Umgang mit Einweisungen
Verfasst: 5. Mär 2021, 13:44
Hallo Ihr lieben,
Derzeit mache ich mir viele Gedanken über meine Krankenhauseinweisung im letzten Jahr. Es ist jetzt ziemlich genau ein Jahr her, dass ich das erste Mal wegen meiner Depression ins Krankenhaus musste. Es ging von jetzt auf gleich. Das heißt ich hatte ein Notfallgespräch mit einer Psychotherapeutin und dann einer Psychiaterin und musste am gleichen Tag ins Krankenhaus. Das war damals ein ziemlicher Schock für mich, da ich mir 100% sicher war, dass ich mir alles nur einbilde. Ich war also die ersten beiden Wochen damit beschäftigt, darauf zu warten, dass das Pflegepersonal mich endlich wieder entlässt, da ich ja nicht krank war. Ich hatte auch riesige Angst enttarnt zu werden.
Im Nachhinein bin ich unendlich dankbar, dass mir geholfen wurde. Nachfolgend habe ich ein paar Gedanken dazu aufgeschrieben, wie es mir in der Zeit vor der Einweisung ging. Ich hab alle Namen geändert
Wie erging es euch mit Krankenhauseinweisungen? Wart ihr froh, dass ihr Hilfe bekommen habt oder habt ihr euch anfangs auch gewehrt?
Angst.
So viel Angst.
Sie ist glühend heiß. Nimmt alles ein.
Und dann ist da nichts mehr, außer diesem Gefühl. Alles andere ist weg. Aufgegessen. Und die Zeit raste dahin und blieb nicht mehr stehen.
Und dann steht Maja vor mit. Sieht mich an und nimmt mich in den Arm. Und dann bekommt die Zeit doch einen Ruck und stottert. In dieser rasenden Zeit war sie immer mein Anker. Hat mich aufgehalten und die Wolken verschoben. Für mehrere Monate wusste ich nicht wohin mit mir. Ich bestand nur noch aus Angst. Angst aufzufliegen. Angst mich zu verlieren. Angst nie wieder stehen bleiben zu können. Ich war mir sicher, dass alle Menschen blind waren. Wieso konnte niemand sehen, wie es mir ging? Wie ich Stück für Stück auseinander fiel? Zu einen Häufchen Elend.
Nachts konnte ich nicht mehr schlafen. Alpträume plagten mich. Was, wenn doch jemand hinsah? Sag, dass ich eine Betrügerin war? Das ich jeden nur etwas vorspielte? So blind konnten doch nicht alle sein. In ihren Reihen lief die größte Versagerin der Welt und niemand bemerkte es? Die Welt wurde immer dunkler.
Nichts konnte mich berühren. Ich konnte nichts berühren. Ich verstand nichts mehr. Spürte nichts. Da war nur dieses große schwarze Loch in mir und es konsumierte alles. Alle Gefühle. Alles Leben. Alle Gedanken. Ich konnte nicht mehr denken. Alle Gedanken waren schwarz. Und müde.
Und über allem stand die Frage: Wieso sieht mich keiner? Ich versuchte meine Arbeit. Doch auch da verstand ich nichts mehr. Ich vergab Termine, schrieb Briefe, telefonierte. Doch wozu? Ich machte doch eh alles falsch. Wieso sieht das keiner? Die Akten wurden mehr. Ich musste mehr Termine vergeben, mehr Gespräche führen, mehr Fragen stellen. Doch warum? Ich konnte es doch eh nicht.
Und versuchte mir Hilfe zu holen. Begriff, dass irgendwas nicht in Ordnung war. Fragte Max. Johann, Maja. Irgendwer musste mir helfen, musste mir helfen mich zu sortieren. Nur noch dieser eine Fall. Nur dieser Klient. Das war doch nicht so schwierig. Nur noch das und dann wurde alles wieder gut, dann könnte ich wieder atmen. Wieder Leben.
Wenn es doch nur so einfach gewesen wäre.
Ich konnte kaum mehr atmen Immer wieder holte ich tief Luft. Zitterte. Bebte. Mein Herz wummerte.
„DU zitterst immer, wenn du bei mir bist.“ Da. Mein Strohhalm. Maja bemerkte es. Konnte sie mir helfen? Maja. So aufmerksam. Hilfe. Bitte hilf mir. Doch wie sollte ich mich bemerkbar machen? Wie konnte ich Hilfe von ihr holen, ohne aufzufliegen? Dann würde sie merken, dass ich ihr in all der Zeit nur etwas vorgespielt hatte. Sie würde merken, dass meine Gefühle falsch gewesen sind. Dass ich sie nur angelogen habe. Die ganze Zeit nur angelogen habe.
Denn wer konnte glauben, dass ich so tiefe Gefühle haben konnte? Ich, der Eisblock? Noch nie habe ich so tief für einen Menschen empfunden. Mit ihr war alles möglich. Sie ließ mich lebendig fühlen. Etwas fühlen. Sie machte mich stark. Unbesiegbar.
