Wie lernt man seine Grenzen kennen?

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Klimbim
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Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Klimbim »

Hallo in die Runde,
Ich bin neu hier. Bei mir wurde im April eine schwere Depression festgestellt. Ich war daraufhin 7 Wochen auf einer Akutstation im KH bis ca Mitte Mai und warte nun auf die Bewilligung meiner Therapie. Die Suche habe ich noch im Krankenhaus begonnen und hat sich bis jetzt hingezogen. Ich bekomme AD, die mir auch geholfen haben. Aber nun hänge ich schon gefühlt seit Wochen in einer „Blase“ oder so. Ich sitze zu Hause und soll „mich ausruhen und mir Gutes tun“. Aber ich komme mir so blöd vor. Alle sind arbeiten, meine Kinder gehen zur Schule und ich hänge rum.

Nun stellt sich immer wieder die Frage, wann ich zur Arbeit zurückkehren sollte. Natürlich mit Wiedereingliederung und ganz langsam, aber der Arbeitgeber wartet auf eine konkrete Ansage (ich arbeite im Kindergarten und die Personallage ist nicht besonders entspannt). Ich weiß es aber nicht. Und ich habe auch niemanden, mit dem ich darüber reden kann. Mein Mann sagt, ich soll auf keinen Fall arbeiten, Hausarzt hab ich nicht so wirklich und der Psychiater ist so überfüllt mit Patienten, dass er nur Zeit dafür hat, Tabletten zuverschreiben und meinen Gesundheitszustand zu überprüfen.

Ich habe total Angst zu früh wieder zu arbeiten. Letztes Jahr hatte ich eine umfangreiche Krebsoperation und bin recht schnell wieder zur Arbeit gegangen. Für den Körper war es okay, aber ich hatte es noch nicht wirklich psychisch aufgearbeitet, was u.a. Zu meiner Depression geführt hat. Ich habe kein Bauchgefühl und liege meistens falsch, wenn ich meine Grenzen einschätzen soll. Wie bekommt man denn ein Gefühl für Grenzen? Mein Arbeitgeber macht mir keinen Druck, er braucht einfach nur eine ungefähre Einschätzung. Der Druck kommt von meinem permanenten schlechten Gewissen…

Viele Grüße
Klimbim
Monchen12345
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Monchen12345 »

Hallo Klimbim,

das mit dem schlechtem Gewissen kenne ich nur zu gut.
Wie lernt man seine Grenzen kennen? - Für Depressive ist das oft schwierig, weil die entsprechende Körperwahrnehmen fehlt. Eine Therapeutin hat mir mal gesagt ich soll mir mind. 1x pro Stunde die Frage stellen und beantworten wie es mir jetzt gerade geht. Damit man wieder mehr ein Gefühl für sich bekommt.
Ansonsten bleibt nur ein langsames austesten. Erstmal im privatem Bereich. Hocke nicht zu Hause rum, sondern überlege dir, was du für dich Schönes unternehmen kannst was dich aber vielleicht auch etwas fordert. Klappt es gut, kannst du versuchen die Belastung zu steigern, merkst du, dass e zuviel war, machst du etwas weniger. So kannst du auch versuchen dich ganz langsam an mehr Belastung heran zu wagen.
Auch wenn es bei deinem Psychiater immer voll ist, ich würde ihn trotzdem beim nächsten Mal um seine Einschätzung bitten. Schließlich ist er halt auch dafür da. Wenn es nicht in der normalen Sprechstunde klappt, dann hat er vielleicht auch extra Zeiten für solche Beratungen. Meine Hausärztin hat in solchen Fällen die Patienten dann Mittwochs Nachmittags bestellt.

Alles Gute für dich,

Monchen
Klimbim
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Klimbim »

Liebe Mönchen,
Vielen Dank für Deine Antwort. Du hast mir schon tolle Tips gegeben! Das mit dem Reinhorchen und sich fragen, wie es einem geht, finde ich super schwierig. Ich denke immer, dass ich mich in die Depression zu sehr reinfallen lasse und alles darauf beziehe. Ich weiß immer nicht, ob ich das denken „darf“, was ich denke…. Also, wenn ich erschöpft bin und nicht hoch komme, würde ich als Gesunde dem nicht soviel Bedeutung zu kommen lassen. Aber ich denke dann, das ist ja ein Krankheitszeichen, Du bist noch depressiv. Ich weiß nicht, ob ich das richtig rüber bringen kann. .. Im Krankenhaus haben sie mir gesagt, ich zerpflücke ständig meine Gedanken.

