chronisch krank

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timmie2002
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chronisch krank

Beitrag von timmie2002 »

Zehn Jahre bin ich nun erkrankt. Das kann man wohl chronisch nennen.
Im Gesamtverlauf wurde es immer schlimmer, obwohl ich mich so früh wie möglich in Behandlung begeben habe, mehrere Therapien machte, stationär, teilstationär und ambulant, und verschiedene Medikamente ausprobierte.
Mein Status heute: Ich beziehe EU-Rente, wohne nach vier Jahren WG mit einem guten Freund wieder mit meinem Hund allein in einer Stadt, zu der ich keinen wirklichen Bezug habe. Ich habe ständige und häufig sehr tiefe Stimmungsschwankungen, halte meine Wohnung einigermaßen sauber und ordentlich, bin größtenteils jedoch antriebslos, müde und erschöpft, empfinde häufig Traurigkeit und Sinnlosigkeit meines Lebens.
Meine Erkrankung habe ich selber und mit Hilfe der vielen Therapien ganz gut analysiert und kennengelernt, weiß im Großen und Ganzen auch, wie ich mit ihr und mit bestimmten Situationen umgehen soll bzw. müsste. Im Alltag nützt mir dieses Wissen nicht viel, jedenfalls nicht in dem Maße, dass es mir gelingen könnte, meinen Zustand zu verbessern.
Meine Gefühlswelt könnte man wohl als chaotisch beschreiben. Es reicht von völlig abgestumpft und leer bis zu emotional total überladen, abgrundtief traurig. Mein Lebenssinn besteht nur noch darin, jeden Tag irgendwie zu überstehen. In den ersten Jahren begleitete mich noch immer ein gewisser Optimismus, die Hoffnung Verbesserung zu erreichen. Heute lebe ich in völliger Resignation, Hoffnungs- und Sinnlosigkeit, bin nur noch mut- und hilflos, lebensmüde. Möchte hier aber betonen: nicht akut suizidal.
Meine Resignation hat wohl mit dazu geführt, dass ich meine letzte Therapie in einer Psychischen Institutsambulanz abgebrochen habe. Ich will keine Hilfe mehr annehmen, weil nichts fruchtbringend ist.
Arbeitsunfähig zu sein, keinen richtigen Platz in der Gesellschaft zu haben, die Krankheit nicht wirklich zu bewältigen verstärken meine Gefühle der Wert- und Nutzlosigkeit. Es ist irgendwie ein Teufelskreislauf, den ich nicht durchbrechen kann.
Wenn ich Dokumentationen über Depression sehe, werden immer Beispiele von Menschen gezeigt, die es geschafft haben, mit der Erkrankung umzugehen. Ebenso in Talkshows. Das erzeugt und vertieft in mir das Gefühl der Unfähigkeit: ICH bin nicht in der Lage, meinen Zustand zu verbessern.
Ich weiß, dass ich mein Denken in positive Richtung lenken sollte, erreiche aber nur das Gegenteil.
Ich bin Gefangene meiner selbst, meiner Depression, meiner strukturellen Persönlichkeitsprobleme. Ich kann mich aus diesem Gefängnis nicht befreien.
Warum ich das hier schreibe? Keine Ahnung. Vielleicht einfach nur, um es mal raus zu lassen.
HomeSweetHome
Beiträge: 12
Registriert: 26. Aug 2020, 15:27

Re: chronisch krank

Beitrag von HomeSweetHome »

Hallo Timmie,

ich würde Dir so gerne helfen, weiß aber gar nicht wie, da ich nahezu genauso fühle wie Du.
Vielleicht hilft es Dir, dass es gerade mindestens einen Menschen gibt, der dieselben Gedanken hat.
Nach über zwei Jahrzehnten und unendlich vielen Behandlungen weiß ich auch nicht mehr weiter und schwanke zwischen Hoffnung und Resignation bis zu bösen (aber kontrollierbaren) Gedanken, dass diese Welt hier einfach nichts für mich ist..

Dokus über Depressionen mag ich mir auch kaum noch anschauen. Wenn über Menschen berichtet wird, die ihre einzige Depressive Episode im Leben erfolgreich bewältigt haben und dann noch so überschwänglich reden dass das jeder schaffen kann, weiß ich manchmal nicht ob ich lachen oder weinen soll. Damit kann ich mich nicht identifizieren und du wahrscheinlich genauso wenig.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft, fühl dich gedrückt. Würdest Du in meiner Nähe wohnen, würde ich mich gerne mit dir zum gemeinsamen Austausch treffen, das würde Dir bestimmt auch gut tun. Generell habe ich Angst vor Menschen, aber wenn man im selben oder ähnlichen Boot sitzt, fällt es doch leichter sich zu öffnen.
Liebe Grüße:)
Isola
Beiträge: 32
Registriert: 4. Mär 2017, 18:15

Re: chronisch krank

Beitrag von Isola »

Ich kämpfe auch seit fast zwanzig Jahren mit der Depression...ist nicht immer gleich schlimm, aber wirklich symptomfrei war ich selten, und wenn, dann nur kurzzeitig.

Das mit den Dokus, Presse-Artikeln usw. geht mir ähnlich ... ich hab das hier schon mal geschrieben, dass das manchmal auch dazu führt, dass ich mich bei Angehörigen fast schon für die Chronifizierung rechtfertigen muss (zumindest fühlt sich das bei mir so an)...sie lesen ja immer wieder, dass man diese Erkrankung gut heilen kann, tja. Ich versuche dann - unter anderem auch deswegen- nicht zu viel über mein Befinden zu "verraten", wenn es mir wieder schlecht geht.
Ich finde auch, dass die Presse durchaus etwas "realistischer" darüber schreiben könnte, aber für Leute /Angehörige, die gerade ihre erste Episode bewältigen müssen, würden solche Artikel wohl noch zu viel mehr Hoffnungslosigkeit führen.
DieNeue
Beiträge: 5383
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: chronisch krank

Beitrag von DieNeue »