Einmal habe ich mich ihr anvertraut. Das da oft diese schwarzen Wolken seien, die mich nutz- und wertlos machten. Sie wurde wütend, dass ich so etwas nicht denken sollte. Ich musste ihr versprechen zu kämpfen.
Wir ahnten beide nicht, wie groß diese Wolken schon waren.
Dann war da der Tag, wo ich Ute einen Fall erklären sollte. Sollte. Sollte. Und nicht konnte. Ich wusste nicht, worüber sie sprach. Habe ich so was je schon mal gemacht? Schon hunderte Male, Dich nicht heute. Rien ne vas plus. Finito. Ich begrüßte Gudrun und wankte in mein Büro. Alles war aus Watte und ich war aus Luft.
Dann klingelte mein Telefon.
Maja.
„Gudrun macht sich Sorgen. Was ist los?“ Sie sorgte sich. Doch ich wusste keine Antwort. Ja, was war denn los? Ich belog die ganze Welt? Ich war unausstehlich zu meinen Eltern. Ich konnte sie nicht mehr ertragen. Ihre Lügen. Ihr Getue. Alles war so klar. Und doch so schwer.
An diesen Tag ging ich zum Arzt und dann nach Hause. Alles hatte seinen Anfang.
Die folgenden Tage sind nur noch Szenen in meinen Kopf. Kein Ganzes. Nur Halbes.
„Du bist nie krank zu Hause.“
„Du kannst so nicht arbeiten.“
„Ich hab dich lieb, hörst du? Ich hab dich lieb.“
„Du hast Borderline.“
„Sie ist sicher zu Hause.“
„Sie sind der Ursprung des Verderbens.“
„Sie müssen ins Krankenhaus.“
Und dann war da dieses Wochenende. Das schlimmste meines Lebens. Ich war bei meinen Eltern. Suchte Halt. Doch verlor mich komplett. Am Montag würde ich endlich enttarnt werden. Dann würden alle sehen, was ich geschauspielert habe. Das ich allen eine Erkrankung einreden kann, die ich nicht habe. Dann würde die Welt zerbrechen. Chaos würde ausbrechen. Alles wurde immer wieder schwarz.
Montag.
„Sie können so kein Auto fahren.“
Frau Ackermann wies mich ins Krankenhaus ein.
Zu all der Angst formte sich Hoffnung. Erleichterung.
Endlich Hilfe.
Derzeit mache ich mir viele Gedanken über meine Krankenhauseinweisung im letzten Jahr. Es ist jetzt ziemlich genau ein Jahr her, dass ich das erste Mal wegen meiner Depression ins Krankenhaus musste. Es ging von jetzt auf gleich. Das heißt ich hatte ein Notfallgespräch mit einer Psychotherapeutin und dann einer Psychiaterin und musste am gleichen Tag ins Krankenhaus. Das war damals ein ziemlicher Schock für mich, da ich mir 100% sicher war, dass ich mir alles nur einbilde. Ich war also die ersten beiden Wochen damit beschäftigt, darauf zu warten, dass das Pflegepersonal mich endlich wieder entlässt, da ich ja nicht krank war. Ich hatte auch riesige Angst enttarnt zu werden.
Im Nachhinein bin ich unendlich dankbar, dass mir geholfen wurde. Nachfolgend habe ich ein paar Gedanken dazu aufgeschrieben, wie es mir in der Zeit vor der Einweisung ging. Ich hab alle Namen geändert
Wie erging es euch mit Krankenhauseinweisungen? Wart ihr froh, dass ihr Hilfe bekommen habt oder habt ihr euch anfangs auch gewehrt?
Angst.
So viel Angst.
Sie ist glühend heiß. Nimmt alles ein.
Und dann ist da nichts mehr, außer diesem Gefühl. Alles andere ist weg. Aufgegessen. Und die Zeit raste dahin und blieb nicht mehr stehen.
Und dann steht Maja vor mit. Sieht mich an und nimmt mich in den Arm. Und dann bekommt die Zeit doch einen Ruck und stottert. In dieser rasenden Zeit war sie immer mein Anker. Hat mich aufgehalten und die Wolken verschoben. Für mehrere Monate wusste ich nicht wohin mit mir. Ich bestand nur noch aus Angst. Angst aufzufliegen. Angst mich zu verlieren. Angst nie wieder stehen bleiben zu können. Ich war mir sicher, dass alle Menschen blind waren. Wieso konnte niemand sehen, wie es mir ging? Wie ich Stück für Stück auseinander fiel? Zu einen Häufchen Elend.
Nachts konnte ich nicht mehr schlafen. Alpträume plagten mich. Was, wenn doch jemand hinsah? Sag, dass ich eine Betrügerin war? Das ich jeden nur etwas vorspielte? So blind konnten doch nicht alle sein. In ihren Reihen lief die größte Versagerin der Welt und niemand bemerkte es? Die Welt wurde immer dunkler.
