Mein „neues“ Leben mit der Diagnose - Depression

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Frechdachs102
Beiträge: 11
Registriert: 8. Jul 2020, 16:11

Mein „neues“ Leben mit der Diagnose - Depression

Beitrag von Frechdachs102 »

Hallo in die Runde,

Ich bin neu hier und bin auf der Suche nach Hilfe und Austausch auf Euer Forum gestoßen und ich bin echt froh, dass es sowas gibt - als Erfahrungsaustausch. Eine Therapie ersetzt es natürlich nicht, aber vielleicht erhalte ich hier auch etwas Hilfe im Umgang mit dieser Thematik.

Vor gut 2 Wochen erhielt ich die Diagnose, nach dem ich meine Therapeutin gewechselt habe. Vor 5 Jahren fing alles an, damals ging es an sich nur um meine Emotohopie (Angst vor dem Erbrechen). Während der Therapie kam dann immer mehr zum Tragen und seit letztem Jahr ca. November machten sich Veränderungen bei mir bemerkbar, wo ich nicht mit umgehen konnte. Meine engsten Freunde und auch Arbeitskollegen sagten mir, das klingt stark nach einer Depression. Ich googelte auch einige Mal nach diesem Thema und fand mich in vielen Punkten wieder, doch jetzt habe ich es schwarz auf weiß. Was mich jedoch unsicher macht, daher meine Frage auch an alle anderen Betroffenen, es fühlt sich dann manchmal auch wieder nicht so an. Da geht es mir super, ich fühle mich recht entspannt, motiviert und frei, meistens jedoch auch, wenn ich zu Hause bin, da kommen dann doch Zweifel auf, inwiefern die Diagnose wirklich stimmt. Ich möchte keinesfalls meine neuen Therapeutin in Frage stellen, bei der ich dankbar bin, untergekommen zu sein, aber es gibt Tage, wie heute z.B., wo ich dann wieder denke, das kann doch gar nicht sein. Ich bin doch eigentlich normal.

Kennt ihr das? Ist das normal? Man hat irgendwie immer eine Vorstellung bei der Thematik, das man doch dauerhaft down sein müsste. Der Gedanke jedoch an die kalte und graue Jahreszeit, die ja doch zwangsläufig gefühlt mit großen Schritten auf uns zukommt, lässt in mir die Angst wieder hochschießen.

Über einen Gedankenaustausch mit Euch würde ich mich sehr freuen.

Liebe Grüße aus Dresden
Frechdachs102
LukaRo
Beiträge: 129
Registriert: 9. Jul 2020, 15:59

Re: Mein „neues“ Leben mit der Diagnose - Depression

Beitrag von LukaRo »

Hallo Frechdachs,

ich formulier mal frei nur Vermutungen: Am Anfang standen Ängste (vorm Erbrechen), später schreibst Du, dass es Dir gegenwärtig phasenweise gut geht, meistens aber nur zu Haus. Also im Kern zum Einen eine primäre Angststörung, zum anderen sind zu Haus Ängste weniger (korrigier mich, wenn ich falsch liege). Oder hast Du die o.g. Ängste auch zu Haus und allein? Oder eher Draußen, in bestimmten Situationen, im Zusammenhang mit anderen Menschen?

In dem Fall sprechen wir von einer Angststörung und ja, natürlich will man das nicht, passt sich an, neigt zur Vermeidung. Weniger draußen, weniger Kontakte, weil zu Haus alles stabiler ist. Nur dass man dann unter weiteren Folgen des Vermeidungshandelns leidet, dann sind wir bei depressiven Folgeerscheinungen durch Vermeidungshandeln angesichts einer Angststörung.

Alles Spekulation, falls ich falsch zusammensetze, sieh es mir nach. Vermutlich ist die Unterscheidung künstlich, die meisten Depressionen sind im Kern Angststörungen. Bzw. die Folgen solcher.

LG, Lukas
Frechdachs102
Beiträge: 11
Registriert: 8. Jul 2020, 16:11

Re: Mein „neues“ Leben mit der Diagnose - Depression

Beitrag von Frechdachs102 »

Hallo Lukas, ich dachte primär es ginge um meine Angst vor dem Erbrechen. In den 5 Jahren kristallisierte sich dann aber immer mehr heraus, dass das Problem noch viel tiefer sitzt. Von einer Depression war da noch nicht die Rede oder wurde das von meiner alten Therapeutin so nicht ausgesprochen.

Letztlich leide ich auch unter meinem stark ausgeprägten Perfektionismus, der nun mich zu Fall bringt, denn einhergehend habe ich Panikattacken und Angst vor Versagen und suche nach Anerkennung. Bin ofals inzwischen komplett überfordert, auch mit den einfachsten Dingen. Auch das kommt alles aus der Kindheit.