Hallo,

bei mir ist es auch chronisch, hab seit 2009 Depressionen.
HomeSweetHome hat geschrieben: Dokus über Depressionen mag ich mir auch kaum noch anschauen. Wenn über Menschen berichtet wird, die ihre einzige Depressive Episode im Leben erfolgreich bewältigt haben und dann noch so überschwänglich reden dass das jeder schaffen kann, weiß ich manchmal nicht ob ich lachen oder weinen soll. Damit kann ich mich nicht identifizieren
Geht mir ganz genauso. Ich schau auch keine Dokus drüber, les auch keine Bücher mehr drüber geschweige denn Romane oder Biografien.
Ich denke mir da immer, die sollten sich lieber nicht so überschwenglich freuen, es kann doch jederzeit wieder losgehen. Finde es schon fast naiv zu glauben, man hätte die Depression für immer überwunden. Bin da mittlerweile sehr abgeklärt bzw. desillusioniert. Auch wenn manche Leute sich voll für irgendwas begeistern... kann das manchmal schon nicht mehr nachvollziehen... meine Erfahrung ist mittlerweile, dass Glück nie lange währt, es ist zerbrechlich und schnell kaputt. Also warum extra reinsteigern in meine Begeisterung, rentiert sich ja fast gar nicht? Klingt doof, aber irgendwie gehts mir da oft so.

Das mit dem "behandelbar" kann ich langsam auch nicht mehr hören. Aber wahrscheinlich ist es echt so, dass man es anders lieber nicht schreiben sollte... aber das gibt es auch bei körperlichen Krankheiten, dass es heißt, die wären gut behandelbar. Bei Mukoviszidose hab ich auch mal gelesen, dass es gut behandelbar wäre und dass die Lebenserwartung sehr gesteigert werden konnte. Hieß aber auch nur 10 Jahre länger...

Ja, ich musste mich auch schon "rechtfertigen" bzw. erklären oder mir schlaue Standardtipps anhören.

Liebe Grüße,
DieNeue
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: chronisch krank

Beitrag von timmie2002 »

Erst einmal vielen Dank fürs Lesen und die Antworten. Ich versuche wenigstens kurz zu antworten.
HomeSweetHome, dein Beitrag hat mich emotional sehr angerührt. ja, es tut gut zu lesen, dass man mit seinen Problemen nicht allein ist, wenngleich es zugleich ebenfalls traurig macht, dass es anderen genauso geht. Das wünscht man niemanden, obwohl ich Menschen, die mir mit Unverständnis und Empathielosigkeit begegnen, auch schon mal gewünscht habe, dass sie nur mal für zehn Minuten in meiner Haut stecken sollten.
Zu deinem eigenen Beitrag hier werde ich mich vllt. morgen äußern. Kenne das auch in ähnlicher Weise.

Jo gstamm, aushalten und durchstehen versuche ich eben. Mit Lebensqualität hat das nur nichts mehr zu tun. Im Gegenteil.

Bittermandel, Nick ist sehr bildlich und gefällt mir. :-) Ist auch meine Erfahrung, dass man von anderen Betroffenen Verständnis bekommt. Mal sehen, ob ich das Forum wieder für mich nutzen kann. War vor einiger Zeit schon mal aktiv schreibend hier.

Hallo die Neue, behandelbar klingt für viele genauso wie heilbar. Kann man schnell verwechseln, wenn man nicht genauer nachdenkt. und behandelbar ist für mich sehr dehnbar, naja so wie du das am Beispiel Mukoviszidose beschreibst.

So, mehr ist jetzt erst einmal nicht drin. Vllt. schaffe ich es morgen wieder zu schreiben.

ich wünsche allen hier einen angenehmen Abend.
saneu1955
Beiträge: 2433
Registriert: 6. Jul 2014, 19:18

Re: chronisch krank

Beitrag von saneu1955 »

Hallo Timmi, kann mich noch an dich erinnern, ist aber schon eine Weile her, schön von dir zu lesen.
Nicht schön ist, dass es dir nicht gut geht. Ich spüre da auch viel Verzweiflung bei dir.

Auch meine Depressionen sind chronisch und das seit über 20 Jahren. Auch ich muss jeden Tag versuchen, klar zu kommen, nicht nur mit den psychischen Erkrankungen, dazu kamen im Laufe der Zeit auch noch physische dazu. Ein Patentrezept habe ich nicht, ausser irgendwie damit klar zu kommen.

Natürlich werden in den Medien meist nur die positiven Ergebnisse dargestellt, aber Depression ist nun mal nicht gleich Depression. Ja es kann durchaus sein, dass Menschen in ihrem Leben nur eine depressive Phase haben, das hängt von so vielen Umständen ab. Manchmal ist es nur ein schwieriger Lebensabschnitt, aber oftmals fangen doch die Probleme schon viel früher an, man hat dann vieles verdrängt, aber irgendwann geht das nicht mehr und es haut einen um.

Das geht vielen hier im Forum so. Vielleicht hilft es dir, hier zu schreiben und zu lesen, wieviele schon jahrelang kämpfen.

LG sendet dir Saneu1955
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: chronisch krank

Beitrag von anna54 »

Hallo zusammen
jetzt ist mir zwei mal mein Beitrag entwischt,es ist nicht mein Tag hier.
Also morgen neu.
anna54
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: chronisch krank

Beitrag von timmie2002 »

hallo anna,
schade, hätte ich gerne gelesen, aber ich kenne diese tücke des forums auch noch von früher und kann verstehen, dass man irgendwann keine lust mehr hat neu zu schreiben.
so einfach nur mal einen lieben gruß an dich.
Camille
Beiträge: 602
Registriert: 3. Nov 2018, 21:35

Re: chronisch krank

Beitrag von Camille »

Liebe timmie,

Ich kann mich an dich auch noch erinnern - auch wenn wir nur einmal einen kurzen Austausch hatten.
Kannst du dich noch erinnern? - es ging damals um das Thema "Selbstwert" und "Selbstwertgefühl".
Und da stecke ich immer noch - ich dachte damals, dass es Dir schon viel besser als mir gelingt, sich selbst als "wertvoll" zu erleben.

