Und wieder holt es mich ein...!
Verfasst: 8. Jun 2021, 10:40
Hallo Zusammen,
vor 11 Jahren wurde bei mir ein Burnout (Depression und Angststörung) diagnostiziert. Ich war 1 Jahr lang krank geschrieben, habe eine Therapie gemacht und nach Citalopram.
Die letzten Jahre habe ich mich einigermaßen gut über Wasser halten können.
Die Angststörung kam plötzlich vor 3 Jahren wieder und trat ab und an wieder auf. Depressionen hatte ich keine mehr.
Nach etlichen Versuchen während der letzten Jahre, Citalopram abzusetzen, habe ich es Anfang dieses Jahres geschafft. Während der letzten Jahre habe ich es, wie gesagt, immer wieder versucht, hatte aber immer schlimme Schwindelanfälle und fühlte mich weder während der Arbeitszeit noch während eines Urlaubs dazu in der Lage, dem weiter nachzugehen. Zumal es mir doch gut ging und mein Hausarzt mir auch bestätigte, dass ich die 10mg sowieso so gering wären, und ich diese auch ohne Probleme weiter nehmen könnte. Als ich dann zu Beginn dieses Jahres arbeitslos wurde, kam ich mental endlich mal zu Ruhe und sah den Zeitpunkt gekommen. Warum weis ich gar nicht. Ich denke, ich wollte einfach das Gefühl haben, nicht mehr Tablettenabhängig zu sein. Mittlerweile war ich runter auf 5mg und mein Hausarzt bestätigte mir, dass er sich wunderte, dass ich überhaupt etwas beim Absetzen merke, da die Wirkung sowieso so gering sei bei 5mg.
Ich bin nun also seit ca. Februar weg von Citalopram - und jetzt kommen die Depressionen wieder! Eigentlich geht es mir total gut, aber das dachte ich vor 11 Jahren auch. Mein Mann und ich kommen finanziell gut über die Runden, die Jobsuche nervt mich Null, im Gegenteil. Ich genieße die freie Zeit, und, dass ich mir den Tag so gestalten kann, wie ich das möchte. Wenn man das zu Zeiten der Pandemie überhaupt so sagen kann.
Als wir nun zum ersten Mal seit langem wieder raus gingen und Menschen trafen, kam meine Angststörung mit einem Mal wieder heftig zurück! Die Pandemie hat mir nicht gerade in die Karten gespielt. Ein introvertierter Mensch, der sich unter Menschen sowieso nicht wohl fühlt, hockt nun seit März 2020 zu Hause (erst Homeoffice, dann arbeitslos). Die ganze Zeit seit diesem Ereignis im Mai denke ich nur daran, wie ich nach der Pandemie weiterleben soll. Jetzt im Sommer, wenn alles öffnet, wenn alle sich freuen, wieder raus zu gehen - bekomme ich Panik!
Zunächst fing es damit an, dass ich total gereizt auf meinen Mann reagierte. Die kleinste Kleinigkeit und ich rastete aus. Vorletzte Woche gab es dann den ersten richtigen Schub. Ich weinte und weinte und konnte nicht mehr aufhören. Letzte Woche dann der nächste Schub. Die Tage dazwischen waren super. Ich trieb Sport, ging zum einkaufen, telefonierte bester Laune mit Freundinnen, buchte Sommerurlaub. Auch die erste Impfung versetzte mich in Bestlaune und ich tanze vor Freude auf den Termin durch die Wohnung. Ich WOLLTE doch wieder raus!!
Heute ist wieder ein schlechter Tag. Meine Beine fühlen sich schwer an wie Blei, jeder Schritt eine Qual. Ich bin kurz vor dem Heulen und ich weis einfach nicht, warum. Ich wolllte einkaufen, zum Gartencenter und leckeren Kuchen backen. Und nein, vor dem Einkaufscenter habe ich auch keine Panik. Es sind eher andere Gelegenheiten. Ich dachte, dass der Sommer und die Sonne mich aufwecken. Aber es ist nicht so. An einem Tag wie heute möchte ich wieder Citalopram nehmen. An Tagen wie gestern, frage ich mich, wer diese depressive Person überhaupt ist. Bin ich das? Wie kann das sein?
