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Ein Weg ins Licht - vielleicht oder auch nicht

Verfasst: 26. Apr 2021, 18:09
von buggybeast
Hallo ihr Lieben :hello:

ich möchte zunächst einmal sagen, dass ich seit ca. 20 Jahren an Depressionen leide. Ich bin nun 50 Jahre alt geworden. Ich habe diverse Therapien gemacht, alles Verhaltenstherapien und in dieser Zeit Citalopram bekommen, 20mg und dann 40mg. Nichts von dem ganzen hat mir irgendwie geholfen. Die Therapien waren für mich wenig hilfreich. Tu dies, tu das, aber ich konnte ja gerade nichts tun, teilweise nicht mal aufstehen. Hilfe zur Selbsthilfe nennt man das wohl, aber mir persönlich gab es nichts.

Ende letzten Jahres hatte ich wieder einmal ein schwere depressive Phase, ausgelöst durch meinen Job und meinen engsten Arbeitskollegen. Schwer zu glauben, dass selbst der engste Kollege einen in den Wahnsinn treiben kann. Ich war 8 Wochen krank geschrieben. Für manche mag das nicht viel erscheinen, aber meine private Krankenversicherung (ja ich bin privat versichert auf eigenen Wunsch) hat das Krankentagegeld bei psychischen Erkrankungen ausgeschlossen.

Ab diesem Zeitpunkt der Krankschreibung hatte ich tatsächlich einmal in meinem Leben echtes Glück. Ein Zustand, den ich für mich und meinem Leben schon lange abgeschrieben hatte. Ich habe einen Therapeuten gefunden, der zwar auch eine Verhaltenstherapie anbot, aber im Laufe der Sitzungen einfach auf mich, auf meine Person und Persönlichkeit, eingegangen ist. Ich kann gar nciht sagen, um welche Therapieform es sich dann gehandelt hat. Es war einfach ein Mix, der genau auf mich gepasst hat. Nach so vielen ergebnislosen Therapien war dies einfach ein unglaublicher Glücksfall.

Darüber hinaus bin ich von einem Neurologen betreut worden, als Arzt. Auch von ihm bekam ich anfangs Citalopram, aber er, und dies hat niemand zuvor getan, bot mir ein alternatives Medi an, nachdem ich ihm sagte, dass ich keine Veränderung spüre. Seitdem nehme ich Venlafaxin, aktuell in der Dosis 150mg. Das Venlafaxin hat meinen Geist geradzu geöffnet und die Therapie sehr begünstigt.

Nun haben wir Ende April. Ich arbeite seit Anfang März in Teilzeit zu 80% und habe jeden Mittwoch einen freien Tag. Ich kann hier nur jedem empfehlen, wenn es irgendwie möglich ist, eine Teilzeit anzugehen und auf keinen Fall diese auf alle Tage in der Woche aufzuteilen. Nehmt auf jeden Fall einen ganzen Tag frei. Ich persönlich kann nur den Mittwoch empfehlen. Es ist einfach nur geil.

All dies hat mir außerdem ermöglicht, mich um eine neue Wohnung zu kümmern, die ich mir suchen musste, weil meine ekelhafte Vermieterin mir kündigen will. Ohne die Therapie und ohne das Venlafaxin hätte ich das ganz sicher nicht geschafft. So werde ich Ende Mai in eine neue Wohnung ziehen und ich freue mich sogar.

Ich wollte euch dies schildern, um zu zeigen, dass es möglich ist, dass wir uns wieder erfreuen können, an was auch immer, das es einen Weg gibt, mit ein bisschen Glück. Ich weiß nicht, wie es weiter geht. Vielleicht ist mein neuer Vermieter ein Arsch, vielleicht passieren Dinge in meinem Leben, die mich wieder und wieder in eine schwere depressive Phase treiben ..... aber vielleicht habe ich auch meinen Frieden gefunden und kann in der neuen Wohnung glücklich leben ..............