Dein Eingangspost von gestern hat mich dann sehr berührt. Nein, Dir geht es leider genauso wie mir. Das zu lesen, hat mich so traurig gemacht. Ich kann Dir nichts "Hilfreiches" schreiben, so gern ich es könnte.
Auch ich habe das Gefühl auf der Stelle zu treten - nicht vorwärts zu kommen.
Alles kostet so unendlich viel Kraft. Ich verstehe diese Erschöpfung nicht, die nicht aufhört - alles noch zusätzlich um so vieles schwerer macht.
Ich bin noch berufstätig - aber ständig in Angst und Sorge, wie lange ich es noch schaffe.
Ich lebe noch zusammen mit meinem Mann und meinen beiden Töchtern - immer mit dem Gefühl nur eine Last zu sein...
Ja auch bei mir schwankt es zwischen dem Gefühl, "nichts zu fühlen - ganz weit weg zu sein" und dann wieder kommt so ein Zorn auf mich und meine "Unfähigkeit". Manchmal auch diffuse Ängste - auch Ängste verrückt zu werden.
Ich kann das alles nicht "steuern". Ich fühle mich ausgeliefert. Am Besten funktioniere ich noch im Alltag - mit einem vorgegebenen definierten Rythmus und Tätigkeiten, die mir eine gewisse Daseinsberechtigung geben.

Ich kenne "Depression" nicht als Episode - eher als etwas, was mich mein Leben lang schon begleitet.
Und auch mir geht es so, dass ich mich selbst noch mehr als Versager fühle, wenn ich lese, dass Depression gut heilbar sei.
Auch hier im Forum kann ich gerade nicht mehr schreiben - was denn auch?
Ich schäme mich, dass ich feststecke - ziehe mich zurück.

Hm timmie,
das war jetzt keine hilfreiche Antwort.
Nur noch eine Bestätigung dafür, dass du nicht allein bist.

Sei ganz lieb gegrüßt
Camille

@Anna - auch an dich ganz liebe GRüße.
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: chronisch krank

Beitrag von timmie2002 »

hallo camille,

ja auch ich erinnere mich noch und ja, ist schon ganz schön lange her. aber was ist bei unserer Erkrankung lang?
Doch, deine Antwort ist hilfreich. Mitgefühl von anderen tut immer gut. Dass du dich noch an mich erinnern konntest erst recht. Das gibt mir das Gefühl, hier kleine Spuren, vllt sogar positive hinterlassen zu haben, als ich damals noch sehr aktiv im Forum war.

"Ich verstehe diese Erschöpfung nicht, die nicht aufhört - alles noch zusätzlich um so vieles schwerer macht."
Das kenne ich auch allzu gut. Erst seit ich in Rente bin, kann ich mit dieser Dauererschöpfung einigermaßen umgehen, logisch wenn man nicht mehr arbeiten muss/kann. Auch deine ständige Angst, es irgendwann nicht mehr zu schaffen, hat mich lange begleitet. Bis zu letzt hatte ich gehofft, wenigstens in Geringerer Teilzeit weiter arbeiten zu können. Nach Begutachtung durch die RV hat diese mich aber sofort in Dauer-Eu geschickt. ich musste also nicht aller zwei Jahre einen neuen Antrag stellen. Einerseits gut, andererseits fehlt mir gerade durch die Arbeitsunfähigkeit der Sinn in meinem Leben.
Anfang des Jahres nahm ich Anlauf für eine ehrenamtliche Tätigkeit. War bei einer Beraterin, die sich um die Vermittlung kümmert. Als sie im Gespräch zu mir sagte, dass ich nicht verraten solle, dass ich krank bin, war der Glücksfaden gerissen: Genau das gleiche wie bei einem richtigen Job: Ja nicht krank sein, bloß immer richtig funktionieren! Das führte zur Aufgabe meines Vorhabens. Ich will auch nicht zur Last für andere werden. Aber letztendlich hat das meine Ausgrenzung aus dem gesellschaftlichen Leben endgültig besiegelt und mich wieder tiefer in die Depression gerissen. Ich habe keinen Platz in der Gesellschaft! Wo soll man da Selbstwertgefühl und Daseinsberechtigung herholen?

Camilla, ich wünsche dir ganz viel Kraft, dass du weiterhin im Job bleiben und mit deiner Erkrankung achtsam umgehen kannst.

Ich drück dich einfach mal ganz herzlich und
liebe Grüße
final
malu60
Beiträge: 4141
Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: chronisch krank

Beitrag von malu60 »

Hallo timmie,
ich kann mich auch gut an Deine Beiträge erinnern,die ich gern las,
weil mich Deine Worte berührt und auch zum Nachdenken brachten.

Nun ist es wieder so,Deine Worte sprechen mich an und bringen es auf
den Punkt.Auch ich bin chron.und seit 20Jahren in Pension.Habe echt viel
durch an Hilfsangeboten,mit Optimismus und Hoffnung jeden Strohalm ergriffen.

Richtig schlimm wurde es als der Beruf und die Mutterrolle,über die ich mich
lange aufrechthalten konnte, wegbrachen.
Liebes-Beziehungen wechselnd, waren auch mal 3-5Jahre Stabilisatoren.......da aber die Depression als Grundmelodie immer da war,scheiterten auch sie.....

Wie Du es sehr treffend beschreibst,empfinde ich es so schlimm,diesen Platz in der
Gesellschaft nicht mehr zu haben.......durch ein Ehrenamt,Fair/Trade-Laden,wo ich auch
ohne weiteres fehlen kann,die wissen von den DepriZeiten,hab ich wieder ein Gefühl
des Dabeiseins....richtig sinnstiftend und erfüllend ist es nicht....alles mehr wie
Beschaftigungstherapie....aber auch Gemeinschaft,gute Gespräche,Eingebundensein in der
Kleinstadt sind ein Gewinn,der mir ein Integrationsgefühl gibt...

Als depressiver Mensch fühl ich mich auch wie ausgeschlossen,nichts wert,fremd unter
"Normalos".Oft isolier ich mich ,schauspielern ist mir zu anstrengend und ich will auch
echt so sein dürfen wie ich bin....hab mir dieses schreckliche Gefühlschaos nicht ausgesucht
und bin daran auch nicht schuld.....