Zu Hause fühle ich mich wohl und geborgen ohne jeglichen Stress oä und ja, dadurch bin ich nicht sehr oft unterwegs und halte mich am Liebsten in meiner Wohnung auf und verbringe Zeit dort mit Mann und Kind.
Mir sind zuviele Menschen inzwischen zu viel. Auch vor unbekannten Leute bin ich Scheu geworden. Ich fühle mich in derer Gegenwart unwohl und unsicher.

Die sehr guten Phasen können binnen Minuten umschlagen und ich Falle in ein tiefes Loch. Doch wenn ich die guten Phasen spüre ist alles gut und ich denke dann manchmal "und ich soll Depressionen haben". Das kommt einem dann so unwirklich vor.

LG frechdachs
Frechdachs102
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Registriert: 8. Jul 2020, 16:11

Re: Mein „neues“ Leben mit der Diagnose - Depression

Beitrag von Frechdachs102 »

Unscheinbar hat geschrieben:Hallöchen Frechdachs,
ich komme aus der gleichen Stadt und bin nunmehr 50 Jahre alt. Die Diagnose schwarz auf weiss habe ich seit ca. 2,5 Jahre, aber depressive Phasen seit meiner Kindheit. Es gab immer wieder Zeiten, wo es mir sehr gut ging und von Depressionen nicht zu spüren gab, allerdings gab/ gibt es auch die anderen Zeiten. Momentan bin ich in einem ziemlichen Tief und mich trägt die Erinnerung an gute ( beschwerdefreie) Zeiten.
Schönen Abend wünscht dir Unscheinbar
P.S. vielleicht ist das Forum Umgang mit der Krankheit ein besserer Ort für dein Anliegen
Hallo unscheinbar, befindest Du Dich denn auch in Therapie?

Diese Phase die Du beschreibst kenne ich leider auch. Hast Du dann jemanden, mit dem Du reden kannst?

Sollte mein Anliegen in der falschen Rubrik sein, so bin ich natürlich dankbar, wenn es ggf verschoben werden könnte. Danke für Dein Feedback.

LG frechdachs
LukaRo
Beiträge: 129
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Re: Mein „neues“ Leben mit der Diagnose - Depression

Beitrag von LukaRo »

:hello:
Zuletzt geändert von LukaRo am 14. Jul 2020, 10:42, insgesamt 1-mal geändert.
Frechdachs102
Beiträge: 11
Registriert: 8. Jul 2020, 16:11

Re: Mein „neues“ Leben mit der Diagnose - Depression

Beitrag von Frechdachs102 »

Hallo Lukas, danke das Du mich meinem Thema angenommen hast, jedoch finde ich Deine Ferndiagnose aufgrund weniger meinerseits offengelegter Fakten als sehr gewagt. Ich befinde mich in fachmännische psychologischen Betreuung durch eine Psychologin, der ich ALLES offengelegt habe. Sie hat die Diagnose aufgrund tiefergehender Gespräch etc getroffen und ich vertraue ihr dahingehend schon. ;) Entschuldige daher, das ich Deiner Diagnose nicht entsprechen kann.

LG Peggy
LukaRo
Beiträge: 129
Registriert: 9. Jul 2020, 15:59

Re: Mein „neues“ Leben mit der Diagnose - Depression

Beitrag von LukaRo »

Liebe Peggy,

ich wollte Dich nicht verwirren. Du selbst hattest doch oben beschrieben, dass Du eigentlich wegen einer Angststörung seit Jahren in Therapie bist. Und nun eine neue Therapeutin die Diagnose Depression stellt, Du Dich selbst aber fragst, ob das so stimmt. Du haderst also selbst mit dem Label und ich wollt nur aufzeigen, dass man sich nicht zu sehr an den Diagnosenschubladen orientieren sollen, zumal die meisten Depressionen internalisierende Störungen sind, die meist auch mit Ängststörungen verbunden sind. Womit deine Therapiegeschichte ja ursprünglich auch mal begann.

Ich hab zwei Therapeuten gehabt, beide haben keine Diagnosen gestellt, sondern einfach praktisch bzw. lebensgeschichtlich mit mir an Themen gearbeitet.

Diagnosen sammelt eher mein Psychiater, letztlich sind das nur Codes für Krankschriften bzw. die Abrechnung der KK oder interessant für Rehaanträge bzw. die Feststellung der Schwerbehinderung, falls nötig. Aber das ist nur meine eigene Sicht zum Stichwort Diagnosen.
Frechdachs102
Beiträge: 11
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Re: Mein „neues“ Leben mit der Diagnose - Depression

Beitrag von Frechdachs102 »

LukaRo hat geschrieben:Liebe Peggy,

ich wollte Dich nicht verwirren. Du selbst hattest doch oben beschrieben, dass Du eigentlich wegen einer Angststörung seit Jahren in Therapie bist. Und nun eine neue Therapeutin die Diagnose Depression stellt, Du Dich selbst aber fragst, ob das so stimmt. Du haderst also selbst mit dem Label und ich wollt nur aufzeigen, dass man sich nicht zu sehr an den Diagnosenschubladen orientieren sollen, zumal die meisten Depressionen internalisierende Störungen sind, die meist auch mit Ängststörungen verbunden sind. Womit deine Therapiegeschichte ja ursprünglich auch mal begann.

