Umzug während eines Tiefs

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Rosa7
Beiträge: 12
Registriert: 31. Mai 2020, 21:46

Umzug während eines Tiefs

Beitrag von Rosa7 »

Hallo zusammen,

das hier ist mein erster Beitrag in dem Forum, nachdem ich mir bisher immer nur Beiträge durchgelesen habe und darin Hilfe gefunden habe. Nur weiß ich dieses Mal leider nicht mehr so richtig weiter und hoffe auf eure Hilfe.

Bei meinem Partner wurde vor Jahren die Diagnose Depression gestellt, schon bevor wir ein Paar wurden. Wir kennen uns jetzt seit 5 Jahren und ich habe schon einige Tiefs mitbekommen, nur eben bisher nicht als Partnerin. Seit 1,5 Jahren sind wir jetzt schließlich zusammen. Davor gab es eine Phase in der wir immer mal wieder zusammen oder nicht waren, was ihm rückblickend nicht gut getan hat.
In den letzten 1,5 Jahren lief es, bis auf häufige Diskussionen bzgl. meines Jobs, gut bei uns. Im letzten Herbst konnte er sogar seine Antidepressiva absetzen, was auch gut funktionierte und wir haben dann so um dieselbe Zeit rum beschlossen, dass wir zusammen ziehen möchten.

Während der Wohnungssuche verstrich natürlich etwas Zeit (Mietmarkt sei Dank) und wir haben uns ein paar mal in die Haare bekommen, da die Suche doch frustrierend für uns beide waren. In der ganzen Zeit war er allerdings die treibende Kraft hinter der Wohnungssuche und ich eher diejenige, die Zweifel hegte. Nun haben wir mittlerweile eine Wohnung gefunden und uns beide auf den Einzug Anfang Juli gefreut. Die Wohnung haben wir schon seit Juni gemietet, um neben den Jobs genug Zeit zum umziehen zu haben.

Jetzt steckt er allerdings zurzeit wieder in einem Tief. Das war bei der Vertragsunterzeichung im März noch nicht der Fall. Mir gegenüber lebt er die Phase erst seit 2 Woche aus, aber nur, da es wie ich vermute zu schlimm geworden ist, um es vor mir zur verbergen. Die negativen Gefühle treten wohl schon seit einem beruflichen Abschluss im April auf, das hat er mir mittlerweile gesagt. Geredet haben wir in der Zeit viel über seine beruflichen Zweifel, ich habe auch gemerkt, dass er mit manchen Dingen hadert, aber nicht vermutet, dass er wieder in eine depressive Phase abrutscht.

Das eigentliche Problem (bitte entschuldigt die lange Vorgeschichte) ist allerdings der bald anstehende Umzug. Eigentlich wollten wir bereits dieses Wochenende anfangen Möbel in die neue Wohnung zu bringen und es war nie geplant, erst am Ende des Monats umzuziehen. Er steckt allerdings so sehr im Tief, dass er letzte Woche in einem extrem emotionalen Gespräch sagte, dass er sich von mir trennen möchte, da ich etwas besseres verdient habe und mir das nicht antun solle. Diese Gedanken von ihm sind nicht neu, er hat generell Schwierigkeiten mit seinem Selbstwertgefühl, überinterpretiert Aussagen und bezieht Dinge laut seinem früheren Therapeuten sehr schnell auf sich, was allerdings mit der Depression zusammen hängt. Die Aussage, er möchte sich trennen war für mich jedoch neu und hat mich ziemlich kalt erwischt.
Ich weiß gerade nicht so richtig was ich machen soll, da ich ihn unbedingt unterstützen möchte, da ich in ihm meine Zukunft sehe. Allerdings fällt es mir momentan sehr schwer mit meinen eigenen Verlustängsten um zu gehen. Viele Beiträge in dem Forum haben mir an der Stelle schon geholfen damit umzugehen und die Situation rationaler zu betrachten, meine Angst kommt jedoch trotzdem immer wieder auf.

Er versucht sich momentan Hilfe zu suchen, das mit dem Therapieplatz dauert allerdings (ihr kennt das ja vermutlich) und ich bin mir nicht sicher, ob er nochmal bereit ist Antidepressiva zu nehmen, um zumindest eine kurzfristige Stabilisierung zu erreichen, bis er einen Therapieplatz hat. Er zieht sich in den letzten Wochen auch von mir zurück, wir reden allerdings noch über sein Tief, meistens an neutralen Orten. Die Gespräche wirken auch nicht mehr so emotional wie vor 2 Wochen, er versucht an seinen Problemen zu arbeiten, die auch teilweise aus dieser on- off Geschichte mir mir vor 1,5 Jahren resultieren, wie er mir eröffnete. Allerdings habe ich am Ende meist kein besseres Gefühl bzgl. uns.

Wie gehe ich jetzt allerdings mit dem Umzug um? Ich habe momentan das Gefühl, erstmal alleine in die neue Wohnung einziehen zu müssen. Das kostet mich gerade selber ziemlich viel Kraft. Viele unserer Freunde wissen nichts von seinen Depressionen und ich kann die Nachfragen nicht mehr ertragen, wann wir denn jetzt zusammen ziehen, weil ich ihn nicht "outen" möchte.
Allerdings weiß ich nicht wie ich das Thema ihm gegenüber ansprechen soll. Ich will ihn ja nicht zwingen mit mir zusammen zu ziehen, gerade in dem Tief, aber auch seine Wohnung ist Ende des Monats gekündigt.