Dass trotzAnalyse,verschiedenerTherapieformen,Kliniken,Selbsthilfegruppen,Medikamenten,
alternativen Behandlungen,kein Durchbruch ereicht ist,schadet meinem Selbstwert zusätzlich,
dachte ich doch immer,ich machte was falsch in meinen Therapien..."mein Versagen"

Gut ist,dass ich auf einen reichen theoretischen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann.
Will sagen,ich verstehe mich gut,kann mir aber nur bedingt helfen.....
Jetzt mit 65J.fällt es mir nicht mehr so schwer,Ruhepausen einzuhalten,mich abzufinden
mit Einschnitten,die auch tiefer sein können.Ich komm immer wieder raus,durch Ergo.Thera.
und Natur.Diese Erkenntnis war wichtig.Ich zog vor 10Jahren von der Großstadt aufs
Land......die Natur,das ruhigere Leben tun mir gut,Radfahren und Wandern kann ich leicht
umsetzen.....wenn ich das so schreibe,macht es mich schon traurig...
Das kann nicht der Sinn des Lebens sein,liest sich wie Hobbys und dennoch bin ich froh,
wenn ich dies und Treffen mit Freunden und Bekannten hinkriege.....
Habe auch zeitweise gedacht,ich jammere auf hohem Niveau......nein,ich leide daran,
dass diese Scheißkrankheit mich so um mich selbst kreisen läßt und ich keinen Platz
mehr in der Gesellschaft hab,in dem ich meine Fähigkeiten für die Allgemeinheit
einbringen kann...

Als Kind wurde ich übersehen,seit dem 45.Lebensjahr konnte man mich nicht mehr
"gebrauchen",im Sinne ,sie ist nicht belastbar,sie schafft" es" nicht mehr.....ausgemustert

Timmie,Du siehst,ich hab leider auch keinen Weg gefunden,der zurück ins erfüllte Leben führt.
Für mich hast Du Spuren im Forum hinterlassen und auch jetzt hast Du mich angestubst,
hier nochmal zu reflektieren,über mein Leben mit chron.Depressionen.

Zum Schluß möchte ich noch schreiben,ich lebe gern und kann auch Freude empfinden,
aber es fehlt soviel,was für mich ein gelungenes Leben beinhaltet,ich hab nicht die Kraft,
das zu ändern,auch wenn ich weiß,dass nur ich das für mich tun kann.

Liebe Grüße,freu mich Dich hier wieder zu lesen,malu
Leben ist mehr
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: chronisch krank

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
herzliche und erfreute Grüße an final und auch an Camille!Freu mich immer,wenn du dich meldest!
Was macht einen Tag heller,was ist der Glücksmoment des Tages?
Wo finde ich den Mut,mich an schlechten Tagen weiterzuschleppen,bis zu dem Anknüpfen an eine positive Ahnung.
Chronisch krank,das hat verschiedene Ansätze,auch den,es zu vermeiden,dass ein Verlauf sich chronifiziert.
Das kommt bei der Krankheit Depression völlig zu kurz,von Anfang an.
Am Anfang steht der Glaube,es ist nur eine Krise,das geht vorbei.
Nur so schleppt man sich weiter,einigen helfen Medikamente,den meisten nicht.
Sie machen die Ochsentour,aufdosieren,abdosieren,Mehrfachbehandlungen.
Wem das erste Medikament nicht hilft,der kann die anderen auch vergessen,das sage nicht ich,das sagen inzwischen Wissenschaftler.
Also von Anfang an den Ernst der Lage erkennen!
Fragen stellen,warum gibt es so viele chronifizierte Verläufe,wo sind da die Stolperstellen?!
Ich bin über viele viele Jahre in die Chronifizerung geschlittert,ja geschlittert,nicht freiwillig.
Keiner hat ernst genug genommen,was ich an schweren Symptomen hatte,ich war freundlich,ich gab mir Mühe----in Wirklichkeit bin ich den Anforderungen hinerhergehechelt,immer atemlos,kraflos,kurz vor dem völligem Zusammenbruch,auch körperlich.
Mir hat man erzählt,wenn ich mich genug anstrenge,dann kann ich im Beruf bleiben,so kam Aufgeben nicht in Frage.
Wie auch,mein Beruf war mein Motor,mein Anrieb,mein Hoffnungsträger.
Dass ich nur scheitern konnte,das hat mir niemand gesagt.Immer wieder Notfalleinweisungen,keiner kam auf die Idee mein Umfeld anzusehen und mich dort zu bestärken,zu unterstützen.
Verzweiflung,Selbstzweifel wuchsen zu Riesen.
Das wäre vermeidbar gewesen,wenn ich damals auch nur einen Menschen gekannt hätte,der andere Wege geht,wie z.B. ein Genesungshelfer.
Mutmacher,Bestärker,ehrliche Aussagen über das was mir den Atem nimmt,mich lähmt,mich zu Boden zwingt.Leidensdruck hab ich als persönliches Versagen gewertet.
Ich habe versagt,als Mutter,als Ehefrau,als Teammitarbeiterin.
Dabei war mir nicht bewusst,dass ich das Doppelte trage,schon immer,dass andere Menschen viel behüteter sind,viel mehr Unterstützer haber,Helfer haben.
Ich konnte nur scheitern,und dann 10Jahre mit Träumen leben müssen,die mir jede Nacht das Scheitern in die Ohren geschrien haben.
Ich habe mich befreit,ich habe endlich begriffen,dass eine Depression eine sehr schwere Erkrankung ist.
Fachliteratur hat mir geholfen,das Forum hat sehr geholfen!
Mitarbeit in poltischen Themen,das Wort ergreifen,nicht mehr stumm zu leiden.
Auch das Thema suizidale Krisen musste aufgearbeitet werden,Notfallpläne versucht werden,vorher stand da der Rettungswagen und die Geschlossenen "lauerte" schon.
Der Weg war steinhart,mir wurde nichts geschenkt,nur meine Tochter hat mich nie im Stich gelassen.
Das ist der Grund,warum ich mit ihr auf diesem Hof lebe,es ist mein Betrag für ihre Zukunft.
Ich kenne andere Krankheiten,körperliche,da greift ein System der Vorsorge und Fürsorge im medizinischem Bereich: Diabetes,COPD,Herzerkrankungen usw.
Da will man frühzeitig Spätschäden begrenzen.Bei Depression ist es Glücksache,wo man wie landet.Meist landet man in der noch größeren Verzweiflung und letztlich wird das als Versagen hingestellt.