Aber ich werde deinen Rat beherzigen und mir bewusst mehr zumuten. Mit einem Friseurtermin werde ich anfangen, da war ich seit November nicht mehr…. Mal sehen, wie es mir hinterher geht. Danke noch mal!

Liebe Grüße
Klimbim
DieNeue
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von DieNeue »

hallo Klimbim,
Klimbim hat geschrieben: Ich denke immer, dass ich mich in die Depression zu sehr reinfallen lasse und alles darauf beziehe. Ich weiß immer nicht, ob ich das denken „darf“, was ich denke…. Also, wenn ich erschöpft bin und nicht hoch komme, würde ich als Gesunde dem nicht soviel Bedeutung zu kommen lassen. Aber ich denke dann, das ist ja ein Krankheitszeichen, Du bist noch depressiv. Ich weiß nicht, ob ich das richtig rüber bringen kann. .. Im Krankenhaus haben sie mir gesagt, ich zerpflücke ständig meine Gedanken.
Vielleicht ist es besser, wenn du nicht zu sehr versuchst, alle eventuellen Krankheitszeichen genau zuzuordnen.
Ich meine, wenn du erschöpft bist, bist du erschöpft, ob jetzt genau von der Depression oder nicht. Du musst ja trotzdem lernen mit der Erschöpfung umzugehen und solltest, auch wenn du gesund bist, mit deinen Grenzen und deinem Körper gut umgehen. Solange du zu erschöpft bist, um zu arbeiten, gehst du nicht arbeiten, egal, ob das jetzt von der Depression kommt oder nicht. Du solltest erst wieder arbeiten gehen, wenn du dich dazu in der Lage fühlst und wenn du weißt, dass du das letzte Mal zu schnell angefangen hast, würde ich da eher langsamer tun.
Ich würde auch zuhause die Grenzen austesten und nicht auf der Arbeit.

Liebe Grüße,
DieNeue
Suchende2
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Klimbim,

ich kann mich den anderen nur anschließen.
Mit der Arbeit habe ich für mich den Streß herausgenommen, indem ich irgendwann gesagt habe, ich kann noch nicht sagen, wann ich wiederkomme, es wird wahrscheinlich noch länger dauern. 1 x monatlich melde ich mich dort und sie erfahren, daß sich an dem Status noch nichts geändert hat.

Wenn ich es richtig verstehe, hast Du inzwischen einen Therapeuten?
Dann bespreche das mit dem. Meine Therapeutin hat zu mir ganz klar gesagt, als ich das Thema aufbrachte, daß ich noch nicht arbeitsfähig bin und das zur Zeit noch kein Thema ist. Sie hat es mir auch begründet. Das hat mir geholfen.

Alles Gute,
Suchende
Klimbim
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Klimbim »

Vielen Dank für die Rückmeldungen!
Ja, ich sollte nicht soviel darüber nachdenken, was die Ursache ist, sondern nur den Zustand bewusst wahrnehmen. Das ist ein guter Gedankenanstoß.
Ich habe zwar eine Therapeutin, aber nach zwei Probesitzungen hatte sie zwei Wochen Urlaub und jetzt warte ich, dass die Krankenkasse die Therapie zusagt. Anfangen kann ich erst dann. Und ich mache mir natürlich viele anstrengende Gedanken, daher helfen mir die Antworten sehr, meine Gedanken besser einzuordnen.
NeulandCa
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von NeulandCa »

Hallo Klimbim,

ich kann das, was Du beschreibst, nur zu gut nachvollziehen. Ich bin seit Ende Januar krankgeschrieben und habe mich in der Zeit bis zur Wiedereingliederung (da bin ich gerade bei 4 Std. täglich) oft gefragt, wann der "richtige Zeitpunkt" ist, um zur Arbeit zurückzukehren. Vor allem, da mein Job (Außendienst mit Konfliktpotenzial) sehr wahrscheinlich der Hauptauslöser meiner Depression ist.
Bevor ich mir nicht (relativ) sicher war, wie/ob es weiter geht, habe ich versucht, mir die Ruhe anzutun und nichts zu überstürzen. Denn auch meinem Arbeitgeber ist nicht geholfen, wenn ein Wiedereinstieg zu früh erfolgt und ich nach wenigen Monaten erneut ausfalle. Zum Glück habe ich die Möglichkeit, bald in eine neue Stelle zu wechseln, so dass der Hauptauslöser meiner Depression mich nicht mehr dauerhaft belastet.

