Neue Kontakte knüpfen

[Wandervogel]

Hallo Leute,

In unserer Stadt gibt es die Internetplattform Nebenan.de.

Darüber bin ich mit zwei Teilnehmerinnen aus der näheren und entferneteren Nachbarschaft via E-Mail in Kontakt gekommen.

Die eine hatte vorgeschlagen, dass wir uns via skyp oder zoom in Kontakt treten, was bei mir z. Zt. noch nicht möglich ist, da mein Bildschirm keine Kamera hat (habe ich bis dato auch nie gebraucht).

Nun schlug sie vor, dass wir ja telefonieren könnten, da persönliche Kontakte ja zur Zeit nicht möglich sind.
Die Idee finde ich vom Grundsatz her ja nicht schlecht.

Dennoch fühle ich große Verunsicherung und sogar Angst.
Ich kenne diese Person doch noch gar nicht richtig. Wir haben ja erst drei Mal miteinander gemailt. Was soll ich denn da sagen?

Außerdem habe ich in ihrer letzten Mail erfahren, dass sie Kultur-, Familien- und Gesellschaftsforscherin ist und dass sie einen Abenteuerroman schreibt.
Mit anderen Worten sie ist gut situiert. Ich beziehe seit 14 Jahren EM-Rente und habe auch bildungstechnisch nicht so viel vorzuweisen (was nicht heißt, dass ich total verblödet bin ).

Nun schrecke ich vor diesem Kontakt wieder zurück. Ich fürchte mich davor abgelehnt zu werden, weil ich nicht ganz so gebildet (also nicht studiert) bin, nicht so viel Geld habe (zwar kein Hartz IV aber eben nicht im Geld schwimme ).

Ich habe Angst davor, dass sie vielleicht auf mich herabblickt. Ich muss dazu sagen, dass ich eine Schwester habe (mit der ich aber schon seit fast 20 Jahren keinen Kontakt mehr habe), die es im Leben zu was gebracht hat. Sie hat viel Geld, ein tolles Haus, 3 gut geratene Kinder.
Ich dagegen war nur bis zur Rente einfache Versicherungsangestellte, lebte in einer günstigen Mietwohnung in der Stadt und mein Mann ist eben nur Beamter und nicht Geschäftsführer wie mein Schwager. Sie behandelte uns immer gönnerhaft und blickte abwertend auf uns herab.
Nun fürchte ich, dass die neuen Bekannte vielleicht ähnlich drauf und mich dann vielleicht wieder in die Wüste schickt.

Ich habe in der Vergangenheit so viele schmerzhafte Erfahrungen bei Kennenlernen neuer Menschen gemacht. Die Kontakte dauerten dann vielleicht eine Weile, fingen auch gut an, doch dann wendeten sie sich wieder von mir ab. Oft auch wegen meiner Erkrankung.
(Der neuen Bekannten habe ich auch noch nichts über meine Erkrankung erzählt und ich möchte es auch nicht tun).
Nun fürchte ich mich im allgemeinen davor, neue Kontakte zu knüpfen, weil ich Angst vor dieser schmerzlichen Erfahrung habe. Ich glaube, dass ich es nicht mehr ertragen kann, wenn ich wieder fallen gelassen werde.

Ich bin also hin und her gerissen. Auf der einen Seite würde ich den Kontakt weiter aufnehmen und auf der anderen Seite, habe ich große Angst vor Verletztung und Enttäuschung.

Was kann ich tun???

Liebe Grüße

[Henri1983]

Ich würde den Kontakt suchen.
Man ist meist von den Sachen enttäuscht, die man nicht gemacht hat, nicht von denen, die man probiert hat.
Viel Erfolg.

[Sunshine5678]

Was macht eine Persönlichkeit, ein Mensch aus?
Studium, toller Beruf, grosse durchdesignde Wohnung oder Haus, exorbitant Gehalt, etc.?
NEIN, für mich ist es die Seele, das Innere.
Versuche doch ein Telefonat und dann weisst du schon vielleicht mehr.
LG Claudia

[Gertrud Star]

Ich würde es auch versuchen. Vielleicht entsteht ja ein netter Kontakt.
Gerade Menschen mit dieser Ausbildung beschäftigen sich viel mit der Welt und teils auch mit den Tiefen des Daseins. Schriftsteller sind vielleicht auch oft alleine und müssen sich auch um Kontakt bemühen, oder verabreden sich gerne mal auf einen Spaziergang, was zu zweit leichter fällt und mehr Spaß machen kann. Viele Schriftsteller verdienen selber nicht so viel, vermute ich mal. Dagegen brauchen sie für ihren Beruf das reale Leben als Inspiration.
Wenn es bisher nett war, und man eh nebenan wohnt, spricht nix dagegen für mich.

[Nachtmensch]

Hallo Wandervogel,

ich denke, Du solltest ruhig auch mal mit deinem Kontakt telefonieren. Eine Stimme sagt doch auch viel aus und wenn man sogar mal gemeinsam lachen kann ist das doch schöner als Emojis in eine Nachricht zu stecken. Und solltest Du merken, dass es doch nicht passt, sei nicht enttäuscht. Sowas kommt vor, manchmal früher, manchmal pass es erst nach Jahren nicht mehr. Dann distanziert man sich eben wieder.

Viele Grüße
R.

[Katerle]

@ Wandervogel

Deine Unsicherheit und Angst ist nachvollziehbar, wenn du bisher solche schmerzhaften Erfahrungen mit Kontakten gemacht hast.
Du kannst ja sagen, dass es dir noch zu früh ist, also das ihr euch noch Zeit lasst mit dem Telefonieren und ihr ja erst mal weiterschreiben könnt. Dann könnt ihr immer noch entscheiden, wie es weitergeht.
Es ist sehr schlimm, wenn man immer wieder fallengelassen wird und da ist es ganz verständlich, dass man dann Angst hat vor neuen Kontakten oder gar verunsichert ist.
Ich bin auch ein kontaktfreudiger Mensch, aber was Telefonieren angeht, auch eher unsicher und ängstlich, was auch mit was anderem zu tun hat... Von daher auch vorsichtiger (aufgrund meiner Erfahrungen).