Impulse sind wichtig,zur rechten Zeit,Freunde fürs Leben,Podcast Kopfsalat.
Eine Wohltat,sich in einem gutem Moment anzuhören,was alles möglich wäre und wie ernsthaft man mit dieser Krankheit umgehen sollte,gute Verstärker,Mutmacher sowieso!
Unterschiedliche Verläufe,unterschiedliche Symptome und immer wieder auch gute Zeiten,hoffentlich.
Noch eine Info,ich war labortechnisch nicht eindeutig in einer Unterfunktion der Schilddrüse,Grenzwerte.
Aber eine erfahrene Klinikärztin,die ich in einem Vortrag traf,sprach davon,dass Schilddrüsenhormone auch dann eingesetzt werden können.
Mir hat das einen richtigen und wichtigen Anschub gegeben,die Energie war stärker,die Konzentration war wieder da,meine Haut hat sich erholt.
Keiner,der mich Jahrzehnte fachärztlich behandelt hat,hatte je davon gesprochen.
Letztlich hab ich nie aufgehört,mir meinen Weg freizuschaufeln,fast immer allein.
Aber der Austausch war wichtig,ich bin in jede Fortbildung gegangen,hab im Trialog viel gelernt,
hab die richtigen Bücher zur richtigen Zeit gefunden.
Und immer wieder bin ich gnädig mit mir,es gibt viele Nullrunden,Tage voller Leere,aber dann ohne Selbstvorwürfe-----das ist Gelumpe,das werfe ich raus,sobald ich kann.
Mein Trockenständer ist zusammengebrochen,was soll mir das sagen---- ich kann nicht sortieren,ich kann meine Sachen nicht finden,neue Baustelle.
Morgen ist ein Tag dafür,wenn es geht???
Ein von mir sehr geschätzer Pfarrer sagte immer, ich mache es,wenn ich kann.
Von außen wirkte er "allmächtig" so viel Energie ging von ihm aus,viele Projekte hat er angefangen,Hospizarbeit hier ansiedeln,der Bau des Hospizes,Künstler in die Kirchen holen,usw.
Er starb plötzlich,nach schwerster Krankheit und hat uns wissen lassen,dass er immer von Selbstzweifeln zerrissen war.
Wenn wir nur ehrlich damit umgehen könnten,seelisches Leid gehört nicht versteckt.
anna54
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: chronisch krank

Beitrag von timmie2002 »

hallo malu,

hab gerade deinen beitrag gelesen und bin am Heulen, ganz heftig. Antworte deshalb erst später.

anna, auch dir danke fürs schreiben. kann das gerade noch nicht lesen. muss dich auch vertrösten.

bis später ihr zwwei.
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: chronisch krank

Beitrag von anna54 »

Nimm dir Zeit!!!!
DieNeue
Beiträge: 5383
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: chronisch krank

Beitrag von DieNeue »

Hallo timmie2002,
timmie2002 hat geschrieben:Als sie im Gespräch zu mir sagte, dass ich nicht verraten solle, dass ich krank bin, war der Glücksfaden gerissen: Genau das gleiche wie bei einem richtigen Job: Ja nicht krank sein, bloß immer richtig funktionieren! Das führte zur Aufgabe meines Vorhabens. Ich will auch nicht zur Last für andere werden. Aber letztendlich hat das meine Ausgrenzung aus dem gesellschaftlichen Leben endgültig besiegelt
Was für einen Schwachsinn hat die Frau dir denn da erzählt?!? Ein Ehrenamt ist doch genau dazu da, dass man da hilft, wo man kann und mit den Fähigkeiten, aber auch Einschränkungen, die man hat. Dass es eben kein Job ist, den man nur macht, weil man muss und wo man sich völlig verausgabt bis zum Burnout.
Ich finde gerade bei einem Ehrenamt, das ich ja freiwillig mache und machen möchte, weil es Spaß macht, ist es wichtig, dass man da im Team echt sein kann und die Leute einen so akzeptieren, wie man ist, damit es nicht zu einer Belastung wird. Man muss es natürlich nicht gleich jedem auf die Nase binden, aber eine Maske würde ich mir da nicht aufsetzen. Du bist ja nicht auf genau diese Stelle und genau diese Leute angewiesen. Wenn die ein Problem mit deiner Krankheit haben, dann such dir andere. Es ist deine FREIzeit und da bestimmst DU, was du machst und mit wem du dich abgibst! Auf Leute mit Kindern oder Schichtarbeit nimmt man auch Rücksicht. Vielleicht ist ein Ehrenamt, wo man nicht so viel Verantwortung hat oder andere nicht zu sehr von einem abhängen erstmal besser als sich in irgendeinen Verein fest einspannen zu lassen.

Ich würde mir überlegen, was du brauchen würdest, um dort gerne zu helfen und damit es dir dort auch gut geht. Dann würde ich schauen, wo deine Einschränkungen sind und was du nicht machen möchtest und was dich überfordert, was du nicht machen kannst.
Und so würde ich das auch zumindest mit einer verantwortlichen Person beim Ehrenamt besprechen, dass die wissen, was sie von dir erwarten können und was nicht.

Ich weiß ja nicht, was bei dieser Vermittlung für Stellen vermittelt werden, aber wenn da alle so drauf sind wie diese eine Mitarbeiterin, würde ich schauen, dass ich mir selber wo was suche. Vielleicht war es eine Stelle, wo die Hilfesuchenden das vielleicht besser nicht wissen sollten, ok, sowas gibt es auch, aber generell finde ich es nicht gut, bei einem Ehrenamt sowas vor anderen Mitarbeitern verstecken zu müssen.
Ich meine: Normalerweise macht man ein Ehrenamt, weil man gerne anderen hilft. Warum sollte man dann nur den Kunden/Klienten von dem Ehrenamt helfen, aber null auf den Kollegen eingehen??
Lass dir nicht einreden, dass du von der Gesellschaft ausgeschlossen bist, nur weil diese eine (!) Frau sowas sagt!
Lass dich nicht entmutigen von dem Quatsch! Such dir deinen eigenen Weg.
Ich finde es eine gute Idee mit dem Ehrenamt und wenn du dir das vorstellen kannst und einigermaßen zutraust, dann verfolg den Weg weiter. Es gibt bestimmt irgendwo auch ein Plätzchen für dich.

