Zurückziehen zu depressiver Mutter

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SilentInTheTrees
Beiträge: 1
Registriert: 21. Jul 2020, 21:55

Zurückziehen zu depressiver Mutter

Beitrag von SilentInTheTrees »

Hallo allerseits,
Ich habe mich hier angemeldet, weil ich einfach nicht mehr weiß, was ich tun soll. Ich denke, ich muss hier erstmal was von meiner Ausgangssituation erzählen.
Also, ich bin 20 Jahre alt und leide seit ich ca. 16/17 bin, an schweren Depressionen (Diagnose mit 18: schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome; sowie Trichotillomanie).
Meine Mutter ist seit ich 1 bin alleinerziehend, meinen Vater habe ich seitdem nicht mehr gesehen und habe auch sonst kaum Kontakt (bis auf Unterhaltszahlungen und ne lächerliche Karte zum Geburtstag/Weihnachten ohne persönlichen Inhalt). Ich weiß nicht, ob ich oder meine Mutter zuerst psychische Probleme hatten, aber seit einem Suizidversuch meinerseits mit 17, eskaliert die Situation gefühlt mehr und mehr. Ich hatte ein Jahr lang eine Therapeutin und bis jetzt auch eine Psychologin, die mir Antidepressiva verschreibt und war letztes Jahr für mehrere Monate in einer psychosomatischen Klinik, in der mir stark dazu geraten wurde, zu Hause auszuziehen, da meine Mutter und ich uns gegenseitig runterziehen. Ich habe zwar noch einen älteren Bruder, aber meine Mutter klammert extrem an mir (Enttäuscht, wenn ich was mit Freunden mache oder wenn ich abends nicht mit ihr fernsehe o.ä.). Nach der Klinik bin ich dann tatsächlich ausgezogen in eine Wg, auch wenn ich extreme Schuldgefühle hatte, meine mum quasi alleine zu lassen. Sie versteht bis heute nicht, warum ich ausgezogen bin und will, dass ich wieder zurückziehe und nimmt das alles super persönlich, obwohl ich ihr erklärt habe, warum und dass ich den Abstand brauche usw..
Doch je länger ich jetzt weg bin, desto einsamer scheint sich meine Mutter zu fühlen. Sie ruft mich an oder schreibt mir Nachrichten, in denen sie davon redet, dass es ihr Schicksal sei, verlassen zu werden und dass ihr Leben ja jetzt keinen Sinn mehr hätte usw..
Sie weigert sich, jegliche psychologische Hilfe anzunehmen, weil sie meint, sie würde die Praktiken alle kennen und durchschauen und ihr das alles nicht helfen würde. Aber ich kann einfach keinen Therapeuten ersetzen und will es auch nicht, schließlich habe ich selbst genug Probleme.
Und nun hat mir mein Vermieter gesagt, dass ich demnächst ausziehen müsste, weil seine Freundin einziehen möchte. Abgesehen von dem Problem ein bezahlbares Zimmer in der Nähe zu finden, weiß ich einfach nicht, wie ich meiner Mutter sagen soll, dass ich auch jetzt eigentlich nicht zurückziehen möchte. Natürlich sagt sie immer, dass das alles anders werden würde, wenn ich tatsächlich wieder einziehen würde, aber ich weiß nicht, ob ich das glauben soll.
Andererseits hab ich Angst, dass sich meine Mutter was antut. Vielleicht wäre es wirklich besser, zurückzuziehen, das wär das wenigstens kostenlos.
Ich weiß auch einfach nicht, was ich meiner Mutter antworten soll, wenn sie mir wie oben genannte Dinge sagt, da ich mich absolut genauso fühlen würde, wenn ich in ihrer Situation wäre. (Keinen Partner, keine Freunde, anstrengender Job (Anästhesistin), kaum Hobbys..)
Ich fühle mich so verdammt scheisse, wenn ich versuche all diese Dinge zur Zeit aufzubauen, während sie das nicht schafft.
Ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun soll
Tara80
Beiträge: 27
Registriert: 19. Jul 2020, 20:46

Re: Zurückziehen zu depressiver Mutter

Beitrag von Tara80 »

@Silent: Du hast zwar räumlich Abstand, aber keinen emotionalen Abstand zu deiner Mutter. Daher meine rationale Antwort: Halt noch mehr Abstand, finde Dich selbst. Was deine Mutter mit Dir macht, ist emotionaler Missbrauch, sie benutzt Dich als Objekt zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse und sieht Dich nicht als eigenen Mensch. Das hat auch nichts mit Liebe zu tun (Liebe ist Geben), sondern nur mit Brauchen (Benutzen). Insofern ja, halt Abstand, vergrößere ihn, beschreib Dich und deine (unerfüllten) Bedürfnisse klarer und mach Dich frei von Schuldgefühlen. Deine Schuldgefühle sind die Folge von emotionalem Missbrauch. Und deine Mutter ist die Täterin. Du das Opfer.

Sorry, wenn ich das so hart formulier. Relativieren kann man es ja im persönlichen Kontakt immer noch, wenn man lernt liebevoll zu geben, geben zu wollen. Dazu muss man aber erstmal Abstand haben, lange, zu Personen, die einem vermitteln, man habe Ihnen zu was zu geben. Erpressen, Druck machen, das Gegenüber krank machen.

