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3 unterschiedliche Diagnosen und Druck vom Partner erzeugt Gegendruck

Verfasst: 6. Okt 2004, 10:59
von Britta30
Selbst therapiebedürftig und nun darf ich meinen Mann therapieren?

Erst mal hallo,

direkt mit der Tür ins Haus zu fallen ist ja nicht so toll...

Zur Situation: Ich bin Krankheitseinsichtig, möchte auch gerne Hilfe in Anspruch nehmen und habe, weil mein Mann mit keiner Diagnose der Neurologen zufrieden war, nun den fünften Arzttermin am Freitag. Folgende Diagnosen stehen zur Auswahl Bipolare affektieve Störung, emotional instabile Persönlichkeitsstörung, reaktieve Depression und dependente Persönlichkeitsstörung.

Angefangen hat der zusätzliche Stress, den ich nun gar nicht brauchen kann, als mein Mann mir bei der Internetrecherche zu obigen Diagnosen über die Schulter geschaut hat. Er behauptet, die Ärzte würden ja nur eine Momentaufnahme von mir haben und würden mein Krankheitsbild durch mich verfälscht geschildert bekommen.

Dummerweise hab ich nach dem Gespräch in der Uniklinik von deren Therapievorschlag erzählt und dass ich selbigen ablehne, weil auch meine Therapeutin mir dazu geraten hat, als da wäre: "Wir nehmen sie mal 2 Wochen hier auf, um sie auf Medikamente einzustellen, am besten Litium."

Mein Mann flippt nun aus, weil es für ihn so aussieht, als würde ich Hilfe verweigern. Nun sei ich Schuld, dass er im Beruf (GF einer grossen Fabrik) nicht mehr leistungsfähig sei und irgendwann seinen Job verliere bzw. selbst reif für die "Klappsmühle" sei. Der nun sich zuspitzende Steit, um die unterschiedlichen Diagnosen und meine angebliche Unehrlichkeit gegenüber den Fachärzten gekoppelt mit tausend Vorwürfen hilft mir "nicht wirklich". Nun übt mein Mann sich selbst in Diagnoseerstellung und Differenzialdiagnose, toll, ich bin begeistert!

Hintergrund meiner Klinikphobie ist ein 6 Monatiger Aufenthalt, nicht etwa psychatrie, sondern nach einem schweren Verkehrsunfall mit anschliessender Reha. Alleine die Vorstellung, keine Privatssphäre zu haben, die Sorge um 2 Riesenhunde, Versorgung meiner Tochter hat mich dazu bewogen, eine Alternative zu suchen. Inzwischen bin ich aber so Verunsichert, welche Sachen ich nun dem neuen Neurologen sagen soll, weil ich durch Aussagen meines Mannes selbst nicht mehr weiss, was stimmt oder ich evtl. übernommen habe.

Kompliziert oder?

Geht`s jemandem ähnlich? Das Verhalten meines Mannes kann ich sogar nachvollziehen, denn er sieht in jedem Versuch den berühmten Strohalm, dass es mit meiner Depression, oder was es nun auch immer sein mag, endlich mal bergauf geht.

Liebe Grüsse
Britta

Re: 3 unterschiedliche Diagnosen und Druck vom Partner erzeugt Gegendruck

Verfasst: 9. Okt 2004, 21:06
von Xavro
Hallo Britta,

da steckst Du wirklich in einer blöden Situation. Das schlimme an solchen Situationen ist, daß einem da eigentlich niemand helfen kann. Das kenne ich nur zu gut.

Das Du inzwischen fünf unterschiedliche Diagnosen hast, spricht Bände über die häufige Inkompetenz im deutschen Ärztewesen. Auch dieses kenne ich nur allzu gut. Ich informiere mich dann auch erst einmal selbst über die einzelnen Diagnosen und überprüfe inwieweit das mit dem von den Ärzten gesagtem übereinstimmt. Letzten Endes bleibt es aber oft eine Gefühlssache und eine Frage wem man am ehesten vertraut.

Dein Mann hält keine der Diagonosen für richtig. Hast Du denn für Dich selbst schon eine Wahl getroffen?

Mich wundert ein wenig, daß Dir Deine Therapeutin einen so direkten Rat gegeben haben soll ("gehen Sie nicht in die Klinik"). Sowas sollten die nämlich eigentlich nicht tun.