Liebe Grüße,
DieNeue
malu60
Beiträge: 4141
Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: chronisch krank

Beitrag von malu60 »

Hallo Zusammen,
hatte gerade ein gutes Gespräch mit meinem Sohn,es ging um die Chronifizierung
meiner Depressionen.Ich hatte die ersten Jahre nur Therapie/Analyse und hin und
wieder Krankschreibungen.....also 3Jahre mindestens ohne je AD,s zu nehmen.

Nach einem Klinkaufenthalt vor 23 Jahren ging es mir im Hamburger Modell so
schlecht,dass der Arzt zum 1.Mal Aurorix/Morgenröte verordnete.

Mein Sohn meint da habe eigentlich ein chron.Zustand begonnen.Immer mehr Medikamente wurden ausprobiert,ich nahm stetig zu,die ganzen Nebenwirkungen und vieles mehr.
Immer wieder setzte ich ab,doch auch der Körper war durcheinander ,und ab sofort
bekam ich zwar Therapien verordnet,aber immer in Kombi mit AD,s.

Irgendwann wurde ich so verunsichert,dass ich glaubte,ohne Medi,s geht es mir zu schlecht.
Es ist sehr wohl in den Jahren eine Abhängigkeit entstanden.Aktuell ist es wieder 10mg
Fluoxetin,mein Antrieb,ist aber meist eine schwere Last,nähm ich nix mehr,ja was dann......

Schlafen ist auch ein schwieriges Thema,da bin ich so froh,dass ich mich nie auf Schlafmittel eingelassen habe....höchstens mal in Klinikzeiten...
Als Pensionärin muß ich nicht top fit ausgeschlafen sein,die Abhängigkeit vor solchen
Medikamenten ist mir viel zu heiß.

Mein Sohn meint,so würde ein Riesenmarkt bedient und viele Depressive werden für immer
treue Kunden und so werden Menschen chronisch und es werden immer mehr.

Denke jetzt nochmal differenziert darüber nach,aber auf mich trifft es glaub ich schon zu.
Mit der Dauermedikation,gab es nie "Heilung",gibt es überhaupt Heilung......
Menschliche Zuwendung in Therapien hat den nachhaltigsten Erfolg bewirkt,heute
ist es die ErgoTherapeutin.......eigentlich künstliche Beziehungen,die durch fehlende
Partnerschaft/Familie nötig wurde.Die Depression hat mich von den Menschen getrennt.
Durch die Tabletten hab ich meine Sicherheit verloren,auch ein Stück meine Selbstheilungskräfte........ist jetzt vielleicht etwas krass,doch unser Gespräch war schon
erhellend,denn mein Sohn,44Jahre,ist Jemand,der meinen Verlauf ganz gut beurteilen kann.

Auch hat er sich mit der Depressionsproblematik theoretisch beschäftigt,es ist ein riesen
Markt,indem nicht weiter groß geforscht wurde,es gibt wenig Neues,aber immer mehr
Erkrankte,die viele Medi,s schlucken,Placebos würden weniger Schaden anrichten
und vielleicht auch helfen,so seine Meinung....dies natürlich nicht bei Neuroleptika,oder Benz.,die wirken zweifelsohne,können Fluch und Segen zugleich sein.


Entschuldige Timmie,dass ich das hier poste,aber vielleicht paßt es zum Thema
"chronisch krank".
Grüße Dich herzlich,hoffe,es geht Dir gut ,schönes Wochenende Malu
Leben ist mehr
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: chronisch krank

Beitrag von timmie2002 »

Erst einmal ein hallo an alle.
liege seit zwei tagen um. Magen-darm-problematik, die wahrscheinlich auch psychsomatisch ist. kommt immer mal wieder, manchmal etwas heftiger wie gerade, aber geht auch wieder mit etwas unterstützung. schwächt mich nur sehr.

Muss erstmal schauen, wozu ich mich heute äußere.

aber malu, dass passt ganz und gar hierher und zu deinem beitrag habe ich mit sicherheit auch etwas zu schreiben.
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: chronisch krank

Beitrag von timmie2002 »

hallo liebe DieNeue,

ich fange mal mit deinem Beitrag an. Möglich, dass es etwas falsch angekommen ist. Die frau riet mir nur in einem Satz, meine Erkrankung nicht zu verraten. Alles andere sind dann meine Gedanken und schlussfolgerungen, die ich daraus zog.
Ich habe das mittlerweile auch ein Stück weit relativiert. Möglich, dass man im Ehrenamt auf ähnliche Probleme stößt, wie in einem richtigen job, also wenig oder kein Verständnis für die Erkrankung. Genausogut ist das gegenteil möglich. Es kommt darauf an, ob ich mut und kraft finde, das nochmal neu anzugehen. Im moment ist beides nicht vorhanden.
dein beitrag sagt mir auf jeden fall, dass ich ein mögliches ehrenamt noch nicht ganz aus den augen verlieren sollte. ich hab ja alle zeit der welt. :-)


und malu, du hast ja mit deiner ehrenamtlichen Tätigkeit glück gehabt. das nehme ich mir als positives beispiel.
ganz viel, was du in deinem ersten beitrag beschrieben hast, erlebte ich in ähnlicher weise. das von einer anderen betroffenen person vor augen geführt zu bekommen, hat mich unwahrscheinlich angerührt.

Mein größtes problem ist zurzeit wohl die einsamkeit. wie schon geschrieben, lebe ich seit einem dreiviertel jahr wieder alleine. die auflösung der WG war zwar ein richtiger schritt, hat aber eben auch das alleinsein zur folge. zwar habe ich einen bekannten- und freundeskreis, doch sind treffen zu selten, um das einsamkeitsgefühl aufzulösen. Hinzu kommt mein häufiger drang, mich zurückzuziehen. ich weiß, dass das nicht gut ist, kann aber nicht dagegen an, wenn mich dieser drang überfällt.

