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Kann nicht mehr….

Verfasst: 23. Jun 2021, 20:34
von Taubenuhu
Ich bin neu hier und habe mich vorher nur wenig mit Depressionen beschäftigt. Vorab: ich traue mich nicht es irgendwo auszusprechen oder gar deshalb zum Hausarzt zu gehen. So nett der Hausarzt sein mag, ich vertraue ihm nicht.
Es ist bei mir eine lange Geschichte und ich schreibe deshalb hier, da wohl hier verständnisvolle Menschen sind und ich mir sicher bin Depressionen zu entwickeln. Komisch ist, wenn ich den Gedanken zulasse, dass es Depressionen sind, wird es eher schlimmer.
Zu mir: Ich muss es zusammenfassen, da alles zu umfangreich wäre.
Ich bin als Zeugen Jehovas aufgewachsen. Hatte mit 18 geheiratet, 3 Kinder und mein damaliger Mann hatte mich vor ca 6 jshgencmit zwei meiner Freundinnen betrogen, worauf wir uns trennten. Mein Ex und seine neue (alles ZJs ) wurden ausgeschlossen, sie heirateten und wurden wegen (angeblicher ) Reue wieder aufgenommen.
Ich ließ mich in dieser Zeit ausschließen, da ich mit all diesem nicht klar kam und dort nicht mehr weitermachen wollte.
Das hieß für mich, keinen Kontakt mehr zu meiner Familie, bekannten und Freunden. Meine älteste Tochter wollte weitermachen und ließ sich taufen (seit ca 8 Wochen haben wir aufgrund meines anderen Lebens keinen Kontakt mehr.

Jedenfalls bin ich seit fast 4 Jahren mit meinem neuen Lebensgefährten zusammen. Ca 250 km von meinem ursprünglichen Heimatort entfernt. Im Internet kennengelernt und ich hatte in den ersten 8 Wochen mit ihm eine Fehlgeburt und da kam der Wunsch auf, dass wir zusammen Kinder möchten. Wir haben nun 2 Kleinkinder, was mit 46 und 54 Jahren auch sehr anstrengend ist.

Nun hab ich das Gefühl, dass ich mein Heimatort seinetwegen aufgegeben habe, für ihn nochmal Kinder bekommen habe, nicht mehr arbeiten gehen konnte (ohne Kita-Platz), meine Wohnung aufgegeben habe, mit so manchen Inventar.
Bekomme hier nur oberflächlichen Anschluss. durch die Kinder, obwohl ich selbst eine Krabbelgruppe gegründet habe, die gut ankam. Aber dank corona vieles flach fiel.

Das Problem ist, dass wir in letzter Zeit sehr große Beziehungsprobleme haben. Er hat es den meisten seiner Freunde und Familie erzählt, das beschämt mich sehr.
Eigentlich wollten wir mal heiraten. Das fällt nun flach.
Es ist wirklich schlimm! Und ich falle in ein Loch. In eine Spirale von der ich nicht raus komm. Fühl mich plötzlich minderwertig.
Ich streite mit ihm, schreibe ihm WhatsApp die er natürlich nicht will.
Bitte hasst mich nicht dafür, ich hasse mich dafür schon selbst.
Natürlich kann er auch gemein sein.
Ich hätte mir in den 4 Jahren einfach Bestärkung von ihm gewünscht, indem er mich heiratet. Und ich könnte mich dafür Ohrfeigen, dass ich damit einverstanden war, dass die Kinder seinen Namen bekommen.

Manchmal würde ich am liebsten gar nicht mehr da sein.

Re: Kann nicht mehr….

Verfasst: 23. Jun 2021, 22:01
von Sunshine5678
Herzlich willkommen hier und es ist ein erster wichtiger Schritt hier zu schreiben, Hut ab dafür.
Du hast schon einiges hinter dir, keinen Kontakt zu Familie und Kinder wegen den Zeugen.
Ich kann dir in deiner Beziehung leider nicht helfen, aber ist dein Partner wirklich der Anlass dass du deinen Heimatort aufgegeben hast oder waren es die Umstände mit den ZJs?
Ausserdem hasst dich hier niemand, warum auch. Und selber solltest du auch nicht hassen.
Hast du einen Psychiater in der Nähe? Oder vielleicht ist es doch eine Alternative dich deinem Hausarzt anzuvertrauen. Dein letzter Satz zeigt, dass du Hilfe brauchst.
LG Claudia

Re: Kann nicht mehr….

Verfasst: 23. Jun 2021, 22:18
von Taubenuhu
Danke für deine netten Worte. Ich hab kein Vertrauen zum Hausarzt da mein Partner sehr guten Kontakt zum Hausarzt hat. Ich hab das Gefühl die reden dann in diesem Fall über mich.
Muss wohl dann wechseln.

