Ich glaub ich muss mir hier einfach paar Worte von der Seele runterschreiben, doch wenn jemand hier einen guten Tipp oder Rat hat, immer her damit
Kurz zu meiner Situation: Ich werde demnächst 29 und hab in meinem Leben weniger erreicht als eigentlich gehofft. Nach meinem Abi habe ich mehrere Anläufe gebraucht, um einen passenden Bildungsweg zu finden (eine angefangene Ausbildung, zwei Studiengänge begonnen – nie etwas wirklich zu Ende gebracht), im Endeffekt habe ich mehrere Jahre als Barista gejobbt – was mir an sich Spaß gemacht hat. Nun bin ich, nach meinem letzten abgebrochenen Studium, wieder in meine Heimatstadt gezogen.
Der Lichtblick: ich zog zu meinem Freund, mit dem ich seit fast 10 Jahren zusammen bin. Kurz nach dem Umzug, habe ich mich um ein Studium im öffentlichen Dienst bemüht (da ich im letzten Studium ein paar Module hatte, die mir die Arbeit schmackhaft gemacht haben). Beim ersten Bewerbungsdurchgang fehlten ein paar medizinische Befunde, ein halbes Jahr später fehlten wieder Unterlagen. Und hier fängt das eigentliche Problem an. Obwohl ich mir selbst und meinen Liebsten immer wieder sage: „Ja, das ich das, was ich mein Leben lang machen will!“, manipuliere ich mich selbst. Ich habe die Papiere, obwohl ich sie hatte/ die einfach zu besorgen wären, immer auf den letzten Drücker eingereicht. Weil ich schon hier erschöpft war, hatte ich nicht alles auf dem Schirm, hab vergessen ein Dokument einzureichen – Frist verpasst. Zweite Absage.
Jetzt sitze ich hier, überlege, ob ich mein Leben lang hinter der Kaffeemaschine stehen will oder mich wieder bewerbe. An sich kein großes Problem, wenn ich nicht einen ziemlich penetranten Freund hätte. Im Gegensatz zu mir ist er ein Überflieger. Obwohl er gern seine Errungenschaften klein redet, ist er für mich ein Energiebündel, das seinesgleichen sucht. Arbeitet 8 – 17 Uhr, dann investiert er noch Zeit in ein eigenes Projekt, beschäftigt sich nebenbei mit Aktien, schafft es morgens zum Sport zu gehen und kommt dann abends mit einem Lächeln nach Hause und hilft mir beim Kochen.
Sein größtes Manko: er ist unempathisch. Er versteht nicht, wie schwer es für mich ist, mich zu konzentrieren; versteht nicht das ich keine Motivation habe, selbst wenn es unser gemeinsamer Familienwunsch ist. Er gibt mir das Gefühl, als ob er auf mich runterschaut, selbst wenn er versucht mich verbal vom Gegenteil zu überzeugen. Es gibt Situationen, wo ich mich von ihm bedrängt fühle.
Auf meine „Beichte“ hin, dass ich es wieder nicht geschafft habe, zum Studium zugelassen zu werden, reagierten meine Mutter und Schwester (beides ziemlich pragmatische/rationale Frauen), indem sie mich umarmten. Meinem Freund hingegen war es wichtiger, mir ein Rat zu geben, mich irgendwie „reinzuschmuggeln“, mir einen Anwalt zu holen.
Ich bin aber emotional nicht in der Lage. Ich bin müde, erschöpft und völlig ausgebrannt. Seit meinem 19. Lebensjahr bin ich ein Stehaufmännchen: Vater gestorben? Kein Ding, 2 Wochen später schrieb ich mein Abi und setzte ein Grinsen auf. Ausbildung wegen Depressionen abgebrochen und mich mit der Mutter heftig zerstritten? Passiert, schon hatte ich einen Job und zahlte Schulden ab, die sich angesammelt haben. Erstes Studium abgebrochen? Okay, dann halt nebenbei jobben und weiter umschauen. Aber es wird zu viel. Ich kann mich nicht darauf konzentrieren und weiter kämpfen.
Gestern kam der Bescheid mit der Ablehnung, heute hatte ich schon ein Bewerbungsgespräch im Café und wurde quasi sofort eingestellt. Aber ich habe keine Kraft mehr, um jetzt noch mich mit meiner vorherigen Niederlage zu beschäftigen und weiter zu kämpfen. Ich brauch eine Pause, selbst wenn mein Freund das nicht versteht / verstehen will.
Was mich aber noch weiter belastet, ist die Tatsache, dass wir schon vor paar Monaten darüber geredet haben, eine Familie zu gründen. Nur wollten wir, dass ich jedenfalls den Studienplatz fest habe. Jetzt entfällt das natürlich. Meine Befürchtung ist, dass auch mein Freund „zu müde“ ist, um mich weiter zu unterstützen (ich bin mir dessen bewusst, dass die Situation nicht klanglos an ihm vorbeizieht).
Es ist gerade sehr schwer, ich würde auch gerne wieder die Möglichkeit einer Therapie in Anspruch nehmen – da aber das Studium aufs Beamtentum hinausläuft, möchte ich mir das nicht mit einer laufenden Therapie verbauen.
So, das wars erstmal von mir. Ich hoffe ihr habt noch einen angenehmen Abend, ich mach mir erstmal ein Tee
Liebe Grüße