Auch die Erschöpfung kann ich bestens nachvollziehen. Aktuell bin ich nach 4 Stunden Arbeiten so platt, dass ich mich oft erstmal 1-2 Stunden hinlege. Aus diesem Grund wurde auch die Wiedereingliederung angepasst/verlängert.
Du solltest einfach überlegen, wann Du es Dir zutraust, wieder ein bisschen in Deinen Job "hineinzuschnuppern". Die Wiedereingliederung ist ja gerade dafür da, sich heranzutasten.

Gedanken wie "alle anderen arbeiten ja auch" oder "ich hänge nur zuhause herum" solltest Du versuchen, beiseite schieben (das ist schwer, ich weiß!). Man kommt damit in die "Grübel-Schleife", wo man sich weiter schecht fühlt und es nicht bergauf geht.

Monchen hat es auch sehr gut beschrieben: Man sollte erstmal im Privaten austesten, was geht. Und sich da nach und nach steigern. Klappt bei mir auch nicht immer, ab und an sind Rückschläge dabei. Wie sagt meine Therapeutin: Man sollte sich fordern, aber nicht überfordern. Die Grenzen dazwischen sind fließend, aber deshalb ist es auch nicht schlimm, mal wieder einen "Gang runter" zu schalten, wenn es zuviel war.

Erst einmal viel Spaß beim Frisör :)

Alles Gute

NeulandCa
Strohi
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Strohi »

Hallo Klimbim,

so aus der Ferne betrachtet empfehle ich Dir, auf Deinen Körper und Dein Gefühl zu hören. Das heisst, solange Dir weder Körper noch Gefühl deutlich signalisieren, dass es wieder okay ist, wenn Du arbeiten gehst, würde ich das sein lassen.

Du schreibst ja, dass Du total Angst hast, zu früh wieder zum Arbeiten zu gehen; gegen die eigene Angst zum Arbeiten zu gehen, hielte ich nicht nur für falsch, sondern auch für risikoreich, denn eine Depression hat viele Stufen - und nach unten abrutschen, das geht immer.

Auf jeden Fall würde ich damit warten, bis Du in Deiner Therapeutin eine gute, Halt gebende, Dich stabilisierende Gesprächspartnerin gefunden hast (damit meine ich nicht unbedingt die Therapeutin, bei der Du nun Deine Probesitzungen hattest, sondern - falls Du wechseln willst oder musst - allgemein eine Therapeutin, einen Therapeuten, bei dem Du die Therapie für längere Zeit machst).

Es gibt vielleicht im Internet, vielleicht in Youtube (oder anderswo), eine Hilfestellung, die zeigt, wie Du besser auf Dein (Baucb-) Gefühl hören kannst - das kann man nämlich z.B. durch Meditation lernen. Kennst Du das MBSR-Programm von Jon Kabat-Zinn? Dazu gibt's im Internet Vieles zu lesen, er selbst hat ein Buch dazu geschrieben und es gibt CD's. Geb' einfach mal bei "Mr. GOOGLE" die Abkürzung "MBSR" und/oder seinen Namen ein.
Übrigens, wenn Du Dich damit beschäftigst, tust Du ganz sicher was für Dich - selbst wenn Du feststellst, dass das doch nicht das Richtige für Dich ist -, denn Deine Gedanken beschäftigen sich mal mit etwas Anderem als dem zur Zeit Alltäglichen und Üblichen.

Ich wünsche Dir viel Spass dabei, und alles Gute, Strohi
Lavendel64
Beiträge: 543
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Klimbim,
wie ich das kenne! Bei mir war es eine Darm-OP, drei Wochen danach arbeiten gegangen und dann kam der Zusammenbruch. Mittelschwere Depression, 4 Monate Wartezeit auf einen Klinikplatz, 7 Wochen Tagesklinik, danach noch einmal ich glaube 6 Wochen AU - Wiedereingliederung mit 2 Stunden täglich, 14 Tage später 3 Stunden.