Ich hab zwei Therapeuten gehabt, beide haben keine Diagnosen gestellt, sondern einfach praktisch bzw. lebensgeschichtlich mit mir an Themen gearbeitet.

Diagnosen sammelt eher mein Psychiater, letztlich sind das nur Codes für Krankschriften bzw. die Abrechnung der KK oder interessant für Rehaanträge bzw. die Feststellung der Schwerbehinderung, falls nötig. Aber das ist nur meine eigene Sicht zum Stichwort Diagnosen.
Hallo Luka,

Ja das stimmt, das hatte ich bestimmt. Da damit alles vor 5 Jahren anfing, nunmehr ist es jedoch so, dass ich durch meine neue Therapeutin diese Diagnose erhalten habe, da ich natürlich nicht nur die Angststörungen habe, sondern noch einige Symptome mehr, die ich hier detailliert (noch) nicht aufgeführt habe. Und ich Zweifel nicht an der Diagnose an sich, ich merke nur, das es mir manchmal schwer fällt, dies auch wahrhaben zu wollen. Eine gewisse Unsicherheit auch zu dieser Thematik meinerseits noch besteht. Meiner Therapeutin vertraue ich da zu 100% und ich gehe davon aus, dass sie etwas von ihrem Handwerk versteht.

Fakt ist, ich habe definitiv einige Einschränkungen, die mich immer mehr plagen, die mich leiden lassen. Man fühlt sich gefangen und leer. Ich schlafe sehr sehr viel und ziehe mich zurück, wenn mir etwas zuviel wird. Auf Arbeit gebe ich an sich über 100%, bin Perfektionist durch und durch, doch an sich bin ich komplett überfordert. Ich bekomme teilweise in ganz schlimmen Phasen nicht mehr das einfachste hin, verstehe einfache Texte nicht oä. Ich blockiere total und fühle mich nicht mehr viel Wert. Selbstvertrauen = 0.

Und ja, auch Suizidgedanken haben schon einmal eine Rolle gespielt. Zum Glück NUR GEDANKEN, aber das gebe ich auch offen zu.
LukaRo
Beiträge: 129
Registriert: 9. Jul 2020, 15:59

Re: Mein „neues“ Leben mit der Diagnose - Depression

Beitrag von LukaRo »

Sorry, wenn ich erst spät antworte.

Nachfrage: Was meinst Du mit der Formulierung, "Und ich Zweifel nicht an der Diagnose an sich, ich merke nur, das es mir manchmal schwer fällt, dies auch wahrhaben zu wollen.". Was sind denn die praktischen Konsequenzen für Dich aus dieser Diagnose? Zumal deine Suizid-Gedanken (hoffentlich) ja nix mit dem Aussprechen einer "Diagnose" zu tun hatten.

Daher konkret: Was ist jetzt anders als früher? Das Verstehen, dass deine Angst vorm Erbrechen kein abgegrenzt körperliches Problem ist, sondern für andere Themen und lebensgeschichtliche Ursachen steht? Das wär doch eigentlich eher ein Kompetenz-Zuwachs, eine weiter gefasste Sicht, eine Bereicherung im Verstehen.

Ob man dass nun Depression nennt, ist doch wahrlich irrelevant. Die eigentliche Frage ist doch, was Dich stärken, Dir Mut machen kann. Kein Selbstvertrauen zu haben, kann auch nur ein äußeres Label sein, Dir aufgeklebt, zugeschnitten auf die Erwartungen anderer. Wer sagt, dass Du andere Erwartungen erfüllen musst? Was sind denn DEINE Bedürfnisse? Was erwartest DU von anderen, vom Draußen?

LG, Lukas.

Sorry, sind nur Anregungen.
LukaRo
Beiträge: 129
Registriert: 9. Jul 2020, 15:59

Re: Mein „neues“ Leben mit der Diagnose - Depression

Beitrag von LukaRo »

https://www.youtube.com/watch?v=9oKcSrq5WlU" onclick="window.open(this.href);return false;

"Nobody is perfect": Psychotherapie des Perfektionismus (Raphael M. Bonelli)

Wiener Psychiater. Ich hab den Vortrag noch nicht gehört, find aber auch andere Videos von ihm anregend. Man muss ja nicht allem zustimmen. Nimms als Anregung.
LukaRo
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Registriert: 9. Jul 2020, 15:59

Re: Mein „neues“ Leben mit der Diagnose - Depression

Beitrag von LukaRo »

ok, ich sehs grad. Dauert ne Stunde. Deine Frage nach Selbstwert und was echt ist oder abwertend von außen gemeint ist kommt auch drin vor.
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