Re: Ein Weg ins Licht - vielleicht oder auch nicht

Verfasst: 26. Apr 2021, 18:44
von Henrike
Hallo buggybeast,

herzlichen Glückwunsch zur neuen Wohnung, du warst ja ziemlich im Stress wegen der Kündigung. Erfreulich, dass es dir jetzt besser geht. Ich selbst arbeite auch nur 4 Tage die Woche, die gewonnene Zeit ist mir mehr wert als das entgangene Gehalt.

LG Henrike

Re: Ein Weg ins Licht - vielleicht oder auch nicht

Verfasst: 27. Apr 2021, 13:48
von Strohi
Hallo buggybeast,

das ist eine tolle Story, die Mut macht - herzlichen Dank dafür.

Ich hoffe, dass Du Dich dauerhaft in Deiner neuen Wohnung wohl fühlst, dass Du stabil mit Deiner Arbeitszeit zu recht kommst und dass Dir Dein Therapeut sehr lange erhalten bleibt und ihr erfolgreich miteinander seid.

Ich bin jetzt 61 Jahre alt (wenn ich das schreibe, fühlt sich das komisch an, im Sinne "das kann doch nicht wahr sein"), bei mir wurde die Depression 2011 festgestellt, 2014 kam die Diagnose "Persönlichkeitsstörung" (mit der Ausprägung "ängstlich-vermeidend, selbstunsicher" und einer Akzentuierung "Kontrollzwang" und "Zwang") dazu; beide Krankheiten sind fest in mir verankert (sie schlummerten seit über 30 Jahren in mir und beeinflussten, was ich erst durch meine Therapien mitbekommen habe, unbewusst mein Denken, Fühlen und Tun) und leider auch stark miteinander verwoben und vernetzt, was die Psychotherapie schwieriger macht.

Umso mehr freue ich mich für Dich, und Deinen hoffentlich kräftig-mächtigen-andauernden Hoffnungsstrahl!

Wünsche Dir Gute und Liebes, herzliche Grüsse, strohi

Re: Ein Weg ins Licht - vielleicht oder auch nicht

Verfasst: 30. Apr 2021, 18:33
von Piero
Ja ich glaube, dich erschwert dein Leben durch diese immer wieder rezidivierenden Episoden der Depressionen. Ich bin jetzt auch seit 20Jahren an Depressionen erkrankt. In all diesen Jahren ereilten mich sehr viele Episoden inklusive psychiatrischen Krankenhausaufenthalt
Ich denke, auch es ist immer individuell, welche Art Therapie einem gut tut oder hilfreich sein kann, oder eben auch nicht. Das ist auch mit den Medikamenten so.
Ich werde demnächst auch wieder in eine psychiatrische Klinik eintreten. Ich bin aus dem Grossraum Basel in der Schweiz.
In den vergangenen 20Jahren ereilten mich sehr viele Episoden inklusive psychiatrischen Krankenhausaufenthalte.
Apropos Krankengeldversichert, welches dir die Privat-Krankengeldversicherung in psychischer Erkrankung vorenthaltet. Das ist schon auch eigenartig.

Wunderbar auch, dass du einen Therapeuten gefunden hast, der zu dir passt und durch den du wieder zu dir selbst gefunden hast. Und eine schöne Zeit sich für dich bereitstellte.
Mit den Medikamenten ist es schon so, dass nicht jedes einen sofort-Effekt erzielt.
Durch deine Teilzeitarbeit, deine neue Wohnung und dein zu dir passendes Venlafaxin hat das Glück wieder ein gutes Stück weit bei dir Einzug halten können.

Aber ich weiss auch, dass du immer wieder in der Zeit der Depression, schöne und erfreuende Intermezzi erfahren darfst. Und auf das will ich in meinem vor mir stehenden Klinikaufenthalt hinarbeiten.

Ich wünsche dir auf jeden Fall, alle Gute.

Herzliche Grüsse
Piero