Ward ihr vllt. schonmal in einer ähnlichen Situation oder habt Ideen wie ich damit besser umgehen könnte, bzw. ihn mehr unterstützen könnte? Ich weiß leider selber nicht mehr weiter und merke wie mir die Situation zu schaffen macht, selber nicht zu wissen was in einem Monat ist oder eben nicht.

Ich wäre wirklich für jede Hilfe dankbar, vielen Dank schonmal für das Durchlesen meines Beitrags!
Häschen76
Beiträge: 32
Registriert: 24. Mär 2018, 17:15

Re: Umzug während eines Tiefs

Beitrag von Häschen76 »

Hallo Rosa,

Ich bin selbst Betroffene und auch Angehörige. Vor zwei Jahren bin ich mit meinem (jetzigen ex)mann umgezogen und auch er hatte ein starkes Tief zu dieser Zeit. Allerdings aus anderen Gründen wie ich später erfahren sollte.
Auf was ich aber hinaus will und dir dringend ans Herz legen möchte. Bitte achte auch gut auf dich und deine Bedürfnisse, du musst diesen Umzug jetzt nicht alleine stemmen. Dieser Irrglaube bzw die zu hohe Anforderung an mich selbst hat mich damals fast zerissen. Ich habe mich am Tag vor dem Umzug noch mal mit meinem Mann zusammengesetzt und ihm auch ganz offen gesagt "ich weiss es geht dir schlecht und ich verstehe dich, aber für Morgen brauche ich dich." Was er auch verstanden hat. Wir haben auch die engsten Freunde und einige Familienmitglieder dazu geholt und nach langem hin und her, haben wir uns dann dazu entschlossen diese Personen einzuweihen (sie wussten damals auch bei mir von nichts). So konnten wir dann sehr gut erklären, dass wir in einigen Dingen mehr Hilfe brauchen und manches etwas länger dauert...
Vielleicht kannst du ja auch mal mit deinem Freund reden ob er sich vorstellen könnte die Freunde, (vielleicht auch nur die engsten, je nachdem wie euer Freundeskreis aufgebaut ist) doch einzuweihen.
Mir und auch meinem Exmann hat das damals seht gut getan. Auch zu sehen, dass alle positiv und sehr fürsorglich reagiert haben.

Ich wünsche euch in jedem Fall nur das Beste und dir ganz viel Kraft

Liebe Grüße
Häschen

Ps: ich finde es sehr schön das du schreibst, dass du an ihn glaubst und ihn nicht fallen lässt. Er hat großes Glück dich zu haben. Und was das mit der Trennung angeht, solche Aussagen/ Gedanken kommen leider in Tiefs oft vor. Lass dich nicht entmutigen ❤️
Rosa7
Beiträge: 12
Registriert: 31. Mai 2020, 21:46

Re: Umzug während eines Tiefs

Beitrag von Rosa7 »

Hallo Häschen, Hallo Jupiter,

danke für eure Antworten! Ich wohne mittlerweile seit Ende Juni alleine in der Wohnung und bin zum Großteil alleine umgezogen. An manchen Stellen habe ich mir von meinem Partner helfen lassen, so ähnlich wie bei dir Häschen, zwei Freunde, die mir geholfen haben wussten auch bescheid, so konnten einige Dinge zu viert erledigt werden. Ich wohne hier aber leider immer noch alleine und das wird sich vermutlich so schnell nicht ändern. Das mit den zu hohen Anforderungen kann ich sehr gut nachvollziehen, ich hatte und habe immer noch das Gefühl ich müsse alles alleine hinkriegen und eben so perfekt wie es zu zweit gegangen wäre. Mittlerweile merke ich aber wie ich immer unglücklicher in dieser Wohnung werde, das ist eben nicht meine Wohnung, sondern unsere. Ihm geht es zurzeit immer schlechter, er wird sich in eine Klinik einweisen lassen und ich habe so schreckliche Angst, dass er hier niemals einzieht, er sich immer mehr von mir abwendet. Er ist zurzeit in seiner alten Wohnung und wartet dort darauf, dass ein Platz in der Klinik frei wird. Er meldet sich fast gar nicht bei mir, ich bezweifele auch stark, dass er mich erfahren lässt, sobald er in die Klinik geht. Keine Ahnung, ich bin zurzeit einfach ratlos und kann nicht mehr wirklich an einen positiven Ausgang glauben. Ich glaube nicht mehr so richtig daran, dass er jemals zu mir zurück kommt und selbst wenn er das tut, wie verzeihe ich den Schaden, den seine Krankheit angerichtet hat? Momentan bin ich (noch) nicht bereit ihn auf zu geben, versuche ihn nach Kräften zu unterstützen, aber so langsam gerate ich an meine Grenzen, dass er sich nicht meldet und ich Angst um ihn habe ist nicht schön.

Es ist schön zu lesen, dass es bei euch hält Jupiter. Darf ich fragen, ob dich dein Mann während eines Tiefs auch wegstößt oder habt ihr einen Weg gefunden gemeinsam dadurch zu gehen?

Liebe Grüße an euch beide
Rosa
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