Als ich ende des letzten Jahres mit der Therapie in der PIA begann, fand ich viel Motivation, etwas gegen das alleinsein zu unternehmen. zum einen half mir die musik- und die kochtherapie in der Pia, zum anderen startete ich den versuch für ein ehrenamt und suchte mir in der mir noch immer fremden stadt einen tischtennisverein. Mit corona wurden dann alle vorhandenen sozialen aktivitäten abgebrochen, auch die in der pia. das war hart und hat mich mit hoher wahrscheinlichkeit heruntergerissen. mir gelingt es nicht, an das schon erreichte wieder anzuknüpfen. Die pia habe ich abgebrochen und zum Tischtennisverein habe ich nicht wieder kontakt aufgenommen. auch hier bin ich innerlich völlig blockiert.

zu meinen geschwistern habe ich auch nur wenig kontakt. ich telefoniere nur mit ihnen, wenn es mir einigermaßen gut geht. ich will nicht zur last fallen und sie sollen sich keine sorgen machen.

Das gefühl der einsamkeit wird vor allem dadurch verstärkt, gefühlt nirgends dazu zu gehören und keinen richtigen platz in der gesellschaft zu haben. Was ich früher durch meine berufliche tätigkeit gut kompensieren konnte, ist weggefallen. Einen weg heraus, aus eigener kraft, finde ich zurzeit nicht.

also, auch ich kann auf hohem niveau jammern. aber das musste jetzt mal sein.
ich habe noch mehr zu schreiben, muss aber eine pause machen.

lg
anna54
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Re: chronisch krank

Beitrag von anna54 »

Hallo liebe final
geht es deinem Bauch besser?!
Sich allein gelassen fühlen,Einsamkeit---das sind keine guten Gefühle.
Was nützen all die guten Ansätze in der Coronazeit,ich hab lange meinem verlorenem Ehrenamt nachgetrauert,weil es so gut zu mir passte.
Ich fühlte mich nach schwerer Anfangszeit endlich angekommen,genau passend für meine Bedürfnisse.
Nehmen und Geben.
Jetzt ist da immer noch die Leere,es bleib das Suchen nach neuen Aufgaben.
Inzwischen bin ich gnädig mit mir geworden,ich glaube auch,dass ich einen Impuls bekommen werde,wenn die Zeit wieder andere Möglichkeiten offen hält.
Auf die hoffentlich kommenden Lockerungen im Altenheim meiner Mutter warte ich wirklich dringend,hinter Glas sich nur zu sehen,das ist so fremd.
Kleine Dinge helfen,eine Freude machen,meine Schwester sehen,ein gutes Telefongespräch.
Mutmacher brauchen wir!
Hoffnungsbringer brauchen wir!
Ich wünsche dir Sonnenstrahlen,die dich wärmen.
anna 54
timmie2002
Beiträge: 1706
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Re: chronisch krank

Beitrag von timmie2002 »

hallo anna,

nun möchte ich mich endlich auch deinem beitrag zuwenden.
ganz schön lang, wo knüpfe ich an? ach einfach erst einmal: ich bewundere, wie du gelernt hast, mit der chronischen erkrankung umzugehen, deinen weg gefunden hast und diesen konsequent gehst. Trotz deiner depression erkenne ich deine noch immer vorhandene innere stärke und willenskraft sowie lebendigkeit.

ich selber suche noch meinen weg zwischen annehmen, was ich nicht ändern kann, und dem mut und die kraft, das zu verändern, was geht. einige neue impulse möchte ich mir gerne hier geben lassen.

am wichtigsten ist wohl erst einmal, das depressive dämmertal wieder zu verlassen, die lebensmüdigkeit zu überwinden, nach dem positiven, das sicher noch da ist, auch in meinem leben, zu suchen. werde etwas zeit brauchen, bin aber schon nicht mehr ganz so hoffnungslos. scheint sich etwas zu tun.

du hast recht, es ist immer wieder harte arbeit und man muss selber an seine probleme herangehen. ich will es versuchen.

dein pfarrer war sicher ein ganz wunderbarer mensch. und alle menschen sind doch irgendwie verletzlich. du hast recht. das sollte nicht versteckt werden. es gehört doch irgendwie zum menschsein dazu.

ganz liebe grüße
final
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: chronisch krank

Beitrag von timmie2002 »

huch, da haben wir gleichzeitig geschrieben.
mutmacher und hoffnungsbringer. das trifft es.
danke für deine wünsche.
-Hobbes-
Beiträge: 59
Registriert: 31. Aug 2017, 08:08

Re: chronisch krank

Beitrag von -Hobbes- »

Hallo,

Habe auch seit 15 Jahren Depression und ich bin ich auch leid, zu lesen, dass Depressionen ja so gut heilbar seien.

Ja vielleicht, aber eher nicht heilbar, wenn es schon chronisch ist oder wenn es genetisch ist / am Stoffwechsel im Gehirn liegt, so weit ist unsere Medizin noch nicht leider, da kann man wohl nur Schadensbegrenzung betreiben.

Ansonsten ist die Chance Depression zu heilen, noch am höchsten in den ersten Monaten, mit Therapie und Veränderung der schädlichen Verhaltensweisen / Lebensumständen / Besserung der Co-Erkrankungen. Aber dazu bräuchte es auch schnellere Therapeutentermine und auch mehr Aufklärung, am besten schon in der Schule. Aufklärung, damit selbst überhaupt erkennen kann, dass man depressiv ist und schleunigst etwas tun muss, damit es nicht chronisch wird. Und Garantie gibt es auch dann nicht, es kann jederzeit ein Rückfall kommen leider.

