Helfersyndrom begleitet mich eigentlich schon seit vielen Jahren. Verantwortlich für die probleme anderer und die eigenen dabei übersehen... der seelische Mülleimer für alle, aber selbst nicht abladen können (und zwar bis die "Tüte" platzt(gruß an Trixie), immer geben, aber nicht annehmen können... Aber was ist die Alternative? Sein wie alle anderen?? Mitlaufen in diesem menschenverachtenden System? Erst ich, dann lange nichts und dann erst die anderen? Nein danke, das geht nicht, so will ich nicht sein und kann ich nicht leben. Eine vernünftige Balance finden, die Waage halten. Jetzt komme ich euch auch noch biblisch:Schon dort heisst es:"Liebe deinen Nächsten wie dich selbst". Und genau das ist der Punkt: Immer auf andere konzentriert sein geht auf Dauer nicht gut. Ich muß erst meine eigene Mitte finden, mich selbst annehmen, wissen, woher ich Kraft schöpfen knn, erst dann ist es möglich, zu geben. zumindest auf Dauer. Demeter
Lebe Dein Leben, bevor es Dich lebt
Thomas

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Beitrag von Thomas »

Liebe Demeter, Trixie, A friend, mir ist noch ganz wichtig, folgendes zu sagen: Wenn ich so lese, was ich da übers Geben schreibe, könnte man natürlich sehr schnell zu dem Schluss kommen: Weg mit dem krankhaften Wahn, nur ich bin jetzt noch wichtig. So meine ich das aber ganz und gar überhaupt nicht!!! Es geht mir um den Missbrauch des Gebens als Mittel, von anderen geliebt zu werden und dann zu behaupten, es ginge einem ja nur um den anderen (Mütter tun das sehr gerne mit ihren Kindern!). Das ist zwar aus der seelischen Not heraus, die dahinter steckt, sehr verständlich aber es erzeugt trotzdem nur Unglück für beide Seiten, weil es nicht wahr ist. Es gibt auch ein Geben, das wirklich den anderen meint und es wächst nur aus der positiven Einstellung zu sich selbst und aus der Fähigkeit, anzunehmen, was der andere anbietet (wenn man es will). Man entwickelt es aus der dämmernden Erkenntnis, dass die Trennlinie zwischen einem selbst und dem anderen im eigenen Herzen verläuft. Was du sagst, Demeter, finde ich goldrichtig- um die Balance geht es. Die Fähigkeit zum Geben ist ja da, man könnte sie ja sonst auch nicht missbrauchen- es war schon oft Thema im Forum, was da für Schätze in einem schlummern an Sensibilität und Liebesfähigkeit. Thomas
waltraut
Beiträge: 926
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von waltraut »

Liebe Trixie,"ich will ja lieb sein" - natürlich liegt da der Hase im Pfeffer. Lies mal im thread "Depressionen beginnend in der Kindheit" nach. Das funktioniert nicht,denn dabei wird deine eigene Persönlichkeit immer kleiner,bis sie ganz verschwindet.Und bevor das ganz passiert,schreit deine Seele jetzt "hallo,wo bleib ich??" Vielleicht kannst du mal in Gedanken durchspielen,wie es dir gefallen würde,wenn dein Mann ständig nur bemüht wäre,dein Wohlwollen zu erreichen? Du wüßtest weder,was ihm gefällt noch wer er ist.Sicher ist es bequem für den Moment,wenn der andere alles für einen tut,aber auf Dauer fühlt man sich immer schuldiger,eingeengt und ohne echtes Gegenüber. Weiter oben ist ein Brief von Thomas an a friend,da siehst du,wie das bei der anderen Seite ankommen kann. Mein Mann ist auch kein Macho,er hat mal bei einem Besuch im Krankenhaus ein Riesentrara gemacht,weil ich ihm eine Wasserflasche gegeben habe,die nicht richtig zu war und ihm aus der Hand fiel. Ich war laut und deutlich sauer,die Mitpatienten haben ihn in aller Freundschaft ausgelacht,und er hat sich geschämt... Aber versteh mich richtig,es geht jetzt nicht darum,mit deinem Mann zu streiten,sondern rauszufinden,was du möchtest,was dir gefällt,wobei du dich unglücklich fühlst,was e r tun kann,um dir zu gefallen oder eine Freude zu bereiten,was eine wirkliche Basis zwischen euch ist,wo du ihm als eigenständige Persönlichkeit gegenüber stehst. Ich wünsch dir Mut! Es lohnt sich. Waltraut
Thomas

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Beitrag von Thomas »

Liebe Trixie, ich bin auch so ein liebes Kind. Bei aller Unterschiedlichkeit von Anlagen kann man trotzdem sicher davon ausgehen, dass kein Kind freiwillig immer nur lieb sein will. Man muss es dazu zwingen. Mich hat meine Mutter ins dunkle Bad gesperrt bis ich das gewünschte Versprechen schließlich abgegeben habe, wie man dich dazu gebracht, wirst du selbst wissen (oder vielleicht doch nicht?). Die Art der Beziehung, die man zu den Eltern als Kind hatte, wird zum Muster für alle Beziehungen- es ist nicht viel anders als das Lernen von Lesen und Schreiben. Das Schlimme ist, dass so ein "Ich will lieb sein"- Muster von vorneherein festlegt, dass deine eigenen Gefühle, das was du willst, gar keine Rolle spielen.Was eine Rolle spielt ist "Lieb sein" und das wendet immer den Blick von dir weg zum anderen. Ein Kind, das nie gefragt wird, was es will, muss wohl einfach zwangsläufig annehmen, dass das auch keine Rolle spielt. In der Kindheit machte das wenigstens noch den eingeschränkten Sinn, dass man mit den Eltern auskommen konnte und ihre Liebe nicht verlor, aber als Erwachsener ist es ein total verderbliches Muster. Es liefert dich der Willkür der anderen aus, macht dich schutzlos und niemand liebt dich dafür (höchstens scheinbar, durch Dankesagen und "Wie nett von dir!"). Waltraut sagt das genau: Du wirst so zu einem nicht mehr fassbaren Gegenüber. Ein Mensch, der immer lieb ist, macht Schuldgefühle und nervt einen. Wie eine Nachbarin, von der man Eier ausgeliehen hat und wenn man sie zurückbringen will, wird man sie nicht los. Da geht man lieber woanders hin, wo man seine Schulden auch bezahlen darf. "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr", Gottlob stimmt der Spruch nicht. Man kann das ändern. Das Schwierigste scheint mir zu sein, die eigen Gefühle wieder wahrzunehmen und ernstzunehmen. Du sagst, Spannungen kannst du nicht ertragen, das war auch immer ein Problem von mir. Ich hatte das Glück, all das mit einer guten Therapeutin anschauen zu können und konnte so erkennen, dass nicht die Spannung unerträglich war sondern die Angst vor den schlimmen Konsequenzen, wenn ich nicht lieb bin (keine Liebe mehr!). So bleibst du auf der Spannung sitzen und musst sie alleine ertragen- es ist von vorneherein entschieden, wer den Konflikt zwischen dem vollen Mülleimer und dem Bedürfniss nach einer Tasse Kaffee verliert. Herzlicher Gruß von Thomas
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