Nun ist natürlich jeder anders. Mir hat die Tagesklinik das Gefühl zurück gegeben, auf meinen Körper zu hören. Es sind keine Depressionen mehr, aber zwischendurch einfach Überlastungen, die ich spüre und wo ich dann sofort gegenlenke, dann bin ich in 2-3 Tagen wieder im Normalmodus.

Mir wurde in der Tagesklinik sehr viel vermittelt ... vielleicht wäre noch eine (kurze) Kliniktherapie oder eine Reha (die machen das dort ähnlich) eine IDee? Ich meine, Du hast eine Krebserkrankung UND eine Depression hinter dir: da brauchst du sicher noch ein wenig. Mir stellt sich die Frage, WARUM Du dringend zur Arbeit zurück möchtest (ich wollte das auch, hatte eine tolle Ärztin in der Klinikambulanz, die mich auf diesem Weg mit tollen Ratschlägen begleitet und immer wieder ausgebremst hat). Das schlechte Gefühl, nutzlos zu sein, nur rumzuhängen? Dann mach dir klar, dass Du sehr krank warst/bist und Dein Körper einfach noch Zeit braucht. Du versorgst offenbar Haushalt und Kinder: auch das ist Arbeit!

Hast Du Hobbies? Jetzt ist die Zeit, sie exzessiv zu betreiben. Lesen, Malen, evtl Handarbeiten. Denk mal nach, was Du so in deiner Jugend gern gemacht hast, vielleicht schlummert da was.
Spaziergänge ... nicht einfach durch die Gegend laufen, sondern stehen bleiben, eine Minute (zirka) die Augen schließen und nur auf die Geräusche achten. Weitergehen, auf die kleinen Dinge am Wegesrand schauen, dann wieder ein Stop und nur die Gerüche wahrnehmen. Oder den Wind auf der Haut spüren. Ganz bewusst innehalten. Umarme einen Baum, konzentriere dich auf das was du spürst, auch inder Tiefe, die Kraft, die in den Wurzeln steckt, die diesen Riesenbaum in der Erde halten.
Das muss man alles erst wieder lernen, aber es tut enorm gut.

Diese Gefühlsachtsamkeit ist auch so eine Sache. Wie fühle ich mich? Welche Gefühle sind aktuell vorhanden, was überwiegt. Du wirst feststellen, dass auch gegenteilige Gefühle gleichzeitig da sein können. Immer mal innehalten und schauen, wie es dir geht. Gib dich nicht mit einem "gut" zufrieden, sondern versuche, die Gefühle zu benennen. (Google mal "Gefühlsuhr")

Auch ich würde den Beginn einer Therapie abwarten und dem Arbeitgeber signalisieren, dass es so schnell nicht geht, sondern Du stabil werden musst, um langfristig arbeiten zu können.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Klimbim
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Klimbim »

Ihr seid so lieb! Vielen Dank für die vielen Meinungen, ihr habt ihr sehr geholfen! Eure Antworten haben mich zum Nachdenken gebracht und mir deutlich gemacht, dass ich noch weit weg von meinem gesunden Zustand bin und ich daher noch Zeit brauche. Eigentlich schon fast witzig, dass ich dachte, dass ich das schon schaffen könnte. Ich muss noch soviel Kraft aufbringen, den Haushalt in Grundzügen zu schmeißen, da ist ein normaler Arbeitsalltag noch nicht schaffbar . Und warum ich wieder so schnell arbeiten möchte, ist auch eine gute Frage…. Wahrscheinlich habe ich Angst, nicht mehr gemocht zu werden, wenn ich nicht meine Pflicht erfülle…

Meditation hat mir bei meiner Krebsop sehr geholfen, um mit den Ängsten umzugehen, zur Zeit schaffe ich es aber noch nicht, länger als zwei Minuten die Konzentration zu halten. Die Gefühlsuhr kannte ich noch nicht, das schaue ich mir an.
Tagesklinik hätte ich sehr gerne gemacht, ich hatte auch schon ein Vorgespräch, allerdings könnte ich erst im Herbst einen Platz bekommen und nur für 6 Wochen, weil ich schon in stationärer Behandlung war. Und ich möchte nicht wieder in meine Geschichte eintauchen (wie auf Station) und danach erst mit Therapie beginnen, wo ich wieder meine Geschichte erzählen muss und mich auf den Therapeuten einlassen. Daher hab ich mich mit den dortigen Therapeuten entschieden, erst die ambulante Therapie zu beginnen und eventuell nächstes Jahr auf die Tagesklinik zurückgreifen, wenn es mir schlechter geht.
Aber es hat mir sehr geholfen, Eure Meinungen zu hören, noch mal danke!
Viele Grüße
Klimbim
Katerle
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Katerle »