Wegen den Zeugen bin ich nicht weggezogen, sondern weil ich damals mit dee Fehlgeburt schwanger war u wir danach Kinder wollten. Ich hab damals nicht gut darüber nachgedacht was wäre, wenn die Beziehung nicht mehr funktioniert und ich dann im einem fremden Bundesland bin und Heimweh hab.
Mit meinem mittleren Sohn aus erster Ehe hab ich zum Glück noch Kontakt. Und zu meiner Mutter die 500 km weg wohnt auch.
Aber ich fühle mich nach dem Beziehungschaos schrecklich einsam und hab durch das Geschwätz von meinem Partner bei anderen das Gefühl alle hier stehen gegen mich.
Ich kann nicht mehr wegziehen durch das gemeinsame Sorgerecht und es wäre auch für die kleinen Kids nicht gut.
Aber mir geht’s sehr schlecht.

Re: Kann nicht mehr….

Verfasst: 23. Jun 2021, 22:41
von Sunshine5678
Wegen deinem Hausarzt: du meinst dass er seine Schweigepflicht wirklich bricht?
Aber wenn du kein Vertrauen hast bringt es auch nichts.
Hast du mit deinem Partner in aller Ruhe darüber gesprochen wie du dich fühlst und du dich in einer für dich noch fremden Umgebung allein gelassen fühlst?
LG Claudia

Re: Kann nicht mehr….

Verfasst: 24. Jun 2021, 05:08
von Greta1962
Hallo Taubenuhu!

ich weiß natürlich nicht, ob du tatsächlich Depressionen hast - aber in erster Linie hast du eine sehr schwierige Partnerschaft und eine anstrengende Mutterrolle. Insgesamt war und ist dein Leben sehr anstrengend, so scheint es. Das geht natürlich an niemandem spurlos vorüber. Natürlich kann man dann eine Depression - oder burnout - oder beides, die Übergänge sind ja oft fließend - entwickeln. Aber das muss auch nicht sein - es kann "einfach nur" die bescheidene Situation sein.

Du musst dir unbedingt einen neuen Hausarzt suchen. Auch wenn dein jetziger natürlich Schweigepflicht hat und nichts mit deinem Partner besprechen darf, was dich betrifft, so ist Vertrauen natürlich eine wichtige Grundlage. Und wenn die fehlt, dann ist es Zeit für einen Wechsel.

Mein Tipp wäre allerdings - also bevor du dich an Ärzte oder Therapeuten wendest, was ja u.U. terminlich lange dauern kann - dass du dich mal bei solchen Sozialverbände wie Caritas o.ä. meldest. Die haben auch gute und vor allem schnellere Termine für eine Beratung. Gerade auch deine Vergangenheit mit den ZJ sollte vermutlich Thema sein und aufgearbeitet werden.

Du fühlst dich vermutlich wie in einer Falle - die Kleinkinder und dann noch fern deiner Heimat, in einer kriselnden Beziehung. Das muss (noch) keine Depression sein - da muss man erst mal Lösungen und Perspektiven finden.

Alles Gute für dich!

Re: Kann nicht mehr….

Verfasst: 2. Jul 2021, 07:33
von [mausi]
Liebe Taubenuhu,

hatte gerade deinen neuen Beitrag kommentiert, da ich jedoch schon länger nicht mehr online war, hatte ich deinen ersten Beitrag hier noch nicht gesehen.

Schön, dass du den Weg in das Forum gefunden hast und mit uns über deine Probleme und Gefühlschaos schreiben willst.

Familie und Partnerschaft ist eines der wichtigsten Themen im Leben. Es wäre natürlich gut noch genauer zu erörtern, weshalb ihr streitet. Sind es eher Kleinigkeiten? Geht es um die Beziehung oder die Kinder? Schenkt er dir zu wenig Beachtung und Zuneigung? Geht jeder seinen Weg ohne Gemeinsamkeiten?

Klar ist, dass sich nach 4 Jahren Beziehung einiges ändert und natürlich mit Kleinkindern das Leben nicht gerade einfach ist. Ich würde garnicht so darauf abstellen, dass du deine Heimat verlassen hast. Damals war es für dich die richtige Entscheidung. Man kann nie in die Zukunft sehen und wissen, ob etwas auf Dauer gut ist oder nicht. Mach dir also deshalb keine Vorwürfe oder Druck bezüglich der Kinder.

Dass ihr streitet, wenn du etwas Alkohol getrunken hast, ist auch nachvollziehbar, da man seine "Hemmungen" eher ablegt und auch eher mal äußerst, wenn einem etwas nicht passt. Wenn du dadurch jedoch Sachen sagst, die du nicht sagen wolltest, solltest du dringend aufhören.

Auch die WhatsApp-Nachrichten würde ich sofort stoppen. Auch wenn du gerade eine tippst, denk nochmal nach und lösch sie. Durch texte kann man so viel falsch verstehen und auch nicht direkt reagieren. Redet lieber in Ruhe miteinander. Setzt euch zusammen und stellt erst einmal fest, ob ihr beide euch denn noch liebt und bereit seid an eurer Beziehung zu arbeiten. Danach erörtert ihr, was jeder an SICH SELBER verbessern möchte/kann, damit die Beziehung wieder besser funktioniert. Es bringt wirklich viel, wenn man sich eigene Fehler eingesteht und Rückhalt vom anderen zugesprochen bekommt.