Mit meinem Mann konnte ich endlich nun mal reden. Er versteht es nicht. Hat von der ersten großen Depression scheinbar nicht viel mitgenommen. Er meint "Schau mal, total gut, was Du geschafft hast, Du nimmst die Tabletten nicht mehr, Du kannst so stolz auf Dich sein!" während ich resigniert antworte: "Ich bin gerade auf dem besten Weg in eine große Depression, wie schon 2010!". Er war ganz erstaunt und weis auch nicht weiter.
Immerhin habe ich noch Citalopram hier, und einen guten Hausarzt. Bei ihm werde ich mir noch heute einen Termin geben lassen, und ihn fragen, ob ich wieder Citalopram nehmen soll. Es war doch so viel besser MIT Citalopram. Und es ist doch total egal, ob ich sie ein Leben lang nehmen muss, oder nicht. Denn SO ist das Leben für mich nicht lebenswert. Ich empfinde Tage der Depression und die Depression an sich als schlimmer als körperliche Schmerzen, Dagegen kann man etwas tun, und sie gehen irgendwann vorbei.
Gibt es eigentlich jemanden von Euch, der es OHNE Antidepressiva raus aus der Depression geschafft hat?
Und jetzt kommt's: Ich bin auf eine Seite gestoßen, auf der steht, dass sich eine Depression bei Männern ganz anders bemerkbar macht als bei Frauen, und ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass auch mein Mann eine Depression hat. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass er niemals zum Arzt gehen wird damit. Wie schafft man das, bei Männern? Er ist selbständig, hält uns gerade über Wasser, was nicht einfach ist während Corona, und er hat scheinbar massive Existenzängste. Diese betäubt er mit exessivem Sport. Frisst ansonsten alles in sich rein.
Nun habe ich ganz schön viel geschrieben, und mich nicht mal aufgerafft, bisher, meinen Hausarzt anzurufen. Irgendwie auch eine Art Angst, am Telefon zu sagen, um was es geht. Aber ich muss. Und ich werde das heute machen.
Ich freue mich auf jeden Fall auf Austausch, denn das hat mir damals auch sehr geholfen!
Viele Grüße
vor 11 Jahren wurde bei mir ein Burnout (Depression und Angststörung) diagnostiziert. Ich war 1 Jahr lang krank geschrieben, habe eine Therapie gemacht und nach Citalopram.
Die letzten Jahre habe ich mich einigermaßen gut über Wasser halten können.
Die Angststörung kam plötzlich vor 3 Jahren wieder und trat ab und an wieder auf. Depressionen hatte ich keine mehr.
Nach etlichen Versuchen während der letzten Jahre, Citalopram abzusetzen, habe ich es Anfang dieses Jahres geschafft. Während der letzten Jahre habe ich es, wie gesagt, immer wieder versucht, hatte aber immer schlimme Schwindelanfälle und fühlte mich weder während der Arbeitszeit noch während eines Urlaubs dazu in der Lage, dem weiter nachzugehen. Zumal es mir doch gut ging und mein Hausarzt mir auch bestätigte, dass ich die 10mg sowieso so gering wären, und ich diese auch ohne Probleme weiter nehmen könnte. Als ich dann zu Beginn dieses Jahres arbeitslos wurde, kam ich mental endlich mal zu Ruhe und sah den Zeitpunkt gekommen. Warum weis ich gar nicht. Ich denke, ich wollte einfach das Gefühl haben, nicht mehr Tablettenabhängig zu sein. Mittlerweile war ich runter auf 5mg und mein Hausarzt bestätigte mir, dass er sich wunderte, dass ich überhaupt etwas beim Absetzen merke, da die Wirkung sowieso so gering sei bei 5mg.
Ich bin nun also seit ca. Februar weg von Citalopram - und jetzt kommen die Depressionen wieder! Eigentlich geht es mir total gut, aber das dachte ich vor 11 Jahren auch. Mein Mann und ich kommen finanziell gut über die Runden, die Jobsuche nervt mich Null, im Gegenteil. Ich genieße die freie Zeit, und, dass ich mir den Tag so gestalten kann, wie ich das möchte. Wenn man das zu Zeiten der Pandemie überhaupt so sagen kann.