Hallo Klimbim,

herzlich Willkommen auch von mir.
Dem kann ich mich auch nur anschließen, was die Anderen schon schrieben.
Mit dem schlechten Gewissen kannte ich auch von mir damals, aber es ist positiv, keinen Druck durch den Partner oder Arbeitgeber o. a. noch zusätzlich zu ernten.
Und tatsächlich ist das garnicht so selten, nicht mehr so anerkannt zu werden, wenn du nicht mehr deine Pflicht erfüllst (KANNST, aufgrund deiner gesundheitlichen Probleme).
Darauf bitte keinen Wert legen. Es geht um deine Gesundheit und du merkst ja auch selbst, was du dir momentan noch zumuten kannst. Drücke dir ganz fest die Daumen, dass deine Therapie bald bewilligt wird.
Und vielleicht hilft dir ja auch anfangs einen kleinen Spaziergang zu machen, wenn alle daheim ausgeflogen sind. Tue, was dich auf andere Gedanken bringen könnte, was du gerne machst (Hobby). Kamen ja auch schon ein paar gute Anregungen. Ausserdem ist es schon eine Herausforderung, seinen Haushalt zu meistern, wenn man krank ist und da ist es auch empfehlenswert, zwischendurch mal ne Pause zu machen.
Versuche weiter an deiner Meditation dranzubleiben, wenn du das Gefühl hast, dass dir das hilft, aber auch hier nicht unter Druck setzen und wie es auch deine Konzentration zulässt. Nimm das mit der Tageklinik in Anspruch, soweit ist ja der Herbst auch nicht mehr.

Wünsche dir auch alles Gute und viel Kraft,
Katerle
Zuletzt geändert von Katerle am 18. Aug 2021, 15:43, insgesamt 1-mal geändert.
Suchende2
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Klimbim,

nach dem Urlaub Deiner Therapeutin kannst Du weitermachen!
Soweit ich informiert bin kann man 3 - 5 Sitzungen bei einer Therapeutin wahrnehmen, bevor die Therapie genehmigt wird.

Genaueres kann Dir Deine Krankenkasse sagen.

Alles Gute,
Suchende
Greta1962
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Greta1962 »

Hallo Klimbim!

Ich kann deine Gefühle voll nachempfinden - vor allem das mit dem schlechtem Gewissen und dem Gefühl, dass "es" jetzt doch mal endlich weitergehen muss.

Mittlerweile bin ich fast ein Jahr krank geschrieben und erst jetzt löst sich bei mir der Knoten, der ganze Stress - und ich fühle mich weniger denn je in der Lage zu arbeiten. Da muss erst mal noch viel an Heilung geschehen - noch bin ich vermutlich gar nicht in der Verfassung, dass die Heilung überhaupt einsetzen kann. Das alles dauert länger als man vorher überhaupt auch nur ansatzweise erwartet. Meine Therapeutin sagte mir, eine Depression heilt ungefähr so lange, wie sie gekommen ist ... bei mir also ca. 30 Jahre, also bis über mein Lebensende hinaus. Herzlichen Glückwunsch. Um so wichtiger ist es, das weiß ich jetzt, nichts zu unterdrücken und sich möglichst schnell Hilfe zu holen.

Das mit der Therapie habe ich jetzt nicht so erlebt. Meine Therapeutin hat die Anträge für die Krankenkasse gestellt - und hatte nie Zweifel, dass die Therapie auch genehmigt wurde. Sie hat die Termine also schon im Vorfeld gemacht - die Genehmigung ist dann auch gekommen. Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. 4 Termine sind, glaube ich eh "frei", das hat so einen bestimmten Namen. Aber die Therapeuten haben da sicherlich auch genug Erfahrung - und wenn sie die Anträge stellen, dann wird sich die Krankenkasse nicht quer stellen. Außerdem hast du ja deine Vorgeschichte ... Diagnose vom Psychiater, Akutklinik, Krebserkrankung ... da stellt sich keine Krankenkasse quer mit einer Therapie.