Ich wünsch dir ganz viel Kraft. Bitte halte uns auf dem Laufenden.

Liebe Grüße und schönen Tag,
mausi

Re: Kann nicht mehr….

Verfasst: 2. Jul 2021, 20:36
von Bittermandel
Hallo Taubenuhu

Herzlich willkommen im Forum. Deine Geschichte ist schon arg.

Wie Malu würde ich dir unbedingt raten eine Sektenberatungsstelle aufzusuchen. Ich denke die Lehren der ZJ belasten dich immer noch. Und da muss einiges aufgearbeitet werden. Ich kenne die ZJ weil ein Teil meiner Familie dabei waren. Unmenschlich und fürchterlich was da gelehrt wird und mit Menschen umgegangen wird. Du kannst froh sein diesem Verein entronnen zu sein. Wenn Religion für dich noch ein Thema ist dann kannst du auf YouTube Hilfe finden durch Aussteiger. Vielleicht hilft es dir und beruhigt dich etwas. Du bist nicht allein. Was deine Beziehung anbelangt würde ich einen Paartherapeuten suchen. Du bist quasi aus der Sekte raus in ein normales Leben, das kann schwierig sein. Ich hoffe du findest die nötige Unterstützung.

@ liebe Manu schön von dir zu lesen.

Liebe Grüße Bittermandel

Re: Kann nicht mehr….

Verfasst: 2. Jul 2021, 23:12
von DieNeue
Hallo Taubenuhu,

das liest sich wirklich schlimm, was du erleben musstest.
Ich kann es gut nachvollziehen, dass es dich beschämt und du auch wütend bist, dass er eure Beziehungsprobleme mit so vielen anderen Leuten bespricht. Ich finde, Beziehungsprobleme gehören in eine Beziehung und man bespricht diese entweder gemeinsam, mit ein paar wenigen ausgewählten, vertrauenswürdigen Leuten oder man holt sich professionelle Hilfe, aber man erzählt sie aus Respekt vor dem anderen nicht jedem, der sie dann einfach weitertratscht.
Für dich ist die Situation ja noch doppelt schlimm, da du deine eigene Familie nicht mehr wirklich hast. Du wurdest ausgeschlossen, der Kontakt abgebrochen, Familie weg, Freunde weg, dann hast du ein Kind verloren, deine vertraute Umgebung ist weg, der Job ist weg. Das sind alles Dinge, die wichtig sind im Leben und die einen zu einem gewissen Grad auch ausmachen.
Eigentlich sollte deinem Partner klar sein, dass er nicht einfach so mit seiner ganzen Familie über dich reden sollte. Es ist doch logisch, dass sich das dann anfühlt wie "alle gegen einen", wenn er alle auf seiner Seite hat, einfach dadurch, dass es seine Familie und sein Freundeskreis ist und du hier keinen hast. Ich würde mich da auch sehr alleine fühlen und es würde mich auch belasten, wenn man nur oberflächliche Kontakte aufbauen kann.

Hat sich dein Freund denn mit deiner Vergangenheit bei den Zeugen Jehovas und deinem Ausschluss auseinandergesetzt? Es sollte doch eigentlich klar sein, dass man versuchen sollte, jemanden, der von allen ausgeschlossen wird, möglichst gut in die neue Familie und den Freundeskreis zu integrieren anstatt mit allen über ihn zu reden und ihn so noch weiter ins Abseits zu drängen.

Ich hasse dich nicht, ich wüsste auch keinen Grund dafür und ich denke, das tut hier auch sonst keiner. Du bist auch nicht weniger wert als er oder jemand anderes.
Ich denke, dass du dich mit dem Ausschluss bei den Zeugen mit Hilfe auseinandersetzen solltest. Ich selbst war noch nie in einer Sekte, aber ich habe neulich eine Doku gesehen über jemanden, der auch dort ausgeschlossen wurde (https://www.ardmediathek.de/video/leero ... EyNDMzMTk/" onclick="window.open(this.href);return false;) und das ist schon heftig, wenn einen von heute auf morgen plötzlich alle verlassen. Du bist nicht die einzige, die sowas mitgemacht hat/mitmacht und das steckt man nicht so leicht weg. Ich würde mich auch mal nach einer Sektenberatungsstelle in deiner Nähe umsehen, oder ob es Selbsthilfegruppen zu dem Thema gibt. Das wäre vielleicht auch eine Möglichkeit Kontakte zu knüpfen.

Ich wünsch dir alles Liebe und nicht vergessen: Du bist genauso viel wert wie jeder andere Mensch auch und brauchst dich nicht selbst zu hassen! Dafür gibt es keinen Grund.

Liebe Grüße,
DieNeue