Mich nervt es ebenfalls, dass Verwandte und Freunde, teils auch durch die "schongefärbten" Medienberichte, einem vorwerfen, dass die Depression so lange dauert ("aber andere waren nach 6 Monaten Behandlung wieder gesund"....) oder man keine guten Phasen hat ("aber andere haben auch...."). Nunja ist auch quasi unmöglich jemanden Depressionen zu erklären, der noch nie betroffen war.
-Hobbes-
Beiträge: 59
Registriert: 31. Aug 2017, 08:08

Re: chronisch krank

Beitrag von -Hobbes- »

Hallo Gstamm,

tut mir sehr leid was deinem GrossOnkel, deinem Vater und dir passiert ist. Ich wollte hier nicht triggern, ich gebe zu ich habe keine Ahnung von Hirnstoffwechsel oder von Trauma.
Der Punkt ist für mich viel eher der, warum, ausserhalb von Krieg und Elend, schafft es der Depp Mensch nicht, seinen Kindern nicht schaden zu wollen? Woher kommen die Horden an Geschädigten?
Das verstehe ich auch nicht ! Prügelstrafe wurde in D erst 2000 (!) offiziel verboten (In vielen Staaten der Erde immer noch erlaubt!). Und das Verbot ist auch schwer durchsetzbar, wenn es niemand mitbekommt. Von psychischer Gewalt ganz zu schweigen.
Rheinechse
Beiträge: 21
Registriert: 13. Jan 2019, 12:53

Re: chronisch krank

Beitrag von Rheinechse »

Lieber/liebe Timmie2002, Homesweethome, Isola, Bittermandel, DieNeue, Saneu1955, Anna54, Camille, Malu60, Hobbes!
Ich habe diesen Thread über chronische Verläufe der Depression gelesen, und mich von jedem Eurer Beiträge in irgendeiner Art angesprochen gefühlt.
Deshalb erlaube ich es mir heute, den Thread nochmal "hochzuholen".
Auch ich leide an einem chronischen Verlauf der Depr. Bereits im Alter von 8 Jahren erkrankte ich, da die Ehe meiner Eltern in Scherben lag, ich unter ständiger Streiterei aufwuchs, und nicht mehr schlafen konnte. Meine damalige Grundschullehrerin sprach meine Mutter auch auf mein verändertes Wesen an, jedoch hatte meine Mutter selbst Depressionen und konnte sich nicht kümmern. Ich machte dennoch Fachabi, eine Ausbildung zur Verlagskauffrau und Fremdsprachenkorrespondentin. Schon mit 27 Jahren konnte ich die Krankheit überhaupt nicht mehr kompensieren, brach völlig zusammen, ich arbeitete noch in einer Buchhandlung und danach in einer Werkstatt für psychisch Kranke, versuchte auf dem Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Aber nach langem Kampf erhielt ich schliesslich mit knapp 33 J. die EU Rente.
Das ist mein Status bis jetzt, ich bin jetzt 46 Jahre, lebe in einem Appartment alleine, habe aber seit 24 Jahren einen Partner, jedoch ist zusammen wohnen aufgrund der Erkrankung keine Option.
.Vor 20 Jahren, als meine Krankheit mich beruflich aus der Bahn warf, da erlebte ich das , was unter anderem Timmie beschrieb, die Ausgrenzung aus der Gesellschaft. Ich lebte damals in einem Dorf ( was einerseits schön war, da naturnah und ruhig) jedoch die Leute/Nachbarn tickten so, dass eine -damals- junge Frau niemals ohne Beruf bzw. dann nie ohne Kinder zu Haus sein durften. Dass ich keine Kinder hatte und trotzdem zu Hause war, ging nicht! https://www.diskussionsforum-depression ... =41285#Ich" onclick="window.open(this.href);return false; wurde mit Missachtung und Ausgrenzung bestraft.
Naja, mittlerweile lebe ich in der Stadt und habe zumindest dieses Problem nicht mehr.
Ich mache einige Volkshochschulkurse und moderaten Sport in einer Gemeinschaft . Das tut mir auf jeden Fall gut; die Erfüllung von ursprünglichen Lebensträumen ist das nicht. Durch meinen Freund bin ich aber fast jedes Wochenende irgendwie unter Menschen und unterwegs, so dass ich mich schon irgendwie " aufgehoben" fühle und nicht so im luftleeren Raum, falls ihr wisst, was ich meine. Aber ohne meine Medikamente ginge nichts ( nehme Lithium und Quetiaptin).
Aber in schlimmen Phasen, wie ich gerade eine geschrappt habe, ist da so eine Verzweiflung: Obwohl ich in einer Selbsthilfegruppe bin / Therapie mache und auch schon einmal vor 10 Jahren hier geschrieben habe,weiss ich nicht, wen ich ansprechen kann, um einfach zu sagen: Ich habe gerade so schlimme Depr. , ich bin nervös ohne Ende und müde gleichzeitig, ich kann NICHTS tun vor lauter Konzentrationsproblemen, als herumsitzen und WARTEN... dass es wengistens wieder so viel besser wird, dass ich vielleicht einen Spaziergang machen kann oder etwas lesen... VERSTEHT MICH DA JEMAND??? https://www.diskussionsforum-depression ... =41285#Und" onclick="window.open(this.href);return false; das Umgekerte: Wenn ich einen kleinen Erfolg habe,zb nach langer depressiver Phase gehe ich zum Arzt und kann ENDLICH mein Rezept abholen, oder ich konnte mir was Gesundes Kochen oder etwas Backen oder ich konnte DUSCHEN und danach noch eincremen?? https://www.diskussionsforum-depression ... &t=41285#F" onclick="window.open(this.href);return false;ür niemanden Gesunden ist DAS ein Erfolg!!!Aber für mich sehr wohl! https://www.diskussionsforum-depression ... 57&t=41285#" onclick="window.open(this.href);return false;
Deshalb suche ich im Moment ganz konkreten Austausch mit anderen , die das verstehen können! https://www.diskussionsforum-depression ... 57&t=41285#" onclick="window.open(this.href);return false;
Lieber/liebe Timmie2002HomeSweetHome, Isola, Bittermandel, DieNeue, Saneu1955,Anna 54, Camille, Malu66, Hobbes,!https://www.diskussionsforum-depression ... 57&t=41285#
Wenn einer /eine von Euch oder jemand, der das hier liest, noch Platz in seinem Leben für Austausch hat um kleine Erfolge zu feiern und Tiefs gemeinsam zu überstehen, dann würde ich mich freuen, einen Austausch mit demjenigen/derjenigen zu starten! Gern auch per PN .
(ich weiss, ich könnte auch auf den Unterpunkt "nutzertreffen " hier im forum gehen, aber dieser Thread hat mich so angesprochen.
Ich sende Euch allen liebe Grüsse und wünsche Euch alles Liebe und nur das Beste auf Eurem weiteren Weg, vielleicht "hören" wir voneinander.!
Rheinechse
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