Von wem wirst du denn krank geschrieben?
Sicherlich wäre es sinnvoll, dir einen Hausarzt zu suchen - das ist ja immer der unkomplizierteste Weg.
Liebe Grüße von ..... Greta
Klimbim
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Klimbim »

Hallo Greta,
Na, wenn die Depression so lange geht wie sie kommt, kann ich mich wahrscheinlich auch auf zwanzig Jahre einrichten…Hallelujah!
Die Therapie wird sicher von der Krankenkasse übernommen, die Wartezeit entstand dadurch, dass erst die Therapeutin im Urlaub war, dann hat sie mir erst den Konsiliarbericht gegeben, den der Psychiater ausführen soll, dieser ging aber genau dann für drei Wochen in den Urlaub. Die Hausarztpraxis füllt den Bericht leider nur aus, wenn der Psychiater das anfordert, sonst nicht. Daher warte ich jetzt darauf, dass der Arzt gut erholt schnell seinen Papierstapel bearbeitet und das Ding fertig macht.
Ich war aber nun doch bei meiner Hausärztin für die Krankmeldung und sie hat mir auch ins Gewissen geredet, dass ich erstmal nicht an Arbeit denken soll.

Richtig gut geholfen hat mir dabei auch der Ratschlag, mir jeden Tag mehrmals (!) die Frage zu stellen, wie es mir geht. Und es geht mir nicht wirklich gut. Ich beherzige auch den Rat, langsam an die Belastungen ran zu gehen, da ist jetzt am Mittwoch schon wieder Schluß nach Elternabend, Hausputz und Osteopathie. Ich kann nicht mehr. Aber daran ist gut, dass ich langsam ein wenig verstehe, dass ich noch Zeit brauchen werde….auch wenn es schwer fällt.

Lieben Gruß
Klimbim
Greta1962
Beiträge: 281
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Greta1962 »

Klimbim hat geschrieben:
Richtig gut geholfen hat mir dabei auch der Ratschlag, mir jeden Tag mehrmals (!) die Frage zu stellen, wie es mir geht. Und es geht mir nicht wirklich gut.
Die Sache hat nur einen Haken.
Irgendwann geht es dir ja vielleicht und hoffentlich wieder etwas besser ... und dann schlägt das schlechte Gewissen erst recht zu. Dann fragst du dich, warum du jetzt zuhause bist und nicht zur Arbeit gehst - weil es dir ja eigentlich gar nicht mehr so schlecht geht.

Und dann kannst du dich gar nicht richtig darüber freuen, dass es dir endlich wieder etwas besser geht - und das ist dann natürlich völlig kontraproduktiv.

In der Phase bin ich nämlich gerade ... und die Gut-Geh-Phasen sind noch nicht mal Phasen, sondern nur kurze Wimpernschläge ... aber schon da sitzt mir mein schlechtes Gewissen und dieses Gefühl, arbeiten zum müssen schon im Nacken und machen mir das kurze positive Gefühl schon wieder zunichte. Das ist natürlich auch blöd. Ach, irgendwie ist alles blöd.
Liebe Grüße von ..... Greta
momadome
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von momadome »

Greta1962 hat geschrieben:Irgendwann geht es dir ja vielleicht und hoffentlich wieder etwas besser ... und dann schlägt das schlechte Gewissen erst recht zu. Dann fragst du dich, warum du jetzt zuhause bist und nicht zur Arbeit gehst - weil es dir ja eigentlich gar nicht mehr so schlecht geht.
Hallo Greta,

Vielleicht hilft dir dann eher die Frage, was hat mir geholfen, mich jetzt gerade besser zu fühlen?

Als ich mit knapp 50 frühzeitig pensioniert wurde und es mir dann so ganz langsam besser ging, kam die Frage für mich auch auf. Warum sitze ich nun zuhause faul rum und die anderen gehen brav arbeiten? Irgendwann ist mir dann klar geworden, dass ich nicht faul rumsitze, sondern jeden Tag daran arbeite, das Erreichte zu festigen und zu erhalten.
Und irgendwann hatte ich dann auch die Antwort für Bekannte und ehemalige Kollegen, die ich zufällig traf: "Danke, mir geht es soweit gut, solange ich mich an die Regeln und Verhaltensweisen halte, die ich für mich herausgefunden habe."
Und genauso ist es ja auch. Es geht mir solange relativ gut, wie ich meine Belastungen auf dem Level halte, mit dem ich umgehen kann. Nur soviel Termine ausmache, wie ich gut wahrnehmen kann.