Nichts konnte mich berühren. Ich konnte nichts berühren. Ich verstand nichts mehr. Spürte nichts. Da war nur dieses große schwarze Loch in mir und es konsumierte alles. Alle Gefühle. Alles Leben. Alle Gedanken. Ich konnte nicht mehr denken. Alle Gedanken waren schwarz. Und müde.
Und über allem stand die Frage: Wieso sieht mich keiner? Ich versuchte meine Arbeit. Doch auch da verstand ich nichts mehr. Ich vergab Termine, schrieb Briefe, telefonierte. Doch wozu? Ich machte doch eh alles falsch. Wieso sieht das keiner? Die Akten wurden mehr. Ich musste mehr Termine vergeben, mehr Gespräche führen, mehr Fragen stellen. Doch warum? Ich konnte es doch eh nicht.
Und versuchte mir Hilfe zu holen. Begriff, dass irgendwas nicht in Ordnung war. Fragte Max. Johann, Maja. Irgendwer musste mir helfen, musste mir helfen mich zu sortieren. Nur noch dieser eine Fall. Nur dieser Klient. Das war doch nicht so schwierig. Nur noch das und dann wurde alles wieder gut, dann könnte ich wieder atmen. Wieder Leben.
Wenn es doch nur so einfach gewesen wäre.
Ich konnte kaum mehr atmen Immer wieder holte ich tief Luft. Zitterte. Bebte. Mein Herz wummerte.
„DU zitterst immer, wenn du bei mir bist.“ Da. Mein Strohhalm. Maja bemerkte es. Konnte sie mir helfen? Maja. So aufmerksam. Hilfe. Bitte hilf mir. Doch wie sollte ich mich bemerkbar machen? Wie konnte ich Hilfe von ihr holen, ohne aufzufliegen? Dann würde sie merken, dass ich ihr in all der Zeit nur etwas vorgespielt hatte. Sie würde merken, dass meine Gefühle falsch gewesen sind. Dass ich sie nur angelogen habe. Die ganze Zeit nur angelogen habe.
Denn wer konnte glauben, dass ich so tiefe Gefühle haben konnte? Ich, der Eisblock? Noch nie habe ich so tief für einen Menschen empfunden. Mit ihr war alles möglich. Sie ließ mich lebendig fühlen. Etwas fühlen. Sie machte mich stark. Unbesiegbar.
Einmal habe ich mich ihr anvertraut. Das da oft diese schwarzen Wolken seien, die mich nutz- und wertlos machten. Sie wurde wütend, dass ich so etwas nicht denken sollte. Ich musste ihr versprechen zu kämpfen.
Wir ahnten beide nicht, wie groß diese Wolken schon waren.
Dann war da der Tag, wo ich Ute einen Fall erklären sollte. Sollte. Sollte. Und nicht konnte. Ich wusste nicht, worüber sie sprach. Habe ich so was je schon mal gemacht? Schon hunderte Male, Dich nicht heute. Rien ne vas plus. Finito. Ich begrüßte Gudrun und wankte in mein Büro. Alles war aus Watte und ich war aus Luft.
Dann klingelte mein Telefon.
Maja.
„Gudrun macht sich Sorgen. Was ist los?“ Sie sorgte sich. Doch ich wusste keine Antwort. Ja, was war denn los? Ich belog die ganze Welt? Ich war unausstehlich zu meinen Eltern. Ich konnte sie nicht mehr ertragen. Ihre Lügen. Ihr Getue. Alles war so klar. Und doch so schwer.
An diesen Tag ging ich zum Arzt und dann nach Hause. Alles hatte seinen Anfang.
Die folgenden Tage sind nur noch Szenen in meinen Kopf. Kein Ganzes. Nur Halbes.
„Du bist nie krank zu Hause.“
„Du kannst so nicht arbeiten.“
„Ich hab dich lieb, hörst du? Ich hab dich lieb.“
„Du hast Borderline.“
„Sie ist sicher zu Hause.“
„Sie sind der Ursprung des Verderbens.“
„Sie müssen ins Krankenhaus.“
Und dann war da dieses Wochenende. Das schlimmste meines Lebens. Ich war bei meinen Eltern. Suchte Halt. Doch verlor mich komplett. Am Montag würde ich endlich enttarnt werden. Dann würden alle sehen, was ich geschauspielert habe. Das ich allen eine Erkrankung einreden kann, die ich nicht habe. Dann würde die Welt zerbrechen. Chaos würde ausbrechen. Alles wurde immer wieder schwarz.
Montag.
„Sie können so kein Auto fahren.“
Frau Ackermann wies mich ins Krankenhaus ein.
Zu all der Angst formte sich Hoffnung. Erleichterung.
Endlich Hilfe.