Als wir nun zum ersten Mal seit langem wieder raus gingen und Menschen trafen, kam meine Angststörung mit einem Mal wieder heftig zurück! Die Pandemie hat mir nicht gerade in die Karten gespielt. Ein introvertierter Mensch, der sich unter Menschen sowieso nicht wohl fühlt, hockt nun seit März 2020 zu Hause (erst Homeoffice, dann arbeitslos). Die ganze Zeit seit diesem Ereignis im Mai denke ich nur daran, wie ich nach der Pandemie weiterleben soll. Jetzt im Sommer, wenn alles öffnet, wenn alle sich freuen, wieder raus zu gehen - bekomme ich Panik!
Zunächst fing es damit an, dass ich total gereizt auf meinen Mann reagierte. Die kleinste Kleinigkeit und ich rastete aus. Vorletzte Woche gab es dann den ersten richtigen Schub. Ich weinte und weinte und konnte nicht mehr aufhören. Letzte Woche dann der nächste Schub. Die Tage dazwischen waren super. Ich trieb Sport, ging zum einkaufen, telefonierte bester Laune mit Freundinnen, buchte Sommerurlaub. Auch die erste Impfung versetzte mich in Bestlaune und ich tanze vor Freude auf den Termin durch die Wohnung. Ich WOLLTE doch wieder raus!!
Heute ist wieder ein schlechter Tag. Meine Beine fühlen sich schwer an wie Blei, jeder Schritt eine Qual. Ich bin kurz vor dem Heulen und ich weis einfach nicht, warum. Ich wolllte einkaufen, zum Gartencenter und leckeren Kuchen backen. Und nein, vor dem Einkaufscenter habe ich auch keine Panik. Es sind eher andere Gelegenheiten. Ich dachte, dass der Sommer und die Sonne mich aufwecken. Aber es ist nicht so. An einem Tag wie heute möchte ich wieder Citalopram nehmen. An Tagen wie gestern, frage ich mich, wer diese depressive Person überhaupt ist. Bin ich das? Wie kann das sein?
Mit meinem Mann konnte ich endlich nun mal reden. Er versteht es nicht. Hat von der ersten großen Depression scheinbar nicht viel mitgenommen. Er meint "Schau mal, total gut, was Du geschafft hast, Du nimmst die Tabletten nicht mehr, Du kannst so stolz auf Dich sein!" während ich resigniert antworte: "Ich bin gerade auf dem besten Weg in eine große Depression, wie schon 2010!". Er war ganz erstaunt und weis auch nicht weiter.
Immerhin habe ich noch Citalopram hier, und einen guten Hausarzt. Bei ihm werde ich mir noch heute einen Termin geben lassen, und ihn fragen, ob ich wieder Citalopram nehmen soll. Es war doch so viel besser MIT Citalopram. Und es ist doch total egal, ob ich sie ein Leben lang nehmen muss, oder nicht. Denn SO ist das Leben für mich nicht lebenswert. Ich empfinde Tage der Depression und die Depression an sich als schlimmer als körperliche Schmerzen, Dagegen kann man etwas tun, und sie gehen irgendwann vorbei.
Gibt es eigentlich jemanden von Euch, der es OHNE Antidepressiva raus aus der Depression geschafft hat?
Und jetzt kommt's: Ich bin auf eine Seite gestoßen, auf der steht, dass sich eine Depression bei Männern ganz anders bemerkbar macht als bei Frauen, und ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass auch mein Mann eine Depression hat. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass er niemals zum Arzt gehen wird damit. Wie schafft man das, bei Männern? Er ist selbständig, hält uns gerade über Wasser, was nicht einfach ist während Corona, und er hat scheinbar massive Existenzängste. Diese betäubt er mit exessivem Sport. Frisst ansonsten alles in sich rein.
Nun habe ich ganz schön viel geschrieben, und mich nicht mal aufgerafft, bisher, meinen Hausarzt anzurufen. Irgendwie auch eine Art Angst, am Telefon zu sagen, um was es geht. Aber ich muss. Und ich werde das heute machen.
Ich freue mich auf jeden Fall auf Austausch, denn das hat mir damals auch sehr geholfen!
Viele Grüße