Kein Mensch verlangt von einer Person mit behandeltem Bandscheibenvorfall, dass er nun wieder professionell Bodenturnen betreiben soll. Man freut sich doch mehr mit der Person, wenn sie ein einigermaßen gutes Leben mit den Beschwerden führen kann, die 0brig geblieben sind und an denen auch weiterhin therapiert wird.

Liebe Grüße, jojoma
Greta1962
Beiträge: 281
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Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Greta1962 »

Vielen Dank, jojoma!

Genau so ist es!
Aber das versteht eben nur der, der es selbst mal erlebt hat - und selbst da ist es ein Lernprozess. Ich kann mich auf der einen Seite fürchterlich fühlen und 1000 Dinge aufzählen, die nicht funktionieren, schief laufen, mir völlig unmöglich sind ... und mich trotzdem faul und nutzlos fühlen. Ich muss mir dann immer bewusst machen, dass ich krank bin - und nicht freiwillig nicht arbeite. Im Gegenteil - ich habe mich jahrelang mit massiven (auch körperlichen) Beschwerden zur Arbeit geschleppt ... aber das muss ich mir immer noch bewusst vor Augen führen. So, als hätte ich das irgendwie vergessen. Ich glaube, dieses "Arbeiten müssen" steckt einfach zu tief drin - wenn man nicht arbeitet, dann trägt man nicht mehr zum Wohle der Gesellschaft bei, dann hat man seine Daseinsberechtigung verloren ... irgendwie so ... !? Also das ist jetzt nicht meine Meinung - ich beschreibe da nur gewisse diffuse Gedanken, die so durchs Hirn wabern könnten ... !
Liebe Grüße von ..... Greta
Katerle
Beiträge: 11259
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Katerle »

Sehe das auch wie ihr (jojoma und Greta).

Schwer war für mich damals, dass ich von so manchen (Umfeld)als faul abgestempelt wurde usw., als ich berentet wurde und ich immer zu hören bekam, ich "Wolle" nur nicht arbeiten. Das war sehr deprimierend und ich kämpfte noch zusätzlich, nicht noch mehr runtergezogen zu werden. Denn Kinder hatte ich ja auch... Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon Erkrankungen und Operationen hinter mir und einige schmerzvolle Erfahrungen... Zum Glück ist das auch alles überstanden, dennoch begegnen einen immer noch Leute, die nicht verstehen können, dass wir auf unsere Grenzen achten müssen und versuchen, ein schlechtes Gewissen zu machen und das ist traurig. Von solchen Leuten halte ich mich eher fern..., wenn möglich.

Liebe Grüße
Katerle
Zuletzt geändert von Katerle am 22. Aug 2021, 14:31, insgesamt 1-mal geändert.
Gertrud Star
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Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Wie lernt man seine Grenzen kennen?

Beitrag von Gertrud Star »

Grenzen kennenleren, tja das ist schwer.

Ich denke mal, wer depressiv geworden ist, hat meistens mal von irgendwas zu viel ab bekommen. Sei es zu viel runtergeputzt zu werden, zuviel Gewalt, zuviel Arbeit samt Arbeitswegen, zuviel Belastungen verschiedenster Art. Und gleichzeitig von irgendwas viel zuwenig: Zeit, Liebe, Unterstützung oder auch Geld (ich meine hier die Armut, die mit Sozialhilfe und co einher geht).

Wo kann man dann anfangen? Meistens kann man sich manchen Tonfall und Abwertungen verbitten. Diese Reaktionen kann man lernen. Andere schwere Sachen sind gar nicht zu ändern, oder nur sehr schwer oder langsam, oder nur mit der allerbesten Hife.

Ich selber habe viel zu lange zu viel runtergeschluckt, sozusagen in mich rein gefressen. Phasenweise hatte ich viel zuviel Belastungen und viel zuwenig Verständnis, obwohl ich nicht ganz gesund war.
Heute bin ich berentet, und wehre mich manchmal ganz heftig. Mit der finanziellen Situation muss ich mich leider abfinden, obwohl ich das wohl nie gut genug können werde.
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