Im Allgemeinen sind Uni-Kliniken recht gute Anlaufstellen, dort sind die Ärzte halt doch am ehesten auf dem neuesten Stand. Jedenfalls weit näher, als die meisten niedergelassenen Ärzte ("Weiterbildung? Was ist das?"). Hast Du denen Deine Bedenken bezüglich der stationären Behandlung geschildert? Gab es keine Alternativen? Nur um Dich auf Lithium einzustellen, mußt Du nicht unbedingt in die Klinik. Gibt es da keine Tagesklinik (tagsüber Therapie und Behandlung in der Klinik, aber zuhause schlafen)?

Es wäre auch zu klären, ob die Krankenkasse bei Deiner Vorgeschichte nicht doch ein Einzelzimmer bezahlt.

Dem neuen Neurologen würde ich einfach genau das sagen, was Du hier geschrieben hast. Je umfassender Du Deine Situation schilderst, desto eher sollte er in der Lage sein, ein passendes Therapiekonzept auszuarbeiten.

Hast Du schon einmal daran gedacht, deinen Mann zum Arzt mitzunehmen? Dann kann er sich ja selbst davon überzeugen was Du erzählst und dem Arzt seine Version berichten. Ein guter Arzt wird trotzdem noch einmal mit Dir alleine sprechen.

Falls Dein Mann ablehnt mitzukommen, kann er Dir auch nichts mehr vorwerfen. Und wenn er schon mal beim Arzt ist, kann er sich dann auch gleich selbst behandeln lassen (falls er behandlungsbedürftig ist).

Ich hoffe, ich konnte Dir mit meinen Fragen ein paar Anregungen geben. Ich fürchte, daß ist alles, was man hier im Forum für Dich tun kann. Entscheiden mußt Du Dich leider selbst.

Gruß
Xavro

Re: 3 unterschiedliche Diagnosen und Druck vom Partner erzeugt Gegendruck

Verfasst: 9. Okt 2004, 22:56
von Barbra
Hallo Britta,

ich habe selbst auch eine Persönlichkeitsstörung, mit der ich mich erst mal intensiv auseinandersetzen musste. Eine der besten Seiten, die ich im Netz gefunden habe, ist
http://www.persoenlichkeits-stoerungen.de/

Hier sind Symptome, Entstehungsgeschichte und Behandlungsmethoden sehr gut beschrieben.

Vielleicht erkennst Du Dich da irgendwo wieder, kannst es u.U. irgendwie deuten? Ich gehe davon aus, dass Dir die ganze Symptomatik sehr viel bewusster ist als Deinem Mann, schließlich bist DU es, die fühlt, wie es Dir geht.

Ich wünsche Dir viel Erfolg beim Angehen dieser Geschichte

Gruß
Barbara

Re: 3 unterschiedliche Diagnosen und Druck vom Partner erzeugt Gegendruck

Verfasst: 10. Okt 2004, 22:47
von Edeltraud
Hallo Britta,

die m.E. informativste Seite zu bipolare Störung:
http://www.dgbs.de

Das Diagnostizieren sollte Dein Mann besser den Ärzten überlassen.

Wichtig ist, dass Du die Fragen der Ärzte ehrlich beantwortest. Nicht schummeln!

Mehrere Diagnosen nebeneinander brauchen Dich nicht zu beunruhigen. Eine Diagnose schließt oft eine andere nicht aus.


Viele Grüße
Edeltraud

Re: 3 unterschiedliche Diagnosen und Druck vom Partner erzeugt Gegendruck

Verfasst: 10. Okt 2004, 23:17
von Xenia
Aber am allerwichtigsten finde ich es, wenn Dein Mann und Du aufhören könntet, Dich über das Internet in irgendeine Diagnose zu pressen...

Ob eine Diagnose zutrifft oder nicht hängt von vielen Dingen ab, die im Intenet noch gar nicht einmal aufgeführt sein müssen. Und es zählt der Gesamteindruck von Dir. Dein Mann und Du könnt m.E. keine Diagnose "richtig" stellen, weil ihr nicht objektiv seit.

Gehe alleine zum Psychiater und sprich offen mit ihm. Schalte am besten alles ab, was Du aus dem Internet hast. Dann kann Dir der Arzt noch am ehesten weiterhelfen. Offen und erhlich mußt Du ihm gegenüber allerdings sein. Sonst kannst Du nicht profitieren.

Viel Glück!

Xenia