LG Katerle

[Sul]

Hallo Wandervogel,

diese Menschin klingt spannend. Warum nicht ausprobieren? Mit möglichst geringen Erwartungen. Spielerisch. Und vielleicht auch mit einem Blick auf sich selber, welche Muster da sofort wieder anspringen, was der eigene Anteil ist.

Ich bin davon überzeugt, dass schlechte Erfahrungen nur durch gute Erfahrungen überschrieben werden, können.

Viel Erfolg, Sul

[Wandervogel]

Ein ganz liebes Hallo an alle

Wow!
Hätte nicht gedacht, dass so viele auf mein Post antworten. Gestern hatte ich kurz reingeschaut und da war noch nix. Hatte mir schon Sorgen gemacht, dass ich hier vielleicht "geschnitten" werde oder so. OMG wie peinlich ist das denn?! Mein gottverdammten Ängste, was das Zwischenmenschliche angeht.

Ich habe gestern auch mit meinen Mann nochmal über die ganze Sache gesprochen. Er hat ja das Desaster mit den geplatzten Freundschaften auch mitbekommen. Er meinte auch, ich könne das mit dem Telefonieren ja mal probieren und schauen worauf das so hinausläuft. Ich zögere noch...wäge immer noch ab, aber die Tendenz geht zum "Probieren über studieren".
Ich habe ihm aber gesagt, dass er mich dann mal wieder auffangen muss, wenn es wieder so endet wie bisher.

Also ganz ganz ganz lieben Dank für Eure aufmunternden Antworten.

Ich habe am Mittwoch einen Termin mit meiner Thera und werde das Thema nochmal intensiv ansprechen.

Ich möchte, dass sich da was ändert. Ich wünsche mir, dass mich das dann nicht mehr so verletzt, wenn es nicht klappt oder in die Brüche geht. Ich möchte einen konstrukiveren Umgang mit dieser Art von Konflikt finden. Ja und vielleicht auch meinen Anteil daran herausfinden. Die anderen kann ich ja nicht ändern sondern nur mich selbst.

Ganz liebe Grüße

[Hilarius]

Hallo Wandervogel,
ich kann Dir aus eigener Erfahrung sagen, dass man sich als "gut Situierter" auch durchaus einsam fühlen kann (weil man z.B. nicht viele Kollegen hat oder diese eher Konkurrenten sind, weil der berufliche Weg Umzüge erforderten, die viele Freundschaften nicht überlebten, etc.) und sich dann über Kontakte freut. Und ich erlebe es dann auch, dass durch meinen Beruf eher Vorbehalte und Ängste ausgelöst werden wie bei Dir. Und das finde ich schade. Denn auch wenn die Lebenswelten unterschiedlich sind, kann man ja auch menschlich voneinander profitieren - und vielleicht sogar noch mehr, als wenn man immer "im eigenen Saft schmort".
Also nur Mut! Wenn es nicht klappt, heißt es nicht, dass mit Dir was nicht in Ordnung ist. Vielleicht hat es einfach nicht gepasst. Oder die Möglichkeiten konnten nicht genutzt werden, wofür es verschiedene Gründe geben kann.
Viel Erfolg!
Hilarius

[Wandervogel]

Hallo Hilarius

Danke auch Dir für den mutmachenden Post.

So habe ich das noch nie gesehen.
Ich dachte gut betuchte haben Freunde wie Sand am mehr. Schließlich können sie sich viel mehr Unternehmungen leisten (Theater, Essen gehen etc.). Was mir mit kleinerer Rente nicht ganz so möglich ist.

Danke für die andere Sichtweise.

Lieben Gruß

[szegfue75]

Hallo Wandervogel,
danke für deinen Thread. Deine Ängste, was das Kennenlernen neuer Menschen angeht, kenne ich gut.
Ein Gedanke, den ich beim Lesen hatte, war, dass man niemals die Hoffnung aufgeben und jedem eine Chance geben sollte. Damit möchte ich sagen, dass es immer möglich ist, dass man auf liebe Menschen trifft, die es gut mit dir meinen und sich für dich als Mensch interessieren so wie du bist.
Wenn wir schlechte Erfahrungen gemacht haben und nicht darauf achten, gehen wir mit Vorurteilen an die neuen Kontakte ran. Und dann kann es auch sein, dass sich die selbst-erfüllende-Prophezeiung erfüllt. Und wieder ist man um eine schlechte Erfahrung reicher und wieder ein Stückchen misstrauischer. Aber auch das Vermeiden ist keine Lösung. Sie ist bequem, aber auf lange Sicht kontraproduktiv. Darf ich fragen, ob du eine Therapie machst? Vielleicht wäre diese Situation mit dem neuen Kontakt ein gutes Thema für die nächste Therapiestunde?
Die Idee von Katerle finde ich ganz gut. Wenn du den bisherigen Kontakt via Mail gut findest und noch nicht telefonieren möchtest, kannst du vorschlagen die Kommunikation vorerst beim Mailkontakt zu belassen. Wobei ich die Frau, die mit dir telefonieren möchte, gut verstehen kann. Beim Schreiben fehlt einfach etwas. Man kann auch vieles falsch verstehen. Beim Telefonieren hört man auch die Stimme und hört die Stimmung des Gesprächpartners zwischen den Zeilen. Wie heißt es so schön? Der Ton macht die Musik
LG, Szegfue