Nimm Abstand zur Mutter. Möglichst weit. So weit, wie Du es aushältst. Längerfristig. Solang Du Druck verspürst ist jede Nähe krankmachend. Erst wenn Du nur bei Dir bist würde ich wieder Nähe suchen. Bewusst. Und wenn die Mutter immer noch so unklar ist erneut weiten Abstand suchen.

Tara.
Tara80
Beiträge: 27
Registriert: 19. Jul 2020, 20:46

Re: Zurückziehen zu depressiver Mutter

Beitrag von Tara80 »

Wenn sich deine Mutter etwas antun will, wärs Zeit für sie, dass sie in eine Klinik geht, statt das Dir als Argument unterzujubeln und Dich für sich zu benutzen. Kinder oder Partner sollten nicht instrumentalisiert werden - das Stichwort sind co-abhängige Beziehungsmuster. In jedem Fall sind das keine Beziehungen und das Gegenüber dann nur ein Objekt. Missbrauch.
Tara80
Beiträge: 27
Registriert: 19. Jul 2020, 20:46

Re: Zurückziehen zu depressiver Mutter

Beitrag von Tara80 »

Nachtrag: Alleinerziehende Mütter und ihre (Einzel-)kinder haben meist automatisch ein schlimmes Problem. Die Mütter / Frauen missbrauchen ihr Kind oft als Partnerersatz. Das nennt sich dann emotionaler, weil inzestuöser Missbrauch. Solche Mütter gehören m.E. dringend in Therapie.
Meise

Re: Zurückziehen zu depressiver Mutter

Beitrag von Meise »

Liebe SilentInTheTrees,

ich fühle mit dir, ich kenne das Thema - wenn auch nicht so heftig - aus eigener Erfahrung.
Es ist schade, dass die äußeren Umstände deinen Schritt in die (Los)Lösung gerade torpedieren und deinen Weg erschweren.

Du hattest bereits die Idee, dass psychologische Begleitung hilfreich sein kann, bleib dabei, denn mit ihr hast du dich ja bewegt. Wenn keine Therapie möglich ist, dann vlt eine Lebens-Beratungsstelle, die dich begleiten und stützen kann?
Was mir auffällt sind die Schuldgefühle mit denen du kämpfst, die Verantwortung für das Wohlergehen deiner Mutter, die da ihre ganz eigenen Vorstellungen hat.
Verantwortung für das Leben eines anderen können wir nicht übernehmen, nur die für unser Handeln ihm gegenüber, aber auch uns gegenüber...denke ich zumindest. Das gilt für Mütter und Kinder.

Wie du dich entscheidest ist natürlich ganz allein deine Sache, nur gebe ich zu bedenken, dass es dir ja anscheinend noch schlechter ging als jetzt, als du bei deiner Mutter lebtest. Spricht das nicht für sich selbst? Vlt. ginge deine Mutter ja gemeinsam mit dir in eine Beratungsstelle...da wäre die Idee einer Familienberatung von Schlafmütz genau die richtige.

Ich wünsche dir jedenfalls, dass du eine gute Entscheidung treffen kannst.

lG Meise


@Tara80

ja Alleinerziehende haben in der Regel meist automatisch ein Problem - nämlich ein Finanzielles (s. Armutsbericht 2019)
Eine Verallgemeinerung, den meisten von ihnen seelischen Missbrauch zu unterstellen finde ich heftig und in einem Forum nicht angebracht.
Hier in diesem Forum wird es auch einige Alleinerziehende geben, die diese Aussage evtl. lesen ...nicht schön mal eben so unter Generalanklage gestellt zu werden.

Ich weiß nicht woher du diese "Information" hast. M.E. findet seelischer Missbrauch in allen möglichen Familienkonstellationen statt.
Es wäre schön, wenn du deine Aussage nochmal überdenken würdest.

Gruß Meise
Sul
Beiträge: 440
Registriert: 25. Dez 2019, 12:33

Re: Zurückziehen zu depressiver Mutter

Beitrag von Sul »

Liebe SilentInTheTrees,

mich haben deine Zeilen sehr berührt. Meine jüngere Schwester wurde sehr von unserer Mutter gerkrallt, nicht in der Heftigkeit, wie du sie beschreibst, aber auch sehr klammernd, Schuldgefühle erzeugend. Ich habe meiner Schwester damals geholfen, eine Wohnung zu finden, auszuziehen, sich aus der Umklammerung der Mutter zu befreien. Es war ein langer Weg für meine Schwester, aber es hat sich gelohnt!
Du bist nicht für das Leben oder Wohlergehen deiner Mutter verantwortlich!!! Du hast Veranwortung für dich selbst. Und du bist mutig erste Schritte in ein eigenständiges Leben gegangen. Hol dir doch wieder therapeutische Hilfe, geh zu einer Beratungsstelle, hol die alle Hilfe, die du kriegen kannst.

Viel Kraft und Erfolg und viele Grüße, Sul

@Tara80: Deine Aussagen über Alleinerziehende finde ich komplett daneben! Und spiegeln meine Erfahrung mit vorübergehend oder dauerhaft Alleinerziehenden in keiner Weise wieder. Emotionalen Missbrauch von Kindern gibt es leider in den verschiedensten Familienzusammensetzungen.
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